Das Oberlandesgericht Linz hat als Berufungsgericht durch die Richter Senatspräsident Dr. Robert Singer als Vorsitzenden, Dr. Patrick Eixelsberger und Mag. Herbert Ratzenböck in der Rechtssache der klagenden Partei A* B* , **straße **, **, vertreten durch Dr. Günther Klepp, Dr. Peter Nöbauer, Mag. Franz Hintringer ua, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagten Parteien 1. C* , geboren am **, Berufskraftfahrer, **, **, 2. D* GmbH , FN **, E*weg **, F* **, und 3. G* AG , FN H*, **straße **, **, sämtliche vertreten durch Dr. Franz Haunschmidt, Mag. Peter Breiteneder und Mag. Nikolaus Leutgöb, Rechtsanwälte in Linz, wegen (ausgedehnt) EUR 38.080,00 s.A. und Feststellung über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Linz vom 13. Mai 2025, Cg*-23, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
I. Die Parteibezeichnung der drittbeklagten Partei wird wie aus dem Kopf der Entscheidung ersichtlich berichtigt.
II. Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien binnen 14 Tagen die mit EUR 4.240,42 (darin enthalten EUR 706,74 an USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Am 12. 7. 2024 ereignete sich im Bereich der Kreuzung des Güterwegs I* bzw der Straße „J*“ mit dem E*weg in F* I* ein Verkehrsunfall, an dem der Gatte der Klägerin, K* B*, mit dem von ihm gelenkten und gehaltenen Motorrad mit dem amtlichen Kennzeichen ** (im Folgenden: Klagsfahrzeug) und der Erstbeklagte als Lenker des von der Zweitbeklagten gehaltenen und bei der Drittbeklagten haftpflichtversicherten LKW mit dem amtlichen Kennzeichen ** (im Folgenden: Beklagtenfahrzeug) beteiligt waren und bei dem die beiden Fahrzeuge miteinander kollidierten. Der Gatte der Klägerin verstarb in Folge des Unfalls.
Im Bereich der Unfallstelle verläuft die Straße „J*“ annähernd in Nord-Süd-Richtung mit einer Steigung von ca 5 % in Fahrtrichtung Norden und mündet der E*weg unter einem Winkel von ca 60° aus westlicher Richtung. Nördlich der Kreuzung mit dem E*weg hat die Straße „J*“ den Namen „Güterweg I*“ und ist sie auf einer Breite von ca 6,3 m mit einer Asphaltdecke befestigt. Südlich der Kreuzung weist sie eine Gesamtbreite von etwas mehr als 7 m auf.
Der E*weg ist auf einer Breite von 8,8 m mit einer Asphaltdecke befestigt, weist ein Gefälle von ca 5 % zur Straße „J*“ auf und erweitert sich im Bereich des Mündungstrichters auf 33 m, gemessen von der Stelle, wo die die Verschneidungslinie bildende Grabelinie bzw Asphaltkante beginnt.
Nördlich der Kreuzung verengt sich die Straße „J*“ deutlich, weshalb optisch ein verlängerter Mündungstrichter vorliegt, welcher noch zusätzlich eine Länge von 8 m aufweist. In diesem Bereich befindet sich auch eine weitere Straße, die eine Feldzufahrt bildet und am Ende asphaltiert ist.
Im Unfallzeitpunkt waren bei dieser Kreuzung keine Vorrang beeinflussenden Verkehrszeichen angebracht.
Vom Mündungstrichter des E*wegs beträgt die Sichtweite in Annäherungsrichtung des Klagsfahrzeuges mehr als 300 m. In einem Abstand von ca 3 m zum östlichen Fahrbahnrand der Straße „J*“ sind Bäume mit einer Höhe von ca 3 bis 4 m gepflanzt, die etwas tiefer als die Fahrbahn gesetzt sind und im Sommer eine teilweise Sichtbehinderung bilden, welche ab einer Position von ungefähr 10 m vor der Verschneidungslinie nicht mehr vorhanden ist. Aus einer Sitzposition in der Höhe eines LKW liegt hier jedoch eine geringere Sichtbehinderung vor.
Vor dem Unfall fuhr der Lenker des Klagsfahrzeuges, eines Motorrades mit einer Länge von etwas mehr als 2 m, einer Bedarfsbreite von ungefähr 0,85 m und einem Eigengewicht von ca 230 kg, von L* kommend auf der Straße „J*“ Fahrtrichtung Norden.
Der Erstbeklagte lenkte das Beklagtenfahrzeug, einen Dreiachs-LKW mit einer Länge von rund 7,5 m, einer Breite von 2,55 m und einem Gewicht von ca 15 t, auf dem E*weg in Richtung der Kreuzung mit der Straße „J*“. In Annäherung an die Kreuzung reduzierte er die Geschwindigkeit von 25 km/h auf 20 km/h, und 3 Sekunden vor der Kollision betrug die Geschwindigkeit des Beklagtenfahrzeuges 18 bis 19 km/h. Der Erstbeklagte hielt das Beklagtenfahrzeug vor der Verschneidungslinie der Kreuzung nicht an, überfuhr diese im Zeitpunkt ca 1,6 Sekunden vor der Kollision mit ca 20 km/h und leitete, nachdem er das Klagsfahrzeug durch einen Blick nach links wahrnahm, eine starke Bremsung ein. Es kann nicht festgestellt werden, ob der Erstbeklagte zu einem früheren Zeitpunkt bereits nach links blickte.
Im Zeitpunkt 1,6 Sekunden vor der Kollision war das Klagsfahrzeug 35 bis 40 m von der Kollisionsstelle entfernt. Das Klagsfahrzeug befand sich für den Erstbeklagten bei Überfahren der Verschneidungslinie im unmittelbaren Sichtbereich. Es kann nicht festgestellt werden, wie schnell das Klagsfahrzeug zu diesem Zeitpunkt fuhr. Es kann auch nicht festgestellt werden, ob das Klagsfahrzeug seine Ausgangsgeschwindigkeit vor der Kollision noch verringerte.
Im Zeitpunkt der Kollision betrug die Geschwindigkeit des Klagsfahrzeuges mindestens 70 km/h und maximal 80 km/h und betrug die Geschwindigkeit des Beklagtenfahrzeuges zwischen 6 und 18 km/h.
Das Klagsfahrzeug und das Beklagtenfahrzeug kollidierten 3 bis 4 m nach dem Beginn des Mündungstrichters miteinander. Die Kollisionsstelle lag in etwa knapp links der Fahrbahnmitte. Das Beklagtenfahrzeug legte von der Verschneidungslinie bis zu der Kollisionsstelle 8 m zurück. Es kann nicht festgestellt werden, ob die Bremsung des Beklagtenfahrzeuges noch vor der Kollision oder erst mit der Kollision wirksam wurde.
Das Beklagtenfahrzeug legte nach der Kollision noch 2 m in seine Fahrtrichtung zurück. Das Klagsfahrzeug wurde mit einer Nachkollisionsgeschwindigkeit von 35 km/h in das Feld geschleudert und kam mit dem Motorradfahrer ca 10 m von der Kollisionsstelle entfernt in dem Feld zu liegen.
Im Zeitpunkt 4 Sekunden vor der Kollision war das Beklagtenfahrzeug noch 20 m von der Kollisionsstelle bzw 10 m von der Verschneidungslinie der Kreuzung entfernt und war für den Erstbeklagten keine Sichtbehinderung mehr durch die Bäume gegeben.
Zum selben Zeitpunkt war das Klagsfahrzeug noch etwa 100 m von der Kollisionsstelle entfernt und war für den Lenker des Klagsfahrzeuges das Beklagtenfahrzeug ohne jegliche Sichtbehinderung durch die rechts der Fahrbahn vorhandenen Bäume erkennbar. Auch davor konnte der Lenker des Klagsfahrzeuges das Beklagtenfahrzeug über die Bäume hinweg erkennen.
Ab einer Entfernung des Klagsfahrzeuges von 90 m von der Unfallstelle hätte der Erstbeklagte die Annäherung desselben erkennen können und sicher vor der Verschneidungslinie anhalten können. Der Lenker des Klagsfahrzeuges wäre kollisionsfrei vor dem LKW zum Stillstand gekommen, wenn er vor dem Beginn des Mündungstrichters angehalten hätte.
Die Klägerin begehrte gegenüber den Beklagten (nach Klagsausdehnung; ON 14) zur ungeteilten Hand die Zahlung von EUR 38.080,00 s.A. - nämlich Schadenersatz für Schmerzengeld einschließlich Trauerschmerzengeld iHv EUR 35.000,00 und für entgangenen Naturalunterhalt iHv EUR 3.080,00 - sowie die Feststellung der solidarischen Haftung der Beklagten für sämtliche Schäden und sonstigen Nachteile, welche die Klägerin aus Anlass und im Zusammenhang mit dem genannten Verkehrsunfall erleide. Dies begründete sie zusammengefasst damit, dass der Erstbeklagte das Beklagtenfahrzeug von einer gemäß § 19 Abs 6 StVO benachrangten Betriebsausfahrt kommend auf die Gemeindestraße gelenkt habe und dabei das in Annäherung befindliche Motorrad offenbar völlig übersehen habe, weshalb den Erstbeklagten insbesondere aufgrund einer krassen Vorrangverletzung sowie einer Reaktionsverspätung das Alleinverschulden am Zustandekommen der Kollision treffe. Die Klägerin habe durch die Nachricht vom Tod ihres Gatten einen Schock sowie psychische Beeinträchtigungen mit Krankheitswert erlitten, und ihr komme auch ein Anspruch auf Trauerschmerzengeld zu, weil dem Erstbeklagten grob fahrlässiges Verhalten anzulasten sei. Weiters habe sie Anspruch auf Ersatz des durch das Ableben ihres Gatten entgangenen Naturalunterhalts im Hinblick darauf, dass dieser sämtliche handwerklichen Arbeiten im gemeinsamen Haushalt übernommen habe. Für die jährlich wiederkehrenden Arbeitsleistungen ihres Gatten gebühre ihr für den Zeitraum vom Unfalltag bis einschließlich 12. 2. 2025 ein Ersatzbetrag von EUR 3.080,00.
Der E*weg sei deshalb eine gemäß § 19 Abs 6 StVO benachrangte Verkehrsfläche, weil diese Verkehrsfläche ausschließlich zum Firmengelände der Zweitbeklagten führe und eine Zufahrt zu anderen Liegenschaften oder eine Durchfahrt auf eine andere Verkehrsfläche nicht möglich sei. Ungefähr 70 bis 75 m vor Eröffnung des Mündungstrichters befinde sich ein aus der Annäherungsrichtung des Klagsfahrzeuges über mehrere 100 m wahrnehmbares Tor. Gegenüber dem Mündungstrichter befinde sich ein großes Hinweisschild, welches auf den Firmensitz der Zweitbeklagten hinweise. Der Fahrbahnbelag des Güterweges I* unterscheide sich erkennbar von jenem des E*wegs. Aufgrund des hügeligen Geländes sei zur Absicherung des Zufahrtsweges eine ca 80 m lange, optisch ansprechende Steinmauer bzw Stützmauer errichtet worden, welche sich durch die qualitativ hochwertige und nicht rein zweckmäßige Ausführung von öffentlichen Bauwerken gleicher Art deutlich abhebe. Für beide Unfallbeteiligte sei objektiv erkennbar, dass es sich um eine reine Grundstückszufahrt zum Firmenareal der Zweitbeklagten handle. Insbesondere auch für einen sich aus Richtung L* annähernden Verkehrsteilnehmer sei aufgrund des unübersehbaren Firmengebäudes, des ebenfalls aus mehreren 100 m erkennbaren Tores sowie des gegenüber dem Mündungstrichter aufgestellten Firmenschildes klar ersichtlich, dass es sich um eine reine Grundstückszufahrt handle.
Selbst für den bestrittenen Fall, dass die Rechtsregel zur Anwendung gelangen würde, träfe den Erstbeklagten aufgrund eines Beobachtungsfehlers und/oder einer Reaktionsverzögerung ein erhebliches Mitverschulden am Zustandekommen der Kollision. Das Motorrad wäre schon beim ersten Blick nach links erkennbar gewesen, zumal dieses zumindest 4 Sekunden erkennbar gewesen sei. Darüber hinaus wäre der Erstbeklagte unmittelbar vor dem Einfahren in die Kreuzung bzw vor dem Überfahren der Verschneidungslinie verpflichtet gewesen, nochmals nach links zu blicken, da er dadurch den Unfall verhindern hätte können. Auch wenn noch keine unmittelbare Reaktionsaufforderung notwendig gewesen sei, wäre dennoch eine erhöhte Aufmerksamkeit an den Tag zu legen gewesen.
Die Beklagtenbeantragten die Abweisung der Klage. Soweit für das Berufungsverfahren von Bedeutung wandten sie zusammengefasst ein, dass dem Erstbeklagten der Rechtsvorrang gegenüber dem Motorradfahrer zugekommen sei, der Motorradfahrer den LKW übersehen und den Vorrang des Erstbeklagten missachtet habe und den Erstbeklagten an dem Unfall kein Verschulden treffe. Der Unfall stelle für den Erstbeklagten ein unabwendbares Ereignis im Sinne des EKHG dar; er habe die gebotene Sorgfalt und Aufmerksamkeit walten lassen, und eine Reaktionsverspätung sei ihm nicht anzulasten.
Der Erstbeklagte sei an der gegenständlichen Kreuzung auch unter Berücksichtigung des § 19 Abs 6 StVO bevorrangt gewesen. Sowohl der E*weg als auch der Güterweg I* seien asphaltiert, der E*weg sei zumindest gleich breit wie oder sogar breiter als der Güterweg I* der Kreuzungsbereich weise einen für ländliche Verhältnisse extrem breiten Einmündungstrichter von etwa 35 m auf, und in Annäherung an die Kreuzung sei der weitere Straßenverlauf des E*wegs aufgrund der Böschung nicht einzusehen und daher nicht erkennbar, dass es sich um eine Firmenzufahrt handle. Durch die bauliche Ausgestaltung des E*wegs sei nicht erkennbar, dass es sich um eine gegenüber dem Güterweg I* untergeordnete Verkehrsfläche handeln könnte. Den Vorrang regelnde Verkehrszeichen seien an der Kreuzung nicht aufgestellt. Es lägen zwei gleichrangige Straßen vor, weshalb die Rechtsregel gelte.
Der Erstbeklagte, der in Annäherung an die Kreuzung überdies die notwendigen Kontrollblicke nach links in Richtung des Motorradfahrers durchgeführt habe, habe das Motorrad aufgrund der Sitzposition wegen der Baumreihe nicht sehen können. Umgekehrt hätte der Motorradfahrer den vom Erstbeklagten gelenkten LKW aufgrund dessen Länge und Höhe sehen können und müssen. Der Erstbeklagte habe auch deshalb kein Verschulden an dem Verkehrsunfall, weil er verpflichtet sei, vor dem Einfahren in die Kreuzung einen Blick nach links und dann nach rechts und dann nach links zu werfen, und es ihm daher nicht zumutbar sei und auch nicht vorgesehen sei, dass er den Kontrollblick ständig nach links zu richten hätte. Ihm könne nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er genau in jenem Augenblick nicht nach links geschaut habe, den der Sachverständige noch als Möglichkeit der Unfallverhinderung beurteilt habe. Im Zeitpunkt 4 Sekunden vor der Kollision sei noch keine Aufforderung für irgendeine Reaktion gegeben gewesen.
Mit dem angefochtenen Urteilwies das Erstgericht die Klage zur Gänze ab. Es legte den auf den Seiten 5 bis 10 ersichtlichen Sachverhalt zugrunde, auf den gemäß § 500a ZPO verwiesen wird. Diese Feststellungen sind - neben dem bereits eingangs zusammengefasst angeführten Sachverhalt - auszugsweise wie folgt wiederzugeben, wobei die von der Berufung bekämpfte Feststellung kursiv dargestellt wird:
Im Bereich der Kreuzung zum E*weg befindet sich auf der gegenüberliegenden Seite entlang der Straße „J*“ ein 80 cm breites und 30 cm hohes Schild, worauf „D*“ geschrieben steht. Darunter befindet sich noch ein 40 cm langes und 10 cm hohes Zusatzschild „E*weg“.
Am Nordrand des E*wegs ist eine Steinmauer angebracht, die bis zum effektiven Firmengelände der Zweitbeklagten verläuft. Sie weist fast über die gesamte Länge eine Höhe von 1,8 m auf. Die Länge der Mauer beträgt 80 m. Unmittelbar vor der Einfahrt befinden sich auf der linken Seite des E*wegs drei Fahnenmaste.
Die Länge des E*wegs von der Kreuzung bis zur Einfahrt in das Firmengelände beträgt rund 95 m.
Parallel zur Straße „J*“ verläuft ein Erdwall, der die Grenze des Firmengeländes bildet. Dieser ist teilweise bewaldet bzw mit Buschwerk bewachsen.
Am 12. 7. 2024 befand sich kein Tor vor der Einfahrt zum eigentlichen Firmengelände. Von der Straße „J*“ östlich gesehen ist eine Lagerhalle erkennbar. Es ist von der Straße „J*“ in Annäherung zum E*weg nicht erkennbar, ob der E*weg bei dieser Lagerhalle endet oder nicht. Der E*weg endet tatsächlich bei der Lagerhalle des Firmengeländes und führt daher nur zum Firmengelände der Zweitbeklagten.
Nachstehendes Lichtbild zeigt die Straße „J*“ in nördlicher Fahrtrichtung. Rechtsseitig neben der Straße sind die beschriebenen Bäume, wobei diese zum Unfallszeitpunkt mit Laub bedeckt waren. Im Hintergrund ist die am Nordrand des E*wegs angebrachte Steinmauer zu sehen (Beilage ./III, Lichtbild Nr. 9).
„Das an dieser Stelle dargestellte Bild wurde entfernt.“
Am nachstehenden Lichtbild (Beilage ./III, Lichtbild Nr. 1) sind die Lagerhalle sowie der Beginn des eigentlichen Betriebsgeländes ersichtlich. Das Tor, welches hinter den Ästen des Baumes ersichtlich ist, war am Unfalltag nicht angebracht.
„Das an dieser Stelle dargestellte Bild wurde entfernt.“
Das nachstehende Bild zeigt ein Foto des Firmengeländes aus größerer Entfernung. Rechts der Straße „J*“ ist der Erdwall ersichtlich (Beilage ./III, Lichtbild Nr. 4).
„Das an dieser Stelle dargestellte Bild wurde entfernt.“
Das nachstehende Lichtbild zeigt den Einmündungstrichter (Beilage ./III, Lichtbild Nr. 10).
„Das an dieser Stelle dargestellte Bild wurde entfernt.“
[...]
Unter der Annahme, dass bei der Kreuzung der Rechtsvorrang gilt, ergibt sich, dass als der Erstbeklagte in die Kreuzung einfuhr, sich der Motorradlenker noch ca 35 bis 40 m vor der Kollision befand. Ein Anhalten des Motorrades wäre hier noch mit einer starken Bremsung möglich gewesen. Für den Erstbeklagten war aus technischer Sicht 2 Sekunden vor der Kollision erkennbar, dass sich das Klagsfahrzeug der Kreuzung immer noch mit hoher Geschwindigkeit annäherte und eventuell nicht stehenbleiben wird. Nur wenn er genau in diesem Moment nach links geblickt und das Klagsfahrzeug erkannt hätte, dann hätte er mit einer Notbremsung die Kollision vermeiden können. Es hätte jedoch auch von rechts ein Fahrzeug kommen können.
Unter der Annahme, dass sich das Klagsfahrzeug im Vorrang befand, ergibt sich, dass sich das Klagsfahrzeug ca 35 bis 40 m vor der Kollisionsstelle befand, als das Beklagtenfahrzeug die Verschneidungslinie überfuhr. Zu diesem Zeitpunkt konnte das Klagsfahrzeug nicht mehr inklusive Reaktionszeit bis zum Stillstand abbremsen. Der Umstand, dass das Beklagtenfahrzeug die Verschneidungslinie ohne Anhalten überfuhr, war für den Lenker des Klagsfahrzeuges 2 Sekunden vor der Kollision erkennbar. Zu diesem Zeitpunkt war der Unfall für den Lenker des Klagsfahrzeuges mit Berücksichtigung einer Reaktionszeit nicht mehr vermeidbar.
In der rechtlichen Beurteilung gelangte das Erstgericht zusammengefasst zu dem Ergebnis, dass der Unfall aus einer Vorrangverletzung des Lenkers des Klagsfahrzeuges resultiert sei und aus den Feststellungen ein unfallskausaler Aufmerksamkeitsmangel des Erstbeklagten, der zu einer - gegenüber der Vorrangverletzung des Lenkers des Klagsfahrzeuges auch ins Gewicht fallenden - verspäteten Reaktion geführt habe, nicht abzuleiten sei.
In Bezug auf die Vorrangsituation erwog das Erstgericht nach näherer Darstellung der zu § 19 Abs 6 StVO ergangenen Rechtsprechung, dass sich der E*weg nicht deutlich vom äußeren Erscheinungsbild der Straße „J*“ unterscheide und daher der E*weg keine nach § 19 Abs 6 StVO benachrangte Fläche sei. Für eine Qualifikation des E*wegs als benachrangte Verkehrsfläche würden die Kennzeichnung des Betriebsgeländes der Zweitbeklagten durch ein direkt bei der Kreuzung befindliches Schild, die Steinmauer und die Fahnenmasten und die von der Fahrbahn der Straße „J*“ aus sichtbare große Halle sprechen. Für dessen Qualifikation als gleichrangige Straße würde sprechen, dass sowohl die Straße „J*“ als auch der E*weg asphaltiert seien, dass die Fahrbahn des E*wegs sogar etwas breiter als die der Straße „J*“ sei, dass der E*weg vom Beginn des Firmengeländes bis zur Kreuzung eine Länge von 95 m sowie einen großen Mündungstrichter von 33 m aufweise, dass sich unterhalb des den Weg zum Betriebsgelände markierenden Schildes ein weiteres Schild mit der Aufschrift „E*weg“ befinde, und dass der weitere Verlauf des E*wegs von der Straße nicht einsehbar sei und nicht erkennbar sei, dass der E*weg lediglich zum Betrieb der Zweitbeklagten führe. Auch wenn ein Schild auf das Betriebsgelände der Zweitbeklagten hinweise, könne ein Benützer der Straße „J*“ daraus nicht schließen, dass die Straße nur dorthin führe, da darunter auch ein Schild „E*weg“ angebracht sei und für einen Benutzer der Straße „J*“ darüber hinaus nicht ersichtlich sei, dass der E*weg nach dem Betrieb der Zweitbeklagten nicht weiterführe. Das Schild „E*weg“ an der Kreuzung suggeriere oder lasse zumindest offen, dass der E*weg auch zu anderen Objekten als dem Betriebsgelände führen könnte. Auch die Steinmauer und die Fahnen würden noch nicht zu dem Schluss führen, dass der E*weg lediglich zu dem Betrieb der Zweitbeklagten führe. Vielmehr könnte der E*weg nach dem Betrieb der zweitbeklagten Partei dennoch weiterführen, zumal der E*weg aufgrund seiner Asphaltierung und Fahrbahnbreite und der Breite des Mündungstrichters in Annäherung nicht als bloße Betriebszufahrt erkennbar sei. Auf die Ortskenntnis des Erstbeklagten komme es nicht an.
Zur Frage einer dem Erstbeklagten vorwerfbaren Reaktionsverzögerung erwog das Erstgericht, dass der Erstbeklagte, selbst wenn er den Lenker des Klagsfahrzeuges ca 4 Sekunden vor dem Unfall wahrgenommen hätte, nicht mit einer Verletzung seines Vorrangs durch letzteren rechnen habe müssen, weil sich das Klagsfahrzeug zu diesem Zeitpunkt in einer Entfernung von 90 m befunden habe und das Klagsfahrzeug vor der Kreuzung zum Stillstand hätte gebracht werden können. Zu diesem Zeitpunkt sei das Klagsfahrzeug daher objektiv noch nicht als Gefahr erkennbar gewesen. Der Erstbeklagte als Vorrangberechtigter habe zum Stehenbleiben so lange keinen Anlass gehabt, als sich das Klagsfahrzeug in unbedenklicher Entfernung befunden habe. Zwar hätte der Erstbeklagte zwei Sekunden vor dem Unfall wahrnehmen können, dass der Lenker des Klagsfahrzeuges sich noch immer mit hoher Geschwindigkeit annähere und eventuell nicht stehen bleibe, dies jedoch lediglich dann, wenn er genau in diesem Moment nach links geblickt hätte. Der Erstbeklagte sei allerdings grundsätzlich weder zum Anhalten vor der Verschneidungslinie noch zum bremsbereiten Fahren verpflichtet gewesen, da er nicht mit der Missachtung seines Vorranges rechnen habe müssen. Auch bei entsprechender Aufmerksamkeit könne vom Erstbeklagten nicht verlangt werden, genau zwei Sekunden vor Einfahren in die Kreuzung nach links zu blicken, zumal auch von rechts ein Fahrzeug hätte kommen können, gegenüber welchem der Erstbeklagte selbst wartepflichtig gewesen wäre.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Klagsstattgebung; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die Beklagten beantragen in ihrer Berufungsbeantwortung, dem Rechtsmittel keine Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
I. Zur Berichtigung der Parteibezeichnung der Drittbeklagten:
Wie sich aus dem Firmenbuch zu FN M* und zu FN H* insgesamt ergibt, lautet die korrekte Firmenbuchnummer der Drittbeklagten FN H* und war demgegenüber der vormals zu FN M* eingetragene Rechtsträger bereits im Jahr 2012 mit der - seitdem die Firma „G* AG“ führenden - Drittbeklagten als übernehmende Gesellschaft unter Löschung der Firma verschmolzen worden. Die aufgrund eines offenkundigen, eindeutig erkennbaren Versehens im Umfang der Firmenbuchnummer insoweit unrichtige Parteibezeichnung der Drittbeklagten ist somit gemäß § 235 Abs 5 ZPO von Amts wegen zu berichtigen (RS0039666).
II. Zur Berufung:
A. Zur Tatsachenrüge:
1. Unter dem Berufungsgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung bekämpft die Berufung die Feststellung, dass von der Straße „J*“ in Annäherung zum E*weg nicht erkennbar ist, ob der E*weg bei der Lagerhalle endet oder nicht. Ersatzweise wird die Feststellung begehrt, dass bereits von der Straße „J*“ in Annäherung zum E*weg erkennbar sei, dass der E*weg ausschließlich zum Firmengelände der Zweitbeklagten führe und dieser in der Firmeneinfahrt, welche südlich durch einen mehrere Meter hohen Granitblock samt Logo und Aufschrift und nördlich durch die Steinmauer begrenzt sei, ende.
1.1. Um eine unrichtige oder bedenkliche Beweiswürdigung aufzuzeigen, reicht es nicht aus, dass nach den Beweisergebnissen allenfalls auch andere Feststellungen möglich gewesen wären, oder dass es einzelne Beweisergebnisse gibt, die für den Prozessstandpunkt des Berufungswerbers sprechen. Ebenso ist die vom Gericht vorgenommene Beweiswürdigung nicht schon deshalb bedenklich, weil ein Umstand nicht erwähnt wurde, der noch erwähnt hätte werden können, oder eine Erwägung nicht angestellt wurde, die noch angestellt hätte werden können. Vielmehr kann eine Beweisrüge nur dann erfolgreich sein, wenn die - praktisch zwingenden - Gründe dargelegt werden, warum anderen Beweisergebnissen eher Glauben zu schenken gewesen wäre, sodass beim Berufungsgericht Bedenken gegen die erstrichterliche Beweiswürdigung erweckt werden. Maßgeblich ist allein, ob für die erstrichterliche Einschätzung im Rahmen der freien Beweiswürdigung ausreichende Gründe bestanden ( Pimmer in Fasching/Konecny 3§ 467 ZPO Rz 40/2; G. Kodek in Kodek/Oberhammer, ZPO-ON § 467 ZPO Rz 46 [Stand 9. 10. 2023, rdb.at]; Klauser/Kodek , JN-ZPO 18§ 467 ZPO E 39/1; RS0040180). Für den Erfolg einer Beweisrüge reicht somit der Verweis auf einzelne für den Berufungswerber günstige Beweisergebnisse nicht aus; erforderlich ist vielmehr eine Auseinandersetzung mit sämtlichen Beweisergebnissen. Dabei ist darzustellen, warum das Erstgericht bei richtiger Beweiswürdigung gerade die begehrte Feststellung (und nicht etwa aufgrund anderer vorliegender Beweismittel andere Feststellungen) hätte treffen müssen (6 Ob 177/21d mwH). Die gegen die bekämpfte Feststellung vorgetragenen Argumente sind nämlich unter Berücksichtigung aller dazu vorliegenden Beweisergebnisse zu prüfen, indem auf der Grundlage einer solchen Gesamtschau zu beurteilen ist, ob gegen die vom Erstgericht vorgenommene Beweiswürdigung Bedenken bestehen (RS0040123).
1.2. Zur Begründung der Beweisrüge verweist die Berufung auf die Lichtbilder in Beilage ./III, bei deren Betrachtung sich sehr deutlich zeige, dass der E*weg ausschließlich zum Firmengelände der Zweitbeklagten führe. Die im Lichtbild Nr. 4 der Beilage ./III erkennbaren enormen Ausmaße des Erdwalls und der dahinter ersichtlichen Lagerhalle würden völlig unzweifelhaft darauf schließen lassen, dass es sich nur um ein abgeschlossenes Firmengelände handeln könne. In weiterer Annäherung sei die 80 m lange, sehr hochwertig ausgeführte Steinmauer mit den im Bereich des letzten Drittels angebrachten Fahnenmasten ersichtlich und werde ebenso ersichtlich, dass die tatsächliche Einfahrt zum Firmengelände an der Nordseite durch diese Steinmauer und an der Südseite durch einen mehrere Meter hohen Granitblock samt Logo und Aufschrift eingegrenzt sei. Auf den Lichtbildern Nr. 1 und 2 der Beilage ./III sei darüber hinaus gut erkennbar, dass sich im Bereich der tatsächlichen Einfahrt gegenüber dem Granitblock oberhalb der Mauer ein das Firmengelände auch noch einzäunender, in der Annäherung gut erkennbarer und in der Natur noch besser als auf den Lichtbildern erkennbarer Maschendrahtzaun befinde. Hinzu komme auch das im Bereich der Kreuzung angebrachte Schild mit der Aufschrift „D*“. Das darunter befindliche Zusatzschild „E*weg“ suggeriere keinesfalls, dass der E*weg neben dem Betriebsgelände auch noch zu anderen Objekten führen würde. Im Gegenteil könne in Verbindung mit dem auf den N*betrieb hinweisenden Schild nur geschlossen werden, dass diese Namensbezeichnung nur zum Zweck des Hinweises auf die dort befindliche N*anlage gewählt worden sei, da für eine zu mehreren Objekten führende Durchzugsstraße wohl nicht eine derart auf den Betrieb der Zweitbeklagten hinweisende Wegbezeichnung gewählt worden wäre.
1.3. Mit diesen Ausführungen gelingt es der Berufung jedoch nicht, Zweifel an der Stichhältigkeit der bekämpften Feststellung hervorzurufen. Die Berufung ist darauf hinzuweisen, dass die bekämpfte Feststellung ausschließlich eine Sachverhaltsannahme darüber zum Inhalt hat, inwieweit von der Straße „J*“ aus erkennbar ist, ob der E*weg bei der Lagerhalle endet, und dass das Thema der bekämpften Feststellung sohin allein darin besteht, inwieweit der aus der Perspektive der Straße „J*“ aus gegebene Sichtbereich einen optischen Einblick in den (allfälligen weiteren) Verlauf des E*wegs jenseits der Lagerhalle eröffnet. Dass das Erstgericht mit der bekämpften Feststellung allein und konkret eine Aussage über die optische bzw visuelle Wahrnehmbarkeit des Wegverlaufs getroffen hat, erhellt nicht zuletzt gerade auch aus dem von ihm seiner rechtlichen Beurteilung zugrundegelegten Umstand, dass der weitere Verlauf des E*wegs von der Straße „J*“ nicht (wörtlich:) „einsehbar“ sei (US 15). Dem entspricht es auch, dass das Erstgericht in seiner Beweiswürdigung zum einen die von ihm durch Lokalaugenschein vor Ort gewonnenen unmittelbaren Wahrnehmungen, wonach der E*weg letztlich einen Schwenk nach links mache und daher dessen weiterer Verlauf nicht ersichtlich sei, als Grundlage für die bekämpfte Feststellung genannt sowie zum anderen aus dem Lichtbild Nr. 4 der Beilage ./III die weitere Schlussfolgerung und Wahrnehmung abgeleitet hat, dass auch aus einer weiter entfernten Perspektive der weitere Verlauf des E*wegs wegen dessen Sichtverdeckung durch den Erdwall nicht auszumachen sei (US 11).
1.4. Im Kontrast dazu zeigt die Beweisrüge mit ihren Hinweisen auf die bloß neben dem E*weg und auch im weiteren Umfeld des Betriebsgeländes der Zweitbeklagten vorhandenen Anlagen und Objekte (Erdwall, Lagerhalle, Steinmauer, Fahnenmasten, Maschendrahtzaun, Granitblock samt Logo und Aufschrift, Schilder im Kreuzungsbereich) hingegen gerade keinen Umstand auf, der dafür sprechen würde, dass einer auf der Straße „J*“ befindlichen Person aus ihrer dortigen Perspektive doch ein solcher Sichtbereich eröffnet wäre, der ihr einen unmittelbaren faktischen Einblick in den weiteren Verlauf des E*weges ermöglichen würde. Denn dabei handelt es sich lediglich um Aspekte, die eine solche Person allenfalls als Anhaltspunkte heranziehen könnte bzw würde, um hieraus Schlussfolgerungen oder Vermutungen hinsichtlich des - für sie jedoch tatsächlich bzw objektiv nicht unmittelbar einsehbaren - weiteren Verlaufs des E*wegs abzuleiten, und die als solche sohin gegebenenfalls erst von Bedeutung für die rechtliche Beurteilung darüber wären, ob der E*weg unter Berücksichtigung aller in Betracht zu ziehenden Kriterien (vgl unten 4.1. ff) als eine unter die Bestimmung des § 19 Abs 6 StVO fallende Verkehrsfläche anzusehen ist. All dies gilt insbesondere auch in Bezug auf den Maschendrahtzaun und den Granitblock, die in dem - in die erstgerichtlichen Feststellungen ohnedies übernommenen - Lichtbild Nr. 1 der Beilage ./III (sowie im Lichtbild Nr. 2 derselben Beilage) ersichtlich sind, ist doch das bloße Vorhandensein dieser Objekte nicht von Einfluss auf die optische Einsehbarkeit des weiteren Verlaufs des im betreffenden Bereich nach links schwenkenden E*wegs.
1.5. Die vom Erstgericht als Ergebnis des Lokalaugenscheins unmittelbar gewonnene Wahrnehmung, dass der E*weg nach der Steinmauer nach links schwenke und dessen weiterer Verlauf daher nicht ersichtlich sei, wird von der Berufung (S. 2) ohnedies als zutreffend anerkannt. Damit ist die Beweisrüge darauf zu verweisen, dass die von ihr ins Treffen geführten Lichtbilder der Beilage ./III - welche die örtlichen Gegebenheiten demgegenüber nur mit einem geringeren Maß an Unmittelbarkeit darstellen - nicht geeignet sind, jenen Eindruck zu entkräften, den das Erstgericht selbst im Wege des Augenscheins - sohin auf die unmittelbarste und verlässlichste Weise (vgl nur zB Gitschthaler in Fasching/Konecny³ § 368 ZPO Rz 2, 10), weil durch eigene unmittelbare optische Sinneswahrnehmung der Gegebenheiten an Ort und Stelle - von dem von der Straße „J*“ aus gegebenen Sichtbereich und von dem in diesem Sichtbereich optisch-visuell erfassbaren Verlauf des E*wegs gewonnen hat sowie in seiner Beweiswürdigung dargelegt und zur Grundlage der bekämpften Feststellung gemacht hat. Ohnedies bei Einsicht in das Lichtbild Nr. 4 der Beilage ./III nachvollziehbar und daher nicht zu beanstanden ist die vom Erstgericht aus diesem Lichtbild abgeleitete Einschätzung, dass wegen der sichtverdeckenden Wirkung des parallel zur Straße „J*“ verlaufenden Erdwalls auch von einer weiter entfernten Perspektive der weitere Verlauf des E*wegs nicht auszumachen sei. Bei den in diesem Zusammenhang von der Beweisrüge relevierten Dimensionen des Erdwalls und der Lagerhalle handelt es sich wiederum nicht um Faktoren, die die optische Wahrnehmbarkeit des weiteren Verlaufs des E*wegs für einen auf der Straße „J*“ befindlichen Beobachter bzw Verkehrsteilnehmer herstellen oder verbessern würden, sondern bloß um Merkmale, die einem solchen Beobachter bzw Verkehrsteilnehmer gegebenenfalls Anlass zu Vermutungen in Bezug auf den - für ihn optisch gerade nicht erkennbaren - weiteren Verlauf des E*wegs geben würden (siehe schon oben 1.4.).
1.6. Im Übrigen steht auch sonst keines der weiteren Lichtbilder der von der Beweisrüge gesamthaft herangezogenen Beilage ./III der vom Erstgericht gewonnenen Einschätzung, dass der weitere Verlauf des E*wegs wegen des nach der Steinmauer ausgeführten Linksschwenks von der Straße „J*“ aus nicht ersichtlich sei, entgegen. Soweit die in der Beilage ./III enthaltenen Lichtbilder überhaupt den im Nahebereich der Lagerhalle gelegenen (oberen) Teil des E*wegs zeigen, lässt sich auf ihnen bloß erkennen, dass der E*weg dort offenbar seinen Scheitelpunkt erreicht. Gerade deswegen ist aber von der - erkennbar tiefer gelegenen - Straße „J*“ aus augenscheinlich nicht einsehbar, ob und wie weit der E*weg nach diesem Scheitelpunkt und nach dem Linksschwenk weiter verläuft, oder ob er in diesem Bereich tatsächlich endet (insb Lichtbilder Nr. 1 und 2 der Beilage ./III).
1.7. Zusammengefasst begegnet die bekämpfte Feststellung somit keinen Bedenken.
B. Zur Rechtsrüge:
2. Unter dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung steht die Berufung auf dem Standpunkt, dass der E*weg entgegen der Ansicht des Erstgerichts als untergeordnete Verkehrsfläche im Sinne des § 19 Abs 6 StVO anzusehen sei und daher von einer Vorrangverletzung durch den Erstbeklagten auszugehen sei. In diesem Zusammenhang macht sie auch einen sekundären Feststellungsmangel geltend. Zum anderen argumentiert sie, dass den Erstbeklagten selbst im Falle der Anwendbarkeit der Rechtsregel und somit des Vorrangs des Beklagtenfahrzeugs ein erhebliches Mitverschulden am Zustandekommen der Kollision treffe.
3. Das Berufungsgericht erachtet die eingehend begründete rechtliche Beurteilung des Erstgerichts als zutreffend und demgegenüber die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig, weshalb es zunächst genügt, der Rechtsrüge mit einem Verweis auf die auch vom Berufungsgericht geteilte rechtliche Beurteilung des Erstgerichts (§ 500a ZPO) zu erwidern. Nur ergänzend ist den Ausführungen in der Rechtsrüge im Einzelnen Folgendes entgegenzuhalten:
4.1. Wie bereits das Erstgericht unter umfangreicher Darstellung der einschlägigen Rechtslage zutreffend festgehalten hat, ist die Beurteilung der Frage, ob eine Fläche unter § 19 Abs 6 StVO fällt bzw den in § 19 Abs 6 StVO (nicht taxativ; RS0074560) aufgezählten Verkehrsflächen gleichzuhalten ist, nach objektiven Kriterien vorzunehmen (RS0074521). Dabei ist auf die Beschaffenheit der zu beurteilenden Verkehrsfläche in ihrer Gesamtheit - und nicht etwa bloß auf die Verhältnisse im Einmündungs- bzw Kreuzungsbereich - abzustellen (RS0074625), weshalb es entscheidend darauf ankommt, ob sich die betreffende Verkehrsfläche in ihrer gesamten Anlage deutlich von sonstigen öffentlichen Straßen unterscheidet (RS0074490). Wesentlich ist somit das äußere Erscheinungsbild der Verkehrsfläche in ihrer Gesamtheit (zB 2 Ob 154/16k, 2 Ob 74/22d [Rz 6] je mwN; vgl auch RS0074641), ohne dass etwa die Verkehrsbedeutung und die Verkehrsfrequenz entscheidend wären (RS0074563, RS0074521 [T2]).
4.2. Als für diese Beurteilung bedeutsame objektive Kriterien gelten etwa Befestigung, Fahrbahnbelag bzw Asphaltierung, Fahrbahnbreite, Straßenverlauf, Widmung etc der betroffenen Flächen sowie Verkehrstafeln, Verkehrszeichen, Hinweisschilder udgl (zB 2 Ob 191/13x, 2 Ob 154/16k, 2 Ob 74/22d [Rz 6] je mwN; RS0074597, RS0074641). In diesem Sinne kann etwa auch der Umstand, dass die betreffende Verkehrsfläche von einer öffentlichen Straße lediglich zu einem einzelnen Grundstück oder zu einem begrenzten Grundstückskomplex bzw zu wenigen Häusern führt, zur Annahme einer ungeordneten Verkehrsfläche im Sinne des § 19 Abs 6 StVO beitragen (vgl RS0074527; vgl auch 2 Ob 74/22d [Rz 7] = RS0074521 [T4] = RS0074521 [T4]).
4.3. In die Beurteilung einzubeziehen sind jedoch nur solche Kriterien bzw Umstände, die ohne Rücksicht auf Ortskenntnisse sowohl für die Benützer der betreffenden Fläche als auch für die Benützer der Straße, in die sie einmündet, während ihrer Fahrt deutlich erkennbar sind. Denn diese müssen ja danach beurteilen können, ob sie Vorrang haben oder wartepflichtig sind (zB 2 Ob 191/13x mwN; RS0074597 [insb T1, T3], RS0074490 [T8, T13, T15], RS0074625 [T1]). Nach ständiger, gefestigter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs kommt es dabei auf die Erkennbarkeit der erwähnten Kriterien für beideam Unfallgeschehen beteiligten Straßenbenützer an (zB 2 Ob 191/13x mwN; 2 Ob 154/16k, 2 Ob 74/22d [Rz 6]; RS0074597), weshalb einem solchen Umstand, der auch nur für einen der beteiligten Verkehrsteilnehmer aus dessen Annäherungsrichtung nicht erkennbar ist, die Eignung fehlt, zur Annahme beizutragen, dass von den betreffenden Verkehrsflächen eine gegenüber der anderen benachrangt nach § 19 Abs 6 StVO wäre (vgl zB 2 Ob 191/13x). Auch die subjektive Ortskenntnis der Verkehrsteilnehmer ist bedeutungslos (RS0074597 [T1]).
4.4. Zusammengefasst ist somit für die Beurteilung der Frage, ob eine Verkehrsfläche nach § 19 Abs 6 StVO benachrangt ist, entscheidend, ob sie sich für die beteiligten Lenker während der Fahrt objektiv ohne Rücksicht auf deren Ortskenntnis oder auf deren jeweilige subjektive Betrachtungsweise in ihrer gesamten Anlage eindeutig bzw deutlich von sonstigen öffentlichen Straßen unterscheidet (vgl RS0074490, RS0074506 [T1], RS0074521 [T1]). Ohnedies gleichermaßen zutreffend hat das Erstgericht ebenfalls bereits darauf hingewiesen, dass wegen der Qualität der Regelung des § 19 Abs 6 StVO als Ausnahme von der Grundregel des Rechtsvorrangs im Zweifelsfall der Rechtsvorrang als gegeben anzunehmen ist und dementsprechend allfällige Zweifel im Einzelfall zu Lasten desjenigen zu werten sind, der den Rechtsvorrang des anderen Verkehrsteilnehmers bestreitet (RS0074522, RS0074490 [T1, T4]).
5. Die Rechtsrüge führt zugunsten der von ihr angestrebten Wertung des E*wegs als gegenüber der Straße „J*“ nach § 19 Abs 6 StVO benachrangter Verkehrsfläche zunächst ins Treffen, dass auf dem - in die Urteilsfeststellungen übernommenen, die Sichtperspektive aus der Annäherungsrichtung des Klagsfahrzeuges aus größerer Entfernung darstellenden - Lichtbild (erkennbar gemeint:) Nr. 4 der Beilage ./III (US 7 unten) die Lagerhalle der Zweitbeklagten und der davor befindliche, parallel zur Straße „J*“ verlaufende Erdwall ersichtlich seien, dass auf dem ebenfalls in die Urteilsfeststellungen übernommene Lichtbild (erkennbar gemeint:) Nr. 1 der Beilage ./III (US 7 oben) „die Einfahrt zum Firmengelände gut erkennbar“ sei, und dass diese Einfahrt wegen der Steinmauer und der Fahnenmasten „eindeutig als reine Firmenzufahrt“ zu erkennen sei. Bereits aufgrund des (erkennbar gemeint: im festgestellten Lichtbild Nr. 1 ersichtlichen) Granitblocks mit Logo samt Aufschrift ergebe sich eindeutig, dass es sich um eine reine Firmen- bzw Grundstückszufahrt handle, weshalb der Frage, ob der weitere Verlauf des E*wegs hinter der Halle aus der Ferne erkennbar sei, keine Rolle spiele. Auch aus der Gestaltung der im Kreuzungsbereich angebrachten Schilder mit den Aufschriften „D*“ und „E*weg“ ergebe sich, dass es sich beim E*weg um eine reine Grundstücks- bzw Firmenzufahrt handle, zumal die Bezeichnung „E*weg“ im Zusammenhang mit einer Kompostfirma darauf schließen lasse, dass es sich nur um eine Zufahrt zu einer Kompostfirma und nicht um eine Durchzugsstraße bzw Zufahrt zu mehreren Objekten handle.
6. Entgegen dem Standpunkt der Berufung sind diese in der Rechtsrüge hervorgehobenen Umstände jedoch nicht dazu angetan, bei der gebotenen Gesamtbetrachtung aller für einen Benützer der Straße „J*“ während der Fahrt in Annäherung an den E*weg erkennbaren objektiven Kriterien den Schluss zu rechtfertigen, dass sich der E*weg mit der für dessen Subsumtion unter § 19 Abs 6 StVO erforderlichen Eindeutigkeit bzw Deutlichkeit von einer sonstigen öffentlichen Straße unterscheidet.
6.1. So bietet der bloße Umstand, dass in Annäherung zum E*weg zunächst (nur) die hinter dem Erdwall gelegene Lagerhalle (aber schon ausweislich des auf US 7 unten festgestellten Lichtbildes Nr. 4 gerade nicht der E*weg in seinem gesamten Verlauf) erkennbar ist, für einen herannahenden Verkehrsteilnehmer allenfalls bloß Grund für die Annahme, dass hinter dem Erdwall bzw im weiteren Verlauf des E*wegs (insbesondere bzw unter anderem) ein wohl größerer Betriebskomplex situiert ist, aber keineswegs einen deutlichen Anhaltspunkt dafür, dass es sich bei diesem Betriebskomplex um den einzigen im allfälligen weiteren Verlauf des E*wegs gelegenen Gebäudekomplex handle bzw der E*weg ausschließlich zu dieser einzelnen Lagerhalle führe. Im Gegenteil schließen es gerade die von der Berufung angesprochenen Dimensionen der Lagerhalle sowie der vorgelagerte Erdwall aus, dass für einen herannahenden Verkehrsteilnehmer das dahinter liegende weitere Gelände einsehbar wäre und er daher etwa das Fehlen einer weiteren Bebauung hinter der Lagerhalle erkennen könnte.
6.2. Die den E*weg begleitende Steinmauer samt den Fahnenmasten (und dem Maschendrahtzaun) befindet sich - wie auch aus dem festgestellten Lichtbild Nr. 1 (US 7 oben) hervorgeht - am Nordrand des E*wegs und ist damit für einen die Straße „J*“ benützenden, aus der Annäherungsrichtung des Klagsfahrzeuges kommenden Verkehrsteilnehmer während der Fahrt keineswegs eindeutig als Teil eines die Lagerhalle bzw das Betriebsgelände der Zweitbeklagten umfassenden, einheitlichen Komplexes zu erkennen, zumal ausweislich des festgestellten Lichtbildes Nr. 1 (US 7 oben) der dort ersichtliche Granitblock augenscheinlich am gegenüberliegenden Südrand des E*wegs liegt und sich auch die Lagerhalle nicht an der gleichen Seite des E*wegs befindet wie die Steinmauer (samt Fahnenmasten und Maschendrahtzaun). Damit ist die Rechtsrüge darauf zu verweisen, dass die Steinmauer samt den Fahnenmasten etc in ihrer im Unfallszeitpunkt gegebenen Gestaltung für einen herannahenden Verkehrsteilnehmer keineswegs zwangsläufig bzw eindeutig als Teil einer ausschließlich zum Betrieb der Zweitbeklagten führenden Straßenanlage erkennbar ist, zumal für einen solchen Verkehrsteilnehmer auch gar nicht einsehbar ist, ob der E*weg nach dem Ende der Steinmauer bzw im Bereich der Lagerhalle tatsächlich endet oder doch weiterverläuft. Hieran ändert auch die - nach dem Standpunkt der Berufung als großzügig zu erachtende - Ausführung der Steinmauer nichts, da deren spezifische Gestaltung allenfalls bloß einen Anlass zu Rückschlüssen darauf bildet, zu welchem Aufwand sich der hierfür verantwortliche Bauherr bei der baulichen Ausführung dieser Mauer aus welchem Grund auch immer zu erbringen veranlasst oder bereit sah, aber nicht Aufschluss darüber gibt, ob der an dieser Mauer vorbeiführende, im weiteren Verlauf aber nicht einsehbare E*weg etwa auch noch andere Objekte als die Lagerhalle bzw das Betriebsgelände der Zweitbeklagten erschließt oder bei dieser Halle endet.
6.3. Auch das im Kreuzungsbereich befindliche Schild mit der auf das Betriebsgelände der Zweitbeklagten hinweisenden Aufschrift „D*“ ist weder für sich noch im Zusammenhalt mit dem weiteren (kleineren) Zusatzschild mit der Aufschrift „E*weg“ dazu angetan, einen auf der Straße „J*“ herannahenden Verkehrsteilnehmer erkennen zu lassen, dass der E*weg ausschließlich zum Betrieb der Beklagten führt und danach nicht weiterführt. Zum einen entsprechen die Unterschiede in den Dimensionierungen dieser Schilder durchaus den allgemein gepflogenen Usancen, wonach als Wegweiser zu einem Betriebsstandort dienende und daher eine entsprechende Auffälligkeit erfordernde Hinweisschilder in der Regel merklich größer dimensioniert sind als - üblicherweise gerade auch öffentliche Straßen kennzeichnende - Straßennamenstafeln. Dass der durch eine derartige Tafel namentlich gekennzeichnete Straßenzug ausschließlich und allein zu dem auf dem weiteren Hinweisschild genannten Betrieb hinführt, ist daraus für einen Straßenbenützer daher nicht erkennbar, zumal eine bloße Grundstückszufahrt zu einem einzelnen Objekt üblicherweise nicht mit einem eigenen Straßennamen versehen wäre. Zum anderen ist auch die Bezeichnung „E*weg“ in inhaltlicher Sicht keineswegs ein Umstand, die es für einen Benützer der Straße „J*“ deutlich erkennbar machen würde, dass die mit dieser Bezeichnung versehene Verkehrsfläche ausschließlich zu dem dort gelegenen N*betrieb führt. Denn abgesehen davon, dass Kompost (als das durch die Verrottung organischen [Abfall-]Materials gewonnene, spezifisch nährstoffhaltige Düngerprodukt) schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und Sprachverständnis nicht gleichzusetzen ist mit Erde (im Sinne der obersten, aus vielfältigen Materialien und Stoffen zusammengesetzten Schicht des Erdbodens bzw des obersten Teils der Erdkruste) und daher selbst der Straßenname „E*weg“ aus der Perspektive eines herannahenden Verkehrsteilnehmers nicht vorbehaltlos als gerade von einem dort ebenfalls befindlichen N*betrieb abgeleitete Bezeichnung angesehen werden kann, ist selbst unter der Prämisse einer solchen Namensableitung bloß aus den im verfahrensgegenständlichen Kreuzungsbereich aufgestellten Schilder in objektiver Sicht nicht erkennbar, dass der E*weg zu keinem anderen Objekt als dem N*betrieb führt. Denn es entspricht einer auch österreichweit durchaus nicht unüblichen Praxis, sich bei der Wahl von Namen auch für öffentliche Straßen bzw für Straßen, die zu einer Vielzahl von Objekten führen, gegebenenfalls an der Art bzw am Gewerbe der im Nahebereich bzw Verlauf dieser Straßen gelegenen Wirtschaftsbetriebe zu orientieren oder anzulehnen, ohne dass bereits aus einem solchen Lokalbezug bei der Namenswahl auf die Eigenschaft einer solcherart benannten Straße als bloße Zufahrt zu einem einzigen Objekt zu schließen wäre.
6.4. Damit bleibt es dabei, dass im Sinne der insgesamt umsichtigen und überlegten sowie auch in dieser Hinsicht überzeugenden Erwägungen des Erstgerichts gegen die Wertung des E*wegs als gegenüber der Straße „J*“ nach § 19 Abs 6 StVO benachrangter Fläche im Ergebnis schließlich die bauliche Gestaltung beider Verkehrsflächen spricht. Sowohl der E*weg als auch die Straße „J*“ sind jeweils mit einer Asphaltdecke versehen, wobei die Asphaltdecke des E*weges sogar um ca 2,5 m bzw 1,8 m breiter ist als jene der Straße „J*“ bzw des Güterwegs I*. Auch wenn der Breite des Einmündungstrichters für sich allein noch kein entscheidendes Gewicht bei der hier vorzunehmenden Beurteilung zukommt (RS0074625), ist zusätzlich dazu doch zu berücksichtigen, dass der E*weg keineswegs etwa in unmittelbarer Nähe zu diesem Einmündungstrichter bereits in einer als solcher erkennbaren Grundstücks- bzw Betriebseinfahrt endet, sondern von der Kreuzung weg über eine Länge von immerhin 95 m bis zum Betriebsgelände der Zweitbeklagten verläuft, ohne dass von der Straße „J*“ aus erkennbar wäre, dass er nach dieser Distanz bereits sein Ende hat. Soweit die Rechtsrüge den durch die Kompostieranlage bedingten regelmäßigen LKW-Verkehr als Grund für die großzügige Ausgestaltung des Mündungstrichters ins Treffen führt, ist sie darauf zu verweisen, dass die Verkehrsbedeutung der der Beurteilung nach § 19 Abs 6 StVO zu unterziehenden Fläche gerade nicht entscheidend ist, sondern dass es vielmehr auf deren äußeres Erscheinungsbild nach Maßgabe der den Straßenbenützern deutlich erkennbaren Umstände in ihrer Gesamtheit ankommt (siehe oben 4.1.).
6.5. Solche den E*weg betreffenden Umstände, die für einen die Straße „J*“ benützenden, aus der Annäherungsrichtung des Klagsfahrzeuges kommenden Verkehrsteilnehmer während der Fahrt deutlich erkennbar sind, sind nach Maßgabe der getroffenen Feststellungen die Gleichartigkeit des Fahrbahnbelags (Asphaltdecke) auf beiden Verkehrsflächen, die sogar größere Breite des E*wegs im Vergleich zur Straße „J*“, die durchaus großzügige Dimensionierung des Mündungstrichters im Zusammenhalt mit der Länge des von dort wegführenden E*wegs. Alle diese Umstände unterscheiden den E*weg keineswegs von einer sonstigen öffentlichen Straße, sondern lassen ihn einer solchen Straße vielmehr gleichartig erscheinen. Zwar sind auch die erörterten Schilder im Kreuzungsbereich, die Steinmauer (samt Fahnenmasten etc) und die Lagerhalle mit dem davor befindlichen Granitblock von der Straße „J*“ aus insoweit hinreichend deutlich erkennbar, sie sind aber aus den bereits oben dargelegten Erwägungen nicht dazu angetan, für einen auf dieser Straße herannahenden Verkehrsteilnehmer den E*weg von einer öffentlichen Straße eindeutig unterscheidbar zu machen, zumal gerade aufgrund der mangelnden Einsehbarkeit des weiteren, ab der Lagerhalle gegebenen Verlaufs des E*wegs für einen solchen Verkehrsteilnehmer nicht ohne weiteres erkennbar ist, dass der E*weg tatsächlich ausschließlich zum Betriebsgelände der Zweitbeklagten führt.
7. Zusammengefasst steht einer Qualifikation des E*wegs als nach Maßgabe des § 19 Abs 6 StVO gegenüber der Straße „J*“ benachrangter Verkehrsfläche sohin entgegen, dass jedenfalls für den am verfahrensgegenständlichen Unfallgeschehen beteiligten Lenker des Klagsfahrzeuges aus dessen Annäherungsrichtung nicht solche Umstände erkennbar waren, welche den E*weg in ihrer Gesamtheit - deutlich (RS0074490) - von sonstigen öffentlichen Straßen bzw insbesondere von einer im Verhältnis zur Straße „J*“ gleichrangigen Verkehrsfläche unterschieden. Damit kommt es auf den von der Rechtsrüge relevierten Umstand, dass einem vom Betriebsgelände der Zweitbeklagten kommenden Benützer des E*wegs dessen Eigenschaft als bloße Betriebszufahrt erkennbar sei, nicht entscheidend an, da die Erkennbarkeit für nur einen der am Unfallgeschehen beteiligten Verkehrsteilnehmer nicht genügt, um den betreffenden Umstand in die Beurteilung nach § 19 Abs 6 StVO einzubeziehen (siehe oben 4.3.).
8. Aus dem gleichen Grund liegt auch die von der Rechtsrüge monierte sekundäre Mangelhaftigkeit nicht vor, die sie im Fehlen von Feststellungen darüber sieht, dass sich der Erstbeklagte vom Betriebsgelände der Zweitbeklagten kommend an die Kreuzung mit der Straße „J*“ angenähert habe und dabei seine Annäherung von einem abgeschlossenen Betriebsgelände wahrgenommen habe. Denn da bereits die aus der Perspektive des Lenkers des Klagsfahrzeuges erkennbaren Umstände nicht für die Wertung ausreichen, dass der E*weg als Verkehrsfläche im Sinne des § 19 Abs 6 StVO anzusehen sei, handelt es sich bei der aus der Perspektive des Lenkers des Beklagtenfahrzeuges gegebenen Erkennbarkeit von für eine solche Wertung sprechenden Umständen nicht (mehr) um eine für die diesbezügliche rechtliche Beurteilung wesentliche und damit entscheidungserhebliche Tatsache (vgl RS0053317, RS0043322; Lovrek in Fasching/Konecny 3§ 503 ZPO Rz 156 f). Abgesehen davon ist vorliegend nach Maßgabe des wechselseitigen, insoweit übereinstimmenden Prozessvorbringens der Parteien ohnedies unstrittig, dass der Erstbeklagte den E*weg in Richtung der Kreuzung mit der Straße „J*“ (Güterweg I*) vom Firmengelände der Zweitbeklagten kommend (ON 6, 2) bzw von der Zweitbeklagten kommend (ON 8, 3) befuhr. Damit kann in Bezug auf diesen Umstand schon von vornherein kein sekundärer Feststellungsmangel im Sinne der Unvollständigkeit der Feststellungsgrundlage vorliegen, weil unstrittige Tatsachen schon als solche ohne weiteres der Entscheidung zugrunde zu legen sind und es über solcherart unstrittige Umstände daher auch gar keiner Tatsachenfeststellungen bedarf (vgl RS0040110, RS0040101 [insb T1, T2], RS0040115).
9. Das vom Erstgericht gewonnene Ergebnis, dass der E*weg nicht als im Verhältnis zur Straße „J*“ nach § 19 Abs 6 StVO benachrangte Verkehrsfläche anzusehen sei, ist somit nicht zu beanstanden. Ausgehend davon ist sohin zugrunde zu legen, dass im Unfallzeitpunkt an der Kreuzung dieser beiden Straßen der die Grundregel nach § 19 Abs 1 StVO bildende Rechtsvorrang gegeben war und daher dem vom Erstbeklagten gelenkten Beklagtenfahrzeug der Rechtsvorrang vor dem vom Gatten der Klägerin gelenkten Klagsfahrzeug zugekommen ist.
10. Die Rechtsrüge meint, dass den Erstbeklagten auch unter der Prämisse eines solchen Vorrangs des Beklagtenfahrzeuges entgegen der Beurteilung des Erstgerichts ein erhebliches Mitverschulden am Zustandekommen der Kollision treffe. Vor der Kollision sei für den Erstbeklagten die Annäherung des Klagsfahrzeuges über mehrere Sekunden erkennbar gewesen, weil es für ihn zumindest 4 Sekunden vor der Kollision im Sichtbereich gewesen sei. Der Erstbeklagte hätte bei sorgfältiger und aufmerksamer Beobachtung des Verkehrsgeschehens das in Annäherung befindliche Klagsfahrzeug wahrnehmen müssen und wäre verpflichtet gewesen, zwei Sekunden vor dem Überfahren der Verschneidungslinie nach links zu blicken, wodurch er den Unfall verhindern hätte können.
11.1. Dem ist - über einen Verweis auf die auch in dieser Hinsicht vom Berufungsgericht geteilte rechtliche Beurteilung des Erstgerichts hinaus (§ 500a ZPO) - entgegenzuhalten, dass der im Vorrang befindliche Verkehrsteilnehmer (hier: der Erstbeklagte) nicht von vornherein mit einer Missachtung des Vorranges rechnen muss und etwa bremsbereit oder mit gespannter Aufmerksamkeit fahren muss (RS0073407, RS0073271 [insb T2], RS0074351 [T1]), sondern vielmehr darauf vertrauen darf, dass sich der im Nachrang befindliche Verkehrsteilnehmer (hier: der Lenker des Klagsfahrzeuges) entsprechend der ihn treffenden Wartepflicht verhalten werde (vgl RS0073422). Anderes würde nur dann gelten, wenn für den Vorrangberechtigten ein verkehrswidriges oder zumindest bedenkliches Verhalten des anderen Verkehrsteilnehmers bei gehöriger Aufmerksamkeit rechtzeitig in deutlicher bzw eindeutiger und augenfälliger Weise erkennbar ist (vgl RS0073429 [T2, T4, T7]) und er sohin ein solcherart zumindest verkehrsbedenkliches Verhalten des anderen Verkehrsteilnehmers in einem Zeitpunkt erkennen kann oder bei entsprechender Aufmerksamkeit erkennen hätte können, in dem ihm noch eine zumutbare Reaktion möglich war (vgl RS0073173 [insb T2, T3]). War hingegen ein bestimmtes verkehrswidriges Verhalten des anderen Verkehrsteilnehmers nicht vorhersehbar, dann kann dessen Unfallgegner daraus, dass er ein solches Verhalten des anderen bei seiner eigenen Fahrweise nicht in Rechnung stellt, kein Vorwurf gemacht werden (zB 2 Ob 278/06f mwN; RS0073181). Denn bei einer nicht vom Vertrauensgrundsatz ausgenommenen Person gilt der Vertrauensgrundsatz solange, als ein verkehrswidriges Verhalten dieser Person für einen anderen Verkehrsteilnehmer nicht erkennbar ist ( [T3]).
11.2. Dementsprechend kann ein Mitverschulden des Bevorrangten nur dann angenommen werden, wenn er den von links kommenden Verkehrsteilnehmer als Gefahr erkennen und seine eigene Fahrweise der dadurch entstandenen Verkehrslage anpassen konnte, dies aber schuldhaft unterließ (RS0075107). Es besteht auch keine bestimmte Vorschrift, die es dem im Vorrang befindlichen Verkehrsteilnehmer zur Pflicht machen würde, in jedem Fall bereits deshalb zuerst nach links hin zu blicken, weil die kreuzende Bahn von links her seiner Fahrt näher liegt als die von rechts. Vielmehr hängt es von Umständen des konkreten Falles ab, ob ein solches Verhalten bzw eine besondere Vorsicht geboten ist (vgl RS0074689 [T1]). Ebenso wenig ist der im Vorrang befindliche Verkehrsteilnehmer schon allein wegen der Annäherung an eine Kreuzung mit einer Straße ohne Vorrang zur Herabsetzung seiner zulässigen Geschwindigkeit verpflichtet (RS0074307).
12. Besondere Umstände, die den vorrangberechtigten Erstbeklagten vor dem Hintergrund dieser Rechtslage dazu veranlassen hätten müssen, in Bezug auf den ihm gegenüber wartepflichtigen Lenker des Klagsfahrzeuges eine erhöhte Vorsicht anzuwenden und in diesem Sinne etwa seine eigene Fahrweise an die Gefahr einer Vorrangverletzung durch den Lenker des Klagsfahrzeuges anzupassen, gehen aus den Sachverhaltsfeststellungen nicht hervor und werden auch von der Rechtsrüge nicht aufgezeigt. Vielmehr ist im Sinne der zutreffenden Erwägungen des Erstgerichts zugrunde zu legen, dass das Klagsfahrzeug für den Erstbeklagten von jenem ca 4 Sekunden vor der Kollision liegenden Zeitpunkt weg, in dem für ihn erstmals die Möglichkeit zur Wahrnehmung des herannahenden Klagsfahrzeuges gegeben war, vorerst für immerhin ca 2 Sekunden objektiv gar nicht als Gefahr erkennbar war bzw sein konnte, da eine solche Erkennbarkeit eines verkehrsbedenklichen Verhaltens des Lenkers des Klagsfahrzeuges für den Erstbeklagten überhaupt erst 2 Sekunden vor der Kollision gegeben war. Dass das in dieser Zeitspanne für den Erstbeklagten objektiv wahrnehmbare Verhalten des Lenkers des Klagsfahrzeuges für den Erstbeklagten als bedenklich erkennbar gewesen wäre und damit für ihn etwa eine Vorrangverletzung durch das Klagsfahrzeug objektiv vorhersehbar gewesen wäre, geht aus dem festgestellten Sachverhalt nicht hervor.
13. Damit bleibt es dabei, dass der Erstbeklagte mangels gegenteiliger Anhaltspunkte nicht mit einer Missachtung des ihm gegenüber dem Lenker des Klagsfahrzeuges zukommenden Vorranges rechnen musste, sondern auf die Einhaltung der Wartepflicht durch Letzteren vertrauen durfte und daher etwa auch unmittelbar vor dem Überfahren der Verschneidungslinie (2 Sekunden vor der Kollision und damit ca 0,4 Sekunden vor dem Überfahren der Verschneidungslinie) weder bremsbereit fahren noch seinen Blick genau nach links wenden musste. Letzteres gilt umso mehr, als der Erstbeklagte beim Überfahren der Verschneidungslinie bzw bereits vor dem Einfahren in die Kreuzung (RS0074549) aufgrund des dort geltenden Rechtsvorranges gehalten war, seinerseits in Bezug auf allfällige von rechts (aus nördlicher Richtung auf dem Güterweg I*) kommende und ihm gegenüber daher im Vorrang befindliche Fahrzeuge für die Wahrung seiner eigenen Wartepflicht Sorge zu tragen und sohin den ihm gegenüber bevorrangten Verkehr gehörig zu beobachten (vgl RS0073337, RS0074685, RS0075102).
14. Zusammengefasst erforderte die nach der Sachlage gebotene Vorsicht (vgl RS0074415) vom Erstbeklagten somit selbst vor dem Hintergrund der 4 Sekunden vor der Kollision gegebenen objektiven Erkennbarkeit des herannahenden Klagsfahrzeuges keineswegs den nun von der Rechtsrüge vermissten Blick nach links in dem 2 Sekunden vor der Kollision (und damit nur 0,4 Sekunden vor dem Überfahren der Verschneidungslinie) liegenden Zeitpunkt. Eine andere Beurteilung des an das Verhalten des Erstbeklagten anzulegenden Sorgfaltsmaßstabes ergibt sich auch nicht aus der in der Berufung ins Treffen geführten Eigenschaft als Berufskraftfahrer oder der Art des von ihm gelenkten Fahrzeuges, darf doch jeglicher Kraftfahrer gleichermaßen grundsätzlich auf die Einhaltung der Wartepflicht durch den im Nachrang befindlichen Verkehrsteilnehmer vertrauen (vgl RS0073422).
15. Zumal sonstige Gesichtspunkte, die gegen die Richtigkeit der vom Erstgericht vorgenommenen rechtlichen Beurteilung sprechen würden, von der Berufung nicht aufgezeigt werden, besteht sohin keine Grundlage für die von der Berufung angestrebte Annahme eines (Mit-)Verschuldens des Erstbeklagten.
C. Ergebnis, Kosten und Zulässigkeitsausspruch:
16. Der Berufung ist daher ein Erfolg zu versagen.
17. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
18. Eine Bewertung des berufungsgerichtlichen Entscheidungsgegenstandes erübrigt sich aufgrund der Höhe des Leistungsbegehrens.
19. Die ordentliche Revision ist gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig, weil die Feststellung oder Nichtfeststellung bestimmter Tatsachen aufgrund der vorhandenen Beweisergebnisse nicht an das Höchstgericht herangetragen werden kann (RS0043061 [T11] ua), die Beurteilung der Frage, ob eine Verkehrsfläche nach § 19 Abs 6 StVO benachrangt ist (zB RS0074506 [T2], RS0074521 [T3], RS0074490 [T11]), ebenso wie die Beurteilung des Grades der von einem im Vorrang befindlichen Fahrzeuglenker zu verlangenden Vorsicht (vgl RS0074689 [T2]) und überhaupt die Beurteilung von (Mit-)Verschulden (zB RS0087606 [T3, T4, T30]) jeweils von den Umständen des Einzelfalles abhängt und sich das Berufungsgericht an der zitierten Judikatur des Obersten Gerichtshofs orientiert und diese auf den Einzelfall angewendet hat.
Rückverweise
Keine Verweise gefunden