Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer sowie Hofrat Mag. Cede als Richter und Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Strasser, über die Revision der C M in M, vertreten durch Dr. Bernhard Steinbüchler, Mag. Harald Mühlleitner, Mag. Georg Wageneder, Mag. Dr. Martin M. Steinbüchler und Mag. Hubert Weidinger, Rechtsanwälte in 4490 St. Florian, Leopold Kotzmann Straße 10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 21. Februar 2023, LVwG AV 800/0012023, betreffend Urlaubsabgeltung gemäß § 93 NÖ LBG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Das für Personalangelegenheiten zuständige Vorstandsmitglied der NÖ Landesgesundheitsagentur, vertreten durch Mag. Thomas Reisch, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 17/7), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Mit Bescheid vom 10. November 2022 wies das für Personalangelegenheiten zuständige Vorstandsmitglied der NÖ Landesgesundheitsagentur (Dienstbehörde gemäß § 29 Abs. 3 NÖ Landesgesundheitsagenturgesetz NÖ LGA-G) den Antrag der Revisionswerberin vom 12. Mai 2022 auf Auszahlung einer Urlaubsabgeltung in Höhe von € 12.632,45, die einer Abgeltung eines zusätzlichen Resturlaubsstundenausmaßes in Höhe von 599 Stunden entspräche, ab.
2 Begründend führte die Dienstbehörde aus, die Erhebung des Resturlaubs habe für die einzelnen Kalenderjahre folgende Werte in Stunden ergeben: 2020: 81, 2021: 259, 2022: 43. Der Resturlaub aus 2022 sei ausgehend von 259 Stunden unter Berücksichtigung des Beschäftigungsendes mit Februar 2022 aliquotiert worden. Die Berechnung der Resturlaubsstunden erfolge unter Zugrundelegung des Vierfachen der Wochendienstzeit von 35 Stunden aliquotiert auf die Beschäftigungsdauer und unter Berücksichtigung des Verbrauchs. Für die einzelnen Kalenderjahre stelle sich die Berechnung wie folgt dar:
„Kalenderjahr 2020: 140 Stunden - 178 davon verbraucht: ergibt 0 abzugeltende Stunden
Kalenderjahr 2021: 140 Stunden - 0 davon verbraucht: ergibt 140 abzugeltende Stunden
Kalenderjahr 2022: 23 Stunden (= 140 Stunden aliquotiert unter Berücksichtigung des Beschäftigungsendes Februar 2022) 0 davon verbraucht: ergibt 23 abzugeltende Stunden.“
Die Anzahl der Resturlaubsstunden betrage insgesamt 163 Stunden. Samt anteiliger Sonderzahlungen ergebe sich ein Betrag iHv € 4.902,81, der der Revisionswerberin bereits angewiesen worden sei.
3Die in § 93 NÖ Landes-Bedienstetengesetz (NÖ LBG) vorgesehene Deckelung der Urlaubsersatzleistung auf vier Wochen stehe im Einklang mit der Richtlinie 2003/88/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003EU-Arbeitszeitrichtlinie (RL) und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 11.10.2021, Ro 2020/12/0013; VwGH 18.9.2015, Ro 2015/12/0005). Es sei aus den Vorgaben der RL nicht erkennbar, dass bestimmte Urlaubsteile vorrangig zu verbrauchen seien. Der behaupteten Diskriminierung von Personen mit erhöhtem Urlaubsanspruch könne nicht gefolgt werden, zumal auch Bedienstete mit einem Urlaubsanspruch von 200 Stunden nicht in den Genuss einer Urlaubsabgeltung für eine sechste Woche Erholungsurlaub kommen könnten. Die Bemessungsgrundlage sei entsprechend dem Wortlaut des § 93 Abs. 5 NÖ LBG herangezogen worden.
4 Die Revisionswerberin erhob Beschwerde. Sie brachte vor, das Beschäftigungsausmaß von 35 Wochenstunden, der Resturlaub für 2020 in Höhe von 81 Stunden und der nicht verbrauchte Urlaub für 2021 in Höhe von 259 Stunden würden „außer Streit gestellt“. „Strittig“ sei im Wesentlichen die Berechnung der Urlaubsabgeltung nach den niederösterreichischen landesgesetzlichen Vorschriften bzw. ob diese Art. 7 Abs. 2 RL und Art. 31 Abs. 2 GRC entspreche. Mit näherer Begründung wendete sich die Revisionswerberin gegen die auf den vierwöchigen Mindesturlaub eingeschränkte Abgeltung und behauptete eine Diskriminierung nach dem Alter von Personen mit erhöhtem Urlaubsanspruch. Weiters sei für die Berechnung der Abgeltung eines offenen Urlaubsanspruches das Entgelt im Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses heranzuziehen.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde der Revisionswerberin ab. Die Revision erklärte es für nicht zulässig. Es ging dabei davon aus, dass das Unionsrecht Arbeitnehmern nur eine Urlaubsersatzleistung im Ausmaß des gemäß Art. 7 Abs. 2 RL garantierten Mindesturlaubs von vier Wochen einräume. Die landesgesetzliche Rechtslage sei unionsrechtlich zulässig und sachlich gerechtfertigt. Soweit die Revisionswerberin die landesgesetzliche Rechtslage der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gegenüberstelle, zeige sie weder unionsrechtliche noch nationale Normbedenken auf.
6 Dagegen erhob die Revisionswerberin die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben. Weiters regte sie an, ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zu richten. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie einen Antrag auf Aufwandersatz stellte.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 BVG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein derartiger Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).
9Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 § 93 NÖ LandesBedienstetengesetz (NÖ LBG), LGBl. 2100 17, in der Fassung LGBl. Nr. 52/2021 lautet auszugsweise wie folgt:
„§ 93
Urlaubsabgeltung
(1) Den Bediensteten gebührt anlässlich der Beendigung des privatrechtlichen oder der Auflösung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses als auch im Falle einer Pensionierung nach diesem Gesetz eine Urlaubsabgeltung nur insoweit, als die Bediensteten das Unterbleiben des Verbrauchs des Erholungsurlaubes nicht zu vertreten haben. Auch gebührt keine Urlaubsabgeltung, wenn Vertragsbedienstete in das öffentlich rechtliche Dienstverhältnis übernommen werden.
...
(4) Das ersatzleistungsfähige Urlaubsausmaß beträgt das Vierfache der Wochendienstzeit. Bei Teilzeitbeschäftigung beträgt das ersatzleistungsfähige Urlaubsausmaß jenen Teil des Vierfachen der Wochendienstzeit, die dem durchschnittlichen Beschäftigungsausmaß im jeweiligen Kalenderjahr entspricht. Das ersatzleistungsfähige Urlaubsausmaß wird unter sinngemäßer Anwendung des § 47 Abs. 4 reduziert. Für das laufende Kalenderjahr reduziert sich weiters das ersatzleistungsfähige Urlaubsausmaß entsprechend dem Verhältnis der Dauer der Dienstzeit in diesem Kalenderjahr zum gesamten Kalenderjahr.
(5) Die Urlaubsabgeltung gebührt für jenen Teil des ersatzleistungsfähigen Urlaubsausmaßes, der nach Abzug des tatsächlich verbrauchten Urlaubes der Kalenderjahre, für die der Erholungsurlaub noch nicht verfallen ist, verbleibt. Für das laufende Kalenderjahr ist dabei von der am Ende des Dienstverhältnisses bzw. von der vor der Pensionierung erreichten besoldungsrechtlichen Stellung und für die vergangenen Kalenderjahre von der im Monat Dezember des jeweiligen Kalenderjahres erreichten besoldungsrechtlichen Stellung auszugehen. Für bereits verfallenen Urlaub gebührt keine Urlaubsabgeltung. Für jede verbleibende Stunde beträgt die Urlaubsabgeltung 0,577% des Dienstbezuges und weiterer anteiliger während des Erholungsurlaubes gebührender Ansprüche mit Ausnahme jener gemäß § 74. Die Urlaubsabgeltung gebührt den Erbinnen und Erben, wenn das Dienstverhältnis durch Tod der Bediensteten endet.
...“
11Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. etwa VwGH 19.8.2024, Ro 2022/12/0009, mwN).
12Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit der Revision ua vor, das Landesverwaltungsgericht weiche von der Rechtsprechung ab, dass zur Berechnung der Urlaubsersatzleistung die bei der Beendigung des Dienstverhältnisses geltende Bemessungsgrundlage heranzuziehen sei (Hinweis auf VwGH 29.1.2020, Ro 2019/08/0020, Rn. 26; OGH 30.8.2013, 8 ObS 5/13p).
13 Gemäß dem klaren und eindeutigen Wortlaut des oben wiedergegebenen§ 93 Abs. 5 NÖ LBG idF LGBl. Nr. 52/2021 ist für die Bemessung der Urlaubsersatzleistung für das laufende Kalenderjahr von der am Ende des Dienstverhältnisses bzw. von der vor der Pensionierung erreichten besoldungsrechtlichen Stellung und für die vergangenen Kalenderjahre von der im Monat Dezember des jeweiligen Kalenderjahres erreichten besoldungsrechtlichen Stellung auszugehen.
14 Die Voraussetzungen für die Erhebung einer außerordentlichen Revision fehlen, wenn sich das Verwaltungsgericht auf einen klaren Gesetzeswortlaut stützen kann. Ist somit die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ergangen wäre (vgl. etwa VwGH 28.9.2023, Ra 2022/12/0004, Rn. 12).
15Das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Jänner 2020, Ro 2019/08/0020, bezieht sich auf eine Urlaubsersatzleistung nach dem Urlaubsgesetz, das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 30. August 2013, 8 ObS 5/13p, auf eine Urlaubsersatzleistung nach dem Angestelltengesetz. Weshalb eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG vorliegen sollte, wenn eine konkrete Berechnung einer Urlaubsersatzleistung nach unterschiedlichen Gesetzen, nämlich dem NÖ LBG und den genannten Bundesgesetzen, nicht in allen Punkten völlig ident zu erfolgen hat, wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht aufgezeigt.
16Soweit die Revisionswerberin ganz pauschal und unsubstantiiert „die Europarechtskonformität der anzuwendenden Normen“ bezweifelt, ist sie darauf zu verweisen, dass es nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist, die abstrakte Vereinbarkeit einer innerstaatlichen Rechtsnorm mit Bestimmungen des Unionsrechts zu prüfen, ohne dass bereits in der Zulässigkeitsbegründung der Revision eine konkrete Auslegungsfrage des Unionsrechts aufgezeigt wird (vgl. etwa VwGH 26.4.2023, Ra 2023/12/0016, mwN).
17Zum weiteren Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision wird darauf hingewiesen, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits festgehalten hat, dass eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung in Ansehung der Begrenzung der Urlaubsersatzleistung auf das Vierfache der Wochendienstzeit auch unter unionsrechtlichen Gesichtspunkten nicht vorliegt (vgl. etwa VwGH 9.7.2024, Ra 2023/12/0009, mwN; dazu dass idZ auch keine Diskriminierung aufgrund einer Behinderung oder des Alters vorliegt, vgl. etwa VwGH 7.12.2020, Ra 2020/12/0009, mwN).
18 Vor diesem Hintergrund sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlasst, ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten.
19Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch den Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
20 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
21Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 14. Oktober 2024
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