Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer sowie Hofrätin Dr. Holzinger und Hofrätin Mag. Dr. Pieler als Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Strasser, über die Revision der A GmbH in S, vertreten durch die Hochstöger Nowotny Wohlmacher Rechtsanwälte OG in 4020 Linz, Breitwiesergutstraße 10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 27. Mai 2024, LVwG 414239/9/RK/HUE, betreffend Einziehung nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Oberösterreich), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1Mit Bescheid vom 18. Jänner 2024 ordnete die Landespolizeidirektion Oberösterreich gegenüber der Revisionswerberin gemäß § 54 Abs. 1 und 2 Glücksspielgesetz (GSpG) zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG die Einziehung des mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 17. November 2021 gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG beschlagnahmten, näher bezeichneten Glücksspielgeräts an.
2 Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerde der Revisionswerberin (mit einer für das vorliegende Revisionsverfahren nicht wesentlichen Maßgabe) als unbegründet ab. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
4 In seiner Entscheidungsbegründung stellte das Verwaltungsgericht fest, das verfahrensgegenständliche Glücksspielgerät sei zum Zeitpunkt der finanzpolizeilichen Kontrolle am 17. September 2021 in einem näher bezeichneten Lokal betriebsbereit vorgefunden, von den Kontrollorganen gekennzeichnet und vorläufig beschlagnahmt worden. Das Gerät sei vom 26. Mai 2021 bis zum Tag der Beschlagnahme in einem öffentlich zugänglichen Bereich des Lokals eingeschaltet aufgestellt und zur selbständigen und nachhaltigen Einnahmenerzielung betrieben worden. Es seien im Lokal Einsätze am Gerät geleistet und Gewinne ausbezahlt worden. Die Revisionswerberin sei Eigentümerin des Geräts, das der (Vereins ) Lokalbetreiberin überlassen worden sei, um daraus selbständig und nachhaltig Einnahmen zu erzielen. Eine Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz sei nicht vorgelegen.
5 Zu dem beschlagnahmten Gerät stellte das Verwaltungsgericht fest, es könnten darauf neun Spiele gespielt werden, die sich in ihrer optischen Aufbereitung unterscheiden würden, allerdings nicht im Hinblick auf das Spielprinzip.
6 Auf dem Gerät sei durch Eingabe von Geld ein Guthaben herzustellen. Nach Auswahl eines Spiels auf der Spielauswahloberfläche werde der Startbildschirm des gewählten Spiels angezeigt. Auf der Spieloberfläche zeige sich groß die Darstellung von 15 unbewegten Symbolen (drei Zeilen mit jeweils fünf Symbolen). In optischer Hinsicht sei die Darstellung dieser Symbole mit jener von virtuellen Walzenspielen vergleichbar. Am unteren Rand der Spieloberfläche zeige sich in deutlich kleiner dimensionierter Form ein zufällig zusammengesetztes Laufband („Miniaturlaufband“) bestehend aus 32 quadratischen Feldern (verschiedene Symbole mit unterschiedlichen Rahmenfarben) und einer fixen, mittigen Markierungslinie. Die einzelnen Felder des Miniaturlaufbands hätten eine Seitenlänge von rund 1,5 cm und würden sich unmittelbar nach Initiierung des Spiels im Laufband von links nach rechts bewegen; ein auf der rechten Seite verschwindendes Feld tauche nach kurzer Zeit links wieder auf. Es seien jeweils 27 Felder sichtbar und 5 Felder kurz verdeckt; ein Banddurchlauf benötige rund 1,4 Sekunden.
7 Durch das Betätigen der Stopp Taste oder des entsprechenden Bedienfeldes auf dem Touchscreen werde das Miniaturlaufband angehalten. Es sei nicht hervorgekommen, dass eine zufallsabhängige variable Verzögerung der Anhaltung erfolge, oder dass die Stopp Taste keine ausreichende Präzision für ein gezieltes Anhalten des Miniaturlaufbands habe. Im Moment des Betätigens der Stopp Taste bzw des Touchscreens komme es zum Abzug des Einsatzbetrages vom Guthaben.
8 In der Folge komme es im großen Bereich der Spieloberfläche zu einer Darstellung von sich bewegenden Symbolen, vergleichbar einem virtuellen Walzenlauf, bei dem das Spielergebnis durch 15 Symbole und Einblendung von Gewinnlinien großflächig angezeigt werde. Diese Visualisierung habe keinen Einfluss auf das Spielergebnis und könne nicht beeinflusst werden. In der Folge werde ein allenfalls erzielter Gewinn gutgeschrieben.
9 Nach kurzer Zeit beginne das Miniaturlaufband im unteren Bereich des Spielfelds automatisch neu zu laufen, wobei die Felder des Miniaturlaufbands zufallsabhängig neu zusammengesetzt seien. Der Spielvorgang könne unmittelbar wiederholt werden.
10 Der Spieler könne jederzeit, auch bei laufendem Miniaturlaufband, den Spieleinsatz verändern. Das Verändern des Spieleinsatzes führe dazu, dass das Miniaturlaufband zufallsabhängig neu zusammengesetzt werde, wobei in diesem Fall die Zusammensetzung dergestalt sei, dass maximal „Gewinne“ in der Höhe des einfachen Einsatzes ermöglicht werden. Weiters könne das Spiel jederzeit, auch bei laufendem Miniaturlaufband, durch Betätigen des Knopfs „Lobby“ beendet werden. Ein Guthabenabzug erfolge diesfalls nicht, sodass das Beenden des Spiels ohne Abzug des Einsatzes möglich sei.
11 Im Miniaturlaufband würden 32 Felder dargestellt. Die Darstellung der Symbole sei vom jeweiligen Spiel abhängig. Jedes der Symbole im Miniaturlaufband werde von einem farbigen Rahmen umgeben. Spielentscheidend sei, welches Feld im Miniaturlaufband im Bereich der Markierungslinie angehalten werde. Das Spielergebnis definiere sich durch die Kombination aus Symbol und Rahmenfarbe. Beispielsweise führe in der Spielvariante „Fruits of Death“ das Symbol „Kirschen“ in einem Feld mit lila Rahmen zu einem „Gewinn“ in der Höhe der Hälfte des Einsatzes, mit rotem Rahmen zu einem „Gewinn“ in der Höhe des Einsatzes und mit gelbem Rahmen zu einem „Gewinn“ in der Höhe des fünffachen Einsatzes. Das Symbol „7“ sei in dieser Spielvariante das „bestmögliche“ Symbol; es führe in einem Feld mit lila Rahmen zu einem „Gewinn“ in der Höhe des zehnfachen Einsatzes, mit rotem Rahmen zu einem „Gewinn“ in der Höhe des 100 fachen Einsatzes und mit gelbem Rahmen zu einem „Gewinn“ in der Höhe des 500 fachen Einsatzes.
12 Die Zusammensetzung des Miniaturlaufbands erfolge zufallsbestimmt. Jedes Miniaturlaufband enthalte zumindest ein Feld, mit dem zumindest ein „Gewinn“ in der Höhe des halben Einsatzes erreicht werden könne. Es enthalte daher nicht jedes Miniaturlaufband ein Feld, das einen „Gewinn“, der höher als der Einsatz sei, ermögliche. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass im Miniaturlaufband ein Feld mit einem „Gewinn“ höher als dem Einsatz enthalten sei, liege bei 49,11 %.
13 Es gebe auch ein Jackpot Feld. Dieses erscheine ebenfalls zufällig und sei „sehr selten“. Das Jackpot Feld führe zu einem „Gewinn“ in der Höhe des zehnfachen Einsatzes. Im linken Bildschirmbereich werde angezeigt, wie oft das Jackpot Feld getroffen worden sei; werde das Jackpot Feld über mehrere Spielvorgänge hinweg in Summe fünf Mal getroffen, werde der „Jackpot“ ausbezahlt.
14 Auf der Spielauswahloberfläche befinde sich im unteren Bereich ein Feld mit der Bezeichnung „Spielbeschreibung / Disclaimer“. Dieses führe zur Anzeige eines „Disclaimers“ mit allgemeinen Informationen, in denen auch auf die Spielbeschreibung und Spielbedingungen verwiesen werde. Durch Anklicken des „gelben Textes ‚Spielbeschreibung‘ bzw ‚Spielbedingungen‘ im Disclaimer“ könnten die Inhalte jeweils aufgerufen werden. Aus der Spielbeschreibung gehe nicht hervor, mit welcher Wahrscheinlichkeit im Miniaturlaufband ein Feld mit einem „Gewinn“ höher als dem Einsatz enthalten sei. Ebenso ergebe sich aus der Spielbeschreibung nicht, dass bei Veränderung des Einsatzbetrages stets nur maximal ein „Gewinn“ in der Höhe des einfachen Einsatzes möglich sei, allerdings in dem dann angezeigten Miniaturlaufband jedenfalls ein Feld enthalten sei, das einen solchen „Gewinn“ ermögliche.
15 Weiters stellte das Verwaltungsgericht disloziert im Zusammenhang mit seinen rechtlichen Ausführungen fest, das Spiel erwecke den Anschein eines gewöhnlichen Walzenspiels. Der durchschnittliche Spieler werde nicht vor dem Spiel die Spielbeschreibung studieren, sondern aufgrund des ersten Eindrucks angesichts des „optisch dominanten“ (virtuellen) Walzenlaufs vom Vorliegen eines klassischen Walzenspielgerätes ausgehen. Auch jenes Organ der Finanzpolizei, das das Gerät im Zuge der finanzpolizeilichen Kontrolle probegespielt habe, sei erst im Verlauf der Spiele „darauf gekommen“, dass in Wahrheit das Miniaturlaufband am unteren Bildrand das „Hauptspiel“ sei. Gutachtern und Testspielern im Rahmen von Gutachten sei der Spielablauf und insbesondere die spielentscheidende Komponente des Miniaturlaufbands ausführlich erklärt worden.
16 Der typische Spieler werde das Spiel, das den äußeren Anschein eines virtuellen Walzenspiels habe, in der Art und Weise bespielen, wie er andere Geräte für virtuelle Walzenspiele bespiele. Er werde, nachdem ein Spiel initiiert wurde, durch Drücken der Stopp Taste den aus seiner Sicht virtuellen Walzenlauf starten. Er werde auf diese Weise zufällig ein Feld aus dem Miniaturlaufband ausgewählt haben, ohne dass eine optische Aufbereitung erfolge, die dem Spieler zu Bewusstsein geführt habe, dass es darauf angekommen sei. Schon deshalb handle es sich um ein Spiel, bei dem das Spielergebnis zumindest vorwiegend vom Zufall abhänge.
17 Selbst bei Kenntnis des Spielers vom Spielprinzip und der Maßgeblichkeit des Miniaturlaufbands sei entscheidend für die Gewinnmöglichkeiten des Spielers, welche Felder auf dem Miniaturlaufband angezeigt würden. Die Zusammensetzung des Miniaturlaufbands sei zufällig. Auch sei zufällig, ob in einem einzelnen Spiel ein Gewinnfeld enthalten sei, wobei die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein Feld mit einem „Gewinn“ höher als dem Einsatz enthalten sei, bei 49,11 % liege.
18 Schließlich bleibe, auch wenn man die Möglichkeit der Ablehnung des Spiels im Hinblick auf ein bereits bekanntes Miniaturlaufband berücksichtige, der konkret erzielbare Betrag und damit das eigentliche Spielergebnis zufallsabhängig. Im Übrigen könnten schon im Hinblick auf das Angebot des Jackpots die einzelnen Spielvorgänge nicht getrennt voneinander betrachtet werden, weil das Jackpot Feld um den Jackpot erhalten zu können über mehrere Spielvorgänge hinweg insgesamt fünf Mal getroffen werden müsse.
19Im Ergebnis folgerte das Verwaltungsgericht zusammengefasst, dass mit dem in Rede stehenden Gerät Spiele durchgeführt werden könnten, deren Ergebnis überwiegend vom Zufall abhänge. Da die Spieler Einsätze geleistet hätten und für diese ein Gewinn in Aussicht gestellt worden sei, handle es sich um Ausspielungen im Sinne des Glücksspielgesetzes, wobei für diese keine Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz vorgelegen sei. Einzuziehen seien jene Gegenstände, mit denen gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen werde. Die Revisionswerberin habe mit dem in ihrem Eigentum stehenden Gerät (zumindest) den objektiven Tatbestand der unternehmerischen Beteiligung an verbotenen Ausspielungen gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 vierter Fall GSpG erfüllt und der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner (näher zitierten) Rechtsprechung ausgeführt, dass die Verwirklichung des objektiven Tatbestands eines der Tatbilder des § 52 Abs. 1 GSpG Tatbestandsvoraussetzung für das Einziehungsverfahren nach § 54 GSpG sei. Weiters sei der Verstoß schon angesichts der möglichen Höhe der Einsätze und des Umstandes, dass Spieler nicht daran gehindert werden würden, mehrere Spiele nacheinander durchzuführen, nicht als geringfügig anzusehen. Zudem seien die Geräte in einem öffentlich zugänglichen Bereich aufgestellt gewesen. Da die Revisionswerberin auch noch im Einziehungsverfahren weiterhin die Erfüllung sowohl des objektiven als auch des subjektiven Tatbestands eines Verstoßes gegen § 52 Abs. 1 GSpG bestritten habe, sei auch unter Berücksichtigung der Funktionsweise des Eingriffsgegenstands kein Einsehen betreffend die festgestellte Erfüllung des objektiven Tatbestands eines Verstoßes gegen § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG zu erkennen, weshalb die Einziehung zur Verhinderung weiterer derartiger Verwaltungsübertretungen erforderlich sei.
20 Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 B VG an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 16. September 2024, E 2583/2024 5, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
21 In der Folge erhob die Revisionswerberin die vorliegende außerordentliche Revision samt einer dazu eingebrachten Ergänzung.
22 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
23Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
24Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
25In der Zulässigkeitsbegründung ihrer Revision wendet sich die Revisionswerberin zunächst gegen die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, wonach das auf dem beschlagnahmten Gerät durchführbare Spiel als „Glücksspiel“ im Sinne des § 1 Abs. 1 GSpG zu qualifizieren sei. Mit dem diesbezüglichen Vorbringen zeigt die Revisionswerberin jedoch nicht auf, dass die in Rede stehende Beurteilung des Verwaltungsgerichtes unvertretbar gewesen wäre (vgl dazu bereits VwGH 22.10.2023, Ro 2022/12/0016 und 0017, Rn 29 ff, auf dessen Ausführungen zu einem gleichlautenden Zulässigkeitsvorbringen der Revisionswerberin im Hinblick auf die Qualifikation eines gleichartigen Geräts bzw gleichartiger Spiele als Glücksspielgerät bzw Glücksspiele im Sinne des § 1 Abs. 1 GSpG gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG verwiesen wird). Insoweit wurde daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG aufgezeigt.
26Weiters behauptet die Revisionswerberin zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Revision einen Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz gemäß § 48 Abs. 1 VwGVG und macht geltend, das Verwaltungsgericht habe in der durchgeführten mündlichen Verhandlung den Akt nicht verlesen und auch sonst „keine wie immer gearteten Beweise“ aufgenommen.
27Gemäß § 48 VwGVG ist in Verfahren in Verwaltungsstrafsachen, wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde, bei der Fällung eines Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in der Verhandlung vorgekommen ist. Auf Aktenstücke ist nur insoweit Rücksicht zu nehmen, als sie bei der Verhandlung verlesen wurden, es sei denn, der Beschuldigte hätte darauf verzichtet, oder wenn es sich um Beweiserhebungen handelt, deren Erörterung infolge Verzichts auf eine fortgesetzte Verhandlung gemäß § 44 Abs. 5 VwGVG entfallen ist.
28 Fallbezogen ergibt sich aus der Niederschrift über die öffentliche mündliche Verhandlung des Verwaltungsgerichtes vom 12. April 2024, deren Richtigkeit von der Revisionswerberin nicht bestritten worden ist, dass der Verhandlungsleiter festgestellt hat, dass der Akteninhalt als bekannt vorausgesetzt werde und die Parteien daher auf die Verlesung des Akteninhalts vorbehaltlich späterer Verlesungsanträge verzichten. Dass sie einen solchen späteren Verlesungsantrag gestellt habe, behauptet die Revisionswerberin in der Zulässigkeitsbegründung ihrer Revision nicht und Derartiges ergibt sich auch nicht aus der angesprochenen Niederschrift. Schon vor diesem Hintergrund erweist sich das in Rede stehende Zulässigkeitsvorbringen der Revisionswerberin als nicht nachvollziehbar, weshalb insoweit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG aufgezeigt wird (vgl dazu, dass bei einem Verzicht auf die Verlesung des Akteninhalts mit einer behaupteten Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt wird, VwGH 4.12.2022, Ra 2021/05/0032, Rn 24, mwN).
29 Sodann macht die Revisionswerberin in der Zulässigkeitsbegründung ihrer Revision geltend, das Verwaltungsgericht habe gegen das Überraschungsverbot verstoßen und wesentliche aktenwidrige Feststellungen getroffen, damit „man aus dem gegenständlichen Geschicklichkeitsspiel ein Glücksspiel machen“ könne. Der Mangel sei auch relevant. Hätte das Gericht der Revisionswerberin vorab mitgeteilt, dass es auch Feststellungen treffen werde, wonach der typische Automatenspieler bzw der durchschnittliche Spieler „das Spiel zufällig bespielen“ werde und kein Interesse habe, ein umfangreiches Studium der durchaus komplizierten Spielbeschreibung vorzunehmen, wäre die Revisionswerberin diesen aktenwidrigen Feststellungen „noch mehr entgegengetreten“.
30Nach der gefestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das sogenannte Überraschungsverbot auch im Verwaltungsverfahren anzuwenden. Unter dem Überraschungsverbot ist das Verbot zu verstehen, dass das Verwaltungsgericht in seine rechtliche Würdigung Sachverhaltselemente einbezieht, die der Partei nicht bekannt waren. Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt festgehalten, dass sich das zum Überraschungsverbot in Beziehung gesetzte Parteiengehör nur auf die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts, nicht aber auf die vorzunehmende rechtliche Beurteilung erstreckt. Auch führt ein Verstoß gegen das Überraschungsverbot nur dann zu einer Aufhebung der beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Erledigung, wenn diesem Verfahrensmangel Relevanz zukommt, was im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof darzulegen ist (vgl VwGH 11.10.2024, Ra 2024/12/0049, Rn 18, mwN).
31 Fallbezogen impliziert das Zulässigkeitsvorbringen, wonach sie näher genannten Feststellungen „noch mehr entgegengetreten“ wäre jedoch, dass sie von den in Rede stehenden Sachverhaltselementen ohnedies Kenntnis hatte. Dies ergibt sich auch aus dem vom Rechtsvertreter der Revisionswerberin in der mündlichen Verhandlung am 12. April 2024 erstatteten Vorbringen, mit dem die Revisionswerberin explizit die von ihr nunmehr im Zusammenhang mit dem Überraschungsverbot ins Treffen geführten Feststellungen des Verwaltungsgerichtes bestritten hat. Schon aus diesem Grund vermag die Revisionswerberin insoweit nicht nachvollziehbar das Vorliegen eines Verstoßes gegen das Überraschungsverbot aufzuzeigen. Im Übrigen hat es die Revisionswerberin auch verabsäumt, die Relevanz des von ihr behaupteten Verfahrensmangels für den Verfahrensausgang darzulegen, weshalb sie mit dem in Rede stehenden Vorbringen auch aus diesem Grund keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG aufzeigt.
32 Weiters bemängelt die Revisionswerberin zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Revision die Nichtdurchführung einer „Kohärenzprüfung“ durch das Verwaltungsgericht. Werden Verfahrensmängel oder sekundäre Feststellungsmängel als Zulässigkeitsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung der Revision die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt (auch) in Bezug auf behauptete sekundäre Feststellungsmängel voraus, dass auf das Wesentliche zusammengefasstjene Tatsachen dargestellt werden, die bei Vermeidung des sekundären Verfahrensmangels festzustellen gewesen wären (vgl etwa VwGH 27.1.2025, Ra 2023/12/0012, Rn 18, mwN). Ein derartiges Vorbringen enthält die vorliegende Revision, die im Übrigen lediglich unsubstantiiert behauptet, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei im Anwendungsbereich des Art. 47 GRC die Relevanz nicht darzutun, nicht (siehe dazu etwa VwGH 19.12.2022, Ra 2022/12/0171).
33Auch hat der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt festgehalten (vgl etwa den Beschluss vom 3. Oktober 2023, Ra 2022/12/0128, auf den gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG verwiesen wird), dass er mit seinen Erkenntnissen vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, und vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048 und 0049, vor dem Hintergrund der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union und der darin festgelegten Anforderungen an eine Kohärenzprüfung im Einklang mit der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Obersten Gerichtshofeseine entsprechende Gesamtwürdigung vorgenommen und die Bestimmungen des Glücksspielgesetzes für unionsrechtskonform erachtet hat (vgl VwGH 8.7.2024, Ra 2023/12/0154, Rn 8, sowie VwGH 8.11.2024, Ra 2023/12/0071, 0075 bis 0076, Rn 17, mwN).
34Schließlich bringt die Revisionswerberin vor, sie habe „zahlreiche Beweisanträge“ gestellt, denen allesamt nicht stattgegeben worden sei, weshalb ein Verstoß gegen näher zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach Beweisanträgen grundsätzlich zu entsprechen sei, wenn die Beweisaufnahme im Interesse der Wahrheitsfindung notwendig erscheine, behauptet wird. Mit diesem Vorbringen macht die Revisionswerberin einen Verfahrensmangel geltend, ohne jedoch dessen Relevanz für den Verfahrensausgang darzulegen (zur Notwendigkeit einer solchen Relevanzdarlegung siehe etwa VwGH 3.7.2020, Ra 2020/12/0007, Rn 24, mwN), weshalb auch insoweit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG aufgezeigt wird.
35 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
36Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch den Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 18. August 2025
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