Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht hat durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichts Dr. Berchtold als Vorsitzende sowie die Richterin des Oberlandesgerichts Mag. Dr. Tangl und den Richter des Oberlandesgerichts Mag. Ortner als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei A* , vertreten durch Riedmüller Mungenast Rechtsanwälte OG in 6020 Innsbruck, wider die beklagte Partei STADTGEMEINDE B* , vertreten durch Dr. Janovsky Rechtsanwalts GmbH Co KG in 6130 Schwaz, wegen Unterlassung (Streitinteresse EUR 16.000,--), über die Berufung der klagenden Partei (Berufungsinteresse EUR 16.000,--) gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 31.3.2025, ** 27, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird k e i n e Folge gegeben.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt den Betrag von EUR 5.000,--, nicht jedoch EUR 30.000,--.
Die Revision ist n i c h t zulässig.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks (idF „GSt Nr D*“) samt dem darauf errichteten Einfamilienhaus. Sie erwarb die Liegenschaft im Jänner 2023 um EUR 1,2 Mio. Die Beklagte ist eine Tiroler Stadtgemeinde, in deren Gemeindegebiet das Grundstück der Klägerin liegt, und Eigentümerin des im Süden an das Grundstück der Klägerin angrenzenden Grundstücks Nr C*. Im nordwestlichen Bereich dieses (Gemeinde-) Grundstücks betreibt die Beklagte entlang der gesamten südlichen Grenze des klägerischen Grundstücks einen sogenannten „Fun-Court“. Dabei handelt es sich um eine (Sport-)Einrichtung, die der Öffentlichkeit dient. Es handelt sich um keine behördlich genehmigte Anlage im Sinn des § 364a ABGB.
Bei den Preisverhandlungen im Rahmen des Ankaufs des GSt Nr D* durch die Klägerin war der südlich gelegene Fun-Court kein Thema. Die Klägerin hatte sich die Umgebung vor dem Erwerb ihrer Liegenschaft jedoch angesehen und ihr war auch aufgefallen, dass sich dort eine Freizeitanlage befindet. Auf diesem Fun-Court befindet sich auch ein abgezäunter Fußballplatz mit Hartboden. Die Fußballtore befinden sich in westlicher und östlicher Richtung. Der Platz ist mit einem zumindest 3,5 Meter hohen Zaun umgeben. Der Fun-Court war (bis zu seiner Schließung am 7.3.2024) von Montag bis Samstag jeweils von 08:00 Uhr bis 19:00 Uhr für Besucher geöffnet und außerhalb der Öffnungszeiten verschlossen, wobei die Beklagte für die tägliche Kontrolle der Schließung einen Sicherheitsdienst engagierte.
Nach dem Einzug der Klägerin in ihr Haus fielen ihr im Garten immer wieder Bälle auf und sie nahm Ball-Abdrücke auf den Fensterscheiben wahr. Diese Bälle kamen vom Fun-Court. Bis der Platz von der Beklagten schließlich geschlossen wurde, kam es mehrmals und regelmäßig zu Überschüssen von Bällen vom GSt Nr C* auf die Liegenschaft der Klägerin; dies auch noch nachdem bereits die vorliegende Klage eingebracht worden war. Einige Male wurden die Bälle dann von Kindern / Jugendlichen wieder aus dem Garten der Klägerin geholt.
Am 7.3.2024 wurde der „Fun-Court“ von der Beklagten mit der Absicht geschlossen, ihn erst wieder zu öffnen, wenn durch bauliche Maßnahmen Überschüsse auf Nachbargrundstücke nicht mehr möglich sind. Eine Öffnung des Fun-Court zwischen 7.3.2024 und dem Schluss der Verhandlung fand nicht statt.
Seit der Schließung des Fun-Court am 7.3.2024 sind von dort keine Bälle mehr auf das Grundstück der Klägerin gelangt.
Am 14.3.2024 reichte die Stadt B* ein Bauansuchen ein, wobei dazu in der Beschreibung des Bauvorhabens wie folgt ausgeführt wird:
„Erneuern und Adaptieren der Zaunanlage beim Fun-Court E*:
An den beiden Längsseiten werden neue Stahlsäulen nach stat. Erfordernis montiert, welche den Netzhimmel tragen sollen. Das Drahtgeflecht und Ballfangnetz werden wieder montiert. An der südwestlichen Stirnseite wird der Betonsockel mit Gummigranulat-Platten belegt und eine Schallschutzwand bestehend aus Stahlsäulen auf Einzelfundamenten und dazwischen eingehängten Schallschutzelementen errichtet. Die Basketballanlage sowie die Banden-(Zaun-)Elemente aus Aluminium werden entfernt“
In der „Verständigung über das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens und Einräumung eines befristeten Parteiengehörs“ vom 21.3.2024 wurde unter anderem die Klägerin auszugsweise wie folgt informiert:
„[…] Primär ist ein Überspannen des Fun-Courts mit einem Netzhimmel angestrebt. Dieser weist eine Maschenweite von ca. 13 x 13 cm auf. Hierzu ist aus statischen Gründen der Austausch der Zaunsäulen entlang der beiden Längsseiten erforderlich, um das Gewicht des Netzes tragen zu können. Die Säulen entlang der Südostseite werden zusätzlich noch mit Abstrebungen versehen. An die neuen Säulen wird in gleicher Art des Bestandes im unteren Bereich ein Maschendrahtzaun und darüber ein Ballfangnetz montiert. […]“
Durch ihren Rechtsvertreter erhob die Klägerin am 3.4.2024 im Bauverfahren mehrere Einwendungen, unter anderem wegen der Nichteinhaltung der gesetzlichen Abstände von der Grundgrenze aufgrund der zu errichtenden Säulen für den Netzhimmel und aufgrund der zulässigen Zaunhöhe, aber auch aufgrund von befürchtetem Lärm. Im Mai 2024 wurde der Plan sodann aufgrund der Abstandsbestimmungen adaptiert, wobei nunmehr im östlichen Bereich des Fußballplatzes ein 3,9 Meter breiter Streifen ohne Netzüberspannung geplant wurde. Am 9.9.2024 wurde auf aufgrund dieses (adaptierten) Plans ein Baubescheid erlassen. Dieser ist nicht rechtskräftig.
Ein Auszug der Niederschrift über die Sitzung des Stadtrates am 22.10.2024 lautet wie folgt:
„ Der Stadtrat hat zu Punkt 5 der Tagesordnung mit 7 Stimmen gegen 0 Stimmen, bei 0 Stimmenthaltungen beschlossen:
1. Die … [Beklagte] kauft von Herrn … eine Teilfläche im Ausmaß von 10 m 2 aus GSt Nr. ** zum Preis von € 50, --/m². Diese Teilfläche soll mit dem Grundstück der … [Beklagten] GSt Nr. C* vereinigt werden. Dazu ist eine Widmung des Kaufgegenstands in Sonderfläche Sportanlage beim Gemeinderat zu erwirken.
2. Die … [Beklagte] wird eine erweiterte Baueingabe vorbereiten, derzufolge eine gänzliche Einhausung jenes Bereiches des Fun-Court vorgenommen wird, der für das Ballspielen vorgesehen und nur dort erlaubt ist.
3. Eine Öffnung des Fun-Court zum Zweck des Ballspielens (Fußball, Handball, Volleyball, Basketball, udgl) wird nur dann vollzogen, wenn eine vollkommen geschlossene Einhausung dafür rechtskräftig umgesetzt werden kann.
4. Außerhalb dieser vollkommen geschlossenen Einhausung ist auf der verbleibenden Fläche des Fun-Court das Ballspielen verboten und auch durch eine Platzordnung sicherzustellen und ein Schließdienst (Auf- und Zusperren der Anlage) vorzusehen. Dieser verbleibende nicht vollkommen eingehauste Bereich dient dem Training der Motorik und der Koordination, wofür entsprechende Geräte aufgestellt werden.“
Die Beklagte kaufte das Teilgrundstück an, um dadurch ein gänzliches Überspannen des Fußballplatzes in einem neuen Bauverfahren unter Einhaltung der Abstandsbestimmungen zu ermöglichen. Am 18.11.2024 machte die Beklagte kund, dass sie die Flächenwidmung hinsichtlich des zugekauften Teilgrundstücks in eine Sonderfläche „Sportanlage gemäß § 43 (1) a TROG 2022“ ändern wollte.
Auch dagegen äußerte sich die Klägerin durch ihren Vertreter auszugsweise wie folgt:
„[…] Zwischen … [der Klägerin] und der … [Beklagten] behängt beim Landesgericht Innsbruck ein Rechtsstreit auf Unterlassung von grobkörperlichen Einwirkungen, ausgehend vom GSt Nr C* ... (allgemeine Ballspielanlage). Diese Ballspielanlage ist derzeit geschlossen. Seitens der … [Beklagten] wird versucht, diese Ballspielanlage zu legitimieren und einen gesetzmäßigen Zustand herzustellen. Es wurde daher ein Bauansuchen auf Errichtung einer allgemeinen Ballspielanlage eingebracht, welches eine teilweise Überspannung des Ballspielplatzes mit einem Netzhimmel vorsieht.
Eine gänzliche Einhausung ist aufgrund zu geringer Abstände zu Nachbargrundstücken nicht möglich. Diese Widmung dient ausschließlich dem Zweck, Abstandsflächen zu schaffen, um eine gänzliche Einhausung des Ballspielplatzes mit einem Netzhimmel zu ermöglichen. Die zur Widmung vorgesehene Fläche grenzt unmittelbar an das GSt Nr D* der Einschreiterin … [Klägerin] an. Dieses Grundstück ist als Wohngebiet gewidmet. […]
Aus der vorgenannten Bestimmung ergibt sich, dass angrenzend an gewidmetes Wohngebiet keine Widmung erfolgen darf, von der erwartetermaßen eine Lärmemission ausgeht, die an der Grundstücksgrenze höher als 50 dB ist. Im Bauverfahren hat der staatlich befugte und beeidete Ziviltechniker ... beschrieben, dass die projektierte Ballspielanlage einen Schallleistungspegel von ca. 100 dB hat.
Der Entwurf für die beabsichtigte Widmung ist somit gesetzwidrig. Das Ziel des Tiroler Raumordnungsgesetzes ist es, verschiedene Widmungskategorien harmonisch nebeneinander bestehen zu lassen. Es wurden deshalb Grenzwerte eingeführt, die nicht überschritten werden dürfen. Es geht daher nicht an, dass angrenzend an ein Wohngebiet eine Sonderfläche neu geschaffen wird, von der zu erwarten ist, dass der zulässige Grenzwert um das doppelte überschritten wird.“
Mit Einreichplan vom 18.12.2024 ist nunmehr nach Erwerb des Teilgrundstückes eine vollständige Überspannung des Fußballplatzes geplant.
Ein Auszug der Niederschrift über die Sitzung des Gemeinderats (der Beklagten) am selbigen Tag lautet wie folgt:
„Der Gemeinderat hat zu Punkt 03 n.ö. der Tagesordnung mit 21 Stimmen gegen 0 Stimmen, bei 0 Stimmenthaltungen beschlossen:
In Umsetzung des Beschlusses des Stadtrats vom 22.10.2024 zu TOP 05 erweitert die … [Beklagte] ihr Bauansuchen gemäß Plan vom 18.12.2024 zum Zwecke der vollständigen Einhausung des Ballspielbereiches beim Fun-Court E*“
Im Haushaltsjahr 2025 wurden im Budget der Beklagten EUR 120.300,00 für „sonstige Einrichtungen und Maßnahmen Instandhaltung „Fun-Court E*“ veranschlagt. Die Beklagte wartet mit dem Beginn der Umbauarbeiten ab, bis die öffentlich-rechtlichen Verfahren abgeschlossen sind.
In der vorbereitenden Tagsatzung am 12.4.2024 gab die beklagte Partei folgende Verpflichtungserklärung zu Protokoll:
„ Die beklagte Partei verpflichtet sich, den (klagsgegenständlichen) Fun-Court … in der Form, wie sie [gemeint: es] sich aus den Lichtbildern Beilagen 4, 7, 8, 9 und 12 ergibt, nicht wieder zu eröffnen und durch Versperren der Anlage und Beibehaltung der Absperrungen jegliches unbefugtes Eindringen Dritter zu verhindern .“
In der Folge schlossen die Streitteile einen bedingten gerichtlichen Vergleich, in dem sich die beklagte Partei verpflichtete, es mit Rechtswirksamkeit dieses Vergleichs zukünftig zu unterlassen, eine Beeinträchtigung durch grobkörperliche Stoffe – konkret durch Bälle – auf dem Grundstück Nummer D* KG B* der Klägerin herbeizuführen. Dieser Vergleich wurde von der Beklagten mit Schriftsatz vom 3.5.2024 widerrufen.
Dieser Sachverhalt ist im Berufungsverfahren nicht strittig; die Verpflichtungserklärung der Beklagten ergibt sich aus dem Protokoll ON 10.
Mit der am 9.11.2023 beim Landesgericht Innsbruck eingebrachten Klage begehrte die Klägerin (nach Konkretisierung des Klagebegehrens in der Streitverhandlung vom 24.9.2024; ON 17 S 1) die Beklagte schuldig zu erkennen, es künftig zu unterlassen, ausgehend von ihrem (vorangeführten) GSt Nr C* eine Beeinträchtigung durch grobkörperliche Stoffe – konkret durch Bälle – auf dem GSt Nr D* der Klägerin herbeizuführen.
Sie brachte dazu vor, dass die Beklagte jedermann Zutritt zu ihrer auf dem GSt Nr C* bestehenden Anlage gewähre und das dortige Ballspiel dulde. In der Vergangenheit seien mehrmals pro Woche – bisweilen sogar mehrmals täglich – Bälle über den Grenzzaun auf ihr Grundstück geschossen worden. Die Passivlegitimation der Beklagten ergebe sich schon daraus, dass es ausschließlich in ihrer Macht liege, als Eigentümerin der Anlage entsprechende Vorkehrungen zu treffen, um künftige Störungshandlungen zu verhindern. Kinder und Jugendliche würden das GSt Nr D* unrechtmäßig betreten, um die Bälle wieder zu holen. Die Klägerin müsse jederzeit damit rechnen, selbst von einem Ball getroffen zu werden. Da die beklagte Partei das Unterlassungsbegehren bestreite, sei die Wiederholungsgefahr zu bejahen. Zwar habe die Beklagte am 7.3.2024 den Fun-Court bis auf Weiteres geschlossen; es sei jedoch ihre erklärte Absicht, die Anlage wieder zu eröffnen. Solange die Beklagte direkt an der Grenze zum klägerischen Grundstück eine Ballspielanlage unterhalte, egal ob diese geöffnet oder geschlossen sei, bestehe die Besorgnis, dass weiterhin Bälle auf das Grundstück der Klägerin gelangten. Die Wiederholungsgefahr sei erst dann gebannt, wenn die Ballspielanlage entfernt werde. Die Behauptung der Beklagten, dass der Spielplatz in seiner derzeitigen Form für den Spielbetrieb gesperrt sei, reiche nicht aus, um sie (Wiederholungsgefahr) zu beseitigen, weil nach wie vor die Möglichkeit bestehe, dass sich die Verhältnisse neuerlich änderten und das Verhalten dadurch wieder rechtswidrig werde. Die Uneinsichtigkeit der Beklagten ergebe sich zum einen aus dem Widerruf des in der vorbereitenden Tagsatzung abgeschlossenen Vergleichs und zum anderen daraus, dass die Beklagte nicht bereit sei, den „Schwarzbau“ abzubrechen. Die einfache, in der Verhandlung vom 12.4.2024 abgegebene Verpflichtungserklärung reiche zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr nicht aus, sofern sich die Beklagte nicht auch bereit erkläre, diese Erklärung in Form eines gerichtlichen Vergleichs bei Übernahme der Folgekosten abzuschließen.
Nunmehr beabsichtige die Beklagte, entgegen der klaren gesetzlichen Vorgaben, unmittelbar an bestehendes Wohngebiet eine Sonderfläche Spielplatz zu widmen. Dies sei nicht zulässig, weil die zu erwartenden Emissionen die gesetzlich festgelegten Werte weit überschritten. Der Hinweis auf eine künftig geplante und nicht genehmigungsfähige Anlage sei für die Beurteilung der Wiederholungsgefahr ohne Bedeutung.
Die Beklagte bestritt und beantragte Klagsabweisung. Sie wendete ein, dass das GSt Nr C* raumordnungsrechtlich als Sonderfläche Sportanlage gewidmet sei. Im Gemeinde- und Stadtrat der Beklagten sei eine strenge Platzordnung mit moderaten Öffnungszeiten erlassen worden. An Sonn- und Feiertagen sowie während der Wintermonate bleibe die Anlage geschlossen. Die Ballsportanlage sei von einer Betonmauer, einem Maschendrahtzaun und einem nochmals darauf aufgesetzten Fangnetz umgrenzt. Sie erfülle sämtliche öffentlich-rechtlichen Auflagen und Verpflichtungen; insbesondere weise die Umgrenzung eine mehr als ausreichende Höhe auf. Damit habe die beklagte Partei sämtliche erforderlichen und ihr zumutbaren Maßnahmen getroffen, um das Eindringen von Bällen auf das Grundstück der Klägerin auf das geringstmögliche Maß zu reduzieren. Durch die große Höhe der Umgrenzung seien wuchtige Fehlschüsse schon von vornherein ausgeschlossen. Dem besonderen öffentlichen Interesse – vor allem auch an der Ausübung des Ballsports – komme der Vorrang gegenüber den subjektiven Interessen der Klägerin zu. Diese habe die Liegenschaft in Kenntnis der Ballsportanlage erworben.
Nach Widerruf des in der vorbereitenden Tagsatzung abgeschlossenen bedingten Vergleichs brachte die Beklagte vor, dass sie den Fun-Court seit 7.3.2024 durchgehend geschlossen halte. Sie habe sich somit an die von ihr in der vorbereitenden Tagsatzung abgegebene Verpflichtungserklärung gehalten. Sie werde dies auch weiter tun, bis die Umbau- und Abhilfemaßnahmen, welche garantieren würden, dass keine Bälle mehr auf das Grundstück der Klägerin gelangten, abgeschlossen seien. Das dahingehende Projekt sei im Mai 2024 ausgearbeitet worden. Es sehe einen allseitig durch einen Netzhimmel abgegrenzten Ballspielbereich vor. Das Projekt sei bereits baubehördlich bewilligt worden. Der neue Ballspielbereich befinde sich nunmehr in einem Abstand von zumindest 4 m von der Grundgrenze der Klägerin entfernt. Er werde durch Einrichtung einer Einhausung mit einer Höhe von 5 m vom restlichen Teil des Freizeitplatzes abgetrennt. Es erfolge eine vollständige und auch horizontale Überspannung mit einem Ballfangnetz. Nach Rechtskraft des Bescheids werde die beklagte Partei sogleich mit der Umsetzung der Maßnahmen beginnen. Eine Haftung für verbotswidrige und insbesondere mutwillige Überschüsse aus der Spielplatzanlage bestehe nicht. Diesbezüglich bleibe es der Klägerin unbenommen, allfällige vermeintliche Störer direkt in Anspruch zu nehmen. Die Beklagte sei – sofern überhaupt – lediglich mittelbare Störerin. Von ihr könne daher nur gefordert werden, geeignete und zumutbare Vorkehrungen zu treffen, um das Eindringen von Bällen auf das Grundstück der Klägerin zu verhindern. Die zwischenzeitlich getroffenen und bescheidmäßig genehmigten Maßnahmen stellten eine ausreichende und technisch einwandfreie Absicherung der Anlage zur Grundstücksgrenze der Klägerin hin dar. Eine Erfolgshaftung der beklagten Partei bestehe nicht.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Es legte dieser Entscheidung den eingangs des Berufungsurteils wiedergegebenen Sachverhalt zugrunde und führte in rechtlicher Hinsicht aus, dass vom Nachbargrund ausgehende grobkörperliche Immissionen unzulässig seien und auch ein öffentliches Interesse eine derartige Beeinträchtigung nicht rechtfertigen könne; dies insbesondere dann nicht, wenn eine Beeinträchtigung durch Schutzmaßnahmen verhinderbar sei. Ein durch übliche Fehlschläge hervorgerufenes Eindringen von Bällen müsse jedenfalls verhindert werden. Die festgestellten vermehrten Überschüsse von Fußbällen müssten von der Klägerin nicht geduldet werden; ein allfälliges öffentliches Interesse könne diese Einwirkungen nicht rechtfertigen; dass entsprechende Baumaßnahmen unzumutbar seien, sei nicht der Fall, zumal die Beklagte eine Netzabdeckung der Anlage als Reaktion auf den gegenständlichen Prozess in die Wege geleitet habe. Ob ein Unterlassungsbegehren berechtigt sei oder nicht, hänge jedoch nicht davon ab, ob sich die beklagte Partei im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz rechtswidrig verhalte. Es komme allein darauf an, ob die Gefahr künftiger Rechtsverletzungen bestehe. Bei der Prüfung der Wiederholungsgefahr dürfe nicht engherzig vorgegangen werden. Diese liege schon im Fortbestehen eines Zustands, der keine Sicherungen gegen weitere Rechtsverletzungen biete. Da die beklagte Partei im Zuge des Prozesses den Fun-Court geschlossen und ein Bauverfahren zur Absicherung des Ballspielbereichs eingeleitet habe, habe sie zum jetzigen Zeitpunkt alle ihr möglichen Sicherungen durchgeführt. Hinzu komme, dass der Umbau des Fun-Courts im Haushaltsjahr 2025 bereits budgetiert und sämtliche Maßnahmen von den zuständigen Gremien der beklagten Partei bereits beschlossen worden sei(en). Mehr zu tun sei der Beklagten faktisch nicht möglich, zumal die Klägerin sich im Verwaltungsverfahren offensichtlich auch gegen die Überspannung des Fußballplatzes zu wehren versuche. Insgesamt sei daher von einem Wegfall der Wiederholungsgefahr zum Zeitpunkt des Verhandlungsschlusses auszugehen.
Die Klägerin bekämpft diese Entscheidung mit einer fristgerechten Berufung , in der sie eine Rechtsrüge ausführt und die Abänderung der Entscheidung in eine vollinhaltliche Klagsstattgebung beantragt.
Die beklagte Partei begehrt in ihrer ebenfalls rechtzeitigen Berufungsbeantwortung, dem Rechtsmittel keine Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Die Berufungswerberin argumentiert, bei der Beurteilung der Wiederholungsgefahr komme es nicht darauf an, dass sich die beklagte Partei bei Schluss der Verhandlung rechtmäßig verhalte, sondern ausschließlich darauf, ob die Möglichkeit bestehe, dass sich die Verhältnisse in Hinkunft neuerlich ändern könnten und dadurch das Verhalten wieder rechtswidrig werde. Letzteres sei hier der Fall, weil sich der Fun-Court nach wie vor in einem betriebsbereiten Zustand befinde, was bedeute, dass eine widerrechtliche Bespielung jederzeit möglich sei. Nach der ständigen Rechtsprechung liege die Wiederholungsgefahr bereits in der Bestreitung der Unterlassungspflicht. Im vorliegenden Fall komme erschwerend hinzu, dass die Beklagte zunächst einen Vergleich auf Unterlassung geschlossen und diesen im Verfahren dann widerrufen habe. Allein ein politisches Bekenntnis zur Veränderung der Situation durch einen geplanten Neubau der Anlage beseitige nicht die Wiederholungsgefahr. Wenn eine bestimmte Störung bereits erfolgt sei, werde vermutet, dass die Störungshandlung wiederholt werde. Die Wiederholungsgefahr könne nur durch Taten, nämlich den Abbruch der Anlage beseitigt werden. Diese sei aus den Feststellungen gerade nicht abzuleiten.
„Aus Gründen anwaltlicher Vorsicht“ rügt die Berufungswerberin noch das Fehlen nachstehender Feststellungen als sekundäre Mangelhaftigkeit:
– „Der Spielbetrieb im Frühjahr 2024 wurde von der beklagten Partei bewusst und vorsätzlich zugelassen.“
– „Die Ballspielanlage besteht in der Form, wie sie bei Einbringung der Klage bestanden hat, weiterhin unverändert und könnte jederzeit wieder eröffnet werden.“
Diese Feststellungen seien maßgeblich, weil sie den bei der beklagten Partei vorherrschenden Geist widerspiegle . Es sei der ausdrücklich erklärte Wille der Beklagten, auf ihrem GSt Nr C* eine Ballspielanlage zu belassen. Sie sei also nicht bereit, die Anlage abzubrechen und damit die Wiederholungsgefahr zu beseitigen. Auf dieser Grundlage hätte daher der Klage stattgegeben werden müssen.
Dazu ist auszuführen:
1. Zunächst kann gemäß § 500a ZPO auf die rechtliche Beurteilung durch das Erstgericht, das die im Zusammenhang mit nachbarrechtlichen Unterlassungsansprüchen geltenden Rechtsgrundsätze richtig dargestellt hat, verwiesen werden.
2. Lediglich zur Klarstellung wird noch ergänzend festgehalten, dass es sich bei der Klage nach § 364 Abs 2 ABGB um einen Anwendungsfall der negatorischen Eigentumsklage iSd § 523 ABGB (RS0010526) handelt. Während sich Eigentümer gemäß § 523 ABGB ganz generell gegen ungerechtfertigte Eingriffe in das Eigentum wehren können (RS0012040), kann ein Grundstückseigentümer dem Nachbarn nach § 364 Abs 2 ABGB die von dessen Grund ausgehenden Einwirkungen durch Abwässer, Rauch, Gase, Wärme, Geruch, Geräusch, Erschütterung uä insoweit untersagen, als sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigen. Zutreffend wurde vom Erstgericht in diesem Zusammenhang aufgezeigt, dass unmittelbare Zuleitungen stets, also ohne die Einschränkungen der Wesentlichkeit und Ortsüblichkeit, unzulässig sind ( Riss in KBB 7§ 364 Rz 4, 4 Ob 64/20w uvm) und dass das Eindringen größerer fester Körper – wie etwa von Fußbällen – jedenfalls eine derartige Einwirkung darstellt, welche also ohne Einschränkung abgewehrt werden kann (RS0010613 [T6]).
Die Art, wie der Verpflichtete dafür zu sorgen hat, dass seine Nachbarin nicht durch Immissionen beeinträchtigt wird, bleibt nach der ständigen Rechtsprechung diesem selbst überlassen (RS0004649, 9 Ob 48/12t).
Der Unterlassungsanspruch wird durch zwei Elemente konkretisiert: eine Unterlassungspflicht und die Gefahr, dass dieser Unterlassungspflicht zuwidergehandelt wird (RS0037660; vgl auch RS0037456). Bei der Gefahr des Zuwiderhandelns ist zu unterscheiden, ob der zu einer bestimmten Unterlassung Verpflichtete bereits einmal zuwidergehandelt oder ob er sich bisher rechtmäßig verhalten hat. Im ersten Fall – wenn sich also die Beklagte bereits rechtswidrig verhalten hat – wird vermutet, dass sie sich auch in Zukunft nicht an das Gesetz halten werde (RS0010553 [T3]). Es ist daher Sache der Beklagten, Umstände zu behaupten und zu beweisen, denen gewichtige Anhaltspunkte dafür zu entnehmen sind, dass sie ernstlich gewillt ist, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen (RS0037661; vgl auch RS0080065, RS0080119, RS0079782).
3. Was die Beurteilung des Bestehens der Wiederholungsgefahr anlangt, ist der Berufungswerberin darin beizutreten, dass es die Rechtsprechung es grundsätzlich als Indizfür das Bestehen von Wiederholungsgefahr wertet, wenn die beklagte Partei im Prozess die Unterlassungspflicht bestreitet (RS0012055 [insb T3, T5]).
Dennoch wurde sie im vorliegenden Einzelfall vom Erstgericht mit Recht verneint:
3.1. Bei Beurteilung der Wiederholungsgefahr ist nämlich stets maßgebend, ob dem Verhalten der beklagten Partei in seiner Gesamtheitgewichtige Anhaltspunkte dafür entnommen werden können, dass sie ernstlich gewillt ist, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen (RS0012087). Für die Ernstlichkeit einer abgegebenen Unterlassungserklärung spricht beispielsweise, wenn die in Anspruch genommene Störerin die Prozessführung unter vorbehaltloser Anerkennung des Rechtsstandpunkts der Gegnerin auf die Frage beschränkt, ob die Wiederholungsgefahr vorliegt (RS0012087 [T1]). Es kommt dabei auch auf die Art des erfolgten Eingriffs und die Willensrichtung der Störerin an, für welche insbesondere ihr Verhalten nach der Beanstandung und während des Rechtsstreits wichtige Anhaltspunkte bieten kann (RS0079692, RS0012087 [T10]). Ebenfalls zutreffend wurde vom Erstgericht in diesem Zusammenhang hervorgehoben, dass bei dieser Beurteilung auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung in erster Instanz abzustellen ist (RS0012087 [T18]).
3.2. Zunächst ist (erneut) hervorzuheben, dass die beklagte Partei als bloße Grundstückseigentümerin und öffentliche Gebietskörperschaft aus dem Nachbarrecht als bloß mittelbare Störerin für den von Dritten (hier spielenden Kindern und Jugendlichen) geschaffenen störenden Zustand einzustehen hat. Sie hat daher selbst kein Interesse an den begangenen Störungshandlungen. Als Stadtgemeinde und damit öffentliche Gebietskörperschaft hat sie Gemeindeinteressen zu waren, wozu auch das Zur-Verfügung-Stellen von öffentlichen Spiel-und Sportanlagen zählt.
3.3. Es mag sein, dass durch eine Entfernung der Sportanlage weitere Störungshandlungen durch Eindringen von Bällen auf das Grundstück der Klägerin verhindert würden; dazu ist die beklagte Partei aber nicht verpflichtet. Vielmehr ist nach den aufgezeigten Grundsätzen nur zu prüfen, ob aus den von ihr bis Schluss der Verhandlung gesetzten Maßnahmen zur Hintanhaltung künftiger von ihrem Grundstück ausgehenden Störungshandlungen abgeleitet werden kann, dass sie ernstlich gewillt ist, künftige von ihrem Grundstück ausgehende Störungen (konkret: dass von dort Bälle auf das GSt D* gelangen) zu verhindern.
Diese Beurteilung ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen, wobei hier auf folgende Besonderheiten Bedacht zu nehmen ist:
Der Fun-Court wurde von der beklagten Partei nach Streitanhängigkeit und noch vor der vorbereitenden Tagsatzung für die Öffentlichkeit gesperrt und nicht wieder eröffnet. Seither gelangen keine Bälle mehr auf das Grundstück der Klägerin. Ebenfalls vor dem ersten Verhandlungstermin reichte die Beklagte ein Bauansuchen mit einer Beschreibung des Umbauvorhabens durch Anbringung eines Netzhimmels ein. In der Verhandlung vom 12.4.2024 verpflichtete sie sich im Rahmen einer zu Protokoll gegebenen Erklärung, den klagsgegenständlichen Spielbereich in seiner derzeitigen Form (ohne Netzabdeckung) nicht wieder zu eröffnen und durch Versperren der Anlage und Beibehaltung der Absperrungen jegliches unbefugte Eindringen Dritter zu verhindern. Am 22.10.2024 wurde vom Stadtrat der Beklagten einstimmig beschlossen, dass eine Öffnung des Fun-Court zum Zweck des Ballspielens erst dann vollzogen werde, wenn eine vollkommen geschlossene Einhausung rechtskräftig umgesetzt werden könne und dass das Ballspielen außerhalb dieser vollkommen geschlossenen Einhausung verboten sei und durch einen Schließdienst sichergestellt werde. Im Budget für das Haushaltsjahr 2025 wurde von der Beklagten bereits ein Betrag von EUR 120.300,-- für die geplante Maßnahme im Zusammenhang mit dem Fun-Court veranschlagt.
3.4. Aufgrund dieser unbekämpft festgestellten Maßnahmen bestehen auch für das Berufungsgericht keine Zweifel an der Ernstlichkeit des Willens der Beklagten, künftig Eingriffe in Rechte der Klägerin zu verhindern. Dass sie den bedingten Vergleich widerrief und sich im weiteren Verfahren auf den Rechtsstandpunkt stützte, dass keine Wiederholungsgefahr vorliege, vermag an dieser Beurteilung – aufgrund des aufgezeigten Gesamtverhaltens der Beklagten während des Rechtsstreits – nichts zu ändern (vgl RS0012087 [T1]). Der Beklagten ist es damit im Ergebnis gelungen, den Wegfall der Wiederholungsgefahr unter Beweis zu stellen.
4. Die monierten Feststellungsmängel liegen nicht vor. Die Feststellungsgrundlage ist nur dann mangelhaft, wenn Tatsachen fehlen, die für die rechtliche Beurteilung wesentlich sind und dies Umstände betrifft, die nach dem Vorbringen der Parteien und den Ergebnissen des Verfahrens zu prüfen waren (RS0053317). Dass die Ballspielanlage derzeit in der Form besteht, wie sie bei der Einbringung der Klage bestand, ergibt sich ohnedies aus den Feststellungen. Zu einem Abbruch der Anlage ist die beklagte Partei – wie bereits erwähnt – nicht verpflichtet. Dass die Verwendung der Anlage bis zu ihrer Schließung am 7.3.2024 möglich und auch erlaubt war, ergibt sich ebenfalls bereits aus dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt. Die Frage des – hier nicht relevanten – Vorsatzes stellt im Übrigen eine Rechtsfrage dar.
Da sich die Rechtssache somit aus den oben dargelegten Erwägungen abschließend beurteilen lässt, liegt kein sekundärer Feststellungsmangel vor.
Insgesamt bleibt die Berufung daher erfolglos.
Verfahrensrechtliches:
1.Da sich das Erstgericht die Entscheidung über die Kosten vorbehielt, war auch im Rechtsmittelverfahren keine Kostenentscheidung zu treffen (§ 52 Abs 3 ZPO; Fucik in Rechberger/Klicka 5§ 52 ZPO Rz 2).
2.Da der Entscheidungsgegenstand nicht in einem Geldbetrag besteht, hatte das Berufungsgericht einen Bewertungsausspruch nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO vorzunehmen. Dabei bestand kein Anlass, von der von der Klägerin vorgenommenen Bewertung ihres Begehrens abzugehen. Es war daher auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands den Betrag von EUR 5.000,--, nicht jedoch den Grenzwert von EUR 30.000,-- übersteigt.
3.Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO abhängt. Die Beurteilung, ob dem Verhalten einer (hier aus dem Nachbarrecht belangten) Störerin gewichtige Anhaltspunkte dafür zu entnehmen sind, dass sie ernstlich gewillt ist, von künftigen gesetzwidrigen Handlungen Abstand zu nehmen, hängt stets von den Besonderheiten des Einzelfalls ab (RS0012081 [T5], RS0042818, RS0044208 ua).
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