Das Oberlandesgericht Graz hat als Berufungsgericht durch die Richterinnen Mag. a Zeiler-Wlasich (Vorsitz) und Dr. in Jost-Draxl sowie den Richter Mag. Schellnegger in der Rechtssache der klagenden Partei A* , geboren am **, Pensionist, **, vertreten durch Mag. Robert Pöschl, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Dr. B* , geboren am **, Arzt, **, vertreten durch Prutsch-Lang Damitner Rechtsanwälte OG in Graz, wegen (eingeschränkt) EUR 62.861,45 samt Anhang und Feststellung (Interesse EUR 3.000,00), über die Berufung der klagenden Partei (Berufungsinteresse EUR 65.861,45) gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 29. Juni 2025, **-63, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 3.773,22 (darin EUR 628,87 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig .
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Der Kläger konsultierte den Beklagten wegen Problemen an der linken Hand. Er litt unter Gefühllosigkeit, schnellendem 4. und 5. Finger, ließ unwillkürlich Gegenstände fallen und konnte nichts greifen. Am 22. Juli 2020 führte der Beklagte als Belegarzt im Sanatorium der C* GmbH beim Kläger an der linken Hand eine Karpaltunnelsyndrom-Operation (CTS) durch. Die Operation erfolgte unter einer Plexusanästhesie (Anm. regionale Betäubung eines Nervengeflechts). Zusätzlich wurde der Kläger sediert, was ihn in einen Schlafzustand versetzte, in dem er wahrnehmungs- und handlungsunfähig war. Am Tag nach der Operation und bei den Nachkontrollen zeigte der Kläger dem Beklagten einen sich mit der Zeit vergrößernden rötlichen Fleck im Bereich unterhalb des Rippenbogens/Mitte Bauchdecke rechts. Am 14. August 2020 suchte der Kläger wegen starker Schmerzen im Bereich des rechten Unterbauchs – nach Auftreten eines starken Hustens – die Notaufnahme des D* auf. Dort wurde eine CT-Angiografie der Pulmunalgefäße durchgeführt und keine Schädigung von Knochengewebe diagnostiziert. Damals lag ein frischer Bruch des Rippenknorpels der 9. Rippe rechts vorne-außen, mit geringem Begleiterguss und mäßigem Ödem in der Thoraxwand-Muskulatur vor. Postoperativ trat beim Kläger ein Rezidiv-Karpaltunnelsyndrom auf.
Im Prozess begehrt der Kläger vom Beklagten zuletzt (ON 8) die Zahlung von EUR 62.861,45 (Schmerzengeld, Verunstaltungsentschädigung, frustrierte Kosten, Arztkosten, Medikamente, Fahrtkosten, Pflegekosten, Haushaltshilfekosten) samt Zinsen sowie die mit EUR 3.000,00 bewertete Feststellung der Haftung des Beklagten für sämtliche künftige Schäden aus der Behandlung vom 22. Juli 2020. Er wirft dem Beklagen vor, dieser habe aufgrund des ihm mehrfach gezeigten roten, sich vergrößernden Flecks (Hämatom) im Bereich des rechten Oberbauchs und des Rippenbogens keine weiteren Abklärungen unternommen oder diese empfohlen. Auch auf die ihm beschriebenen immer stärker werdenden Schmerzen, verbunden mit dem Gefühl der Atemnot, habe er keine weiteren medizinischen Abklärungen veranlasst. Schließlich sei am 26. August 2020 eine Fraktur der 8. und eine dislozierte Fraktur der 9. Rippe rechts mit Läsion des Zwerchfells und der Thoraxwand festgestellt worden. Dadurch sei es zum Vorwölben des Colons durch das Zwerchfell in den Brustraum gekommen. Diese Verletzungen seien eindeutig auf eine traumatische Einwirkung während der Operation vom 22. Juli 2020 zurückzuführen, etwa bei der Umlagerung oder durch einen herabfallenden Gegenstand. Der Verlauf der Hämatombildung/-verfärbung (roter Fleck) lasse die Verletzung zeitlich eindeutig einem traumatischen Geschehen während der Operation zuordnen. Der Beklagte hafte nicht nur für das traumatische Geschehen während der Operation sondern auch für die Unterlassung einer geeigneten Abklärung bei den Nachuntersuchungen. Die Operation an der linken Hand sei nicht lege artis durchgeführt worden. Der Kläger leide nach wie vor an Sensibilitätsstörungen und Schmerzen. Weiters lastet der Kläger dem Beklagten eine Verletzung der Aufklärungspflicht an. Hätte der Beklagte ihn über die möglichen Folgen der Operation in Form eines Rippenbruchs und der weitergehenden Folgen und über die Möglichkeit von Drucklager- bzw Umlagerungsschäden aufgeklärt, hätte er die Operation nicht in der gewählten Anästhesieform durchführen lassen, sondern von einer Operation Abstand genommen oder nur eine örtliche Betäubung des Handgelenks in Erwägung gezogen. Ebenso wenig hätte er den operativen Eingriff durchführen lassen, wenn er darüber aufgeklärt worden wäre, dass auch noch zwei Jahre nach der Operation keine Verbesserung des Karpaltunnelsyndroms und des Schnepffingers eintreten werde. Der Beklagte hafte daher für die Folgen des beschriebenen Geschehens auch wegen Verletzung der Aufklärungspflichten.
Der Beklagte bestreitet eine Verletzung der Aufklärungspflicht. Er habe den Kläger präoperativ umfassend über die CTS-Operation, mögliche damit einhergehende Risiken und Komplikationen, die Möglichkeit des Auftretens von Schäden/Verletzungen durch die Lagerungen während der Operation sowie darüber aufgeklärt, dass ein Operationserfolg niemals garantiert werden könne. Der Kläger habe in umfassender Kenntnis des zu erwartenden Outcomes der Operation sowie der eingriffsimmanenten Risiken und Komplikationen in die Operation eingewilligt. Auch für den Fall, dass der Kläger über die notwendige Aufklärung hinaus noch intensiver aufgeklärt worden wäre, hätte er sich aufgrund des bestehenden massiven Leidensdrucks dennoch für die Operation entschieden. Zwischen den Rippenbrüchen des Klägers und der Operation bestehe kein Kausalzusammenhang. Das mögliche Auftreten von Rippenbrüchen – ein atypisches und außergewöhnlich seltenes Risiko – sei nicht aufklärungspflichtig. Selbst wenn der Kläger darüber aufgeklärt worden wäre, hätte er sich für die operative Versorgung der linken Hand entschieden. Da der Kläger ihm von Beschwerden im Thoraxbereich nie berichtet habe und ihm solche nicht bekannt gewesen seien, sei es ihm nicht möglich gewesen auf Beschwerden des Klägers im Thoraxbereich einzugehen. Mit der lege artis durchgeführten Operation sei das präoperativ bestehende Leiden des Klägers ordnungsgemäß behoben worden.
Mit der angefochtenen Entscheidung weist das Erstgericht das Klagebegehren ab . Über den eingangs dargestellten Sachverhalt hinaus trifft es die auf den Urteilsseiten 4 bis 7 ersichtlichen Feststellungen – auf die verwiesen wird – und von denen die nachstehenden (vom Kläger bekämpfte Passagen [a bis c] kursiv gekennzeichnet) hervorgehoben werden:
Im Rahmen der Aufklärung des Klägers am 17. Juni 2020 erklärte der Beklagte dem Kläger, dass Operationsrisiken wie Druckschäden durch Lagerung in Narkose bestehen [c]. Über konservative Behandlungsmöglichkeiten wurde nicht gesprochen. Der Kläger vertraute dem ärztlichen Rat des Beklagten und folgte dessen Empfehlung. Er wäre dessen Empfehlung auch gefolgt, wenn über konservative Behandlungsalternativen gesprochen worden wäre. Bei bestehenden motorischen Ausfällen – wie beim Kläger – sind diese medizinisch nicht mehr zumindest gleichwertig zur CTS-Operation und besteht die Indikation für die durchgeführte Operation. Der Kläger wollte eine operative Versorgung. Der Kläger hätte sich auch für die durchgeführte Operation entschieden, wenn er vom Beklagten über das – völlig atypische – Risiko einer Rippenfraktur aufgeklärt worden wäre [a] .
Der Beklagte führte die Operation den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechend (lege artis) durch. Die CTS-Operation kann grundsätzlich in jeder Art der Anästhesie durchgeführt werden, auch in jener, die beim Kläger lege artis zur Anwendung kam. Eine andere Anästhesievariante hätte keinen Unterschied im Hinblick auf die postoperativen Beschwerden des Klägers gemacht. Der Kläger hätte sich auch für die durchgeführte Anästhesieform entschieden, wenn mit ihm konkret über alternative Anästhesievarianten gesprochen worden wäre. Er vertraute dem Rat des Anästhesisten und hätte diesen auch befolgt, wenn mit ihm konkret über alternative Anästhesievarianten gesprochen worden wäre [b].
Während des Aufenthalts bis zur Entlassung aus dem Sanatorium kam es weder vor, während oder nach der Operation zu traumatischen Ereignissen, wie beispielsweise einem auf den (für die OP in sediertem Zustand befindlichen) Kläger herabfallenden Gegenstand, oder einem Anstoß des Klägers mit Gegenständen in der Umgebung, und auch zu keinen Drucklager- oder Umlagerschäden, welche die Verletzung des Klägers (Rippenfraktur rechts mit Läsion des Zwerchfells und der Thoraxwand samt Vorwölben des Colons) verursacht hätten [c].
Der Beklagte traf keine weiteren Veranlassungen betreffend den ihm vom Kläger gezeigten rötlichen Fleck. Hätte der Beklagte den Kläger im Zeitraum der Nachkontrollen entsprechend behandelt und ihn an einen Facharzt für innere Medizin weiterverwiesen, hätte das keinen Unterschied auf die medizinische Erforderlichkeit der Folgeoperationen samt eingetretener Komplikationen und den weiteren medizinischen Verlauf einschließlich Schmerzgeschehen gehabt. Dieser Fleck steht in keinem medizinischen Zusammenhang mit der Rippenfraktur der 8. und 9. Rippe rechts mit Läsion des Zwerchfells und der Thoraxwand samt Vorwölben des Colons. Die konkrete Ursache für diese Rippenfraktur mit Läsion des Zwerchfells und der Thoraxwand samt Vorwölben des Colons kann nicht festgestellt werden. Der Kläger erzählte dem Beklagten im postoperativen Nachbehandlungszeitraum nur beim Kontrolltermin am 17. August 2020 von Schmerzen im Brustbereich, deretwegen er aber bereits in ärztlicher Behandlung war [c] .
In den knöchernen Anteilen der Rippen des rechten Hemithorax bestand zu diesem Zeitpunkt (Anm. Untersuchung am 14. August 2020 in der Notaufnahme) keine Fraktur. Die Frakturen der 8. und 9. Rippe rechts wurden erstmalig im CT-Befund vom 22. Oktober 2020 beschrieben. Diese und die Läsion des Zwerchfells und der Thoraxwand samt Vorwölben des Colons und damit einhergehender Folgebehandlungen und -komplikationen stehen in keinem ursächlichen Zusammenhang mit der vom Beklagten durchgeführten CTS-Operation vom 22. Juli 2020 [c] .
Beim Kläger kam es postoperativ zu einem Rezidiv des Karpaltunnensyndroms. Auf dieses sind die beim Kläger postoperativ auftretenden Beschwerden – mit Ausnahme des nach der Operation neu auftretenden schnellenden Mittelfinger – zurückzuführen. Dabei handelt es sich um die Verwirklichung einer typischen Komplikation der CTS-Operation.
In rechtlicher Hinsicht gelangt das Erstgericht ausgehend von seinen Feststellungen zur Klagsabweisung, weil die ärztliche Behandlung des Klägers grundsätzlich nach den Regeln der ärztlichen Kunst (lege artis) erfolgt sei. Das Unterlassen erforderlicher Schritte zur weiteren Abklärung des rötlichen Flecks stehe in keinem ursächlichen Zusammenhang mit den Beschwerden, Folgen und dem weiteren Behandlungsverlauf, weshalb auch insoweit eine Haftung des Beklagten ausscheide. Keine Verletzung der Aufklärungspflicht liege in Bezug auf das Risiko eines Rippenbruchs vor. Dieses Risiko sei bei der Operation an der Hand völlig atypisch. Zudem bestehe nach den Feststellungen ohnedies kein ursächlicher Zusammenhang, wie auch nicht hinsichtlich (aufgeklärter) Drucklager- bzw Umlagerungsschäden und Anästhesiealternativen. Über mögliche – beim Kläger postoperativ an der linken Hand auftretende – Probleme (Rezidiv) sei der Kläger hinreichend aufgeklärt worden. Über konservative Behandlungsmethoden sei wegen deren mangelnder medizinischer Gleichwertigkeit zur Operation nicht aufzuklären gewesen. Abgesehen davon fehle es einer allfälligen Verletzung der Aufklärungspflicht am Ursachenzusammenhang, weil sich der Kläger – dem ärztlichen Rat folgend – dennoch hätte operieren lassen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Tatsachenfeststellungen infolge unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Er beantragt das Urteil dahingehend abzuändern, dass dem Klagebegehren vollumfänglich Folge gegeben werde. Hilfsweise stellt er einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag. Der Beklagte erstattet eine Berufungsbeantwortung .
Die Berufung– über die gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden konnte – ist nicht berechtigt .
A. Zur Mangelhaftigkeit
1. Der Berufungswerber kritisiert, dass das Erstgericht die von ihm beantragte Einvernahme der Zeugin Dr. E* unterlassen habe. Diese habe den Kläger am 27. Juli 2020 untersucht und dabei Hämatome im Bereich des rechten Oberbauchs unterhalb des Rippenbogens, wie in ihrem Befund vom 27. Juli 2020 (Beilage./I) beschrieben, festgestellt. Durch ihre Einvernahme hätte unter Beweis gestellt werden können, dass ein Ursachenzusammenhang zwischen dem roten Fleck, dem Rippenfrakturgeschehen bzw der weiteren inneren Verletzungen des Klägers mit der Operation vom 22. Juli 2020 bestehe. Entgegen der Prämisse des beigezogenen unfallchirurgischen Sachverständigen habe eine örtliche Nähe zwischen Hämatom und verletztem Rippenbereich bestanden.
1.1. Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens ist dann gegeben, wenn der Verstoß gegen ein Verfahrensgesetz abstrakt geeignet war, eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache zu hindern (RIS-Justiz RS0043049). Verfahrensmängel sind nur dann beachtlich, wenn sie geeignet waren, eine unrichtige Entscheidung herbeizuführen (RS0043027). Ein primärer Verfahrensmangel im Sinn des § 496 Abs 1 Z 2 ZPO kann überdies nur dann vorliegen, wenn das Erstgericht infolge Zurückweisung von Beweisanträgen andere als die vom Beweisführer behaupteten Tatsachen festgestellt hätte ( Pimmer in Fasching/Konecny 3ZPO § 496 Rz 57).
1.2. Nach der ständigen Rechtsprechung können Sachverständigengutachten durch Zeugen nicht entkräftet werden; dies gilt auch für sachverständige Zeugen (RS0040570; RS0040598 insbesondere [T1]). Aufgabe eines Zeugen – auch eines sachverständigen Zeugen - ist es, vor Gericht über seine Wahrnehmungen auszusagen, er hat sich aber jeder Schlussfolgerung nach Art eines gerichtlichen Sachverständigen zu enthalten. Er hat seine Sachkunde nur als Erkenntnisquelle für Tatsachen zu benützen, jedoch keine Bewertung vorzunehmen (RS0040558; RS0040535; Frauenberger in Fasching/Konecny 3III/1 § 350 ZPO [Stand 1.8.2017, rdb.at], Rz 1 mwN). Die Einvernahme eines sachverständigen Zeugen kann demnach wohl zur Schaffung vollständiger Beurteilungsgrundlagen für den gerichtlich bestellten Sachverständigen notwendig sein; zu fachlichen Schlussfolgerungen daraus darf er hingegen nicht einvernommen werden ( Frauenberger aaO).
1.3. Die Frage, ob ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem roten Fleck, den Rippenfrakturen und den weiteren inneren Verletzungen des Klägers mit der Operation vom 22. Juli 2020 besteht, ist eine Sachverständigenfrage und daher ausschließlich vom gerichtlich bestellten Sachverständigen und nicht von der vom Kläger geführten Zeugin zu beurteilen. Die vom Berufungswerber angeführte Tatsache (Befundgrundlage), zu der die Zeugin hätte aussagen können, nämlich dass sie bei der Untersuchung am 27. Juli 2020 Hämatome im Bereich des rechten Oberbauchs unterhalb des Rippenbogens – wie im Befund vom 27. Juli 2020 festgehalten – festgestellt habe, legt der vom Erstgericht beigezogene Sachverständige seinem Gutachten ohnedies zugrunde (siehe GA ON 28 S 5 und 6). In seiner schriftlichen Beantwortung der Fragen des Klägers setzt er sich umfassend mit dem vom Kläger beschriebenen roten Fleck, dessen Positionierung im Bereich des rechten Oberbauchs und dem Befund der beantragten Zeugin vom 27. Juli 2020 auseinander und führt aus, dass diese Stelle in keinem anatomischen Zusammenhang mit der Knochen-Knorpelgrenze der 8. Rippe stehe, weshalb ein durch die Fraktur der 8. Rippe bedingtes Hämatom ausgeschlossen werden könne (ON 56.2 S 11f). Schließlich nimmt er im Rahmen der Gutachtenserörterung erneut dazu Stellung und führt aus, dass sich unter der Prämisse, dass die Angaben im Befundbericht Beilage ./i stimmen, sich an seiner gutachterlichen Einschätzung nichts ändere (ON 56.4 S 20). Abgesehen davon stellt das Erstgericht den vom Kläger angegebenen roten Fleck und dessen Positionierung ohnedies wie von ihm angegeben und aus den vorgelegten Lichtbildern (Beilage ./AH) ersichtlich fest (US 5). Auch über Vorhalt des Lichtbilds Beilage ./AL, zeigend das Hämatom am Oberbauch des Klägers am 11. August 2020, setzt sich der Sachverständige eingehend mit der Situierung des „Flecks“ auf dem Foto und einem damit in Zusammenhang stehenden Bruch der 8. und 9. Rippe auseinander und verneint einen Zusammenhang (ON 56.4 S 9). In Wahrheit will der Berufungswerber mit dem Zeugenbeweis somit die gutachterlichen Schlüsse zur mangelnden Kausalität der Operation vom 22. Juli 2020 für die Rippenfrakturen bzw inneren Verletzungen des Klägers widerlegen.
2. Einen weiteren Verfahrensmangel erblickt der Berufungswerber darin, dass der unfallchirurgische Sachverständige, der selbst zunächst das Vorliegen eines Rippenbruchgeschehens anhand der CT-Bilder vom 14. August 2020 verneinte, nach Vorliegen des Gutachtens des Sachverständigen aus dem Fachgebiet für Radiologie, der auf den CT-Bildern vom 14. August 2020 ein rezentes Bruchgeschehen des Rippenknorpels der neunten Rippe rechts vorne außen und einen geringen Begleitbluterguss an der Thoraxwandmuskulatur erkannte, die an ihn gerichteten Fragen des Gerichts Nummer 3 bis 7 und 9 bis 10 nicht unter der Prämisse der Gutachtensergebnisse des radiologischen Sachverständigen beantwortete.
2.1. Zutreffend ist, dass der vom Gericht bestellte unfallchirurgische Sachverständige auch unter Verweis auf die exakten Sequenzen der CT-Bilder vom 14. August 2020 darauf keine Rippenfraktur sah (ON 36 S 2). Er empfahl jedoch die Einholung eines radiologischen Sachverständigengutachtens (ON 36 S 4), welcher Empfehlung das Erstgericht folgte. Der radiologische Sachverständige gelangte in seinem Gutachten zum Ergebnis, dass bei der CT-Untersuchung vom 14. August 2020 ein frischer Bruch des Rippenknorpels der neunten Rippe rechts vorne-außen mit einem geringen Begleitbluterguss und einem mäßigen Ödem in der Thoraxwand-Muskulatur nachweisbar sei. In den knöchernen Anteilen der Rippen des rechten Hemithorax seien keine Brüche nachweisbar. Der Kläger beantragte, der unfallchirurgische Sachverständige möge die an ihn gerichteten Fragen des Gerichts Nummer 3 bis 7 sowie 9 und 10 nochmals beantworten, wenn das Vorliegen einer Rippenfraktur zum Zeitpunkt 14. August 2020 bestätigt werde (ON 32 S 4). Nach Vorliegen des radiologischen Gutachtens, dessen Meinung der unfallchirurgische Sachverständige zur Kenntnis nahm, äußerte sich dieser nochmals ausführlich zum Thema der Rippenfrakturen und der möglichen Kausalität der Operation vom 22. Juli 2020 (ON 56.2 S 11 bis 13). Damit hat sich der unfallchirurgische Sachverständige mit dem neuen Erkenntnis aufgrund des Gutachtens des radiologischen Sachverständigen und einer allenfalls aufgrund dieses Befundes gegebenen Kausalität der Operation vom 22. Juli 2020 für die Rippenfrakturen beschäftigt und seine gutachterlichen Erkenntnisse dargelegt. Diese sind zweifelsohne der Frage 3 des Gerichts (Ursächlichkeit der Frakturen, der Läsion des Zwerchfells und der Thoraxwand auf traumatische Ereignisse bei der Operation am 22. Juli 2020) zuzuordnen. Inwieweit das Gutachten des radiologischen Sachverständigen auf die Fragen 4 (zum aus der Krankengeschichte ableitbaren Schmerzgeschehen), 5 (Handlungsbedarf des Klägers im Rahmen der Nachbehandlungen auf Grundlage der Krankengeschichte), 6 (Auswirkung eines bejahten medizinischen Handlungsbedarf entsprechend Frage 5 auf die Folgeoperationen), 7 (vom Kläger erlittene Schmerzen), 9 (Vorliegen von Spät- und Dauerfolgen) und 10 (Stellungnahme zu den geltend gemachten Kosten für Heilbehelfe, Selbstbehalte, Pflegekosten und Haushaltskosten im Sinne einer Plausibilitätsprüfung) irgendeinen Einfluss haben könnte, erhellt sich dem Berufungssenat nicht.
3. Die gerügten Verfahrensmängel liegen somit insgesamt nicht vor.
B. Zur Beweisrüge
1. Die Geltendmachung des Berufungsgrunds der unrichtigen Beweiswürdigung erfordert die bestimmte Angabe, welche Beweise das Erstgericht unrichtig gewürdigt hat, aus welchen Erwägungen sich dies ergibt und welche Tatsachenfeststellungen bei richtiger Beweiswürdigung zu treffen gewesen wären (RS0041835). Die Ausführungen zur Beweisrüge müssen eindeutig erkennen lassen, auf Grund welcher Umwürdigung bestimmter Beweismittel welche vom angefochtenen Urteil abweichenden Feststellungen angestrebt werden (RS0041835 [T2]). Diesen Anforderungen werden die Berufungsausführungen in weiten Teilen nicht gerecht.
2. Der Berufungswerber bekämpft den Feststellungskomplex [a], strebt an dessen Stelle nachstehende Ersatzfeststellungen an und rügt zudem eine Aktenwidrigkeit:
Zu [a]: „Da der Kläger über keine alternativen konservativen Behandlungsmöglichkeiten vom Beklagten aufgeklärt wurde, hat sich der Kläger dem ärztlichen Rat des Beklagten folgend, für einen operativen Eingriff in Form der CTS-Operation entschieden. Wäre er über die Möglichkeit der konservativen Behandlungsalternative aufgeklärt worden, hätte er sich für diese konservative Behandlungsalternative entschieden, zumal diese nicht nur schmerzfreier und weniger risikoreich ist, sondern die Möglichkeit einer nachfolgenden operativen Behandlung bei Ausbleiben des Erfolgs der konservativen Therapie bestehen bleibt. Wäre der Kläger über das Risiko von Umlagerungsschäden und das Risiko einer Rippenfraktur, insbesondere auch im Hinblick auf sein Körpergewicht, aufgeklärt worden, hätte er sich gegen die CTS-Operation – insbesondere in liegender Position bei gleichzeitiger Sedierung – entschieden. Der Kläger wurde vom Beklagten nicht über das Risiko von Druckschäden durch Lagerung in Narkose aufgeklärt.“
2.1. Der Berufungswerber erblickt eine Aktenwidrigkeit darin, dass das Erstgericht feststellt, der Kläger hätte sich über Empfehlung des Beklagten sofort für eine operative Maßnahme entschieden, weil diese Feststellung aus der Aussage des Klägers nicht einmal ansatzweise abzuleiten sei.
Dieser Rechtsmittelgrund liegt nur vor, wenn die Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen wurden, also auf einem bei der Darstellung der Beweisergebnisse unterlaufenen Irrtum beruhen, der aus den Prozessakten selbst erkennbar und behebbar ist. Die Aktenwidrigkeit besteht in einem Widerspruch zwischen einer Tatsachenfeststellung und dem zu ihrer Begründung angeführten Beweismittel, nicht aber in einem Widerspruch zwischen einer Feststellung und irgendeinem vorhandenen Beweismittel; sie kann auch dann vorliegen, wenn im Urteil Tatsachenfeststellungen getroffen werden, die in den Akten überhaupt keine Grundlage haben. Keine Aktenwidrigkeit liegt indes in der Gewinnung tatsächlicher Feststellungen durch Schlussfolgerungen, mögen diese auch unrichtig sein ( A. Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO 5§ 471 Rz 14 mwN). Relevant ist eine Aktenwidrigkeit nur dann, wenn sie eine entscheidungswesentliche Tatsache betrifft (RS0043367 [T1]).
Dem Berufungswerber ist darin beizupflichten, dass der Kläger im Rahmen seiner Einvernahme angab, dass er sich für eine Physiotherapie entschieden hätte, weil diese schmerzfreier gewesen wäre. Der Kläger sagte aber sinngemäß weiter aus, dass der Beklagte der Arzt sei, dieser wisse was er rede und, dass er das mache was der Arzt sage (ON 32 S 33). Demgegenüber gab der Beklagte an, dass der Kläger mit einem ausdrücklichen Operationswunsch zu ihm gekommen sei und er eine erhöhte Indikation für eine dauerhafte Nervenschädigung gesehen habe. Aus der Beilage ./G geht der Therapievorschlag des Beklagten zur Operation hervor. Die Aussage des Beklagten trägt jedenfalls die kritisierte Feststellung, mag diese auch der Aussage des Klägers zuwiderlaufen. Die Feststellung kann somit zwanglos auf das vom Erstgericht angeführte Beweismittel, nämlich die Aussage des Beklagten gegründet werden. Aber auch die vom Erstgericht angeführte Urkunde Beilage ./G ist eine tragfähige Grundlage für die Feststellung des Erstgerichts.
Eine Aktenwidrigkeit liegt demnach nicht vor.
2.2. Das Erstgericht stützt seine Feststellungen [a] auf die Aussagen des Klägers und des Beklagten in Zusammenschau mit dem Aufklärungsbogen Beilage ./G. Der Feststellung, dass im konkreten Fall konservative Behandlungsmöglichkeiten medizinisch nicht mehr zumindest gleichwertig zur CTS-Operation anzusehen seien, setzt der Berufungswerber keine kongruente Ersatzfeststellung gegenüber und führt die Beweisrüge insoweit nicht gesetzmäßig aus (RS0041835).
Im Falle einer Aufklärungspflichtverletzung kann sich der Arzt von seiner Haftung befreien, indem er beweist, dass der Patient auch bei einwandfreier Aufklärung in die Behandlung – hier die CTS-Operation – eingewilligt hätte. An diesen Beweis sind strenge Anforderungen zu stellen, weil es sich um einen an sich problematischen Nachvollzug einer höchstpersönlichen Entscheidung handelt (RS0038485 [T3] = 1 Ob 532/94). Bei der Beurteilung der real nicht mehr reproduzierbaren Willensbildung des Patienten kommt es nicht darauf an, ob und wie sich ein vernünftiger Patient verhalten hätte, sondern alleine auf die Würdigung der persönlichen Entscheidungssituation, in der sich der Betroffene befand und aus der heraus (fiktiv) die Ablehnung der oder die Zustimmung zur Behandlung zum damaligen Zeitpunkt verständlich wird (6 Ob 126/98t). Dass ein unmittelbares Beweisergebnis für eine Feststellung nicht – wie der Berufungswerber argumentiert – oder sogar eine dieser widersprechende Aussage vorliegt, kommt gerade im Falle der Notwendigkeit der Feststellung des hypothetischen Willens einer Partei immer wieder vor. Innere Tatsachen, die das Innenleben von Menschen betreffen – wie der Wille – können in aller Regel nicht unmittelbar (direkt) bewiesen werden (vgl 9 ObA 32/20a; 6 Ob 35/19v). Vielmehr muss von erweislichen Tatsachen, die nicht unmittelbar den gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen entsprechen, mithilfe von Erfahrungssätzen auf sie geschlossen werden (mittelbarer oder indirekter Beweis) ( Rechberger in Fasching/Konecny 3III/I Vor § 266 ZPO Rz 44, 54; vgl auch 8 Ob 91/17s).
Es liegt somit in der Natur der Sache, dass kein direktes Beweismittel vorliegt, dass sich der Kläger auch bei einer Aufklärung über konservative Behandlungsalternativen und/oder das Risiko von Lagerungsschäden bzw – völlig atypischen – Rippenfrakturen für die ihm vom Beklagten empfohlene CTS-Operation entschieden hätte. Das Erstgericht begründet in seiner ausführlichen Beweiswürdigung zu den angegriffenen Feststellungen (US 10 Absatz 3 bis US 11 Absatz 2) gut nachvollziehbar, dass bei lebensnaher Betrachtung der Kläger auch bei einer Aufklärung über das völlig atypische Risiko einer Rippenfraktur bei einer CTS-Operation oder über eine konservative Behandlungsalternative in die konkret hier durchgeführte Operation eingewilligt hätte. Es setzt sich auch mit der gegenteiligen Aussage des Klägers auseinander, die nicht nur seinem Prozessstandpunkt zur Widerlegung des Einwands des rechtmäßigen Alternativverhaltens durch den Beklagten geschuldet sein mag, sondern vor allem auch einer – durchaus verständlichen – ex post Betrachtung. Schließlich erläutert das Erstgericht plausibel, weshalb es von einer Aufklärung über das Risiko von Druckschäden durch Lagerung in Narkose ausgeht, obwohl dieses in der Urkunde Beilage ./G nicht angekreuzt ist. Dieser Argumentation setzt der Berufungswerber nichts entgegen.
3. Anstelle der angegriffenen Feststellungen [b] will der Berufungswerber festgestellt haben:
Zu [b]: „Die CTS-Operation wurde vom Beklagten nicht den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechend durchgeführt, insbesondere wurde der Karpaltunnel nur unvollständig gespalten. Der Kläger wurde über Anästhesievarianten und Varianten, die Operation auch im Sitzen bei bloß örtlicher Betäubung ohne Sedierung durchzuführen, nicht aufgeklärt. Diese Operations- und Anästhesievariante hätte das traumatische Geschehen, das zur Verletzung des Klägers führte, vermieden. Wäre der Kläger über die Möglichkeit der Operation im Sitzen bei nur örtlicher Betäubung ohne Sedierung und das damit wegfallende Risiko von Umlagerungsschäden, Herabstürzen vom OP-Tisch und dergleichen, aufgeklärt worden, hätte er sich keinesfalls für die durchgeführte Anästhesieform und eine Operation im Liegen, sondern nur für eine Operation im Sitzen bei bloß örtlicher Betäubung entschieden.“
3.1. Der Berufungswerber meint, bei der Beurteilung, ob die CTS-Operation nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt worden sei, sei der Ansicht des Privatgutachters und nicht jener des gerichtlich bestellten Sachverständigen zu folgen. Der vom Gericht bestellte unfallchirurgische Sachverständige bestätigt in seinem Gutachten, dass die CTS-Operation nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt worden sei (ON 26 S 22). Schließlich hat sich der Sachverständige im Rahmen der schriftlichen Beantwortung der Fragen mit der Frage auseinandergesetzt, ob – was laut Privatgutachten nicht ausgeschlossen werden könne – eine unvollständige Spaltung des Retinaculums erfolgt sei. Diese Frage wurde vom Gerichtssachverständigen eindeutig, auch unter Berücksichtigung der postoperativen Schwellungen und Schmerzen beantwortet. Der vage Hinweis des Privatsachverständigen, eine unvollständige Spaltung könne nicht ausgeschlossen werden (Beilage ./A S 11), ist somit nicht geeignet, das schlüssige und sich mit der Ansicht des Privatsachverständigen auseinandersetzende Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen zu entkräften. Dass das Erstgericht diesem folgte, ist somit nicht zu beanstanden. Davon, dass mit dem Kläger alternative Anästhesieformen nicht besprochen wurden, geht das Erstgericht ohnedies aus (US 7). Dass die Wahl einer anderen Anästhesieform das zur Verletzung des Klägers führende traumatische Ereignis vermieden hätte, geht von der Prämisse aus, dass ein solches Ereignis stattgefunden hätte. Damit steht die angestrebte Ersatzfeststellung aber im Widerspruch mit der – nicht erfolgreich (dazu sogleich unten) bekämpften – Feststellung, wonach während des Aufenthalts im Sanatorium ein taumatisches Ereignis schlichtweg nicht stattgefunden hat. Selbst der vom Kläger beauftragte Privatsachverständige führt in seinem Gutachten aus, dass in der Krankengeschichte der C*, die vollständig sei, nicht vermerkt sei und es keinen Hinweis gäbe, dass irgendetwas im Rahmen des Aufenthalts, Transports und im Aufwachzimmer oder auf der Normalstation passiert sei (Beilage ./A S 9). Die weiteren Ausführungen des Privatsachverständigen stellen rechtliche Erwägungen zur Beweislastverteilung dar und sind unbeachtlich. Ob sich der Kläger bei einer Aufklärung über andere Formen der Anästhesie und allenfalls mit der gewählten Variante einhergehende Risiken für eine andere Variante entschieden hätte, ist die Feststellung des hypothetischen Willens des Klägers. Insoweit wird auf die Ausführungen oben verwiesen. Wenn das Erstgericht feststellt, der Kläger wäre auch insoweit dem ärztlichen Rat gefolgt, so setzt der Berufungswerber den beweiswürdigenden Erwägungen des Erstgerichts nichts Stichhaltiges entgegen. Dass bei einer anderen Form der Anästhesie, wie beispielsweise der örtlichen Betäubung, gewisse Risiken wegfallen, mag zwar zutreffen ist jedoch nicht von Belang. Dass bei einer Operation in sitzender Position es zu keinem traumatischen Geschehen gekommen wäre stellt wieder einen Widerspruch zur Feststellung dar, dass es ein solches ohnedies nicht gegeben hat. Darauf, dass für die Feststellung des hypothetischen Willens kein direkter Beweis zur Verfügung steht, wurde bereits oben zu Punkt 2.2. eingegangen.
4. Weiters wendet sich der Berufungswerber gegen den umfassenden Feststellungskomplex [c], dem er den folgenden (Wunsch-)Sachverhalt gegenüberstellt:
Zu [c]: „Während des Aufenthalts des Klägers im Sanatorium kam es, als der Kläger sich für die OP in sediertem Zustand befand, zu einer sehr starken Gewalteinwirkung auf den Oberkörper des Klägers, die dieser aufgrund der erfolgten Sedierung nicht wahrnahm. Diese Gewalteinwirkung, die etwa nicht nur durch ein Herabfallen eines Gegenstandes auf den Kläger oder dem Anstoßen des Klägers an einem festen Hindernis, sondern auch im Zuge der Umlagerung, des damit verbundenen Wegdrückens oder eines (unbeabsichtigten) Abstützens mit dem Ellbogen durch das medizinische Personal oder Herabrutschen bzw Herabfallen des Klägers vom OP-Tisch oder Krankenbett entstehen konnte, zeigte sich vorerst in Form eines roten Flecks im Bereich des Oberbauchs unterhalb des Rippenbogens, wobei sich dieser Fleck als Hämatom abzeichnete, in den nachfolgenden Tagen vergrößerte und verfärbte. Dieses traumatische Ereignis führte beim Kläger zu einem Rippenknorpelbruch der neunten Rippe, im Sinne eines Bruches des Rippenknorpels der neunten Rippe rechts vorne außen mit Begleitbluterguss und Ödem in der Thoraxwand-Muskulatur sowie einer Fraktur der achten Rippe und elften Rippe (disloziert) rechts unmittelbar lateral der Knorpel- knochengrenze mit Läsion des Zwerchfells und der Thoraxwand samt Vorwölben des Colons. Diese Verletzungen erforderten zahlreiche operative Eingriffe und ist der Gesundheitszustand des Klägers bis heute nicht wieder hergestellt. Hätte der Beklagte den Kläger im Zeitraum der Nachkontrollen zu dem vom Kläger mehrfach gezeigten roten Fleck, der sich in weiterer Folge vergrößerte und als Hämatom ausbildete, entsprechend behandelt und bildgebende Diagnostik in die Wege geleitet, eine Hämatomabklärung durchgeführt und eine internistische Abklärung veranlasst, wäre das Frakturgeschehen erkennbar geworden und wären weitergehende Verletzungen (insbesondere eine Zunahme der Dislokation und damit verbundene innere Verletzungen) und sohin auch das Erfordernis der im F* durchgeführten Operationen samt eingetretener Komplikationen und des weiteren medizinischen Verlaufs einschließlich Schmerzgeschehen vermieden worden. Der Kläger zeigte dem Beklagten nicht nur den roten Fleck bzw die Ausweitung dieses Flecks und Hämatombildung, sondern schilderte dem Beklagten im Zuge der postoperativen Nachbehandlungen zunehmende Schmerzen im Brustbereich und Atembeschwerden bis hin zur Atemnot, wobei der Kläger nicht auf eine andere ärztliche Behandlung zu diesen Problemen verwies. Vom Beklagten wurde die Nachbehandlung nur unvollständig dokumentiert und insbesondere Nachbehandlungszeiten ebenso wenig wie der rote Fleck, der sich in weiterer Folge vergrößerte und hämatomhaft veränderte, dokumentiert. Dies führte auch dazu, dass die Ärzte der Notaufnahme im D* am 14. August 2020 das Frakturgeschehen im Rippenbereich nicht erkannten und die Frakturen der achten und neunten Rippe rechts erst aufgrund der im F* veranlassten CT-Befundung vom 22. Oktober 2020 erkannt und beschrieben wurden.“
4.1. Die Beweisrüge zu [c] entspricht den oben zu Punkt B.1. dargestellten Anforderungen über weite Strecken nicht. Vielmehr bekämpft der Kläger umfangreiche Teile des vom Erstgericht festgestellten Sachverhalts und begehrt keine konkreten Ersatzfeststellungen, sondern die Feststellung eines zur Gänze seinen Vorstellungen entsprechenden Sachverhalts samt ihm nützlich erscheinenden Zusatzfeststellungen. Schon mangels gesetzmäßiger Ausführung der Beweisrüge wäre darauf nicht weiter einzugehen. Den Argumenten des Berufungswerbers wird jedoch Nachstehendes entgegengehalten: Das Erstgericht weist in seinen beweiswürdigenden Überlegungen zutreffend darauf hin, dass der Kausalzusammenhang zwischen dem „roten Fleck“ und den Rippenfrakturen bzw Thoraxverletzungen breit mit dem gerichtlich bestellten Sachverständigen erörtert worden sei und aus welchen Erwägungen es seiner Einschätzung folgt. Betreffend ein traumatisches Ereignis im Rahmen der Operation vom 22. Juli 2020 bzw den stationären Aufenthalt im Sanatorium geht nicht nur der Gerichtssachverständige – welchem das Erstgericht folgt - davon aus, ein solches habe nicht stattgefunden, sondern äußerte sich dazu selbst der vom Kläger beauftragte Privatsachverständige, dass es für ein solches keinen Hinweis in der vollständigen Krankengeschichte gäbe. Der Gerichtssachverständige berücksichtigte bei seiner Einschätzung eines mangelnden Kausalzusammenhangs der Operation bzw des roten Flecks mit den nach der Operation auftretenden Verletzungen des Klägers nach Vorliegen des Gutachtens des Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Radiologie auch den Umstand, dass bereits am 14. August 2020 ein frischer Bruch des Rippenknorpels der 9. Rippe rechts vorne außen mit geringem Begleiterguss und einem mäßigen Ödem in der Thoraxwand-Muskulatur vorhanden war. Er erläuterte plausibel und nachvollziehbar, weshalb dieser Befund an seiner Einschätzung nichts ändere. Es ist ebenfalls nicht zu beanstanden, dass das Erstgericht dem unfallchirurgischen Sachverständigen folgt, wonach vom Beklagten unterlassene Maßnahmen in Bezug auf den ihm gezeigten roten Fleck keinen Einfluss auf den weiteren Krankheitsverlauf hätten. Die mit dem vom Erstgericht eingeholten radiologischen Gutachten im Widerspruch stehende Einschätzung des unfallchirurgischen Sachverständigen betreffend die CT-Bilder vom 14. August 2020 vermag nicht das unfallchirurgische Gutachten in seiner Gesamtheit zu entkräften. Der unfallchirurgische Sachverständige selbst empfahl die Beiziehung eines Facharztes aus dem Fachgebiet der Radiologie zur Befundung der CT-Bilder. Es ist durchaus plausibel, dass der radiologische Sachverständige – wenn grundsätzlich auch der Unfallchirurg zur Beurteilung von CT-Bildern berufen ist – dennoch über die größere Expertise zur Beurteilung von CT-Bildern verfügt, handelt es sich dabei doch schließlich um sein Spezialgebiet. Entgegen der Auffassung des Berufungswerbers liegt auch keine Missinterpretation des Gutachtens des radiologischen Sachverständigen durch das Erstgericht vor. Der radiologische Sachverständige gelangt eindeutig zum Ergebnis, dass in den knöchernen Anteilen der Rippen keine Frakturen nachweisbar sind (GA ON 41 S 3). Es mag zwar zutreffen, dass der unfallchirurgische Sachverständige Ausführungen tätigte, die auf ein mögliches traumatisches Geschehen hinweisen, diese ändern jedoch nichts an seiner Kernaussage. Das Vorliegen eines Hämatoms (roten Flecks) und dessen Verfärbung stellt das Erstgericht ohnedies fest und der Sachverständige geht von dessen Vorliegen aus. Weshalb zwingend davon auszugehen sei, dass das Rippenfrakturgeschehen im ursächlichen Zusammenhang mit dem roten Fleck stehe und eine traumatische Gewalteinwirkung während des sedierten Zustands des Klägers dafür verantwortlich sei, erhellt sich aufgrund der Berufungsausführungen nicht. Davon, dass der Beklagte bei dem sich ausbreitenden Hämatom weitere Veranlassungen hätte treffen müssen, geht das Erstgericht ohnedies aus. Der Feststellung, dass der Kläger dem Beklagten nur bei dem Kontrolltermin am 17. August 2020 von Schmerzen im Brustbereich erzählt habe, stellt der Berufungswerber keine kongruente Ersatzfeststellung gegenüber. Schlichtweg nicht nachvollziehbar ist, wie eine unterlassene Dokumentation der Entwicklung des roten Flecks durch den Beklagten dazu geführt haben könnte, dass in der Notaufnahme im D* am 14. August 2020 das Frakturgeschehen im Rippenbereich nicht erkannt wurde. Aus der vom Berufungswerber dafür ins Treffen geführten Beilage ./CQ (von der Schlichtungsstelle eingeholtes chirurgisches Gutachten) ist dies jedenfalls nicht ableitbar. Der Berufungswerber versteift sich im Wesentlichen darauf, dass sich der rote Fleck bzw das sich entwickelte Hämatom - entgegen der Ansicht des unfallchirurgischen Sachverständigen – im Nahbereich der Rippenfraktur befunden habe, weshalb ein Kausalzusammenhang mit diesem und den Rippenfrakturen und davon ausgehend auch ein solcher mit der Operation vom 22. Juli 2020 vorliege. Dazu sei angemerkt, dass auch das vom Kläger vorgelegte Gutachten Beilage ./CQ, welchem eine vom Kläger vorgelegte Fotodokumentation der Hämatome (Bilder vom 23. und 27. Juli sowie vom 11. und 21. August) zugrunde lag, davon ausgeht, dass die Fraktur weit weg vom eigentlichen Hämatom ist (Beilage ./CQ S 31). Auch wenn der Kläger vor der Operation diesen roten Fleck nicht aufgewiesen haben mag, sondern erst nach der Operation, kann daraus nicht zwingend abgeleitet werden, dass es während der Operation vom 22. Juli 2020 zur Rippenfraktur kam. Wie von mehreren Sachverständigen eingeschätzt (Gerichtsgutachten, Gutachten Beilage ./CQ), steht dieser mit den Frakturen nämlich nicht im Zusammenhang. Wenn der Berufungswerber aus der von ihm behaupteten Verletzung der ärztlichen Dokumentationspflicht, weil der Beklagte die Nachbehandlungen nicht vollständig erfasst habe, ableitet, es komme zu einer Beweislastumkehr zur Frage der Ursächlichkeit, so verkennt er die Folgen einer derartigen Verletzung. Aus der Verletzung der ärztlichen Dokumentationspflicht folgt nicht automatisch die Bejahung der (im Unterbleiben der indizierten Maßnahme bestehenden) Sorgfaltspflichtverletzung. Vielmehr liegt die Beweiserleichterung für den Patienten (nur) darin, dass nunmehr der Arzt nachzuweisen hat, dass die (nicht dokumentierte) Maßnahme nicht indiziert war, die Maßnahme ungeachtet des Dokumentationsfehlers tatsächlich gesetzt wurde oder das anzunehmende Fehlverhalten mit größter Wahrscheinlichkeit für den Schaden unwesentlich geblieben ist ( [T7, T8]). Der Sorgfaltsverstoß des Beklagten liegt in der nicht hinreichenden Einleitung von Maßnahmen zur Abklärung des rötlichen Flecks. Ihm ist aber der Beweis gelungen, dass dieser Sorgfaltsverstoß auf den weiteren Krankheitsverlauf und die Erforderlichkeit der Folgeoperationen keinen Einfluss hatte.
5. Insgesamt hat das Berufungsgericht keine Bedenken an den vom Erstgericht getroffenen, auf das Gutachten des unfallchirurgischen Sachverständigen gestützten Feststellungen. Das Berufungsgericht übernimmt daher den vom Erstgericht erarbeiteten Sachverhalt als Ergebnis einer nachvollziehbaren, insbesondere durch den Berufungsvortrag nicht erschütterten Beweiswürdigung und legt ihn seiner weiteren Entscheidung zugrunde (§ 498 ZPO)
C. Zur Rechtsrüge
1. Der Berufungswerber macht sekundäre Feststellungsmängel geltend, weil das Erstgericht keine Feststellungen zum Unterlassen der Dokumentation durch den Beklagten im Rahmen der Nachuntersuchungen getroffen habe. Das habe dazu geführt, dass beim Kläger in der Notfallambulanz am 14. August 2020 keine unfallchirurgische Intervention veranlasst worden sei. Weiters würden Feststellungen fehlen, dass es bei einer örtlichen Betäubung und Operation im Sitzen zu keinem traumatischen Ereignis – welches dem Kläger offensichtlich widerfahren sei – gekommen wäre.
1.1. Ein sekundärer Feststellungsmangel liegt nur dann vor, wenn das Erstgericht infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung notwendige Beweise nicht aufnimmt oder erforderliche Feststellungen nicht trifft ( A. Kodekin Rechberger/Klicka, ZPO 5§ 496 Rz 10; RS0043304 [T1]; RS0043310; RS0043603 [T7]). Zudem kommen sekundäre Feststellungsmängel nur im Rahmen des Tatsachenvorbringens der jeweiligen Partei in Betracht. Ein solcher Mangel ist daher nur dann denkbar, wenn die verfahrensrelevante Feststellung von einem ausreichend konkreten Tatsachenvorbringen der Partei erfasst ist (RS0053317 [T4]).
1.2. Sekundäre Feststellungsmängel liegen nicht vor. Nach den Feststellungen ist es zu keinem traumatischen Ereignis während des Aufenthalts des Klägers im Sanatorium gekommen. Es kann somit dahingestellt bleiben, was bei einer Operation im Sitzen mit Lokalanästhesie anders verlaufen wäre. Zudem geht der Berufungswerber bei seiner Rechtsrüge nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, wenn er davon spricht, dem Kläger wäre ein traumatisches Ereignis offensichtlich widerfahren und führt die Rechtsrüge insoweit auch nicht gesetzmäßig aus (RS0043603; RS0043312). Im Zusammenhang mit der Verletzung der Dokumentationspflicht bringt der Kläger im Verfahren vor dem Erstgericht vor, dass diese zur verspäteten Erkennung der haftungsbegründenden Thoraxverletzung des Klägers und der dadurch erfolgten Ausweitung der Schadensfolgen geführt habe (ON 11 S 2; ON 13.2 S 3 bis 4). Dass die dem Beklagten vorgeworfene Unterlassung der Dokumentationspflicht zum Unterbleiben einer unfallchirurgischen Intervention bei den Nachbehandlungen durch andere Ärzte, insbesondere in der Notfallambulanz am 14. August 2020 geführt habe, hat der Kläger im Verfahren vor dem Erstgericht nicht behauptet, sodass schon deshalb ein sekundärer Feststellungsmangel ausscheidet. Schließlich geht dieses Vorbringen ebenfalls von der – nicht den Feststellungen entsprechenden – Prämisse aus, die Thoraxverletzung wäre bereits im Sanatorium eingetreten. Das Erstgericht stellt außerdem fest, dass selbst eine entsprechende Behandlung des Klägers durch den Beklagten im Zeitraum der Nachkontrollen keinen Unterschied für die erforderlichen Folgeoperationen samt eingetretener Komplikationen und das Schmerzgeschehen gehabt habe. Der Berufungswerber legt auch nicht dar, inwieweit sich Feststellungen zu einer allfälligen Verletzung der Dokumentationspflicht auf die rechtliche Beurteilung durch das Erstgericht auswirken. Seine Ausführungen beschränken sich darauf, dass die reklamierten fehlenden Feststellungen zu der Schlussfolgerung führen würden, der Beklagte habe für das Verletzungsgeschehen einzustehen.
2. Auch die weitere Argumentation des Berufungswerbers ist nicht zielführend. Es trifft zwar zu, dass das Erstgericht zu dem Ergebnis gelangt, die Nachbehandlung im Zusammenhang mit dem roten Fleck sei durch den Beklagten nicht nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt. Es steht aber weiters fest, dass diese Fehlbehandlung sich nicht kausal für die erforderlichen Folgeoperationen samt Komplikationen und den weiteren medizinischen Verlauf gewesen sei. Damit setzt sich der Berufungswerber nicht auseinander. Auch bei seiner Argumentation, der Beklagte habe seine Aufklärungspflicht zu den Behandlungsalternativen und alternativen Anästhesiemöglichkeiten verletzt, weshalb er zu haften habe, lässt er völlig außer Betracht, dass dem Beklagten der Beweis gelungen ist, dass der Kläger auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung in die konkrete Operation samt der gewählten Narkosemethode eingewilligt hätte. Die weiters angestrebten Zusatzfeststellungen, ob die vom Kläger dem Beklagten gegenüber geäußerten Sensibilitätsstörungen der Dokumentation entsprechen, sind nicht von Relevanz. Der Berufungswerber zeigt nicht auf, inwieweit sich diese Feststellungen auf die rechtliche Beurteilung auswirken. Vielmehr meint er, aufgrund dieser Feststellungen sei eine nicht lege artis erfolgte Behandlung indiziert. Dass die Behandlung lege artis erfolgte, steht aber fest.
D. Ergebnis, Kosten, Bewertung und Zulassung
1. Aus den angeführten Gründen muss die Berufung des Klägers scheitern. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat dem Beklagten die Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen.
2. Eines Bewertungsausspruches nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO bedarf es nicht, weil bei dem vorliegenden gemischten Begehren schon der in einem Geldbetrag bestehende Teil des Entscheidungsgegenstandes EUR 30.000,00 übersteigt (vgl A. Kodek in Rechberger/Klicka 5§ 500 ZPO Rz 5).
3. Die ordentliche Revision ist nicht zuzulassen, weil Rechtsfragen von der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität nicht zu beurteilen waren und der Schwerpunkt der Berufung im nicht revisiblen Tatsachenbereich lag. Vom Berufungsgericht bereits verneinte Mängel des Verfahrens erster Instanz können nach ständiger Rechtsprechung in der Revision nicht neuerlich mit Erfolg geltend gemacht werden (RS0106371, RS0042963 insbesondere [T 45, T 55, T 58]; Kode k in Rechberger/Klicka, ZPO 5 § 503 Rz 9).
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