Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Sonntag als Vorsitzenden sowie die Richterinnen des Oberlandesgerichts Mag. Ingemarsson und Mag. Janschitz in der Rechtssache der klagenden Partei A*gesellschaft m.b.H. , **, vertreten durch Dr. Matthias Klissenbauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B* C*, **, vertreten durch Dr. Susanne Pertl, Rechtsanwältin in Wien, wegen EUR 186.000 s.A., über die Berufung der klagenden Partei und den Kostenrekurs der beklagten Partei (Rekursinteresse EUR 5.100) gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 25.3.2024, **-93, gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
I. Der Antrag der klagenden Partei auf Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung wird zurückgewiesen.
II. Der Berufung der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben, das angefochtene Urteil wird in seinem Punkt 1. mit der Maßgabe bestätigt, dass dieser lautet:
„ 1. Die Klagsforderung besteht mit einem Teilbetrag von EUR 83.568 zu Recht und mit einem Teilbetrag von EUR 102.432 nicht zu Recht.“
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 4.223,82 (darin enthalten EUR 703,97 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
III. Dem Kostenrekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben .
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Entscheidungsgründe
und Begründung :
Der Beklagte und seine Ehefrau D* C* sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft E*. Der Beklagte war Geschäftsführer der F* GmbH, die die Klägerin im Herbst 2018 mit Baumeisterarbeiten betreffend einem Bauvorhaben in der G*, beauftragte.
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage vom 6.8.2019 vom Beklagten die Zahlung von EUR 186.000 s.A. an offenem Werklohn. Der Beklagte habe die Klägerin mit Baumeisterarbeiten auf der Liegenschaft des Beklagten und seiner Ehegattin beauftragt. Für die Arbeiten an der Fassade am Hauptgebäude sei ein Nettopauschalpreis von EUR 115.000 und für eine neu zu verputzende Feuerwand am Nebengebäude zur Nachbarliegenschaft seien netto EUR 5.000 vereinbart worden. Weiters sei die Klägerin mit der Trockenlegung der Kellerwand am Hauptgebäude und mit der Errichtung einer Künette beauftragt worden, für die Arbeiten an der Kellerwand seien netto EUR 25.000 vereinbart gewesen, für die Errichtung der Künette EUR 12.000. Insgesamt schulde der Beklage der Klägerin brutto EUR 186.000. Alle Arbeiten seien mängelfrei erbracht worden.
Die Akontozahlungen von EUR 45.000 und EUR 50.000 seien nicht für das Bauvorhaben in E* geleistet worden. Diese Zahlungen seien von der F* GmbH für das Bauvorhaben G* erfolgt.
Der Beklagte bestritt, beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte – soweit hier noch wesentlich - vor, dass die F* GmbH Akontozahlungen in der Höhe von insgesamt EUR 95.000 für das Bauvorhaben in E* überwiesen habe, die jedoch nicht berücksichtigt worden seien. Unter Berücksichtigung des Deckungsrücklasses und der USt seien sogar EUR 102.432 bezahlt worden, die anzurechnen seien.
Ende Mai 2019 sei dem Beklagten vom Geschäftsführer der Klägerin mitgeteilt worden, dass sämtliche Arbeiten auftragsgemäß erfüllt worden seien. Der Beklagte habe allerdings festgestellt, dass die Baumeisterarbeiten an der Fassade nicht mängelfrei erbracht worden seien. Der Klägerin sei mit Mail vom 11.6.2019 eine Frist von vier Wochen zur Behebung der Schäden und Herstellung der beauftragten Leistungen eingeräumt worden, die ebenso wie eine weitere Nachfrist von 14 Tagen ungenutzt verstrichen sei. Die Klägerin habe dadurch ihr Nachbesserungsrecht verwirkt, weshalb eine Ersatzvornahme durch die H* GmbH durchgeführt worden sei, was mit Kosten iHv EUR 129.600 verbunden gewesen sei. Der Werklohn sei mangels Fertigstellung des Werkes nicht fällig.
Der Beklagte wendete eine Gegenforderung von EUR 88.032 ein. Der Schaden des Beklagten ergebe sich aus seinen Aufwendungen für die Fassadensanierung von insgesamt EUR 232.032, die sich aus den geleisteten Zahlungen von EUR 102.432 an die Klägerin und den Mangelbehebungskosten von EUR 129.600 zusammensetzten. Abzüglich des vereinbarten Entgelts folge daraus ein von der Klägerin verursachter Schaden iHv EUR 88.032.
Mit dem angefochtenen Urteil stellte das Erstgericht die Klagsforderung mit EUR 83.568 und die Gegenforderung bis zur Höhe der Klagsforderung als zu Recht bestehend fest und wies das Klagebegehren in Höhe von EUR 186.000 ab. Weiters verpflichtete das Erstgericht die Klägerin zum Kostenersatz in Höhe von EUR 50.358,24.
Neben dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt stellte das Erstgericht den auf den Seiten 3 bis 11 der Urteilsausfertigungen ersichtlichen Sachverhalt fest, auf den verwiesen wird und aus dem die nachstehenden Festellungen hervorgehoben werden, wobei die durch Unterstreichung hervorgehobenen Feststellungen im Rahmen der Tatsachenrüge bekämpft werden:
„ Die Parteien kannten sich bereits aus einem vor dem klagsgegenständlichen Projekt in der E* laufenden Bauprojekt in der G*, das im Jahr 2017 begann. Bei diesem Projekt war allerdings nicht der Beklagte persönlich, sondern die F* GmbH Vertragspartnerin der Klägerin. Im Zuge dieses Bauvorhabens kam es zwischen dem Geschäftsführer der Klägerin, I*, und dem Beklagten zu einem Gespräch bezüglich des Objektes in der E*, bei dem es sich um eine Stadtvilla handelt.
[…]
Zur weiteren Auftragserteilung im Zusammenhang mit der Sanierung der Fassade und der Feuermauer beim Gästehaus:
Nachdem der Beklagte mit den bisherigen Arbeiten der Klägerin zufrieden gewesen war, ersuchte er den Geschäftsführer der Klägerin um Erstellung eines Angebotes für die Sanierung der Fassade seiner Villa in E*. Die Klägerin beauftragte in der Folge J* von der Firma K* damit, sich die Fassade des Hauses des Beklagten anzusehen und ein Konzept zu erstellen. Am 28.6.2018 nahm J* die Fassade in Begutachtung und verfasste ausgehend davon ein Sanierungskonzept sowie einen Ausführungsvorschlag für die Fassadensanierung. Darin war vorgesehen, so viel wie möglich von der alten Fassade zu erhalten. Das Ziel der Fassadensanierung war es, eine möglichst naturgetreue Nachbildung des vorhandenen Altbestandes zu schaffen (Beilage ./2). Dieses Konzept war dann auch die Grundlage für das von der Klägerin an den Beklagten übermittelte Angebot vom 14.8.2018.
[…]
Das Angebot vom 14.8.2018 wies zunächst auf Grundlage des angehängten Leistungsverzeichnisses einen Betrag von EUR 129.920,35 (inkl. USt) aus und war an die F* GmbH gerichtet. Nach Übermittlung dieses Angebots kam es am 30.8.2018 zu einer erneuten Besprechung auf der Baustelle in E*, bei der der Geschäftsführer der Klägerin, der Beklagte sowie der Baumeister der Klägerin, Ing. L*, anwesend waren. Im Zuge dieser Besprechung kam es dann zur Auftragserteilung, wobei man sich auf einen neuen Preis von pauschal EUR 115.000,- (exkl. USt) für die Fassadensanierung und EUR 5.000,- (exkl. USt) für die Sanierung einer Feuermauer einigte.
[…]
Im Dezember 2018 wurde zwischen den Parteien vereinbart, dass der Vertrag über die Sanierung nicht auf die F* GmbH, sondern auf den Beklagten persönlich lauten soll. Der Beklagte war somit selbst Auftraggeber für das Bauvorhaben in E*.
Die beauftragten Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Feuermauer wurden von der Klägerin ordnungsgemäß und mangelfrei erbracht. Auch die beauftragten Fassadenarbeiten wurden von der Klägerin und deren Subunternehmen zunächst bis Dezember 2018 durchgeführt, bevor es dann um Weihnachten 2018 bis etwa März 2019 zu einer wetter- bzw. saisonbedingten Pause gekommen ist. Danach wurde im März und April 2019 weitergearbeitet und der Beklagte suchte sich die Farbe aus, weil die Sanierung an sich fertig gestellt worden sei. […] Der Beklagte wollte sich aber selbst noch von der sach- und fachgerechten Durchführung der Sanierung überzeugen, weshalb am 15.5.2019 eine Besprechung mit M*, dem Beklagten sowie dem Geschäftsführer der Klägerin in E* stattfand. Der Beklagte nahm dabei die bisherigen Arbeiten ab, machte den Geschäftsführer der Klägerin aber auf Mängel aufmerksam, die seines Erachtens bestehen würden und zu beheben seien, nämlich insbesondere dass die Kanten nicht ordnungsgemäß gemacht und gewisse Teile nicht gemalt worden seien.
Es war zwischen den Parteien dann strittig, ob bzw. gegebenenfalls welche Mängel noch bestehen würden, weshalb von Seiten der Klägerin erneut Baumeister J* von der Firma K* konsultiert wurde, um sich die bereits getätigten Arbeiten vor Ort anzusehen. Dieser besichtigte die Fassade am 28.5.2019 und stellte seiner Meinung nach rein optische Mängel – vor allem bezogen auf die Zierelemente – fest und machte einen Ausführungsvorschlag hinsichtlich der seines Erachtens notwendigen Ausbesserungen.
In der Folge nahm das zuständige Subunternehmen der Klägerin ihre Arbeiten bei der Fassade zwar wieder auf, mit 11.6.2019 stellten die Klägerin sowie ihre Subunternehmen ihre Tätigkeiten auf der Baustelle des Beklagten allerdings endgültig ein. […]
Als die Klägerin ihre Arbeiten einstellte, bestanden bei der Fassade noch […] Mängel […].
Am 11.6.2019 erstellte Ing. N* im Auftrag des Beklagten eine Beweissicherung, in der er bestehende Mängel festhielt. Schon unmittelbar nach der Besichtigung durch Ing. N* richtete die damalige Rechtsanwältin des Beklagten am 11.6.2019 ein Mail an die Rechtsvertretung der Klägerin und hielt fest, dass die Arbeiten an der Fassade mangelhaft durchgeführt worden seien und ein unabhängiger, gerichtlich beeideter Sachverständiger mit der Begutachtung der Tätigkeiten beauftragt worden sei. Das Gutachten werde nach Vorliegen übermittelt. In dem E-Mail wurde die Klägerin weiters aufgefordert, binnen einer Frist von vier Wochen die Arbeiten wie vertraglich vereinbart an der Fassade vorzunehmen und fertigzustellen. Die Rechtsanwältin des Beklagten wies zudem darauf hin, dass bei einer Nichtvornahme der Verbesserung der Beklagte für das Bauvorhaben in E* die Zusammenarbeit mit der Klägerin beenden und den Auftrag an eine neue Firma vergeben werde.
Während dieser Frist erfolgte keine Mängelbehebung seitens der Klägerin. Diese beauftragte zwar mit 24.6.2019 das Subunternehmen O* GmbH, um die Arbeiten entsprechend des Ausführungsvorschlages von J* auszuführen, wobei ein Pauschalbetrag von EUR 25.000,- netto vereinbart wurde . [Tatsachenrüge 3] Der Beklagte wurde aber davon nicht informiert und es wurde dem Beklagten auch kein Termin für die Mängelbehebung bekannt gegeben oder in sonst einer Form mit dem Beklagten oder seiner damaligen Rechtsanwältin bezüglich der Mängelbehebung in Kontakt getreten. Die Klägerin zeigte ihre Leistungsbereitschaft weder mündlich noch schriftlich gegenüber dem Beklagten an. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass Arbeiter der O* GmbH während dieser Frist zweimal vor versperrten Türen bei der Liegenschaft des Beklagten standen. Der Beklagte hat den Arbeitern der Klägerin bzw. deren Subunternehmerin den Zutritt zur Mängelbehebung auch nicht verweigert . [Tatsachenrüge 1]
Mit E-Mail vom 8.7.2019 übermittelte die Rechtsanwältin des Beklagten der Klägerin das Gutachten der Befundaufnahme von Ing. N* vom 11.6.2019 samt konkreter Aufzählung der darin festgehaltenen Mängel. Zudem wurde in diesem Mail eine weitere Nachfrist von 14 Tagen zur Behebung der Mängel gesetzt. Für den Fall des Verstreichens der Frist erklärte der Beklagte bereits jetzt den Rücktritt vom erteilten Vertrag und behielt sich die gerichtliche Geltendmachung des Schadens sowie der Kosten der Behebung durch einen neuen Auftragnehmer ausdrücklich vor. Die Klägerin ersuchte auch binnen der weiteren Frist nicht um eine Fristverlängerung und es erfolgte auch innerhalb dieser Frist keine Behebung der mitgeteilten Mängel. Erst am 30.7.2019 teilte der Rechtsanwalt der Klägerin der Rechtsanwältin des Beklagten mit, dass die Klägerin eine Subunternehmerfirma mit der Weiterführung und Verbesserung der Arbeiten beauftragt habe, jedoch dieser der Zutritt zur Baustelle verweigert worden sei.
Zur mangelfreien Erfüllung des Auftrages vom 14.8.2018 wäre es erforderlich gewesen, weitere Sanierungsmaßnahmen vorzunehmen, die im Ausführungsvorschlag von J* beschrieben waren. […]
Der zwischen der Klägerin und der Firma O* GmbH abgeschlossene Werkvertrag (Beilage ./CC) hinsichtlich der Sanierungsmaßnahmen der Fassade enthielt das Überarbeiten der Fassade entsprechend des Ausführungsvorschlages von J* (Beilage ./DD). Nicht vereinbart waren Arbeiten an hohlliegenden Putzflächen.
Nach Ablauf der Nachfrist beauftragte der Beklagte die H* GmbH mit der Mängelbehebung der von der Klägerin durchgeführten Fassadensanierung. Grundlage für die vereinbarten Sanierungsarbeiten war das Angebot vom 21.8.2019. Die H* GmbH stellte dem Beklagten nach Abschluss der Sanierungsarbeiten insgesamt EUR 108.000,- netto, inklusive 20 % USt., sohin EUR 129.600,- in Rechnung. Die in der Schlussrechnung der H* GmbH vom 7.1.2020 angeführten Positionen 1 bis 11 enthalten Arbeiten entsprechend der Beweissicherung von Ing. N* vom 30.09.2019 und umfassten folgende von der H* GmbH durchgeführten Tätigkeiten :
‚[…] 1 Baustelleneinrichtung
2 Öffnungen schützen
3 Fassade abschlagen
4 Vorspritz und verputzen
5 Fassade komplett abschleifen
6 Stuck und Zierleisten sanieren
7 Hochdruck-Reinigung
8 Grundieren der gesamten Fläche
9 Fassade mit Silikat-Farbe 2x deckend rollen
10 Schutz entfernen
11 Entsorgungsarbeiten […]‘
Die beschriebenen Leistungen waren notwendig, um das Sanierungskonzept der Firma K* abzuarbeiten, wobei aufgrund der von Ing. N* festgestellten Hohlstellen zusätzlich das Abschlagen von Fassadenteilen erforderlich war. Die von der H* GmbH verrechneten Kosten für die Sanierungsmaßnahmen in der Höhe von EUR 108.000,- netto waren für die erbrachten Leistungen auch angemessen. Nach Durchführung der Arbeiten von der H* GmbH befand sich die Fassade in einem Zustand, in dem sie bei fachgerechter Vorgangsweise der Klägerin gemäß dem Ausführungsvorschlag gewesen sein hätte sollen. Der Beklagte bezahlte am 14.1.2020 EUR 45.600,- für die Schlussrechnung **, am 8.1.2020 EUR 35.000,- für die Rechnung ** und am 9.1.2020 EUR 25.000,- mit dem Verwendungszweck Rechnung **. In Summe zahlte er zumindest EUR 105.600,- an die H* GmbH für die Fassadensanierung . [Tatsachenrüge 2]
Die H* GmbH wurde im Sinne der Bestimmung des Sozialbetrugsbekämpfungsgesetzes mit Bescheid vom 10.6.2021 in die veröffentliche Liste der Scheinunternehmen aufgenommen.
[…]“
Ausgehend von den getroffenen Feststellungen kam das Erstgericht rechtlich zum Ergebnis, dass der Klägerin der vertragsgemäß vereinbarte Werklohn weiterhin in unveränderter Höhe zustehe, weil der Beklagte kein Gestaltungsrecht auf Preisminderung geltend gemacht habe, sondern die Verbesserungskosten im Rahmen der Aufrechnungseinrede fordere. Vom vereinbarten Werklohn in Höhe von EUR 186.000 seien die von der F* GmbH geleisteten Akontozahlungen in Höhe von insgesamt EUR 102.432 abzuziehen, da diese für das Bauvorhaben in E* gewidmet gewesen seien. Somit bestehe die Klagsforderung nur noch in der Höhe von EUR 83.568 zu Recht.
Da während der gewährten Nachfrist keine Leistungsbereitschaft von der Klägerin gegenüber dem Beklagten angezeigt worden und auch keine Verbesserung erfolgt sei, könne der Beklagte gemäß § 933a Abs 2 ABGB Geldersatz verlangen. Der Beklagte habe bereits EUR 105.600 an die H* GmbH an Kosten für die Fassadensanierung gezahlt, weshalb die Gegenforderung bis zur festgestellten Höhe der Klagsforderung zu Recht bestehe.
Ausgehend davon sei die Klägerin zum Kostenersatz verpflichtet. Die vorprozessualen Kosten der Beweissicherung von Ing. N* seien jedoch nicht zuzusprechen. Vorprozessuale Kosten seien nur dann ersatzfähig, wenn sie allein oder überwiegend der Vorbereitung eines konkreten Prozesses dienten. Nicht darunter falle ein bloßer Selbstinformations- oder Überwachungsaufwand, der ohne konkrete Prozessbezogenheit bestehe. Die vom Beklagten vorgenommene Beweissicherung habe bloß dazu gedient, die bestehenden Mängel festzustellen und gegebenenfalls ein weiteres Unternehmen mit der Mängelbehebung zu beauftragen. Auch in der weiteren Fotodokumentation sei ausdrücklich festgehalten, dass der Grund der Beauftragung der Wunsch nach einer Beurteilung der durchgeführten Fassadenarbeiten gewesen sei.
Mit ihrer Berufung , mit der sie unrichtige Tatsachenfeststellungen aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung geltend macht, beantragt die Klägerin eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen, der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Urteil dahingehend abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.
Der Beklagte beantragt der Berufung keine Folge zu geben.
Gegen die erstinstanzliche Kostenentscheidung richtet sich der Kostenrekurs des Beklagten mit dem Antrag, die Kostenentscheidung des Erstgerichts dahingehend abzuändern, dass dem Beklagten ein Kostenersatz von insgesamt EUR 55.458,24 zugesprochen werde.
Die Klägerin beteiligte sich nicht am Rekursverfahren.
I.:Eine mündliche Berufungsverhandlung ist nur anzuberaumen, wenn der Berufungssenat dies im einzelnen Fall für erforderlich hält (§ 480 Abs 1 ZPO). Das Berufungsgericht hält keine Beweiswiederholung, Beweisergänzung oder Erörterung des Vorbringens für erforderlich und entscheidet über die Berufung daher in nichtöffentlicher Sitzung. Ein Antragsrecht der Parteien auf Durchführung einer Berufungsverhandlung besteht nicht ( Klauser / Kodek, JN–ZPO 18§ 480 ZPO E 10).
II.: Zur Berufung der Klägerin:
Die Berufung der Klägerin ist nicht berechtigt.
1.Um eine Beweisrüge gesetzmäßig auszuführen ist es erforderlich anzugeben, a) welche konkrete Feststellung bekämpft wird, b) aufgrund welcher unrichtigen Beweiswürdigung diese getroffen wurde, c) welche (ersatzweise) Feststellung begehrt wird und d) aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen diese zu treffen gewesen wäre (RS0041835 [T5]; 10 ObS 129/02x; 10 ObS 15/12x; 1 Ob 202/13g; 3 Ob 118/18a; Pimmer in Fasching/Konecny³ § 467 ZPO Rz 40; A. Kodek in Rechberger/Klicka 5 § 471 Rz 15 mwN).
Für eine wirksame Bekämpfung der Beweiswürdigung des Erstgerichts und der von diesem getroffenen Tatsachenfeststellungen genügt es nicht, bloß auf einzelne für den Prozessstandpunkt des Berufungswerbers günstige Beweismittel zu verweisen und darzulegen, dass auf Basis der vorliegenden Beweisergebnisse auch andere Rückschlüsse als jene, die das Erstgericht gezogen hat, möglich gewesen wären. Vielmehr muss aufgezeigt werden, dass die getroffenen Feststellungen unrichtig sind oder wenigstens bedeutend überzeugendere Beweisergebnisse für andere Feststellungen vorliegen und das Erstgericht diesen und nicht anderen Beweismitteln Glauben hätte schenken müssen. Erforderlich ist dabei eine kritische Auseinandersetzung mit der gesamten Beweislage.
Das Regelbeweismaß der ZPO ist die hohe Wahrscheinlichkeit (RS0110701), wobei es aber letztlich immer auf die subjektiven Komponenten der richterlichen Überzeugung ankommt. Hohe Wahrscheinlichkeit stellt keine objektive Größe dar. Jedem Beweismaß wohnt eine gewisse Bandbreite inne, sodass es sowohl von den objektiven Umständen des Anlassfalls, aber auch von der subjektiven Einschätzung des Entscheidungsorgans abhängt, wann dieses die erforderliche Wahrscheinlichkeit als gegeben ansieht.
Im Rahmen einer Beweisrüge hat der Rechtsmittelwerber insbesondere aufzuzeigen, durch welche Überschreitung des dem Gericht gemäß § 272 Abs 1 ZPO eingeräumten Beurteilungs und Ermessensspielraums die genannte Verfahrensbestimmung verletzt worden sein soll. Die Beweiswürdigung kann erst dann erfolgreich angefochten werden, wenn stichhaltige Gründe ins Treffen geführt werden, die erhebliche Zweifel an der vom Erstgericht vorgenommenen Beweiswürdigung rechtfertigen könnten. Bloß der Umstand, dass die Beweisergebnisse möglicherweise auch andere als die vom Erstgericht gezogenen Schlussfolgerungen ermöglicht hätten, kann nicht zu einer erfolgreichen Bekämpfung der Tatsachenfeststellungen führen.
2. Die Klägerin bekämpft jeweils einen Block von Feststellungen und stellt diesen ihren Wunschsachverhalt gegenüber.
Dazu ist zuvorderst auszuführen, dass sie damit nicht darlegt, welche Beweisergebnisse gegen welche vom Erstgericht getroffenen Feststellungen sprechen und welche begehrten Feststellungen welche der getroffenen Feststellungen ersetzen sollen. Es ist nicht Aufgabe des Berufungsgerichtes, aus Teilen der Berufung Paare von Feststellungen und Ersatzfeststellungen zu bilden, und dann aus allfälligen Argumenten gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichtes das Passende herauszusuchen, das dieses Feststellungspaar betreffen könnte. Die Beweisrüge ist damit nicht gesetzmäßig ausgeführt.
Soweit der geltend gemachte Rechtsmittelgrund erkennbar bleibt, ist auf die Argumente der Klägerin trotzdem einzugehen. Verbleibende Unklarheiten gehen dabei zu ihren Lasten (RS0041768, RS0041761).
3. Zu Tatsachenrüge 1 :
Die Klägerin begehrt statt der bekämpften Feststellungen nachstehende Ersatzfeststellungen:
„ Diese beauftragte mit 24.6.2019 das Subunternehmen O* GmbH, um die Arbeiten entsprechend des Ausführungsvorschlages von J* auszuführen, wobei ein Pauschalbetrag von EUR 25.000,00 netto vereinbart wurde (Beilage./CC). Die Klägerin war auf Basis dieses Auftrags zur Behebung der festgestellten Mängel bereit und versuchte dies auch. Eine Ausführung unterblieb jedoch, da ein Zutritt zur bis dahin frei zugänglichen Baustelle vom Beklagten nicht mehr ermöglicht wurde. Trotz Hinweis auf den versperrten Zutritt durch die Klägerin stellte der Beklagte der Klägerin weder Schlüssel zur Verfügung noch teilte er mit, wann er zur Ermöglichung eines Zutritts konkret bereitstehen würde.“
Das Erstgericht hat sich in seiner Beweiswürdigung eingehend mit den Beweisergebnissen auseinandergesetzt und seine Feststellungen nachvollziehbar und schlüssig begründet. Hervorzuheben ist, dass der Erstrichter sich aus eigener Wahrnehmung ein genaues Bild von der Persönlichkeit und der Glaubwürdigkeit der von ihm vernommenen Personen machen und dieses bei seiner Beweiswürdigung angemessen berücksichtigen konnte. Gerade dem persönlichen Eindruck des erkennenden Richters kommt bei einer Tatsachenfeststellung, die in erster Linie aufgrund der Aussagen der beteiligten Personen zu treffen ist, eminente Bedeutung zu.
Diese Überzeugungsbildung hat – wie auch das Erstgericht richtig ausführt - die Ergebnisse der gesamten Verhandlung miteinzubeziehen (ist daher auch „Verhandlungswürdigung“), das heißt, dass alles Vorbringen der Prozessbeteiligten, ihr Verhalten während der Verhandlung und der persönliche Eindruck von den Prozessbeteiligten in die Würdigung einfließen sollen. Dementsprechend hat das Berufungsgericht die Beweiswürdigung nur daraufhin zu untersuchen, ob die Grenzen der freien Beweiswürdigung eingehalten wurden ( A. Kodek in Rechberger / Klicka 5, § 482 ZPO Rz 6). Die Berufung zeigt nicht auf, warum das hier nicht der Fall sein sollte.
Die Klägerin verweist im Wesentlichen auf die Aussage des Zeugen Mag. M* und der Zeugin RA Mag. P*, die bei ihren Einvernahmen angegeben hätten, dass eine Kontaktaufnahme erfolgt sei. Soweit die Klägerin die Aussage des Zeugen Mag. M* in Treffen führt, sind seine Angaben bei seiner Einvernahme am 9.5.2022 durchaus widersprüchlich. Er gab einerseits an, dass das Haus bis Mitte Juli 2019 immer offen gewesen sei und gab andererseits an, dass das Haus ab dem Vorliegen des Sanierungsvorschlags von J* nicht mehr zugänglich gewesen sei. Nach den Feststellungen des Erstgerichts besichtigte J* die Baustelle am 28.5.2019, wann dieser den Ausführungsvorschlag erstellte, ergibt sich aus der Beilage ./BB jedoch nicht. Das Sanierungskonzept lag aber spätestens am 24.6.2019 vor, beauftragte doch die Klägerin an diesem Tag ein Subunternehmen mit den Sanierungsarbeiten nach den Ausführungsvorschlag von J*. Bis 11.6.2019 konnte die Beklagte die Liegenschaft betreten, stellte sie nach den Feststellungen ihre Arbeiten doch endgültig am 11.6.2019 ein.
Das Erstgericht hat die Angaben des Beklagten und die Gesamtheit der vorliegenden Beweisergebnisse, insbesondere aber auch den Umstand, dass die Klägerin - obwohl der Beklagte durch seine Rechtsanwältin mehrmals die Verbesserung unter Androhung der/des Vertragsauflösung/-rücktritts forderte - kein einziges Mal mitteilte, dass sie zur Verbesserung des Werkes bereit sei, berücksichtigt. Es erscheint doch naheliegend, wenn – wie die Klägerin meint – mehrere Versuche, Verbesserungsarbeiten durchzuführen, scheiterten, weil die Baustelle nicht frei zugänglich war, dass dann die Klägerin ihre Leistungsbereitschaft in irgendeiner geeigneten Weise gegenüber dem Beklagten kundtut.
Auch der behauptete Umstand, dass der Beklagte nicht telefonisch erreichbar gewesen sei, überzeugt dabei nicht, war doch der Beklagte (und auch die Klägerin) zu dieser Zeit bereits anwaltlich vertreten und wäre es ein leichtes gewesen, eine Kontaktaufnahme und Terminvereinbarung oder auch nur die Nachricht zur Leistungsbereitschaft für die Mängelbehebung über diesen Weg kundzutun.
Soweit sich die Klägerin noch auf das Schreiben ./8 und die diesbezüglichen Angaben der Zeugin RA Mag. P* bezieht, lässt sich daraus nichts gewinnen, wird doch dort am 30.7.2019, nachdem auch die letzte gesetzte Nachfrist bereits abgelaufen war, vom Anwalt der Klägerin ohne Datumsangabe oder sonst konkreter Angaben lediglich mitgeteilt, dass dem beauftragten Subunternehmen vom Beklagten der Zutritt zur Baustelle verweigert worden sei. Wenn das Erstgericht der Parteienaussage des Beklagten in einigen Punkten folgt, in anderen jedoch nicht, ist dies auch nicht zu beanstanden, gehört es doch zum Wesen der freien Beweiswürdigung, dass sich das Gericht für eine von mehreren widersprechenden Darstellungen aufgrund seiner Überzeugung, dass diese mehr Glaubwürdigkeit beanspruchen kann, entscheidet (RS0043175). Selbst wenn der Beklagte in anderen Punkten bewusst die Unwahrheit gesagt haben sollte (und es sich nicht ohnehin nur um Versehen handelte) ist das kein zwingendes Gegenargument. Entgegen einer landläufigen Binsenweisheit („Wer einmal lügt,….“) bedeutet nämlich die Tatsache, dass sich die Angaben einer Person in manchen Punkten als unzuverlässig herausstellten nicht zwangsläufig, dass auch alle anderen Angaben dieser Person falsch sind. Vielmehr besagt dieser Erfahrungssatz – bei richtiger Lesart – nur, dass diese Person riskiert, dass ihr auch wahre Angaben nicht mehr geglaubt werden.
Warum aus der Aussage des Beklagten, dass eine Terminvereinbarung nur über seine Anwältin möglich gewesen wäre, der zwingende Schluss zu ziehen sei, dass der Beklagte die Mängelbehebung verweigerte, legt die Berufung nicht nachvollziehbar dar und erschließt sich dies auch nicht. Soweit die Klägerin noch meint, die Aussage des Beklagten, er habe auf jeden Fall gewollt, dass die Klägerin die Arbeiten fertigstelle, sei eine bloße Schutzbehauptung, erschließt sich auch dies nicht. Gerade wenn die Klägerin keinen freien Zutritt zur Baustelle gehabt hätte und der Beklagte – wie die Klägerin meint – nicht erreichbar gewesen sei bzw bereits am 2.7.2019 den Zutritt zur Baustelle verweigert habe, ist es wenig nachvollziehbar, dass die Klägerin erst Ende Juli – nach Ablauf der Nachfrist – mit dem E-Mail ./8 auf diese Vorgänge reagiert. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Klägerin ein Subunternehmen mit der Mängelbehebung beauftragt hat. Dass aufgrund anderer Erwägungen zur Plausibilität der vernommenen Personen andere Feststellungen möglich gewesen wären, reicht nicht hin, eine unrichtige Beweiswürdigung aufzuzeigen.
4. Zu Tatsachenrüge 2:
Die Klägerin begehrt statt der bekämpften Feststellungen die nachstehende Ersatzfeststellung:
„ Es kann nicht festgestellt werden, wen der Beklagte mit der Durchführung der weiteren Arbeiten an der Fassade beauftragte, welche Arbeiten konkret durchgeführt wurden und welcher Aufwand hierfür den Beklagten entstanden ist “.
Die Klägerin stützt sich auch hier wieder darauf, dass das Erstgericht den Angaben des Beklagten nicht in allen Punkten gefolgt ist, woraus die Klägerin den Schluss ziehen will, dass das Erstgericht der gesamten Aussage des Beklagten keinen Glauben schenken hätte dürfen. Das Berufungsgericht ist auf dieses Argument bereits in Punkt 3. ausführlich eingegangen, weshalb auf die obigen Ausführungen verwiesen wird
Dass die vom Beklagten mit der Durchführung beauftragte H* GmbH im Sinne der Bestimmung des Sozialbetrugsbekämpfungsgesetzes mit Bescheid vom 10.6.2021 in die veröffentliche Liste der Scheinunternehmen aufgenommen wurde, spricht nicht zwingend dagegen, dass sie die Arbeiten an der Fassade durchgeführt hat. Schließlich stellt die Klägerin auch nicht in Abrede, dass Verbesserungsarbeiten durchgeführt wurden, wobei sie letztlich in ihren Ausführungen keine Erklärung dafür liefern kann, wie es – ihrer Ansicht nach – zu den in der Beilage ./18 dokumentierten Verbesserungsarbeiten gekommen sein soll.
Hinsichtlich des an die H* GmbH geleisteten Werklohns stützt sich das Erstgericht auf die Urkunden ./25 (Überweisungsbelege des Beklagten) und ./28 (Bestätigung der Bank über die erfolgen unwiderruflichen Überweisungen des Beklagten). Nach den Erwägungen des Erstgerichts (vgl Seite 9 der UA) ging es davon aus, dass der Beklagte zumindest EUR 105.600 für Verbesserungskosten an die H* GmbH geleistet hat. Worauf die Klägerin hinaus will, wenn sie ausführt, dass die Differenz zwischen (vereinbartem und verrechnetem) Werklohn und der tatsächlichen Bezahlung nicht aufgeklärt sei, bleibt offen. Die Klägerin führt zusammengefasst lediglich Mutmaßungen ins Treffen, dass die Arbeiten nicht von der H* GmbH durchgeführt worden seien, Beweisergebnisse die darauf hindeuteten, kann die Klägerin hier aber nicht aufzeigen. Letztlich lässt sich auch aus dem Umstand nichts gewinnen, dass der Beklagte keine gerichtliche Beweissicherung beantragte, beauftragte er doch den Sachverständigen Ing. N* mit einer außergerichtlichen Aufnahme des Zustands der Fassade vor und während der Durchführung der Verbesserungsarbeiten. Die Befundaufnahme ./6 erfolgte am 11.6.2019, also an jenem Tag, an dem die Klägerin ihre Arbeiten an der Baustelle endgültig einstellte, die weiteren Befundaufnahmen zwischen Ende Septemer und März 2020 (vgl ./18).
Die Klägerin führt noch an, dass es auffällig erscheine, dass die vom Beklagten behaupteten Behebungskosten mehr als viermal so hoch gewesen sein sollten wie die von einem Baumeister geschätzten Behebungskosten, der den Zustand noch vor Sanierung selbst begutachten habe können und daher wohl am Besten in der Lage gewesen sei, eine realistische Kostenschätzung vorzunehmen. Falls die Klägerin damit den Ausführungsvorschlag von J* ./DD meinen sollte, ist dem entgegenzuhalten, dass der gerichtliche Sachverständige DI Dr. Q* in seinem Gutachten ausführte, dass Voraussetzung für die in Beilage ./DD ersichtlichen Arbeiten sei, dass es keine Hohlstellen im Unterputz gebe. Der Sachverständige führt weiters aus, dass das nicht jene Sanierung sei, die die H* GmbH durchgeführt habe. Aus der Beilage ./18 ergebe sich, dass auch Unterputzflächen abgestemmt und bearbeitet worden seien.
Die Klägerin moniert noch, dass das Erstgericht die Feststellung zur Angemessenheit der Mängelbehebungskosten allein auf das schlüssige Gutachten des Sachverständigen DI Dr. Q* (ON 45 samt mündliche Erörterung der Verhandlung vom 28.01.2022) gestützt habe, der Gutachter aber auf Seite 8 des Gutachtens ON 45 ausdrücklich festgehalten habe: „ Wenn die zusätzlich abgeschlagenen Putzflächen deshalb abgeschlagen wurden, weil der Putz dort hohl gelegen ist, so sind die unter Position 1 bis 11 beschriebenen Leistungen notwendig“ . Ob der Putz jedoch tatsächlich deswegen abgeschlagen worden sei und die angebotenen Leistungen tatsächlich notwendig gewesen seien, sei aber vom Sachverständigen nicht beantwortet worden, weil der Beklagte die Sanierung bereits vor Erstellung des Gutachtens durchführen lassen und er trotz anwaltlicher Vertretung verabsäumt habe, eine gerichtliche Beweissicherung zu beantragen, weswegen keine objektivierbaren Ergebnisse diesbezüglich vorlägen. Tatsächlich sei daher das Gutachten ON 45 kein ausreichender Beweis für die Angemessenheit der Behebungskosten.
Die Klägerin übersieht hier, dass das Erstgericht die Feststellungen zu den vorhandenen Hohlstellen in der Fassade nicht auf das Gutachten des Sachverständigen DI Dr. Q*, sondern auf die glaubwürdige Aussage des Zeugen Ing. N* stützte. Über Vorhalt der Beilage ./18 gab dieser Zeuge an (vgl AS 375 – AS 377), dass er die Fassade abgegangen sei und festgestellt habe, dass der Putz an mehreren Stellen hohl und locker gewesen sei. Der Zeuge gab weiters an, dass jene Bereiche der Fassade, die - wie in der Fotodokumentation ./18 ersichtlich - abgeschlagen worden seien, jene Bereiche betroffen hätten, wo der Zeuge davon ausgegangen sei, dass sich darunter Hohlstellen befänden. Mit diesem wesentlichen Beweisergebnis setzt sich die Berufung aber gar nicht auseinander.
Zusammengefasst gelingt es der Berufung damit nicht, Zweifel an der Beurteilung der vorliegenden Beweisergebnisse durch das Erstgericht zu wecken. Eine Überschreitung des ihm gemäß § 272 Abs 1 ZPO eingeräumten Beurteilungs- und Ermessensspielraums wird nicht aufgezeigt.
5. Zu Tatsachenrüge 3:
Der Beklagte begehrt in der Berufungsbeantwortung die Ersatzfeststellung:
„ Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Klägerin das Subunternehmen O* GmbH am 24.6.2019 beauftragte. Es konnte nicht festgestellt werden, dass seitens der Klägerin eine Bereitschaft zur Mängelbehebung bestand.“
Soweit der Beklagte die Negativfeststellung im Zusammenhang mit der Bereitschaft der Klägerin zur Mängelbehebung begehrt, steht diese nicht im Widerspruch zur bekämpften Feststellung und ist die Tatsachenrüge damit nicht gesetzmäßig ausgeführt. Um die Tatsachenrüge gesetzmäßig auszuführen, muss die angestrebte Ersatzfeststellung im Widerspruch zur bekämpften Feststellung stehen (RS0043150 [T9]).
Der Beklagte führt ins Treffen, dass allein auf die die Beilage ./CC die bekämpfte Feststellung nicht gegründet werden könne, weil deren Echtheit bei Würdigung aller Umstände, insbesondere der Tatsache, dass kein der Subunternehmerin angehöriger Zeuge beantragt worden sei, nicht mit ausreichender Sicherheit bestätigt werden könne. Dem ist entgegenzuhalten, dass der Beklagtenvertreter in der Streitverhandlung am 9.5.2022 die Richtigkeit der Urkunde nicht bestritt, zur Echtheit gab er keine Erklärung ab. Wenn der Beklagte sich nunmehr auf die mangelnde Echtheit der Urkunde beruft, verstößt er damit gegen das im Berufungsverfahren herrschende Neuerungsverbot. Die begehrte Ersatzfeststellung führt im übrigen zu keinem anderem Ergebnis als die bekämpfte Feststellung, weshalb eine weitere Auseinandersetzung mit der Beweisrüge unterbleiben konnte (vgl RS0042386).
6. Der Beklagte begehrt noch die ergänzende Feststellung, dass er das Gerüst länger belassen habe, für den Fall, dass die Arbeiter der Klägerin doch kämen. In rechtlicher Hinsicht folge daraus, dass der Beklagte die Verbesserungsarbeiten keinesfalls verweigert habe. Da von Seiten der Klägerin keine Rechtsrüge erhoben wurde und das Erstgericht ohnedies nicht von einer solchen Verweigerung ausging, fehlt es dieser Feststellung an rechtlicher Relevanz.
7. Das Berufungsgericht sieht damit keinen Grund, von den vom Erstgericht getroffenen Sachverhaltsfeststellungen abzugehen. Eine Rechtsrüge wurde von der Klägerin nicht erhoben.
Das angefochtene Urteil war daher mit der Maßgabe zu bestätigen, dass es um den bisher unterbliebenen Ausspruch in Punkt 1. des angefochtenen Urteils, dass die Klagsforderung mit einem Teilbetrag von EUR 102.432 nicht zu Recht besteht, zu ergänzen war (vgl 6 Ob 630/93; 6 Ob 144/14s).
8.Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
9.Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil eine Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität nicht zur Beurteilung stand, zumal die Klägerin keine Rechtsrüge erhoben hat und eine im Berufungsverfahren versäumte Rechtsrüge in der Revision nicht mehr nachgetragen werden kann.
III.: Zum Kostenrekurs des Beklagten:
Der Kostenrekurs ist nicht berechtigt .
10.1. Als vorprozessuale Kosten werden einerseits Aufwendungen der Partei verstanden, die zeitlich vor Prozessbeginn anfallen, sie können aber auch während des anhängigen Prozesses als „nebenprozessuale Kosten“ anfallen. Unabhängig davon werden sie vorprozessuale Kosten genannt.
Nicht alle Aufwendungen der Partei vor und neben dem Prozess sind vorprozessuale Kosten. Ein bloßer Selbstinformations- oder Überwachungsaufwand, der ohne konkrete Prozessbezogenheit entsteht, fällt nicht unter den Kostenbegriff. Maßnahmen, die allein oder überwiegend der Vorbereitung eines konkreten Prozesses dienen, sind aber immer vorprozessuale Kosten. Besteht neben der Prozessbezogenheit (darüber hinaus) ein besonderes Interesse an einer Sachverhaltsermittlung, so sind die damit verbundenen Kosten Hauptforderung. Ein solches Interesse besteht etwa an der Feststellung der zunächst unbekannten Schadensursachen und der Möglichkeiten der Schadensbehebung.
Auf Seiten des Beklagten liegen vorprozessuale Kosten dann vor, wenn sein Aufwand nicht nur einer außergerichtlichen Schadens- oder Tatsachenfeststellung dient, sondern auch seine Position in einem ihm bereits konkret angedrohten Rechtsstreit stützen soll ( Obermaier , Kostenhandbuch 4 Rz 1.382) . Ein Gutachten muss sich aber auf den konkreten Rechtsstreit beziehen und gerade wegen des konkreten Prozesses – also prozessbezogen – in Auftrag gegeben worden sein (ansonsten fällt es nicht unter den Begriff der vorprozessualen Kosten). Wo nicht offen- oder aktenkundig, muss auch die Prozessbezogenheit dargelegt und bescheinigt werden; ein Privatgutachten wird nämlich nicht schon durch seine Vorlage im Rechtsstreit „prozessbezogen“ ( Obermaier , aaO Rz 1.420).
10.2. Die Kosten vorprozessualer SV-Gutachten (die bereits unmittelbar der Prozessvorbereitung dienten) sind nur ausnahmsweise - in (vor-)prozessualen Zwangslagen - als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig zuzusprechen, wenn etwa der augenblickliche Zustand einer Sache oder Person die sofortige Begutachtung notwendig macht, wenn auch ein Beweissicherungsverfahren nicht den gewünschten Erfolg bringt oder wenn der Aufwand geeignet ist, die eigentlichen Prozesskosten zu mindern ( Obermaier , aaO 1.418).
10.3. Während des Prozesses ist die Lage anders, es bedarf besonderer Gründe, um die Überprüfung eines bereits vorliegenden gerichtlichen Gutachtens als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig ansehen zu können. Das wäre – dem Erfolgsprinzip folgend – dann der Fall, wenn es gelingt, das gerichtliche Gutachten zumindest in einem erheblichen Teil zu erschüttern oder zu entkräften ( Obermaier , aaO Rz 1.419 mwN).
10.4. Schon ausgehend vom Vorbringen im Kostenrekurs sind die für die Beweissicherung ./6 aufgewendeten Kosten keine vorprozessualen Kosten iS der dargelegten Rechtslage.
Der Beklagte behauptet (und bescheinigt) nämlich gar nicht, dass ihm bereits konkret ein Rechtsstreit von der Klägerin angedroht worden wäre, er bringt nur vor, dass er das Privatgutachten ./6 zur Abwehr von Ansprüchen der Klägerin in Auftrag gegeben habe, da eine Auseinandersetzung bereits absehbar gewesen sei. Hinzu kommt, dass das Erstgericht feststellte, dass der Beklagte Ing. N* mit der Dokumentation von Schäden an der fertiggestellten Fassade beauftragte, gleiches ergibt sich aus der Urkunde ./6. Somit diente die „Beweissicherung“ ./6 einer außergerichtlichen Schadens- oder Tatsachenfeststellung. Wenn so wie hier ein Gutachten nicht in erster Linie einer (späteren) Prozessführung, sondern dazu dient, dem Auftraggeber eine Grundlage zur Ermittlung seiner Ansprüche bzw seiner Rechtsposition zu verschaffen, obwohl noch gar nicht feststeht, ob es zu einem Rechtsstreit überhaupt kommen wird, dann sind die Kosten der Schadensfeststellung vor Beginn des Prozesses mit gesonderter Klage im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen(vgl RS0023583 [T2]; 1 Ob 189/12v; 9 ObA 136/19v).
Hinsichtlich der Kosten für die Erstellung der ./18 ist auszuführen, dass der für das Vorliegen der behaupteten Mängel (allein) beweispflichtige Beklagte das Privatgutachten nicht während des Prozesses zur Kontrolle und Widerlegung des Gutachtens des gerichtlich beauftragten Sachverständigen eingeholt hat, sondern vielmehr vor Einholung des gerichtlichen Gutachtens sozusagen anstelle eines gerichtliches Sachverständigengutachtens. Letztlich scheiterte eine unmittelbare Befundung durch den gerichtlichen Sachverständigen daran, dass die Fassade zwischenzeitlich vom Beklagten saniert worden war.
Nach stRpr kann ein iSd §§ 351 ff ZPO „notwendiges“ Gutachten nicht durch ein Privatgutachten ersetzt werden. Denn Privatgutachten sind nicht mehr als Urkunden, die die Meinung ihres Verfassers wiedergeben, wobei dieser Verfasser nicht den Pflichten eines gerichtlich bestellten Sachverständigen unterliegt. Sie sind daher nach der Rechtsprechung nicht geeignet, in einer Sachverständigenfrage „für sich allein die Entscheidung zu stützen“ (RS0040363; 17 Ob 21/10b). Das Erstgericht stützte die Feststellungen zu den Hohlstellen in der Fassade schließlich auch nur auf die Aussage des Zeugen Ing. N*. Das Privatgutachten war daher gerade bei der geforderten ex ante Betrachtung nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig.
Im übrigen gilt sowohl für die Beweissicherungen ./6 als auch ./18, dass der Beklagte nicht nachvollziehbar dargelegt hat, dass die Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Er führt nämlich keine Umstände ins Treffen, die geeignet sind, nachvollziehbar darzulegen, dass die sofortige Begutachtung der Fassade notwendig gewesen sei, ein Beweissicherungsverfahren nicht den gewünschten Erfolg erbracht hätte oder der Aufwand geeignet gewesen sei, die eigentlichen Prozesskosten zu mindern.
10.5.Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.
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