Rückverweise
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer, die Hofräte Dr. Faber, Dr. Himberger und Dr. Chvosta als Richter sowie die Hofrätin Dr. in Sabetzer als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Landeshauptfrau von Niederösterreich gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 24. Mai 2023, LVwG AV 869/001 2023, betreffend eine Angelegenheit nach dem Eisenbahngesetz 1957 (mitbeteiligte Parteien: 1. Ö AG in W, vertreten durch die Walch/Zehetbauer/Motter Rechtsanwälte OG in 1040 Wien, Prinz Eugen Straße 72; 2. Marktgemeinde W; 3. Land Niederösterreich, vertreten durch Dr. Andrew P. Scheichl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wipplingerstraße 20/8 9), zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
1 Die Erstmitbeteiligte ist ein Eisenbahnunternehmen und Eigentümerin bzw. Betreiberin der Schieneninfrastruktur der Eisenbahnstrecke Bad Fischau Brunn Gutenstein. Diese Eisenbahnstrecke kreuzt bei km 21,828 schienengleich eine Straße mit öffentlichem Verkehr, die jedenfalls links der Bahntrasse im Eigentum der Zweitmitbeteiligten steht. Rechts der Bahntrasse verläuft in einem Abstand von rund vier Metern zur nächstgelegenen Schiene und nahezu parallel zu dieser eine im Eigentum der drittmitbeteiligten Partei stehende Landesstraße.
2 Mit Bescheid des Bundesministers für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft vom 24. Juni 1964, L.A.I/7 3675/1 1964, wurde gegenüber der Rechtsvorgängerin der Erstmitbeteiligten gemäß „§ 49 Abs. 2 des Eisenbahngesetzes vom 13.2.1957, BGBl. Nr. 60 (EG)“ entschieden, dass unter anderem diese Eisenbahnkreuzung wie folgt zu sichern sei: „Sicherung durch Andreaskreuze mit dem Zeichen ‚Achtung Pfeifsignale‘ und Abgabe akustischer Signale vom Schienenfahrzeug aus“.
3 Mit Schreiben vom 9. Mai 2022 beantragte die Zweitmitbeteiligte aufgrund eines schweren Unfalls, der sich auf einer anderen in dieser Gemeinde liegenden Eisenbahnkreuzung ereignete, bei der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde der nunmehrigen Amtsrevisionswerberin , unter anderem die gegenständliche Eisenbahnkreuzung „laut derzeit gültiger Eisenbahnkreuzungsverordnung zu überprüfen und dem Eisenbahnunternehmen geeignete Sicherungsmaßnahmen vorzuschreiben“.
4 Mit im zweiten Rechtsgang ergangenem Bescheid vom 4. Jänner 2023, RU6 E 3051/0012014, sprach die belangte Behörde in einem Verfahren gemäß § 103 Abs. 1 Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 (EisbKrV) auf der Grundlage von § 49 Abs. 2 Eisenbahngesetz 1957 (EisbG) aus, die vorliegende Eisenbahnkreuzung sei „innerhalb von zwei Jahren nach Rechtskraft dieses Bescheides“ gemäß § 4 Abs. 1 Z 4 EisbKrV durch Lichtzeichen mit Schranken zu sichern, wobei der Schranken gemäß § 4 Abs. 2 EisbKrV als Vollschranken mit gleichzeitigem Schließen der Schrankenbäume auszuführen sei. Unter einem wurde gemäß § 81 Abs. 2 EisbKrV angeordnet, dass im Zeitraum der Errichtung der Lichtzeichen mit Schranken bis zu deren Inbetriebnahme die vorstehende Eisenbahnkreuzung durch Abgabe akustischer Signale vom Schienenfahrzeug aus unter gleichzeitiger Herabsetzung der Geschwindigkeit auf der Bahn auf 20 km/h zu sichern sei.
5 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlungder gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde der Erstmitbeteiligten dahingehend Folge, dass der Ausdruck „nach Rechtskraft dieses Bescheides“ durch den Ausdruck „nach Rechtskraft eines die verfahrensgegenständliche Eisenbahnkreuzung betreffenden Bescheides nach § 48 Abs. 1 Z 1 EisbG“ ersetzt wurde. Im Übrigen wies es die Beschwerde als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
6 Begründend führte es im Rahmen der rechtlichen Beurteilung soweit für den Revisionsfall relevantaus, dass die Behörde bei einem Ausspruch nach § 49 Abs. 2 EisbG nicht nur die Art der Sicherung, sondern für die Umsetzung auch eine angemessene Leistungsfrist festzusetzen habe. In diesem Zusammenhang könne nun im vorliegenden Fall nicht übersehen werden, dass alle dem bisherigen Verfahren beigezogenen Sachverständigen übereinstimmend zur Ansicht gelangt seien, dass die Adaptierung der Sicherung der Eisenbahnkreuzung ohne gleichzeitige Umgestaltung der Landesstraße aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht den Vorgaben der EisbKrV bzw. dem EisbG entspräche. Eine solche Umgestaltung wäre jedoch in einem Verfahren nach § 48 Abs. 1 Z 1 EisbG zu verfügen. Lasse sich die erforderliche Umgestaltung nicht bewerkstelligen, wäre allenfalls mit der (Teil-)Auflassung der Eisenbahnkreuzung vorzugehen (§ 48 Abs. 1 Z 2 EisbG). Wenngleich Verfügungen nach § 49 Abs. 2 EisbG auf der einen und § 48 Abs. 1 EisbG auf der anderen Seite solcherart miteinander sachlich unmittelbar zusammenhängen (könnten), handle es sich gleichwohl um verschiedene Verfahren und damit verschiedene „Sachen“. Daraus ergebe sich, dass es dem Verwaltungsgericht im vorliegenden Verfahren verwehrt sei, Verfügungen im Sinne des § 48 Abs. 1 EisbG zu treffen, zumal der angefochtene Bescheid diese nicht zum Gegenstand habe. Der gegenständliche Beginn der Leistungsfrist sei daher an die Rechtskraft eines „Umgestaltungsbescheides“ nach § 48 Abs. 1 Z 1 EisbG zu koppeln gewesen. Für den Fall der Auflassung der Eisenbahnkreuzung „würde konsequenterweise der Lauf der Leistungsfrist nicht ausgelöst und die nunmehrige Entscheidung de facto gegenstandslos“.
7Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision der belangten Behörde, die zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vorbringt, das Verwaltungsgericht „kopple“ den Bescheid gemäß § 49 Abs. 2 EisbG an die Rechtskraft eines „Umgestaltungsbescheides“ nach § 48 Abs. 1 Z 1 EisbG und lege damit aufgrund des konditionalen Charakterseine Bedingung fest. Es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob in Zusammenhang mit einem Ausspruch gemäß § 49 Abs. 2 EisbG „grundsätzlich eine Nebenbestimmung in Form einer Bedingung“ zulässig sei. Dies gelte auch für die Frage, ob die vom Verwaltungsgericht vorgenommene „Koppelung“ des Bescheides gemäß § 49 Abs. 2 EisbG an die Rechtskraft eines „Umgestaltungsbescheides“ nach § 48 Abs. 1 Z 1 EisbG zulässig sei, da das Verwaltungsgericht damit in Kauf nehme, dass im Fall eines abweisenden Bescheides gemäß § 48 Abs. 1 EisbG keine Verpflichtung des Eisenbahnunternehmens zur Sicherung einer Eisenbahnkreuzung entstehe.
8 Nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof erstatteten die erst und die drittmitbeteiligte Partei jeweils Revisionsbeantwortungen. Die Erstmitbeteiligte begehrte die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Revision. Die drittmitbeteiligte Partei ging in ihrer „Stellungnahme“ nicht auf die in der Revision geäußerten Rechtsfragen ein, sondern wandte sich ausschließlich gegen ihre Beteiligung am Verfahren vor dem Verwaltungsgericht „in der Rolle als allfälliger Träger der Straßenbaulast“.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 Die Revision ist aus dem von ihr geltend gemachten Grundder Klärung der Rechtsfrage, ob der Beginn der Ausführungsfrist bei einem „Sicherungsbescheid“ gemäß § 49 Abs. 2 EisbG an die Rechtskraft eines (erst zu erlassenden) „Umgestaltungsbescheides“ nach § 48 Abs. 1 Z 1 EisbG anknüpfen könne zulässig. Sie ist auch begründet.
10Das Eisenbahngesetz 1957 (EisbG), BGBl. Nr. 60/1957, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 231/2021, lautet auszugsweise:
„ 4. Teil
Kreuzungen mit Verkehrswegen, Eisenbahnübergänge
1. Hauptstück
Bauliche Umgestaltung von Verkehrswegen, Auflassung schienengleicher Eisenbahnübergänge Anordnung der baulichen Umgestaltung und der Auflassung
§ 48. (1) Die Behörde hat auf Antrag eines zum Bau und zum Betrieb von Haupt , Neben , Anschluss oder Materialbahnen mit beschränkt-öffentlichem Verkehr berechtigten Eisenbahnunternehmens oder eines Trägers der Straßenbaulast anzuordnen:
1.an einer bestehenden Kreuzung zwischen einer Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahn mit beschränkt-öffentlichem Verkehr einerseits und einer Straße mit öffentlichem Verkehr andererseits die bauliche Umgestaltung der Verkehrswege, wenn dies zur besseren Abwicklung des sich kreuzenden Verkehrs erforderlich und den Verkehrsträgern (Eisenbahnunternehmen und Träger der Straßenbaulast) wirtschaftlich zumutbar ist;
2.die Auflassung eines oder mehrerer in einem Gemeindegebiet gelegener schienengleicher Eisenbahnübergänge zwischen einer Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahn mit beschränkt öffentlichem Verkehr einerseits und einer Straße mit öffentlichem Verkehr andererseits, sofern das verbleibende oder das in diesem Zusammenhang umzugestaltende Wegenetz oder sonstige in diesem Zusammenhang durchzuführende Ersatzmaßnahmen den Verkehrserfordernissen entsprechen und die allenfalls erforderliche Umgestaltung des Wegenetzes oder die Durchführung allfälliger sonstiger Ersatzmaßnahmen den Verkehrsträgern (Eisenbahnunternehmen und Träger der Straßenbaulast) wirtschaftlich zumutbar sind.
Sie kann unter denselben Voraussetzungen eine solche Anordnung auch von Amts wegen treffen. Für die Durchführung der Anordnung ist eine Frist von mindestens zwei Jahren zu setzen.
...
2. Hauptstück
Schienengleiche Eisenbahnübergänge
Sicherung und Verhalten bei Annäherung und Übersetzung
§ 49. (1) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie setzt durch Verordnung fest, in welcher Weise schienengleiche Eisenbahnübergänge nach dem jeweiligen Stand der Technik einerseits und nach den Bedürfnissen des Verkehrs andererseits entsprechend zu sichern sind und inwieweit bestehende Sicherungseinrichtungen an schienengleichen Eisenbahnübergängen weiterbelassen werden dürfen. Die Straßenverwaltungen sind zur kostenlosen Duldung von Sicherheitseinrichtungen und Verkehrszeichen, einschließlich von Geschwindigkeitsbeschränkungstafeln, verpflichtet.
(2) Über die im Einzelfall zur Anwendung kommende Sicherung hat die Behörde nach Maßgabe der örtlichen Verhältnisse und Verkehrserfordernisse zu entscheiden, wobei die Bestimmungen des § 48 Abs. 2 bis 4 mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden sind, dass die Kosten der Sicherungseinrichtungen für Materialbahnen, ausgenommen solche mit beschränkt öffentlichem Verkehr, vom Eisenbahnunternehmen alleine zu tragen sind, sofern nicht eine andere Vereinbarung besteht oder getroffen wird.
(3) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann zwecks möglichster Hintanhaltung von Gefährdungen im Verkehr durch Verordnung Vorschriften über das Verhalten bei Annäherung an schienengleiche Eisenbahnübergänge und bei Übersetzung solcher Übergänge sowie über die Beachtung der den schienengleichen Eisenbahnübergang sichernden Verkehrszeichen erlassen.“
11Die Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 (EisbKrV) lautete in ihrer zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts maßgeblichen Stammfassung, BGBl. II Nr. 216/2012, auszugweise:
„ 2. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
Verpflichtung zur Sicherung
§ 3. Das Eisenbahnunternehmen hat Eisenbahnkreuzungen nach Maßgabe dieser Verordnung unabhängig davon, in welchem Ausmaß das Eisenbahnunternehmen und der Träger der Straßenbaulast die hieraus erwachsenden Kosten zu tragen haben, zu sichern.
§ 4. (1) Die Sicherung einer Eisenbahnkreuzung kann vorgenommen werden durch
1.Gewährleisten des erforderlichen Sichtraumes;
2.Abgabe akustischer Signale vom Schienenfahrzeug aus;
3.Lichtzeichen;
4.Lichtzeichen mit Schranken oder
5.Bewachung.
(2) Lichtzeichen mit Schranken gemäß Abs. 1 Z 4 können als Lichtzeichen mit Halbschranken, als Lichtzeichen mit Vollschranken mit gleichzeitigem Schließen der Schrankenbäume oder als Lichtzeichen mit Vollschranken mit versetztem Schließen der Schrankenbäume ausgeführt werden.
...
Entscheidung über die Art der Sicherung
§ 5. (1) Über die zur Anwendung kommende Sicherung einer Eisenbahnkreuzung hat die Behörde im Einzelfall nach Maßgabe der Zulässigkeit der einzelnen Arten der Sicherung gemäß den §§ 35 bis 39 sowie nach Maßgabe der örtlichen Verhältnisse und Verkehrserfordernisse zu entscheiden. Hierbei ist insbesondere auf die Sicherheit und Ordnung des Eisenbahnbetriebes und Eisenbahnverkehrs einerseits und auf die Leichtigkeit, Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs auf der Straße andererseits Bedacht zu nehmen. Bei der Entscheidung ist auf den festgestellten Zustand und auf die absehbare Entwicklung des Verkehrs auf der Bahn und auf der Straße abzustellen.
(2) Die für die Entscheidung gemäß Abs. 1 erforderlichen Grundlagen sind der Behörde vom jeweiligen Verkehrsträger zur Verfügung zu stellen.“
„11. Abschnitt
Schlussbestimmungen
Übergangsbestimmungen
„...
§ 103. (1) Eisenbahnkreuzungen, die auf der Grundlage einer behördlichen Entscheidung gemäß § 49 Abs. 2 Eisenbahngesetzes 1957 in Verbindung mit den Bestimmungen des § 4 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961 durch Andreaskreuze und Gewährleisten des erforderlichen Sichtraumes oder des § 6 Eisenbahn Kreuzungsverordnung 1961 durch Andreaskreuze und Abgabe akustischer Signale vom Schienenfahrzeug aus gesichert sind, sind innerhalb von 12 Jahren ab Inkrafttreten dieser Verordnung von der Behörde gemäß § 49 Abs. 2 Eisenbahngesetzes 1957 zu überprüfen. Diese hat über die erforderliche Art der Sicherung gemäß dieser Verordnung unter Festsetzung einer angemessenen Ausführungsfrist, die spätestens 17 Jahre ab Inkrafttreten dieser Verordnung endet, zu entscheiden.
...“
„ Inkrafttreten, Außerkrafttreten
§ 106. (1) Diese Verordnung tritt an dem der Kundmachung dieser Verordnung folgenden dritten Monatsersten in Kraft.
...“
12Zunächst ist festzuhalten, dass die angeordnete Art der Sicherung der Eisenbahnkreuzung im Revisionsverfahren nicht strittig ist. Unterschiedliche Auffassungen bestehen nur hinsichtlich der von der Amtsrevision angesprochenen Frage, ob die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Änderung der Ausführungsfrist (von innerhalb von zwei Jahren „nach Rechtskraft dieses Bescheides“ zu „nach Rechtskraft eines die verfahrensgegenständliche Eisenbahnkreuzung betreffenden Bescheides nach § 48 Abs. 1 Z 1 EisbG“) rechtmäßig war.
13Dagegen führt die Amtsrevision in der Sache zusammengefasst ins Treffen, dass zum „Hauptinhalt des Bescheides“ Nebenbestimmungen, wie Auflagen, Bedingungen, Befristungen und Widerrufsvorbehalte, hinzutreten und diesen ergänzen könnten. Im Unterschied zur Befristung, die an ein zukünftiges gewisses Ereignis anknüpfe, werde bei einer Nebenbestimmung in Form einer Bedingung der Eintritt der Rechtswirkungen von einem ungewissen künftigen Ereignis abhängig gemacht. Dass es sich bei der im vorliegenden Fall vorgeschriebenen „Koppelung“ um eine Bedingung im Rechtssinn handle, gehe aus der gewählten Formulierung und deren Zweck hervor. Der konditionale Charakter könne deutlich dem Willen des Verwaltungsgerichts entnommen werden, wonach die Verpflichtung zur Sicherung der gegenständlichen Eisenbahnkreuzung nur dann entstehen solle, wenn ein (positiver) Bescheid gemäß § 48 Abs. 1 Z 1 EisbG vorliege. Dabei handle es sichim Unterschied zu dem von der belangten Behörde gewählten Anknüpfen an die Rechtskraft des Bescheides gemäß § 49 Abs. 2 EisbGum ein ungewisses Ereignis, da nicht von vornherein feststehe, dass die Kriterien des § 48 Abs. 1 Z 1 EisbG zutreffen würden. Im Fall eines abweisenden Bescheides gemäß § 48 EisbG würde das bedeuten, dass der „Sicherungsbescheid“ keine Rechtswirkungen entfalte und somit keine Verpflichtung des Eisenbahnunternehmens zur Sicherung einer Eisenbahnkreuzung entstehe, was insbesondere § 3 EisbKrV eindeutig zuwiderlaufe.
14 Dieses Vorbringen erweist sich im Ergebnis als zutreffend:
15 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dasswährend § 48 EisbG die bauliche Umgestaltung bzw. Auflassung bestehender Eisenbahnkreuzungen und die Aufteilung der diesbezüglichen Kosten auf die beteiligten Verkehrsträger normiertnach § 49 Abs. 2 EisbG (die Abs. 1 und 3 beinhalten Verordnungsermächtigungen an den für Verkehr zuständigen Bundesminister) die Behörde „über die im Einzelfall zur Anwendung kommende Sicherung“ zu entscheiden hat. Bei dieser Entscheidung sind die Bestimmungen des § 48 Abs. 2 bis 4 EisbG mit einer näher genannten Maßgabe für bestimme Materialbahnen „sinngemäß anzuwenden“, sofern nicht eine andere Vereinbarung besteht oder getroffen wird. Von der sinngemäßen Anwendung erfasst sind somit nur die Abs. 2 bis 4 des § 48 EisbG, also die Bestimmungen über die Kostentragung, nicht aber der Abs. 1, der den Umfang baulicher Maßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung bzw. Auflassung von Eisenbahnkreuzungen regelt (vgl. VwGH 18.4.2023, Ra 2022/03/0283). Ebenso wenig erstreckt sich die sinngemäße Anwendung damit auch auf die in § 48 Abs. 1 letzter Satz EisbG geregelte Fristbestimmung (in diesem Sinne bereits VwGH 24.5.2016, Ra 2016/03/0033).
16Ausgehend davon handelt es sich bei der Entscheidung über die bauliche Umgestaltung bzw. Auflassung schienengleicher Eisenbahnübergänge nach § 48 Abs. 1 EisbG und der Entscheidung über deren Sicherung gemäß § 49 Abs. 2 EisbG um zwei verschiedene (seit der Novelle BGBl. I Nr. 125/2006 zudem in unterschiedlichen Hauptstücken des EisbG geregelte) Verfahren, denen jeweils andere Voraussetzungen zugrunde liegen, mag auch in bestimmten Fallkonstellationen wie hier ein sachlicher Zusammenhang bestehen.
17 Der Revisionsfall betrifft die Sicherung der Eisenbahnkreuzung bei km 21,828 der in Rede stehenden Eisenbahnstrecke. Zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Sicherungsentscheidung sind sohin ausschließlichdie Vorgaben des § 49 Abs. 2 EisbG in Verbindung mit der (aufgrund von § 49 Abs. 1 und 3 EisbG erlassenen) EisbKrV maßgeblich.
18Die Entscheidung über die im Einzelfall zur Anwendung kommende Sicherung ist von der Behörde nach Maßgabe der in § 5 Abs. 1 EisbKrV genannten Parameter (im Wesentlichen: örtliche Verhältnisse und Verkehrserfordernisse unter Berücksichtigung von Sicherheit und Ordnung des Eisenbahnbetriebs undverkehrs einerseits und der Leichtigkeit, Flüssigkeit und Sicherheit des Straßenverkehrs andererseits) zu treffen. Ausdrückliche Bestimmungen über die dabei festzusetzenden Fristen enthält die EisbKrV nur insoweit, als in den Übergangsbestimmungen der §§ 102 bis 104 (im Wesentlichen in Abhängigkeit von der Art der bestehenden Sicherung) nicht nur Fristen für die Durchführung der Prüfung, ob bestehende Sicherungen beibehalten werden können oder geändert werden müssen, festgelegt werden, sondern auch ein ab Inkrafttreten der Verordnung zu rechnenderMaximalzeitraum für die Frist zur Ausführung der gegebenenfalls aufgetragenen Änderungsmaßnahmen (vgl. VwGH 24.5.2016, Ra 2016/03/0033).
19Zur Überprüfungsverpflichtung nach § 102 Abs. 1 EisbKrV hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass der Spruch der auf Basis der Überprüfung ergehenden verwaltungsbehördlichen Entscheidung jedenfalls aus folgenden Spruchteilen zu bestehen hat: Im ersten Spruchteil ist anzuordnen, welche Sicherung die in Rede stehende Eisenbahnkreuzung nach den Vorschriften der EisbKrV aufzuweisen hat. Im zweiten Spruchteil ist für den Fall, dass die bestehende Anlage nicht beibehalten werden kanneine angemessene Ausführungsfrist für die notwendigen Änderungen festzusetzen, die spätestens 17 Jahre ab Inkrafttreten der EisbKrV endet (in diesem Sinne VwGH 5.9.2018, Ro 2018/03/0017).
20 Gemäß dem im Revisionsfall relevanten§ 103 Abs. 1 EisbKrV (in der oben zitierten Stammfassung) sind Eisenbahnkreuzungen, die auf der Grundlage einer behördlichen Entscheidung gemäß § 49 Abs. 2 EisbG in Verbindung mit den Bestimmungen des § 4 EisbKrV 1961 durch Andreaskreuze und Gewährleisten des erforderlichen Sichtraumes oder wie hierdes § 6 EisbKrV 1961 durch Andreaskreuze und Abgabe akustischer Signale vom Schienenfahrzeug aus gesichert sind, innerhalb von 12 Jahren ab Inkrafttreten dieser Verordnung von der Behörde gemäß § 49 Abs. 2 EisbG zu überprüfen. Diese hat über die erforderliche Art der Sicherung gemäß dieser Verordnung unter Festsetzung einer angemessenen Ausführungsfrist, die spätestens 17 Jahre ab Inkrafttreten dieser Verordnung endet, zu entscheiden.
21Die am 26. Juni 2012 kundgemachte EisbKrV trat gemäß § 106 Abs. 1 EisbKrV am 1. September 2012 in Kraft. Die gemäß § 103 Abs. 1 EisbKrV angemessene Ausführungsfrist muss damit spätestens am 1. September 2029 enden.
22Vor diesem Hintergrund war von der belangten Behörde bzw. vom Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall auch § 59 Abs. 2 AVG anzuwenden, wonach dann, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines bestimmten Zustandes ausgesprochen wird, im Spruch der Entscheidung auch eine angemessene spätestens am 1. September 2029 endendeFrist zur Ausführung zu bestimmen ist (siehe zu einer vergleichbaren Konstellation erneut VwGH 24.5.2016, Ra 2016/03/0033, mwN).
23Das Verwaltungsgericht verknüpft im vorliegenden Sicherungsverfahren gemäß § 49 Abs. 2 EisbG nun allerdings den Beginn der von der Erstmitbeteiligten einzuhaltenden Ausführungsfrist hinsichtlich der Sicherung der verfahrensgegenständlichen Eisenbahnkreuzung mit der rechtskräftigen Entscheidung in einem (davon verschiedenen) erst amtswegig oder auf Antrag z.B. der Erstmitbeteiligten einzuleitendenVerfahren betreffend diese Eisenbahnkreuzung nach § 48 Abs. 1 Z 1 EisbG, da „alle dem bisherigen Verfahren beigezogenen Sachverständigen übereinstimmend zur Ansicht gelangten, dass die Adaptierung der Sicherung der Eisenbahnkreuzung ohne gleichzeitige Umgestaltung der [Landesstraße] aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht den Vorgaben der EisbKrV bzw. dem EisbG entsprechen würde“.
24 Zutreffend verweist die Amtsrevision auf den konditionalen Charakter dieser Anordnung: Der Verwaltungsgerichtshof hat betreffend die Erteilung einer Baubewilligung bereits ausgesprochen, dass eine aufschiebende Bedingung vorliegt, wenn das Wirksamwerden der Bewilligung vom ungewissen Eintritt eines künftigen Ereignisses abhängig ist (vgl. VwGH 30.9.2015, 2012/06/0227, mwN).
25 Die vorliegende aufschiebende Bedingungwonach erst nach Erfüllung der Bedingung (hier: nach Rechtskraft eines die verfahrensgegenständliche Eisenbahnkreuzung betreffenden Bescheides nach § 48 Abs. 1 Z 1 EisbG) eine Anpassung der Sicherung vorzunehmen wäreist jedoch mit dem gesetzlichen Ziel, Eisenbahnkreuzungen nach dem jeweiligen Stand der Technik und nach den Bedürfnissen des Verkehrs entsprechend zu sichern (§ 49 Abs. 1 EisbG in Verbindung mit der EisbKrV), nicht vereinbar (vgl. zu diesem Ziel im Zusammenhang mit einer aufschiebenden Bedingung wenn auch in einem anderen Kontextbereits VwGH 24.9.2020, Ro 2019/03/0028).
26 Weder berücksichtigt das Verwaltungsgericht damit nämlich den im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses ungewissen Ausgang eines nach der Aktenlage noch gar nicht eingeleitetenVerfahrens nach § 48 Abs. 1 Z 1 EisbG, noch wäre durch diese Bedingung die Wahrung des sich aus § 103 Abs. 1 EisbKrV ergebenden spätest möglichen Endes einer Ausführungsfrist sichergestellt. Es setzt sich insoweit aber auch über die gemäß den Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses „aus eisenbahnfachlicher Sicht“ als angemessen erachtete Ausführungsfrist von zwei Jahren hinweg, ohne sein Abweichen von dieser bezogen auf das vorliegende Verfahren getroffenen gutachterlichen Äußerung zu begründen.
27Im Ergebnis bestätigte das Verwaltungsgericht zwar die von der revisionswerbenden Behörde angeordnete Sicherungsart, legte seiner Entscheidung aber erkennbar zugrunde, dass eine derartige Sicherung nur dann den Anforderungen der EisbKrV und des EisbG gerecht werde, wenn zusätzlich auch eineim Verfahren nach § 49 EisbG nicht anordenbareUmgestaltung der Landesstraße (durch Errichtung eines Linksabbiegestreifens sowie eines Fluchtstreifens für ausfahrende Fahrzeuge) erfolge. Die vor diesem Hintergrund vorgenommene Anknüpfung der Ausführungsfrist für die angeordnete Sicherung an die Rechtskraft eines Bescheides über die Umgestaltung der Eisenbahnkreuzung nach § 48 Abs. 1 Z 1 EisbG zielt daher erkennbar darauf ab, dass in einem nach § 48 Abs. 1 Z 1 EisbG zu führenden Verfahren die vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis als für „die Gewährleistung eines sicheren Eisenbahnbetriebes und verkehrs und im Sinne der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des (Straßen )Verkehrs“ als erforderlich erachteten Umgestaltungsmaßnahmen angeordnet werden.
28Diese Anknüpfung übersieht nicht nur, dass nach der Aktenlage ein Verfahren nach § 48 Abs. 1 Z 1 EisbG (noch) nicht anhängig ist und wie oben dargelegtschon aus diesem Grund ungewiss ist, ob eine derartige Umgestaltungsanordnung tatsächlich erlassen wird. Sie berücksichtigt auch nicht, dass über die Sicherung einer Eisenbahnkreuzung gemäß § 5 Abs. 1 EisbKrV u.a. „nach Maßgabe der örtlichen Verhältnisse und Verkehrserfordernisse“ zu entscheiden ist. Dies setzt voraus, dass die tatsächlich bestehenden örtlichen Verhältnisse (sowie bereits absehbare Veränderungen dieser Verhältnisse, vgl. dazu VwGH 23.10.2019, Ra 2019/03/0058) in den Blick zu nehmen sind, nicht aber eine noch ungewisse also noch nicht konkret absehbareallfällige Umgestaltung der Eisenbahnkreuzung selbst oder der in ihrem Nahebereich gelegenen Verkehrswege. Solange daher eine Umgestaltungsanordnung nach § 48 Abs. 1 EisbG für die konkrete Eisenbahnkreuzung nicht vorliegt, hat das Verwaltungsgericht bei der Entscheidung über die Art der Sicherung von den tatsächlichen und konkret absehbaren Verhältnissen ohne derartige Umgestaltung auszugehen und die Sicherungsentscheidung danach auszurichten.
29Indem das Verwaltungsgericht den Beginn der angemessenen Frist zur Ausführung betreffend die aufgetragene Art der Sicherung der vorliegenden Eisenbahnkreuzung innerhalb von zwei Jahren „nach Rechtskraft [des] Bescheides [der belangten Behörde]“ zu „nach Rechtskraft eines die verfahrensgegenständliche Eisenbahnkreuzung betreffenden Bescheides nach § 48 Abs. 1 Z 1 EisbG“ abänderte und damit das Wirksamwerden der Sicherungsanordnung von dem im Zeitpunkt seiner Entscheidung ungewissen Ausgang eines Verfahrens nach § 48 Abs. 1 EisbG abhängig machte, hat es sein Erkenntnis sohin mit Rechtswidrigkeit belastet.
30Soweit die drittmitbeteiligte Partei sich in ihrer Stellungnahme zur Amtsrevision gegen ihre Beteiligung am Verfahren vor dem Verwaltungsgericht „in der Rolle als allfälliger Träger der Straßenbaulast“ wandte, genügt der Hinweis, dass es sich bei der Entscheidung gemäß § 49 Abs. 2 EisbG nach den gesetzlichen Vorgabenum eine solche über die Ausgestaltung der Art und Weise der Sicherung und damit deren inhaltlich gestaltende Festlegung im Einzelfall handelt. Damit wird jedoch weder normativ festgelegt, wer die beteiligten Verkehrsträger sind, noch, wer in welchem Umfang zur Kostentragung herangezogen werden kann (in diesem Sinne VwGH 8.2.2021, Ro 2020/03/0044).
31Das angefochtene Erkenntnis war daher aus den genannten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Wien, am 3. September 2024