Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterin Mag. Hemetsberger als Vorsitzende und die Richterin Dr. Ganglberger-Roitinger sowie den Richter Mag. Grosser in der Strafsache gegen A*wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 28. Mai 2025, GZ Hv*-72, nach der in Anwesenheit des Oberstaatsanwalts Mag. Zentner, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Gabl durchgeführten Berufungsverhandlung am 20. November 2025 zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der ** geborene A* je eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (zu I./) sowie nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (zu II./) schuldig erkannt und dafür zu einer Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren verurteilt. Außerdem wurde (soweit hier relevant) gemäß § 20 Abs 3 StGB ein Betrag von EUR 60.000,00 für verfallen erklärt.
Inhaltlich des Schuldspruchs hat er seit Ende 2022 bis zu seiner Festnahme am 12. Dezember 2024 in **, **, ** und andernorts vorschriftswidrig 1.096 g Kokain mit einem Reinheitsgehalt von 50 % Cocain und damit Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge
Dagegen richtet sich – nach Zurückweisung seiner Nichtigkeitsbeschwerde durch den Obersten Gerichtshof mit Beschluss vom 7. Oktober 2025 (GZ 11 Os 104/25s-5) – die Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe und die Kassation des Verfallserkenntnisses anstrebt.
Sie ist nicht berechtigt.
Das Erstgericht wertete bei der Strafbemessung die bisherige Unbescholtenheit des Angeklagten und seine teilweise geständige Verantwortung als mildernd, als erschwerend dagegen das Zusammentreffen strafbarer Handlungen und den langen Tatzeitraum. Im Rahmen des § 32 Abs 2 StGB zog es den rein auf Gewinn ausgerichteten Handel mit erheblichen (das strafsatzbegründende 25-fache der Grenzmenge um neun Grenzmengen übersteigenden [vgl Riffelin WK-StGB² § 32 Rz 77; RIS-Justiz RS0106648]) Suchtgiftmengen unter Ausnützung der Abhängigkeit seiner Abnehmer ins Kalkül.
Damit hat es die Strafzumessungsgründe – mit der Ergänzung, dass im Rahmen des § 33 Abs 1 Z 1 StGB auch die Vielzahl an Tathandlungen zu berücksichtigen ist (vgl RIS-Justiz RS0096654) – entgegen dem Berufungsvorbringen richtig und vollständig erfasst.
Der hier mit dem Schlagwort „bisherige Unbescholtenheit“ umschriebene § 34 Abs 1 Z 2 StGB setzt nämlich zusätzlich zu dem bisherigen ordentlichen Lebenswandel voraus, dass die Tat mit dem sonstigen (Vortat-)Verhalten in auffallendem Widerspruch steht (RIS-Justiz RS0091471, RS0091464; vgl auch Riffel aaO § 33 Rz 6; Tipold in Leukauf/Steininger, StGB 5 § 34 Rz 7), weshalb (erst) beide Elemente zusammengenommen diesen (einzigen) Milderungsgrund darstellen.
Außerdem wurden im Urteil jeweils mehrere bei einheitlicher Tatsituation und gleicher Motivationslage gesetzte Ein- und Ausfuhrhandlungen einerseits sowie Suchtgiftweitergaben andererseits zu (nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG sowie nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG) tatbestandlichen Handlungseinheiten (zum Begriff grundlegend: RIS-Justiz RS0122006) zusammengefasst (US 4 und 11). Solcherart werden durch zwei Taten im materiellen Sinn zwei strafbare Handlungen begründet (vgl RIS-Justiz RS0113820 [T10]), die zueinander gerade nicht im Verhältnis bloß scheinbarer Konkurrenz (dazu Ratz in WK-StGB² Vor §§ 28-31 Rz 26 ff)stehen und demnach als zwei Verbrechen in echter Realkonkurrenz zusammentreffen (RIS-Justiz RS0118871; Matzka/Zeder/Rüdisser, SMG³ § 27 Rz 62/1; Hinterhofer/Tomasits in Hinterhofer, SMG² § 28a Rz 97; Stempkowski in Leukauf/Steininger,Strafrechtliche Nebengesetze³ § 28a SMG Rz 48; Schwaighoferin WK-StGB² § 28a SMG Rz 55). Weshalb dieses Zusammentreffen entgegen § 33 Abs 1 Z 1 StGB nicht erschwerend zu werten sein sollte, bleibt unklar. Ganz im Gegenteil liegt es auf der Hand, dass jemand, der Suchtgift nicht nur anderen überlassen, sondern es zuvor bereits selbst für den heimischen Markt überhaupt erst verfügbar gemacht hat, entsprechend strenger zu bestrafen ist.
Das mit Gewinnerzielungsabsicht (RIS-Justiz RS0088292) über einen längeren Zeitraum wiederholte Handeln (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB) des Berufungswerbers hat hier – wie bereits vom Obersten Gerichtshof klargestellt (ON 84.1 [Rz 9]) – gerade keinen Einfluss auf die rechtliche Unterstellung, weshalb diese gewichtigen schulderhöhenden Elemente durchaus und ohne Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) bei der Ausmessung der Strafe berücksichtigt werden können (und müssen). Übrigens wäre sogar bei (rechtlicher) Annahme von Gewerbsmäßigkeit die erschwerende Wertung einer (mehrfachen) Tatwiederholung keineswegs grundsätzlich ausgeschlossen (vgl RIS-Justiz RS0091375; Riffel aaO § 32 Rz 5).
Die von der Berufung ins Treffen geführte teilweise Schuldeinsicht wurde – als teilweise geständige Verantwortung (§ 34 Abs 1 Z 17 erster Fall StGB) – ohnehin im Urteil berücksichtigt. Freilich kommt ihr ob des äußerst eingeschränkten Umfangs (Zugeständnis [allein] der Weitergabe von 150 g Kokain mit einem Reinsubstanzgehalt von 50 % [vgl ON 71, 3], was 5 Grenzmengen und damit nur einem Bruchteil des tatsächlich verwirklichten Unrechts entspricht) nur geringe Bedeutung zu.
Mit der erstmaligen Hafterfahrung und dem nachhaltigen Eindruck der justiziellen Intervention spricht der Berufungswerber spezialpräventiv wirksame Umstände an (vgl § 32 Abs 2 StGB), die zwar grundsätzlich auch bei der Strafbemessung im engeren Sinn zu berücksichtigen sind ( RiffelaaO § 32 Rz 23), dabei aber nicht zur Verhängung einer das schuldangemessene Maß unterschreitenden (wiewohl auch nicht überschreitenden) Sanktion führen dürfen (RIS-Justiz RS0090592, RS0090600). Die weiters angeführten geordneten Verhältnisse (Beschäftigung, Wohnsitz) haben ihn schon in der Vergangenheit gerade nicht von massiver Suchtgiftkriminalität abhalten können. Aus ihnen ist für den Berufungswerber daher nichts zu gewinnen (vgl OLG Linz 7 Bs 14/25w).
Soweit er schließlich einen Vergleich mit der über seinen Suchtgiftabnehmer B* C* verhängten Strafe anstellt, verkennt er zum einen, dass die Strafbemessung auf Basis der Einzeltatschuld und des konkret verwirklichten Tatunrechts vorzunehmen ist (RIS-Justiz RS0090678, RS0090917; Michel-Kwapinski/Oshidari, StGB 15 § 32 Rz 2; Riffel aaO § 32 Rz 12; Tipold in Leukauf/Steininger, StGB 5 § 32 Rz 7), und übergeht er zum anderen geflissentlich, dass der selbst an Suchtmittel gewöhnte (dazu Matzka/Zeder/Rüdisser aaO § 27 Rz 109) C* im Rahmen seiner Hauptverhandlung uneingeschränkt ein reumütiges Geständnis abgelegt (ON 69, 4) und in beiden Tatbestandsvarianten des Suchtgifthandels geringere Mengen zu verantworten hat (vgl ON 70).
Alles in allem bleibt es daher bei den bereits vom Erstgericht herangezogenen Strafzumessungsgründen. Und insbesondere unter Berücksichtigung der zutreffenden Erwägungen der Erstrichter zum hohen Handlungs- und Gesinnungsunwert (US 11) ist die – an ein Drittel des möglichen Höchstmaßes nicht ganz heranreichende – Freiheitsstrafe nicht reduktionsbedürftig.
Was den ebenfalls angefochtenen Verfallsausspruch anbelangt, genügt der Hinweis darauf, dass seit Inkrafttreten des strafrechtlichen Kompetenzpakets (BGBl I 108/2010) mit 1. Jänner 2011 das die Abschöpfung der Bereicherung nach altem Recht beherrschende Nettoprinzip durch das Bruttoprinzip abgelöst wurde (vgl die ErläutRV 918 BlgNR 24. GP 7; Stricker in Leukauf/Steininger, StGB 5§ 20 Rz 4). Demnach sind Vermögenswerte, die für die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung oder durch sie erlangt wurden (oder ein diesen entsprechender Geldbetrag), für verfallen zu erklären, ohne dass es einer Berücksichtigung der im Vorfeld getätigten Aufwendungen bedarf (RIS-Justiz RS0133117). Damit erübrigt sich auch deren – von der Berufung eingeforderte – Feststellung im Urteil.
Nach den – vom Rechtsmittel nicht in Frage gestellten und anhand der angenommenen Verkaufspreise (US 2) nachvollziehbaren (zur Reichweite der Bindung des Berufungsgerichts: Ratz in WK-StPO § 295 Rz 15)– Konstatierungen der Tatrichter sind dem Berufungswerber (vgl RIS-Justiz RS0129964) durch seinen Suchtgifthandel EUR 60.000,00 weit übersteigende Einnahmen zugeflossen (US 4), die danach in seiner (ausschließlichen) faktischen und wirtschaftlichen Verfügungsmacht standen und über die er (allein) wirtschaftlich disponieren hat können (vgl zum Erlangen im Sinne von § 20 StGB: RIS-Justiz RS0134603, RS0132346). Auf dieser Grundlage entspricht der Verfallsausspruch der Sach- und Rechtslage.
Dem Rechtsmittel ist damit insgesamt ein Erfolg zu versagen, was die in § 390a Abs 1 StPO angeführten Kostenfolgen nach sich zieht.
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