Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterin Mag. Hemetsberger als Vorsitzende, die Richterin Dr. Ganglberger-Roitinger und den Richter Mag. Grosser in der Strafsache gegen A*wegen der Vergehen der Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 15 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Berufung der Staatsanwaltschaft wegen Nichtigkeit und Schuld gegen das Urteil der Einzelrichterin des Landesgerichts Salzburg vom 27. Mai 2025, GZ Hv*-34, nach der in Anwesenheit des Ersten Oberstaatsanwalts Mag. Neher als Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts, des Angeklagten und seiner Verteidigerin Mag. Schranz durchgeführten Berufungsverhandlung am 11. September 2025 zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der ** geborene A* von der wider ihn mit Strafantrag der Staatsanwaltschaft Salzburg vom 7. April 2025 erhobenen Anklage (ON 8), er habe zu nachangeführten Zeiten in ** B* C*
A./ mit Gewalt und durch gefährliche Drohung mit einer Körperverletzung zu Handlungen, nämlich zur Bezahlung seiner bei ihm bestehenden Schulden (kein unrechtmäßiger Bereicherungsvorsatz vorliegend) genötigt, und zwar
1./ zu einem unbekannten Zeitpunkt Anfang Jänner 2025 im Bereich der **, indem er ihm gegenüber sinngemäß angab, „Wenn du mir nicht bald Geld gibst, dann hau ich dir aufs Maul!“, wobei die Tat beim Versuch geblieben sei;
2./ am 3. Jänner 2025, indem er ihm einen Schlag ins Gesicht versetzte, zu vier Überweisungen (ein Mal EUR 100,00 und drei Mal EUR 200,00) genötigt;
3./ am 3. April 2025, indem er ihm zumindest zwei Mal ins Gesicht schlug und ihn aufforderte, EUR 900,00 an Schulden aus dem bei ihm getätigten Kauf einer Schreckschusspistole zu bezahlen, wobei er ihn sodann aus einem PKW in einen Wald zerrte, dort zu Boden riss und ihm neuerlich ins Gesicht schlug, wobei er sodann einen Stein in die Hand nahm und bedrohlich auf C* richtete und ihm gegenüber angab, „Ich will dein ganzes Geld“ (gemeint: EUR 900,00 aus dem Kauf der Schreckschusspistole) du Hurensohn. Wenn ich will, dann kommst du nicht nach Hause!“, wobei er das Opfer sodann zwang, sich bis auf die Unterhose auszuziehen, wobei die Tat beim Versuch geblieben sei;
B./ durch die zu Faktum A./3./ angeführten Tätlichkeiten versucht, B* C* eine Körperverletzung zuzufügen,
gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Ausschließlich gegen den Freispruch zu Faktum A./1./ richtet sich die Berufung der Staatsanwaltschaft wegen Nichtigkeit (gestützt auf § 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall StPO) und Schuld, mit der sie einen Schuldspruch des Angeklagten und die Verhängung einer tat- und schuldangemessenen Strafe, in eventu die Aufhebung des Urteils im angefochtenen Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung durch das Erstgericht begehrt (ON 35).
Der Angeklagte beantragte in seiner dazu erstatteten Gegenausführung, dem Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft keine Folge zu geben (ON 36).
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Nach den für das Berufungsverfahren relevanten Feststellungen des Erstgerichts (US 3) konnte nicht festgestellt werden, dass der Angeklagte Anfang Jänner 2025 im Bereich der ** sinngemäß zum Zeugen C* geäußert hat: „Wenn du mir nicht bald Geld gibst, dann hau ich dir aufs Maul!“
Beweiswürdigend führte das Erstgericht dazu im Wesentlichen aus, dass mit Blick auf die nicht geständige Verantwortung des Angeklagten, die zahlreichen Widersprüche in den Angaben des Zeugen C* sowie seinen Widersprüchen auch zur Zeugin D* und dem insgesamt nicht glaubwürdigen Eindruck des Zeugen C* keine positive Feststellung mit der im Strafverfahren erforderlichen Sicherheit getroffen werden habe können (US 5).
Das Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) reklamierende Berufungsvorbringen, das Erstgericht habe bei der Urteilsbegründung die den Angeklagten konzise belastenden Angaben der Zeugin E* D* mit Stillschweigen übergangen und nicht gewürdigt, übergeht die entsprechenden Erwägungen des Erstgerichts (US 5) und verfehlt damit den Anfechtungsrahmen geltend gemachter Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0119370; RS0116504).
Mit den in der Schuldberufung vorgetragenen Argumenten gelingt es der Berufungswerberin nicht, erhebliche Bedenken an der erstrichterlichen Beweiswürdigung aufzuzeigen. Das Erstgericht hat seine Konstatierungen schlüssig und nachvollziehbar begründet, ohne wesentliche Beweisergebnisse zu übergehen. Dass auch andere Schlussfolgerungen möglich wären, ist ein Ausfluss freier Beweiswürdigung.
Im Rahmen der freien Beweiswürdigung prüft das Gericht die im Verfahren vorgekommenen Beweismittel in Ansehung ihrer Glaubwürdigkeit (ob dasjenige, das durch ein Beweismittel zutage gefördert werden sollte, auch wirklich dadurch bewiesen wurde) und Beweiskraft (ob der durch das Beweismittel als bewiesen anzunehmende Umstand auch geeignet ist, die Tatsache, die er bestätigen soll, für wahr halten zu können) und kommt aufgrund des Ergebnisses dieses Vorgangs zur Überzeugung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen entscheidender Tatsachen, die es im Urteil feststellt. Die Beweismittel sind dabei nicht nur einzeln, sondern in ihrer Gesamtheit, auch in ihrem inneren Zusammenhang zu prüfen (RIS-Justiz RS0098314). Ihre Bewertung hat unter Beachtung der Gesetze folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungswissens zu erfolgen. Nicht nur logisch zwingende, sondern auch Wahrscheinlichkeitsschlüsse berechtigen das Gericht zu Tatsachenfeststellungen (RIS-Justiz RS0098362; Lendlin WK-StPO § 258 Rz 25 f). Auch die Frage der Glaubwürdigkeit von Angeklagten und Zeugen sowie der Beweiskraft ihrer Aussage ist der freien richterlichen Beweiswürdigung vorbehalten, wobei das Gericht nur zu einer gedrängten Darlegung seiner Gründe, nicht jedoch dazu verhalten ist, jedes Verfahrensergebnis im Einzelnen zu analysieren (RIS-Justiz RS0104976).
In Ansehung dieser Prämissen bestehen keine Zweifel an der Beweiswürdigung des Erstgerichts, das sich sowohl vom Angeklagten als auch von den Zeugen B* C* und E* D* einen persönlichen Eindruck verschaffen konnte. Während der Zeuge B* C* insgesamt keinen glaubwürdigen Eindruck hinterließ hat sichtlich auch nicht der von der Zeugin E* D* gewonnene überzeugt. Dieser persönliche Eindruck der erkennenden Richterin, der bei der Würdigung der Angaben von Personen, die das Gericht selbst vernommen hat, häufig besonders bedeutsam ist (vgl RIS-Justiz RS0098413), lässt es unbedenklich erscheinen, dass die für eine Verurteilung des Angeklagten erforderlichen Feststellungen nicht mit ausreichender Überzeugung ausschließlich auf die Angaben der Zeugin E* D* gestützt werden konnten.
Sofern die Staatsanwaltschaft ferner mit Verweis auf das von ihr gegen den Angeklagten zu St* geführte Ermittlungsverfahren behauptet, dass der Angeklagte einen Hang zu mafiosem Gebaren und Schutzgelderpressung habe, wird dadurch der Grundsatz der Unschuldsvermutung (§ 8 StPO) missachtet (RIS-Justiz RS0120765, RS0128232, RS0074985). Dazu kommt, dass der Umstand, dass er sich nun wegen des Verdachts der schweren Erpressung zweier Opfer in Untersuchungshaft befindet, noch keine Rückschlüsse auf die hier zu beurteilende Täterschaft des Angeklagten zulässt.
Insgesamt war daher der Berufung ein Erfolg zu versagen.
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