Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Mag. Wurzer als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Painsi, Dr. Weixelbraun-Mohr, Dr. Steger und Dr. Pfurtscheller als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers Dr. J* C*, vertreten durch Dr. Otmar Wacek, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die Antragsgegnerin V* B*, vertreten durch Mag. Dr. Stefan Rieder, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Ersetzung einer Zustimmung (§ 835 ABGB), über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 30. Jänner 2025, GZ 53 R 375/24i-63, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 15. November 2024, GZ 33 Msch 5/23a-53, teilweise mit Teilbeschluss bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, den
Beschluss
gefasst:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
[1] Der Antragsteller und die Antragsgegnerin sind je zur Hälfte Miteigentümer einer Liegenschaft.
[2] Gegenstand des Revisionsrekurses ist (nur) der Antrag des Antragstellers, die Zustimmung der Antragsgegnerin zum Austausch der bestehenden Ölheizanlage gegen eine Pelletsheizung zu ersetzen.
[3] Das Erstgericht gab diesem Antrag statt.
[4]Die geplante Erneuerung der Heizungsanlage für die Liegenschaft sei eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung, bei der die fehlende Zustimmung eines Teilhabers durch einen Beschluss des Außerstreitrichters nach § 835 ABGB ersetzt werden könne. Die Lebensdauer einzelner Teile der bestehenden Ölheizung sei um nahezu 30 Jahre überschritten, weshalb in den nächsten Jahren eine erhöhte Reparaturanfälligkeit und Wartungsintensität zu erwarten sei. Jeder an der Erhaltung des Werts seiner Liegenschaft interessierte Eigentümer sei gehalten, rechtzeitig eine entsprechende Erneuerungsmaßnahme zu planen und durchzuführen. Der Austausch der ineffizienten, teuren und unökologischen Heizanlage sei daher sowohl aus technischer als auch aus wirtschaftlicher Sicht zielführend. Der Neueinbau einer Ölheizung sei aktuell behördlich nicht genehmigungsfähig und auch die Einleitung von Fernwärme komme nicht als Alternative in Betracht, weil das entsprechende Leitungsnetz erst in einigen Jahren zur Verfügung stehen werde.
[5] Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegnerin insoweit Folge und hob die Entscheidung des Erstgerichts auf.
[6] Der Austausch der veralteten, reparatur anfälligen, wartungsintensiven sowie unökologischen Ölheizanlage, deren Lebensdauer bei weitem abgelaufen sei und die zufolge der Salzburger Tankraumverordnung umgehend mit einem Gesamtaufwand von etwa 6.500 EUR saniert werden müsse, gegen eine Pelletsheizung diene der Erhaltung und Verbesserung des Gemeinschaftsguts und nicht nur Partikularinteressen des Antragstellers. Daran ändere auch nichts, dass die Antragsgegnerin persönlich kein Interesse an der Heizung habe, weil sie faktisch die Wohnung im ersten Obergeschoss des Hauses nur bei ihren Aufenthalten in Salzburg benutze und deshalb die Zufuhr von Heizleistung aus dem bestehenden System in diese Wohnung von einer Fachfirma unterbinden habe lassen. Der Mitbenützung des gesamten Gebäudes durch die Antragsgegnerin stehe keine Benützungsregelung entgegen.
[7]Auch die nach den Rekursausführungen überschaubare faktische Beeinträchtigung der Substanz führe mit Blick auf die damit einhergehende Verbesserung des gemeinschaftlichen Gutes nicht dazu, dass der geplante Austausch der bestehenden Ölheizanlage gegen eine Pelletsheizung eine Verfügungshandlung iSd § 828 ABGB wäre. Diese Maßnahme sei daher als Verwaltungshandlung zu qualifizieren.
[8]Der Beschluss des Außerstreitrichters gemäß § 835 ABGB sei eine im Wesentlichen von Billigkeitserwägungen getragene Ermessensentscheidung. Zu prüfen sei, ob die geplante Veränderung vom Standpunkt der Gesamtheit der Miteigentümer aus offenbar vorteilhaft, bedenklich oder nachteilig sei, sodass sie bei Abwägung der Gesamtinteressen zu unterbleiben hätte. Bei der Prüfung der Nachteiligkeit komme es nicht nur auf die finanziellen Interessen an. Vielmehr seien die gesamten Umstände des Falls zu berücksichtigen, allenfalls auch ein persönliches (immaterielles) Interesse eines Miteigentümers. In die Abwägung der Gesamtinteressen der Eigentumsgemeinschaft seien somit auch die persönlichen und familiären Verhältnisse und Bedürfnisse der einzelnen Teilhaber, also deren subjektive Lage, angemessen miteinzubeziehen.
[9] Auf Basis des bisher festgestellten Sachverhalts könne diese Gesamtabwägung nicht vorgenommen werden. Es fehlten ausreichend konkrete Feststellungen zu den mit dem geplanten Heizungsaustausch verbundenen Kosten und Vorteilen. Dazu werde das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren nach Erörterung mit den Parteien Feststellungen zu treffen haben.
[10]Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs zu. Die Frage, ob der Austausch einer Ölheizanlage gegen eine Pelletsheizung als Verfügung iSd § 828 ABGB oder als Maßnahme der Verwaltung zu beurteilen sei, habe der Oberste Gerichtshof noch nicht geklärt.
[11] Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie beantragt, diese abzuändern und den Antrag abzuweisen. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
[12] Der Antragsteller beantragt in seiner (richtig:) Revisionsrekursbeantwortung , dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
[13] Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
[14] 1.Im Fall von Änderungen tatsächlicher und rechtlicher Natur, die § 828 ABGB zu unterstellen sind, kann die fehlende Zustimmung eines Teilhabers – anders als bei Verwaltungshandlungen – nicht durch einen Beschluss des Außerstreitrichters ersetzt werden (RS0117159; RS0013205 [T15]). Derartige Änderungen betreffen die Substanz der Gemeinschafts- oder Anteilsrechte und sind deshalb einem richterlichen Eingriff entzogen. Die Rechtmäßigkeit einer Substanzveränderung setzt vielmehr eine einhellige Willensbildung der Miteigentümer voraus (7 Ob 35/23g;5 Ob 244/21z mwN; RS0117159 [T2]).
[15] 2. Die Vorinstanzen haben daher zutreffend erkannt, dasshier die Unterscheidung zwischen Verfügungen iSd § 828 ABGB und Maßnahmen der Verwaltung maßgebend ist, weil nur Letztere durch richterlichen Beschluss genehmigt werden können.
[16]Verwaltungshandlungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie gemeinschaftliches Vorgehen erfordern, weil es um Interessen aller Gemeinschafter geht. Von bloßen Besitz- oder Gebrauchshandlungen einzelner Miteigentümer heben sie sich dadurch ab, dass mit ihnen Geschäfte der Gemeinschaft besorgt werden, während die Abgrenzung zu den Verfügungen nach den Auswirkungen der Geschäftsführungsakte auf das gemeinschaftliche Gut und die Anteile der Miteigentümer vorzunehmen ist. Zur Verwaltung gehört alles, was gemeinschaftliche Interessen bei der Nutzung und Erhaltung des Gemeinschaftsgutes fördern oder aber auch beeinträchtigen könnte; eine Verfügung greift hingegen in die Substanz der Gemeinschaftsrechte oder Anteilsrechte ein (5 Ob 219/24b; 5 Ob 244/21z; RS0109188).
[17]Verwaltungshandlungen zielen darauf ab, gemeinschaftliche Pflichten zu erfüllen oder gemeinschaftliche Interessen wahrzunehmen (RS0109188 [T12]). Erhaltung und Verbesserung der Sache in diesem Sinn zählen daher zur Verwaltung. Die rein eigennützige Verbauung oder sonstige Veränderung allgemeiner Teile der Liegenschaft durch einen der Miteigentümer stellt hingegen keine Maßnahme der Verwaltung der gemeinsamen Liegenschaft dar (RS0109188 [T13]).
[18]Verfügungen iSd § 828 ABGB sind solche Veränderungen tatsächlicher Natur auch immer dann, wenn die Maßnahmen solche Auswirkungen auf die gemeinsame Sache haben, dass sie sich im gemeinsamen Recht und/oder den Anteilsrechten der Teilhaber niederschlagen. Beispiel dafür ist etwa der gänzliche Abriss, die Vernichtung des im Miteigentum stehenden Gebäudes (7 Ob 35/23g). Der bloße Umstand, dass eine Maßnahme die Substanz der gemeinsamen Sache betrifft, reicht für eine Qualifikation als Verfügung noch nicht aus, könnte sie als solche doch auch in der Verwaltung der Sache begründet sein. Insofern wird mit dem Begriff des Eingriffs in die „Substanz“ iSd § 828 ABGB weniger die Veränderung der Sache als vielmehr eine Veränderung des Wesenskerns des Gemeinschaftsrechts angesprochen (7 Ob 35/23g; 9 Ob 18/17p).
[19] 3.Diese Abgrenzungsfragen sind eine typische Einzelfallbeurteilung (vgl 5 Ob 244/21z; RS0013205 [T9]). Maßgeblich sind daher stets die konkreten Umstände, die in ihrer Gesamtheit zu beurteilen sind. Dabei ist den Vorinstanzen ein gewisser Ermessensspielraum eingeräumt.
[20]Die Beurteilung des Rekursgerichts, der beabsichtigte Austausch der veralteten, reparaturanfälligen, wartungsintensiven sowie unökologischen und zudem zufolge öffentlich-rechtlicher Vorgaben ohnedies umgehend mit einem erheblichen Kostenaufwand zu sanierenden Ölheizanlage gegen eine Pelletsheizung sei als eine Verwaltungsmaßnahme und nicht als Verfügung iSd § 828 ABGB zu qualifizieren, ist nicht zu beanstanden (vgl 5 Ob 93/95 = RS0070007; 5 Ob 133/07f = RS0122302 jeweils zur Umstellung auf Fernwärme im Wohnungseigentum). Die faktischen Auswirkungen dieser Änderung auf die gemeinsame Sache berühren das gemeinsamen Recht und/oder die Anteilsrechte der Teilhaber nicht in ihrem Wesenskern. Die Maßnahme verfolgt im Wesentlichen auch gemeinschaftliche Interessen an der Nutzung und Erhaltung des Gemeinschaftsgutes, sie ist also keine bloß eigennützige Veränderung von Teilen der Liegenschaft durch einen der Miteigentümer. Das gilt – wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat – ungeachtet dessen, dass der Antragsteller das Haus derzeit faktisch alleine nutzt und die in der Schweiz lebende Antragsgegnerin aus persönlichen Gründen kein Interesse an einer intensiveren eigenen Nutzung und damit auch kein Interesse an der gemeinsamen Heizung haben mag. Die subjektive Lage einer einzelnen Teilhaberin ist zwar in die richterliche Beurteilung der Vorteilhaftigkeit der Maßnahme im Außerstreitverfahren nach § 835 ABGB miteinzubeziehen; für die vorgelagerte Frage der Abgrenzung zwischen Verwaltung und Verfügung sind solche persönliche und familiäre Verhältnisse und Bedürfnisse aber in der Regel nicht maßgebend.
[21] 4.Eine richterliche Entscheidung in einem Außerstreitverfahren nach § 835 ABGB kann über wichtige Veränderungen iSd § 834 ABGB (außerordentliche Verwaltung) und bei Stimmengleichheit auch in Angelegenheiten des § 833 ABGB (ordentliche Verwaltung) ergehen (RS0013692; RS0013734). Bei Uneinigkeit zweier Hälfteeigentümer ist daher in allen Verwaltungsangelegenheiten immer die Entscheidung des Außerstreitrichters notwendig (8 Ob 43/24t). Die Unterscheidung zwischen Maßnahmen der ordentlichen oder außerordentlichen Verwaltung ist hier damit nicht von Relevanz.
[22] 5.Gegenstand der richterlichen Entscheidung nach § 835 ABGB ist die Frage, ob die Maßnahme ohne Einschränkung oder unter Bedingungen bewilligt oder überhaupt abgelehnt wird. Der Beschluss des Außerstreitgerichts ist eine im Wesentlichen von Billigkeitserwägungen getragene Ermessensentscheidung (RS0013650 [T2]; RS0013440 [T4]). Das Gesetz stellt dafür keine bindenden Richtlinien auf; die Entscheidung hängt vielmehr davon ab, ob die Veränderung offenbar (also eindeutig) vorteilhaft, bedenklich oder nachteilig ist. Ob dies der Fall ist, ist nach den gesamten Umständen des Einzelfalls und vom Standpunkt der Gesamtheit aller Miteigentümer aus zu beurteilen (RS0013703). Es kommt dabei nicht nur auf finanzielle Interessen an; in die Abwägung der Gesamtinteressen der Eigentumsgemeinschaft ist vielmehr auch die subjektive Lage der einzelnen Teilhaber, also deren persönliche und familiäre Verhältnisse und Bedürfnisse angemessen miteinzubeziehen (8 Ob 43/24t; 7 Ob 35/23g; 6 Ob 40/21g; 5 Ob 244/21z; RS0013701 [T4]; RS0013703 [T2, T5]; RS0013690 [T1, T2]).
[23] Ausgehend von diesen Grundsätzen hielt das Rekursgericht das Verfahren für ergänzungsbedürftig, weil die für die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit der Maßnahme vom Standpunkt der Gesamtheit aller Miteigentümer erforderlichen Feststellungen in Bezug die tatsächlichen Kosten des beabsichtigten Heizungsaustauschs sowie den damit verbundenen Nutzen und Vorteilen fehlten.
[24]Wenn das Rekursgericht auf Basis seiner zutreffenden Rechtsansicht den Sachverhalt für ergänzungsbedürftig hält, kann dem der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten (RS0042179; RS0006737).
[25] 6. Dem Revisionsrekurs war daher nicht Folge zu geben.
[26]Der Kostenvorbehalt beruht auf § 78 AußStrG (vgl RS0036035; RS0035976).
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