Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Novak und den Hofrat Dr. Sutter sowie die Hofrätin Dr. in Lachmayer als Richter und Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des I T, vertreten durch die Schneider Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Hohenems, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 7. Mai 2025, Zl. RV/1100043/2021, betreffend Einkommensteuer 2019, den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber war seit November 2017 bei einem Unternehmen im Fürstentum Liechtenstein beschäftigt. Er übersiedelte mit August 2019 aus Österreich nach Liechtenstein.
2 Das Finanzamt erfasste im Einkommensteuerbescheid 2019 im Schätzungswege auch die liechtensteinischen Einkünfte ab August 2019, weil es davon ausging, dass der Revisionswerber aufgrund einer in Österreich befindlichen Eigentumswohnung unbeschränkt steuerpflichtig sei und Österreich das Besteuerungsrecht hinsichtlich dieser Einkünfte zustehe.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung abgewiesen. Nach einem Vorlageantrag wies das Bundesfinanzgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Beschwerde als unbegründet ab.
4 Das Bundesfinanzgericht stellte fest, dass der Revisionswerber in der Zeit vom 9. Dezember 2005 bis zum 25. Juni 2019 in A (Österreich) polizeilich mit Hauptwohnsitz gemeldet gewesen sei. Die Wohnung stehe in seinem Alleineigentum. Der Revisionswerber habe am 25. Juni 2019 einen Mietvertrag über eine Wohnung in Liechtenstein unterzeichnet; Mietbeginn sei der 1. August 2019 gewesen. Das Mietverhältnis sei auf unbestimmte Dauer abgeschlossen worden. Gemäß Eintragung im Zentralen Melderegister sei der Stiefvater des Revisionswerbers im Zeitraum 22. Juli 2019 bis zum 25. August 2020 an der Adresse in A polizeilich gemeldet gewesen. Die inländische Wohnung des Revisionswerbers sei in der Folge vom prekaristisch nutzenden Stiefvater an C zu Wohnzwecken überlassen worden. Der Untermieter sei 2019 in der Zeit vom 28. Oktober 2019 bis zum 4. November und im Jahr 2020 in der Zeit von 13. Jänner bis zum 3. Juni an der inländischen Adresse mit Hauptwohnsitz gemeldet gewesen.
5 Strittig sei, ob der Revisionswerber mit Datum 31. Juli 2019 seinen inländischen Wohnsitz aufgegeben habe und daran anknüpfend, ob und gegebenenfalls für welche Zeitspanne er mit seinen im Fürstentum Liechtenstein lukrierten Einkünften in Österreich steuerpflichtig sei.
6 Das Bundesfinanzgericht habe den Revisionswerber mit Vorhalt dazu aufgefordert, einen (schriftlichen) Mietvertrag, den Nachweis von regelmäßigen Darlehensrückführungen sowie den Zahlungsfluss in Bezug auf die vereinbarte Miete samt Betriebskosten nachzuweisen. Entsprechende Unterlagen seien bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht vorgelegt worden. Die Behauptung des Revisionswerbers, wonach er von seinem Stiefvater für die Benutzung der Wohnung 800 € monatlich erhalten habe, sei daher nicht glaubhaft. Es widerspreche auch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass der Revisionswerber für sein in Österreich befindliches Objekt keine Schlüssel mehr besessen habe. Ganz im Gegenteil sei jeder Eigentümer einer Wohnung darauf erpicht, dass im Falle einer Überlassung der Wohnung an eine andere Person zumindest der Generalschlüssel in seinem Besitz verbleibe. Auch der Behauptung, dass es aufgrund der räumlichen Aufteilung und der Größe der Wohnung für den Revisionswerber nicht möglich gewesen wäre, dort zu nächtigen, müsse entgegengetreten werden. Laut dem Zentralen Melderegister sei der Stiefvater in der Zeit vom 22. Juli 2019 bis zum 25. August 2020 an der inländischen Adresse gemeldet gewesen. C sei im Jahr 2019 lediglich in der Zeit vom 28. Oktober bis zum 4. November an der Adresse gemeldet gewesen. Dies bedeute, dass es für den Revisionswerber einzig in der kurzen Zeitspanne von 28. Oktober 2019 bis zum 4. November 2019 aufgrund der räumlichen Aufteilung der Wohnung keine Möglichkeit gegeben habe, dort zu nächtigen.
7 Die in der mündlichen Senatsverhandlung vorgelegte eidesstattliche Erklärung des Stiefvaters sei nicht glaubhaft. Darin werde bestätigt, dass der Stiefvater die Kreditraten für die Wohnung samt Betriebskosten für die Wohnung bedient habe. Ein entsprechender Zahlungsfluss zur Untermauerung dieser Behauptung sei jedoch trotz Aufforderung nicht vorgelegt worden. Das Bundesfinanzgericht gehe in freier Beweiswürdigung davon aus, dass der Revisionswerber das ganze Jahr 2019 die Verfügungsmacht über die im Inland gelegene Wohnung innegehabt habe. Aufgrund der Tatsache, dass der Revisionswerber das Ersuchen um Ergänzung unbeantwortet gelassen habe, gehe das Bundesfinanzgericht davon aus, dass der Stiefvater die Räumlichkeiten in A prekaristisch genutzt habe. Dem Revisionswerber sei somit die Verfügungsmacht über die Wohnung verblieben, auch wenn er sich gewisse Räumlichkeiten (Bad, WC und Küche) in der Benutzung mit seinem Stiefvater geteilt habe. Der Revisionswerber habe seinen Wohnsitz im Inland im Jahr 2019 nicht aufgegeben. Da er sowohl im Inland als auch im Ausland über einen Wohnsitz verfügt habe, sei zu prüfen, wo der Mittelpunkt der Lebensinteressen gelegen sei.
8Für die Beurteilung der Frage, in welchem der beiden Staaten der Revisionswerber seinen Mittelpunkt der Lebensinteressen habe, sei auf das Gesamtbild seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abzustellen, wobei das Überwiegen der Beziehungen zum einen oder anderen Staat den Ausschlag gebe. Die wirtschaftlichen Verhältnisse sprächen für ein Überwiegen der Beziehungen zum Ausland. Familiäre Verbindungen bestünden wiederum zum Inland. So befinde sich der Stiefvater im Inland wie auch seine geschiedene Ehefrau. Noch gewichtiger ins Treffen zu führen sei die Verbindung zu seiner jetzigen Ehegattin. Diese habe der Revisionswerber nach seinen Angaben im Oktober 2019 kennengelernt. Seit September 2020 sei er mit ihr verheiratet und im Dezember 2020 seien die beiden Kinder (Zwillinge) zur Welt gekommen. Die jetzige Ehegattin sei eigenen Angaben nach in Österreich tätig. Aus diesem Grunde sei ein Umzug nach Liechtenstein auch nie zur Debatte gestanden. Der Revisionswerber habe angegeben, dass er in Liechtenstein über keine Verwandten verfüge. Seine Mutter lebe in der Schweiz. Persönliche Beziehungen zu Liechtenstein bestünden keine. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Revisionswerbers sei daher im Inland gelegen. Er unterliege somit gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht im Inland.
9Gegen dieses Erkenntnis richtet sich vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei unter dem „Innehaben“ einer Wohnung im Sinne des § 26 BAO die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zu verstehen, über diese Wohnung zu verfügen, insbesondere sie für den Wohnbedarf jederzeit benützen zu können und andere davon auszuschließen. Das „Innehaben“ einer Wohnung allein genüge jedoch noch nicht, einen Wohnsitz zu begründen. Das „Innehaben“ müsse vielmehr unter Umständen erfolgen, die darauf schließen ließen, dass der Steuerpflichtige die Wohnung beibehalten und benutzen werde. Werde eine Wohnung durch ihren Eigentümer vermietet und habe der Eigentümer nicht die Möglichkeit zur jederzeitigen Benutzung der Wohnung, dann liege für ihn hinsichtlich dieser Wohnung kein Wohnsitz vor. Das Bundesfinanzgericht gehe in seinem Erkenntnis aktenwidrig davon aus, dass der Revisionswerber seine Wohnung in A während des gesamten Jahres 2019 sowohl rechtlich als auch faktisch uneingeschränkt habe nutzen und jeden anderen davon ausschließen können. Weiters gehe es davon aus, dass der Stiefvater die Wohnung lediglich prekaristisch habe nutzen dürfen, obwohl er eidesstattlich das Gegenteil erklärt habe.
Mit diesem Vorbringen wird eine Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
12Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 Der Revisionswerber bekämpft mit seinem Vorbringen im Ergebnis die Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichts. Nach ständiger Rechtsprechung ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall erfolgte Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte. Eine im Einzelfall gepflogene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung wirft dagegen im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG auf (vgl. VwGH 24.3.2025, Ra 2024/16/0055, mwN).
14 Der Revision gelingt es nicht aufzuzeigen, dass die Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichts unvertretbar wäre. Das Gericht hat sich mit dem Vorbringen des Revisionswerbers auseinandergesetzt und ist mit näherer nachvollziehbarer Begründung zum Ergebnis gelangt, dass eine Vermietung der Wohnung an den Stiefvater als nicht glaubhaft anzusehen sei, der Revisionswerber weiterhin uneingeschränkte Verfügungsmacht über die Wohnung gehabt habe und diese weiterhin habe benutzen können.
15Mit dem unkonkreten lediglich pauschalen Vorbringen, das Bundesfinanzgericht sei aktenwidrig davon ausgegangen, dass der Revisionswerber sowohl rechtlich als auch faktisch die Wohnung in A habe uneingeschränkt nutzen können, wird keine Rechtswidrigkeit der Entscheidung aufgezeigt. In Bezug auf die Aktenwidrigkeit genügt der Hinweis, dass keine Aktenwidrigkeit vorliegt, wenn das Bundesfinanzgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung zu einem anderen Ergebnis kommt als der Revisionswerber (vgl. VwGH 7.5.2025, Ra 2024/15/0012).
16 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 24. November 2025
Rückverweise
Keine Verweise gefunden