Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätin Mag. Hainz Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision des Bürgermeisters der Gemeinde Neustift im Stubaital, vertreten durch Dr. Michael Sallinger und Dr. Christof Rampl, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 11. November 2024, Zl. LVwG 2024/25/2677 3, betreffend eine Anzeige nach dem Tiroler Privatzimmervermietungsgesetz (mitbeteiligte Partei: M T in N), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol (Verwaltungsgericht) wurde der Beschwerde der Mitbeteiligten gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Neustift im Stubaital vom 10. September 2024, mit welchem ihr die Ausübung der von ihr angezeigten Privatzimmervermietung untersagt worden war, insofern Folge gegeben, als in Abänderung des Bescheids ihre Anzeige über die beabsichtigte Vermietung gemäß § 4 Abs. 1 Tiroler Privatzimmervermietungsgesetz bestätigt wurde. Weiters wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
2 Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung folgenden festgestellten Sachverhalt zugrunde:
3 Der Ehemann der Mitbeteiligten sei grundbücherlicher Eigentümer zweier Grundparzellen an den Objektadressen F S Straße 29 und F S Straße 27. Das Haus an der Objektadresse F S Straße 29 stelle dessen Elternhaus dar, wobei seine Eltern dort bereits seit dem Jahr 1976 eine Privatzimmervermietung betrieben hätten. Die Mitbeteiligte und ihr Ehemann hätten ihren Hauptwohnsitz im 1999 errichteten Haus an der Objektadresse F S Straße 27. Ursprünglich sei eine Aufstockung bzw. ein Anbau an das Haus der Schwiegereltern angedacht gewesen, die diesbezüglichen Pläne seien jedoch fallen gelassen worden. Der Abstand zwischen den beiden Grundparzellen bzw. Objektadressen betrage 8 Meter. Der Schwiegervater der Mitbeteiligten sei im Februar 2022 verstorben. Bereits Jahre vor dessen Ableben hätte ihr Ehemann das Elternhaus betreut und instandgehalten, etwa den Garten betreut, den Schnee geräumt, den Müll entsorgt und Reparaturen vorgenommen. Mit dem Ableben habe er das Elternhaus geerbt und kümmere er sich seither auch um die Erhaltung dieses Hauses. Die Schwiegermutter der Mitbeteiligten sei 78 Jahre alt und werde gebrechlich. In den letzten Jahren habe die Mitbeteiligte diese im Haushalt und im zunehmenden Ausmaß in der Privatzimmervermietung unterstützt. Am Wochenende koche die Mitbeteiligte für die ganze Familie, inklusive ihrer Schwiegermutter. Dies geschehe sowohl in ihrem Haus als auch im Elternhaus. Ihre beiden Töchter hielten sich des Öfteren bei ihrer Großmutter auf und schliefen auch fallweise bei dieser. Umgekehrt nächtige die Schwiegermutter der Mitbeteiligten auch in ihrem Haus. Die Mitbeteiligte und deren Ehegatte hätten im Haus der Schwiegermutter ihnen gehörende Sachen gelagert, wie etwa Gartenmöbel, Fahrräder, Anhänger, Rasenmäher, Schubkarren, Schneefräsen und Werkzeug. Der Gästeparkplatz liege auf der Grundparzelle mit der Objektadresse F S Straße 27, also nächst dem Haus der Mitbeteiligten und ihres Ehemannes. Die Mitbeteiligte übernehme das gemeinsame Waschen der Wäsche, wozu auch die Gästewäsche zähle. Mit ihrer Schwiegermutter zusammen richte sie für die Gäste das Frühstück, putze die Zimmer und wechsle die Bettwäsche. Zudem kaufe sie auch die Lebensmittel für die Gäste ein. Ihre Schwiegermutter werde körperlich zusehends schwächer, sodass immer mehr Arbeiten auf die Mitbeteiligte entfielen. Ihr Ehemann halte sich regelmäßig in seinem Elternhaus an der Objektadresse F S Straße 29 auf, etwa um mit seiner Mutter fern zu schauen. Bei den Gästen der Privatzimmervermietung handle es sich hauptsächlich um Stammgäste, die teils schon in der dritten Generation zur Familie kämen. Über den Tourismusverband sowie die Homepage der Familie könne man die Zimmer buchen. Es sei geplant, dass die Mitbeteiligte künftig alle mit der Privatzimmervermietung verbundenen Arbeiten mit der Unterstützung ihres Ehemannes ausführe. Auch schon derzeit stünden sie den Gästen jederzeit als Ansprechpersonen zur Verfügung.
4 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf näher dargelegte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und die Gesetzesmaterialien zu § 2 Abs. 1 lit. a Tiroler Privatzimmervermietungsgesetz zusammengefasst aus, entgegen der behördlichen Ansicht seien im Revisionsfall die sachlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit. a Tiroler Privatzimmervermietungsgesetz erfüllt. Die Gäste würden im Haus an der Objektadresse F S Straße 29 im Rahmen des Wohnungsverbandes der Mitbeteiligten an der Objektadresse F S Straße 27 aufgenommen. Eine häusliche Beschäftigung im Rahmen des eigenen Hausstandes der Mitbeteiligten alle Arbeiten würden ausschließlich von ihr und ihrem Ehemann ausgeführt sei genauso zu bejahen wie das Vorliegen eines räumlichen Naheverhältnisses zur Vermieterwohnung. Nachdem unter Berücksichtigung der getroffenen Feststellungen eine räumlich funktionelle Verbindung der vermieteten Wohneinheiten zur Vermieterwohnung im Einzelfall gegeben sei, erfolge die Gästeaufnahme im Rahmen des Wohnungsverbandes der Mitbeteiligten. Die Untersagung der angezeigten Privatzimmervermietung sei daher zu Unrecht erfolgt.
5 2. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Amtsrevision des Bürgermeisters der Gemeinde Neustift im Stubaital.
6 3. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 4. Der Revisionswerber begründet die Zulässigkeit der Revision zusammengefasst damit, dass sich das Verwaltungsgericht von näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Beurteilung der Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 1 lit. a Tiroler Privatzimmervermietungsgesetz entfernt habe. Darüber hinaus bringt er vor, die „kardinale Rechtsfrage ist, ob bei einer Konstellation, wie der hier gegebenen, jemand die Ausübung der Privatzimmervermietung an einem anderen Ort anzeigen darf, an dem er selbst keinen Hausstand hat, wohl aber der Hausstand eines (nahen) Verwandten liegt. In dieser Hinsicht geht die Bedeutung der Sache über den Einzelfall hinaus, weil es um die Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen in diesem Zusammenhang geht“.
10 5.1.Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 18. April 2023, Ro 2020/06/0004, zur mit § 2 Abs. 1 lit. a Tiroler Privatzimmervermietungsgesetzinhaltlich insoweit vergleichbaren Bestimmung des § 5 Z 10 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 (vgl. dazu VwGH 29.6.2023, Ra 2023/06/0095, mwN) ausgesprochen, dass die in der genannten leg. cit. enthaltene Anordnung, dass sich die Gästezimmer bzw. Wohneinheiten innerhalb des Hausverbandes des Vermieters befinden müssen, dahin zu verstehen ist, dass eine räumlich funktionelle Verbindung der vermieteten Wohneinheiten mit der Vermieterwohnung bestehen muss. Ob eine solche Verbindung vorliegt, ist unter Berücksichtigung der Gesamtumstände jeweils im konkreten Einzelfall zu beurteilen. Dabei wird etwa dem Erfordernis der räumlichen Verbindung mit der Vermieterwohnung im Sinn einer inneren Erschließung umso weniger Gewicht zukommen, je ausgeprägter die funktionelle Verbindung ist. Ein räumliches Naheverhältnis zur Vermieterwohnung muss aber im Hinblick auf das Erfordernis der Ausübung einer häuslichen Nebenbeschäftigung jedenfalls bestehen. Allein der Umstand, dass die vermietete Wohneinheit im selben Geschoßwohnbau wie die Vermieterwohnung liegt oder dass sich die vermietete Wohneinheit und die Vermieterwohnung jeweils in einer Hälfte eines Doppelhauses befinden, vermag bei fehlender räumlichfunktioneller Verbindung der beiden Wohneinheiten das Vorliegen eines Hausverbandes nicht zu begründen (vgl. VwGH 18.4.2023, Ro 2020/06/0004, Rn. 18).
11 Ausgehend davon, dass die entscheidungswesentliche Rechtsfrage das Vorliegen einer Privatzimmervermietung im Sinne der gesetzlichen Bestimmungnach dem oben Gesagten auf Grundlage einer Gesamtbetrachtung der jeweiligen wesentlichen konkreten Umstände zu lösen ist, wäre die Revision der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zufolge nur dann zulässig, wenn diese eine krasse Fehlbeurteilung der fallbezogenen Umstände aufzuzeigen vermöge, weil der Beurteilung der Umstände eines Einzelfalles in der Regel keine über diesen hinausgehende Bedeutung zukommt. Eine im Einzelfall vorgenommene rechtliche Beurteilung kann nur dann die Zulässigkeit einer Revision begründen, wenn dies wegen einer krassen Fehlbeurteilung der einzelfallbezogenen Umstände durch das Verwaltungsgericht aus Gründen der Rechtssicherheit geboten ist (vgl. etwa VwGH 16.1.2025, Ra 2024/04/0424, Rn. 18, mwN). Die vorliegende fallbezogene Beurteilung der Vermietung der im Eigentum des Ehegatten der Mitbeteiligten stehenden Wohneinheiten an der Objektadresse F S Straße 29 durch die Mitbeteiligte als Privatzimmervermietung im Sinne des § 1 Abs. 1 Tiroler Privatzimmervermietungsgesetz begegnet keinen die Zulässigkeit der Revision begründenden Bedenken.
12 Mit dem bloßen Verweis auf fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur rechtlichen Beurteilung einer bestimmten Sachverhaltskonstellation wird keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dargetan, zumal eine einzelfallbezogene Beurteilung grundsätzlich nicht revisibel ist, wenn diese Beurteilung wie im vorliegenden Fallauf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage in vertretbarer Weise vorgenommen wurde (vgl. VwGH 27.2.2019, Ra 2018/04/0144).
13 5.2. Entgegen dem Revisionsvorbringen besteht auch kein Widerspruch zu den vier in der Zulässigkeitsbegründung der Revision zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs, weil sich der diesen Entscheidungen jeweils zugrunde liegende Sachverhalt vor allem in Bezug auf die räumlich funktionelle Verbindung der jeweils vermieteten Wohneinheiten mit der Vermieterwohnung wesentlich vom hier vorliegenden Fall unterscheidet:
14Im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. November 2023, Ra 2023/06/0198, wurde die vom Verwaltungsgericht durchgeführte Beweiswürdigung als nicht unvertretbar erachtet, dass dem Vorbringen des (dortigen) Revisionswerbers, er lebe während der touristischen Verwendung von Top X getrennt von seiner Ehefrau in Top Y, das über keine Küche verfüge, kein Glauben geschenkt wurde. In seinem Erkenntnis vom 20. Juni 2023, Ro 2020/06/0092, erkannte der Verwaltungsgerichtshof in der gemeinsamen Nutzung einer Tiefgarage bzw. von haustechnischen Anlagen keine ausreichend funktionelle Verbindung der vermieteten Wohneinheit und der Vermieterwohnung. Im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. September 2022, Ra 2019/05/0285, wurde eine Revision betreffend die Versagung einer Baubewilligung mangels Vorliegens eines räumlichen Bezugs zum Hausstand des Revisionswerbers (der Revisionswerber lebte rund zweihundert Kilometer von der beabsichtigten Gästezimmervermietung entfernt), zurückgewiesen. Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Mai 2022, Ro 2021/05/0012, wurde die Frage geklärt, ob eine Wohnung, die kein räumliches Naheverhältnis zum Hausstand eines Vermieters (die Revisionswerberin hatte ihren Hauptwohnsitz rund einhundertzwanzig Kilometer entfernt) aufweist und im Bau Wohngebiet gelegen ist, als Ferienwohnung genutzt werden darf.
15 Inwiefern das Verwaltungsgericht vor dem Hintergrund der jeweils nicht mit dem festgestellten Sachverhalt im vorliegenden Revisionsfall vergleichbaren Konstellationen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre, zeigt die Revision nicht auf.
16 5.3. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 25. November 2025
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