Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofräte Dr. Fasching und Dr. Horvath als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Karger, LL.M., über den Antrag des mj. W J, vertreten durch W J als gesetzlichem Vertreter, beide in W, auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Verfahren über den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer außerordentlichen Revision gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom 17. Februar 2025, Zl. VGW 152/V/044/7420/2024 3, betreffend Verfahrenshilfe in einer Angelegenheit nach dem Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, den Beschluss gefasst:
Der Antrag wird abgewiesen.
1 Der anzufechtende Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien (Verwaltungsgericht) vom 17. Februar 2025 betreffend die Nichtgewährung von Verfahrenshilfe für ein Verfahren über eine Säumnisbeschwerde in einer Angelegenheit nach dem Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 wurde dem Antragsteller nach seinem eigenen Vorbringen am 3. März 2025 zugestellt, sodass die Frist zur Erhebung einer Revision dagegen mit 14. April 2025 ablief.
2 Ein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen diesen Beschluss wurde beim Verwaltungsgericht (und zunächst nicht beim Verwaltungsgerichtshof) am 11. April 2025 eingebracht. Dieser Antrag wurde am 16. April 2025 an die zuständige Stelle, den Verwaltungsgerichtshof, per Telefax weitergeleitet.
3 Am 24. April 2025 langte eine weitere Ausfertigung des Antrags beim Verwaltungsgerichtshof ein.
4Mit Beschluss vom 25. April 2025, Ra 2025/01/0105 4, dem Antragsteller am 5. Mai 2025 durch Hinterlegung zugestellt, wurde der Verfahrenshilfeantrag wegen Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung infolge Versäumung der Revisionsfrist abgewiesen.
5 Mit nunmehrigem Schreiben vom 15. Mai 2025 beantragt der Antragsteller fristgerecht, ihm die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (erkennbar: gegen die Versäumung der Frist zur Stellung eines die Revisionsfrist wahrenden Antrages auf Bewilligung der Verfahrenshilfe) zu bewilligen, und bringt dazu im Wesentlichen vor, in der im anzufechtenden Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 17. Februar 2025 enthaltenen „Belehrung“ werde ausgeführt, dass die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof „beim Verwaltungsgericht Wien“ einzubringen sei. Mit Blick darauf habe der rechtsunkundige gesetzliche Vertreter des Antragstellers für diesen innerhalb der sechswöchigen Revisionsfrist beim Verwaltungsgericht einen Verfahrenshilfeantrag gestellt. Diese „irrführenden“ Angaben hätten den Vertreter dazu veranlasst, den Verfahrenshilfeantrag beim Verwaltungsgericht statt beim Verwaltungsgerichtshof als zuständiger Stelle einzubringen, was zur Fristversäumnis geführt habe, an der diesen kein Verschulden treffe, sodass die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sei.
6Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erlitten hat. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
7 Nach dem Vorbringen im vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag bestand das „Ereignis“, das den rechtsunkundigen gesetzlichen Vertreter des Antragstellers an der rechtzeitigen Stellung eines an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Verfahrenshilfeantrages hinderte, darin, dass diesem hinsichtlich der richtigen Einbringungsstelle ein Irrtum insbesondere deshalb unterlaufen sei, weil in der „Belehrung“ des anzufechtenden Beschlusses mitgeteilt worden sei, eine außerordentliche Revision sei beim Verwaltungsgericht Wien einzubringen.
8 Tatsächlich enthält die angesprochene „Belehrung“ des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 17. Februar 2025 was das Revisionsverfahren anlangt zwar die Information darüber, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof „beim Verwaltungsgericht Wien“ einzubringen ist, allerdings keine Information über die Stelle, bei der ein Verfahrenshilfeantrag einzubringen ist.
9 Zwar kann auch ein Rechtsirrtum (die Unkenntnis von Rechtsvorschriften) wie jener, der dem Vertreter des Wiedereinsetzungswerbers wie er behauptethinsichtlich der Frage unterlaufen ist, wo sein Verfahrenshilfeantrag einzubringen ist, ein „Ereignis“ im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG darstellen (vgl. VwGH 18.12.2018, Ra 2018/10/0185, mwN).
10Allerdings ist für den Wiedereinsetzungswerber damit alleine nichts gewonnen, weil die Bewilligung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch voraussetzt, dass die weiteren Voraussetzungen (insbesondere mangelndes oder nur leichtes Verschulden) vorliegen. Wenn ein solcher Rechtsirrtum als Wiedereinsetzungsgrund geltend gemacht wird, ist im Einzelfall die Verschuldensfrage zu prüfen (vgl. erneut VwGH Ra 2018/10/0185, mwN). Ein seinen Vertreter treffendes Verschulden ist dem Wiedereinsetzungswerber zuzurechnen (vgl. VwGH 3.11.2022, Ra 2022/16/0097, mwN).
11Der Begriff des minderen Grades des Versehens im letzten Satz des § 46 Abs. 1 VwGG ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber (bzw. dessen Vertreter) darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (vgl. erneut VwGH Ra 2018/10/0185, mwN).
12Um Termine und Fristen im Verkehr mit Gerichten und Behörden einhalten zu können, muss einer einschreitenden (rechtsmittelwerbenden) Partei auch bekannt sein, an welche Stelle sie ihr Anbringen zu richten hat. Der Vertreter des Antragstellers tritt seit vielen Jahren in zahlreichen Fällen beim Verwaltungsgerichtshof sowohl als Revisionswerber als auch als Verfahrenshilfeantragsteller in Erscheinung. Die Behauptung, dass ihm die richtige Einbringungsstelle nicht bekannt gewesen wäre, ist daher lebensfremd. Ohne jeden Zweifel trifft den Vertreter und damit den Antragsteller ein Verschulden, das den minderen Grad des Versehens übersteigt (vgl. erneut VwGH Ra 2018/10/0185, mwN).
13Der gegenständliche Wiedereinsetzungsantrag wurde entgegen § 24 Abs. 2 VwGG nicht von einem Rechtsanwalt eingebracht.
14 Ein Auftrag an den Antragsteller, den Wiedereinsetzungsantrag diesbezüglich zu verbessern, oder die Beigebung eines Rechtsanwaltes im Wege der Verfahrenshilfe erübrigt sich aber, wenn wie im vorliegenden Fallder Antrag zweifelsfrei erkennen lässt, dass keine Anhaltspunkte für die Bewilligung der Wiedereinsetzung gegeben sind und diese somit auch nach Behebung des Formgebrechens ausgeschlossen wäre (vgl. erneut VwGH Ra 2018/10/0185, mwN).
15 Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher mit Senatsbeschluss (vgl. VwGH 27.10.2008, 2008/17/0158, mwN) abzuweisen.
Wien, am 10. Juni 2025
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