Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über den Antrag des M M in G, auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Verfahren über dessen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 24. September 2018, Zl. LVwG 41.10-3077/2017-14, betreffend Verpflichtung zur Rückerstattung von Leistungen der Mindestsicherung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt Graz), den Beschluss gefasst:
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.
1 1. Das anzufechtende Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 24. September 2018 wurde dem Antragsteller nach seinem eigenen Vorbringen am 27. September 2018 zugestellt.
2 Ein Antrag des Antragstellers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen dieses Erkenntnis wurde beim Verwaltungsgericht (und nicht beim Verwaltungsgerichtshof) eingebracht, und zwar am 8. November 2018, dem letzten Tag der Revisionsfrist. An die zuständige Stelle, den Verwaltungsgerichtshof, wurde dieser Antrag am 12. November 2018 weitergeleitet.
3 2. Mit hg. Beschluss vom 20. November 2018, Ra 2018/10/0185- 2, dem Antragsteller zugestellt am 27. November 2018, wurde der Verfahrenshilfeantrag wegen Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung infolge Versäumung der Revisionsfrist - mit näherer Begründung - abgewiesen.
4 3. Mit nunmehrigem Schreiben vom 30. November 2018 beantragte der Antragsteller fristgerecht, ihm die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (erkennbar: gegen die Versäumung der Frist zur Stellung eines die Revisionsfrist wahrenden Antrages auf Bewilligung der Verfahrenshilfe) zu bewilligen, und bringt dazu im Wesentlichen vor, in dem im anzufechtenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 24. September 2018 enthaltenen "Hinweis" werde ausgeführt, dass eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof "beim Landesverwaltungsgericht Steiermark" einzubringen sei. Daher habe der Antragsteller innerhalb der sechswöchigen Revisionsfrist beim Verwaltungsgericht "zwecks Ausführung besagter ao. Revision einen Verfahrenshilfeantrag gestellt und somit die Frist gewahrt".
5 Außerdem heiße es auf der Website des Verwaltungsgerichtshofes:
"Hinweis: Revisionen und Fristsetzungsanträge sind bei jenem Verwaltungsgericht einzubringen, dessen Entscheidung angefochten wird bzw. das mit seiner Entscheidung säumig ist"
6 4. Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erlitten hat. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
7 5. Nach dem Vorbringen im vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag bestand das "Ereignis", das den Antragsteller an der rechtzeitigen Stellung eines an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Verfahrenshilfeantrages hinderte, darin, dass dem Antragsteller hinsichtlich der richtigen Einbringungsstelle ein Irrtum insbesondere deshalb unterlaufen sei, weil im "Hinweis" des anzufechtenden Erkenntnisses mitgeteilt worden sei, eine außerordentliche Revision sei beim Landesverwaltungsgericht Steiermark einzubringen.
8 Tatsächlich enthält der angesprochene "Hinweis" des Erkenntnisses vom 24. September 2018 - was das Revisionsverfahren anlangt - zwar die Information darüber, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof "beim Landesverwaltungsgericht Steiermark" einzubringen ist, allerdings keine Information über die Stelle, an der ein Verfahrenshilfeantrag einzubringen ist.
9 6.1. Zwar kann auch ein Rechtsirrtum (die Unkenntnis von Rechtsvorschriften) wie jener, der dem Wiedereinsetzungswerber - wie er behauptet - hinsichtlich der Frage unterlaufen ist, wo sein Verfahrenshilfeantrag einzubringen ist, ein "Ereignis" im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG darstellen (vgl. etwa - zum Rechtsirrtum als Wiedereinsetzungsgrund - VwGH 24.5.2012, 2011/03/0127, mwN).
10 Allerdings ist für den Wiedereinsetzungswerber damit alleine nichts gewonnen, weil die Bewilligung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch voraussetzt, dass die weiteren Voraussetzungen (insbesondere mangelndes oder nur leichtes Verschulden) vorliegen. Wenn ein solcher Rechtsirrtum als Wiedereinsetzungsgrund geltend gemacht wird, ist im Einzelfall die Verschuldensfrage zu prüfen (vgl. etwa VwGH 9.9.2015, Ra 2015/03/0049, mwN).
11 Der Begriff des minderen Grades des Versehens im letzten Satz des § 46 Abs. 1 VwGG ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (vgl. etwa VwGH 23.1.2013, 2013/10/0002, mwN).
12 6.2. Um Termine und Fristen im Verkehr mit Gerichten und Behörden einhalten zu können, muss einer einschreitenden (rechtsmittelwerbenden) Partei auch bekannt sein, an welche Stelle sie ihr Anbringen zu richten hat. Im Rahmen der ihn als "ordentliche Prozesspartei" treffenden Sorgfaltspflicht wäre es dem Antragsteller somit oblegen, sich bei geeigneten Stellen zu erkundigen und Gewissheit darüber zu verschaffen, wo er seinen Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer außerordentlichen Revision einzubringen gehabt hätte (vgl. wiederum VwGH Ra 2015/03/0049 unter Hinweis u.a. auf VwGH 11.9.2013, 2013/02/0152).
13 Dies gilt umso mehr, als in dem im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 24. September 2018 enthaltenen "Hinweis" lediglich davon gesprochen wird, dass eine Revision "beim Landesverwaltungsgericht Steiermark" einzubringen ist, allerdings keine Information über die Stelle, an der ein Verfahrenshilfeantrag einzubringen ist, gegeben wird.
14 Dass der Antragsteller versucht hätte, die Einbringungsstelle für den beabsichtigten Verfahrenshilfeantrag in Erfahrung zu bringen, bringt er nicht vor; dass er gehindert oder es ihm nicht zumutbar gewesen wäre, sich die notwendigen Kenntnisse zu verschaffen, ist ebenfalls nicht erkennbar. In Anbetracht der Bedeutsamkeit der Wahrung von Rechtsmittelfristen trifft den Antragsteller sohin ein Verschulden, das den minderen Grad des Versehens übersteigt (vgl. wiederum VwGH Ra 2015/03/0049 unter Hinweis u.a. auf VwGH 2013/02/0152).
15 6.3. Angemerkt sei, dass sich auf der - im vorliegenden Antrag erwähnten - Website des Verwaltungsgerichtshofes (unter dem Menüpunkt Verfahren/Verfahrenshilfe) präzise Informationen darüber finden, wo Verfahrenshilfeanträge zur Erhebung von Revisionen einzubringen sind.
16 7. Der gegenständliche Wiedereinsetzungsantrag wurde entgegen § 24 Abs. 2 VwGG nicht von einem Rechtsanwalt eingebracht.
17 Ein Auftrag an den Antragsteller, den Wiedereinsetzungsantrag diesbezüglich zu verbessern, oder die Beigebung eines Rechtsanwaltes im Wege der Verfahrenshilfe erübrigt sich aber, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Antrag zweifelsfrei erkennen lässt, dass keine Anhaltspunkte für die Bewilligung der Wiedereinsetzung gegeben sind und diese somit auch nach Behebung des Formgebrechens ausgeschlossen wäre (vgl. etwa VwGH 23.9.2014, Ra 2014/01/0070, VwSlg. 18.929 A, mwN).
18 8. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher abzuweisen.
Wien, am 18. Dezember 2018
Rückverweise