Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Richter Mag. Guggenbichler als Vorsitzenden sowie den Richter Mag. Einberger und die Kommerzialrätin Eigner in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH , FN **, **, vertreten durch die Fieldfisher Rechtsanwälte GmbH Co KG in Wien, wider die beklagte Partei B* AG ** , FN **, **, vertreten durch die Pilz Burghofer Rechtsanwalts GmbH in Wien, wegen EUR 22.500 s.A., über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 10.3.2025, **-39, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 2.482,62 (darin enthalten EUR 413,77 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin hat bei der Beklagten eine Kaskoversicherung für einen PKW abgeschlossen. Am 24.10.2021 nahm der Sohn des Geschäftsführers der Klägerin ohne Lenkberechtigung das Fahrzeug in Betrieb und verursachte damit übermüdet und alkoholisiert einen Verkehrsunfall, bei dem Totalschaden entstand.
Die relevanten Bestimmungen der dem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden AKKB 2016 lauten:
„ Artikel 5
Was ist vor bzw. nach Eintritt des Versicherungsfalles zu beachten?
1. Vor dem Eintritt des Versicherungsfalles:
[…]
1.2 Als Obliegenheiten, die zum Zweck der Verminderung der Gefahr oder der Verhütung einer Erhöhung der Gefahr dem Versicherer gegenüber zu erfüllen sind und deren Verletzung im Zeitpunkt des Versicherungsfalles die Freiheit des Versicherers von der Verpflichtung zur Leistung bewirkt, werden bestimmt,
1.2.1 dass der Lenker in jedem Fall die kraftfahrrechtliche Berechtigung besitzt, die für das Lenken des Fahrzeuges auf Straßen mit öffentlichem Verkehr vorgeschrieben ist; dies gilt auch dann, wenn das Fahrzeug nicht auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt wird;
1.2.2 dass der Lenker sich nicht in einem durch Alkohol, Suchtgift oder Medikamente beeinträchtigten Zustand im Sinne der Straßenverkehrsvorschriften befindet.
Die Verpflichtung zur Leistung bleibt gegenüber dem Versicherungsnehmer und den versicherten Personen bestehen, sofern für diese die Obliegenheitsverletzung ohne Verschulden nicht erkennbar war.
[…]
2. Nach Eintritt des Versicherungsfalles:
2.1 Als Obliegenheit, deren Verletzung nach Eintritt des Versicherungsfalles die Freiheit des Versicherers von der Verpflichtung zur Leistung [sic], werden bestimmt:
2.1.1 nach Möglichkeit zur Feststellung des Sachverhalts beizutragen;
2.1.2 dem Versicherer längstens innerhalb einer Woche ab Kenntnis den Versicherungsfall unter möglichst genauer Angabe des Sachverhalts sowie die Einleitung eines damit in Zusammenhang stehenden verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahrens schriftlich […] mitzuteilen;“
Mit Klage vom 22.11.2022 begehrte die Klägerin EUR 35.000 s.A.. In weiterer Folge schränkte sie das Klagebegehren auf EUR 22.500 ein. Sie brachte zusammengefasst vor, ein Verstoß gegen die Obliegenheit des Art 5 Abs 1.2.1 und Abs 1.2.2 AKKB 2016 liege ihr nicht zur Last, weil es dem Sohn des Geschäftsführers trotz sorgfältigster Vorkehrungen gelungen sei, den Schlüssel für das Kraftfahrzeug zu entwenden und eine Schwarzfahrt zu unternehmen. Es sei ihm ausdrücklich verboten worden, das Fahrzeug zu verwenden und der Schlüssel sei stets in einer versperrten Handkassa im Büro der Klägerin aufbewahrt worden. Zu dieser hätten nur der Geschäftsführer der Klägerin und der Mitarbeiter C* Zugang gehabt. Drei Tage nach dem Unfall sei telefonisch der Versicherungsmakler verständigt worden, der zugesagt habe, sich um alles Weitere zu kümmern. Eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung der Anzeigeobliegenheit falle ihr nicht zur Last.
Die Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und replizierte im Wesentlichen, aufgrund der fehlenden Lenkberechtigung und der Alkoholisierung des Unfalllenkers sei sie gemäß Art 5 Abs 1.2.1 und Abs 1.2.2 AKKB 2016 leistungsfrei. Dass es sich um eine Schwarzfahrt gehandelt haben solle, sei eine Schutzbehauptung, zudem habe die Klägerin auch nicht alle ihr zumutbaren Vorkehrungen getroffen, um eine solche zu verhindern. Die Klägerin habe zudem nur eine völlig unzureichende Schadensmeldung erstattet und insbesondere verschwiegen, dass der Lenker zum Unfallzeitpunkt alkoholisiert gewesen sei. Es liege damit auch ein vorsätzlicher oder zumindest grob fahrlässiger Verstoß gegen die Obliegenheit des Art 5 Abs 2.1.1 und Abs 2.1.2 AKKB 2016 vor, der zur Leistungsfreiheit führe.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht die Klage ab. Es stellte den aus Seiten 4 bis 7 der Urteilsausfertigung ersichtlichen Sachverhalt fest, auf den zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen und aus dem als Gegenstand der Beweisrüge hervorgehoben wird: [F1] „Von Seiten des Geschäftsführers gab es keine Anweisung an C* oder andere Mitarbeiter, wonach die Handkassa (mit dem Autoschlüssel) immer bzw beim Verlassen des Büros abgesperrt sein muss“.
[F2] „C* ließ den Schlüssel der Handkasse während der Geschäftszeiten immer im Schloss der Handkassa stecken, wenn er während seiner Arbeitstätigkeit das Büro verließ – was regelmäßig vorkam – ließ er den Schlüssel meistens auch stecken, manchmal nahm er den Schlüssel zur Handkassa mit“.
[F3] „Es kann nicht festgestellt werden, dass [der Geschäftsführer der Klägerin] dabei [bei Erstattung der telefonischen Schadensmeldung an den Versicherungsagenten; Anm.] mitgeteilt hat, dass der Lenker zum Zeitpunkt des Unfalls alkoholisiert war und keine Lenkberechtigung hatte“.
Rechtlich folgerte das Erstgericht, aufgrund der Alkoholisierung und der fehlenden Lenkberechtigung des Sohns des Geschäftsführers der Klägerin sei objektiv eine Obliegenheitsverletzung der Art 5 Abs 1.2.1 und Abs 1.2.2 AKKB 2016 verwirklicht. Die Klägerin habe daher den Beweis fehlenden Verschuldens zu erbringen gehabt, dieser sei ihr nicht gelungen. Da der Geschäftsführer der Klägerin gewusst habe, dass seinem Sohn wegen Trunkenheit im Straßenverkehr die Lenkberechtigung entzogen worden sei und er zudem Angst gehabt habe, dass er trotz des ausgesprochenen Verbots das Fahrzeug in Betrieb nehmen werde, hätte er bis zur Grenze des unabwendbaren Zufalls alles in seiner Macht Stehende unternehmen müssen, um Schwarzfahrten zu verhindern. Dies sei nicht geschehen, weil der Geschäftsführer in Italien gewesen sei und seinem Vertreter dennoch keine Anweisung erteilt habe, die Handkassa abzusperren bzw den Schlüssel nicht stecken zu lassen. Hinzu komme, dass der Sohn auch im Büro der Klägerin gearbeitet und so leicht Zugang zur Handkassa gehabt habe. Der Geschäftsführer hätte den Schlüssel daher mit nach Hause nehmen müssen. Zudem habe die Klägerin den Unfall zwar gemeldet, jedoch verschwiegen, dass der Lenker alkoholisiert und ohne Lenkberechtigung gefahren sei. Auch das vorhandene Polizeiprotokoll habe sie nicht vorgelegt. Es liege daher auch ein Verstoß gegen die Obliegenheit der Art 5 Abs 2.1.1 und Abs 2.1.2 AKKB 2016 vor.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin aus den Berufungsgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahingehend abzuändern, dass der Klage stattgegeben werde.
Die Beklagte beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung , der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1. Zur Beweisrüge
1.1 Die Berufungswerberin bekämpft die oben als F1 gekennzeichnete Feststellung, an deren Stelle sie folgende Ersatzfeststellung begehrt:
„Von Seiten des Geschäftsführers gab es zumindest eine implizite Anweisung an C*, wonach die Handkassa (mit dem Autoschlüssel) immer bzw. beim Verlassen des Büros abgesperrt sein muss.“
Damit ist die Beweisrüge insoweit nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt, als sie keine dem Tatsachenbereich zuzuordnende Ersatzfeststellung nennt. Welcher Bedeutungsinhalt einer Äußerung zukommt (RS0031883 [T6]) und ob aufgrund konkreter Umstände eine schlüssige („implizite“) Willenserklärung anzunehmen ist (RS0118759), stellt eine Rechtsfrage dar. Feststellungsfähig wären nur konkrete Tatsachen, die eine solche Beurteilung erlauben. Solche finden sich in der Ersatzfeststellung nicht.
Im Übrigen ist die bekämpfte Feststellung unbedenklich. Das Erstgericht hat die dazu in Widerspruch stehenden Aussagen des Geschäftsführers der Klägerin und des Zeugen C* sorgsam abgewogen und ist aufgrund nachvollziehbar dargelegter Bedenken an der Glaubwürdigkeit des Geschäftsführers jener des Zeugen gefolgt. Mit den dazu angestellten Erwägungen des Erstgerichts setzt sich die Berufungswerberin nicht auseinander und legt dementsprechend auch nicht dar, weshalb sie unrichtig sein sollten (vgl aber RS0041835 [T1]). Sie zieht lediglich die Erinnerungsqualität des Zeugen C* in Zweifel, weil dieser nicht mehr konkret angeben konnte, ob der Schlüssel zur Handkassa am Vorfallstag stecken gelassen wurde (ON 31, S 7). Die offen eingestandene Unsicherheit des Zeugen bezog sich damit auf die tatsächliche Verwahrung des Schlüssels an einem bestimmten, zum Zeitpunkt seiner Vernehmung mehrere Jahre in der Vergangenheit liegenden Tag. Daraus kann nicht abgeleitet werden, der Zeuge sei bei der Beantwortung der Frage nach einer allgemeinen Weisung bezüglich der Aufbewahrung des Schlüssels, die er mit Bestimmtheit verneinte (ON 31, S 6), einem Irrtum unterlegen. Wenn die Berufungswerberin zusätzlich argumentiert, es habe sich auch Bargeld in der Kassa befunden, sodass sie schon deswegen hätte abgesperrt werden müssen, überzeugt dies ebenfalls nicht. Im bloßen Vorhandensein von Wertgegenständen liegt keine implizite Anweisung, gegen deren Diebstahl bestimmte Sicherheitsvorkehrungen zu treffen.
1.2 Weiters bekämpft die Berufungswerberin die oben als F2 gekennzeichnete Feststellung. Stattdessen begehrt sie die Ersatzfeststellung:
„C* ließ den Schlüssel der Handkasse während der Geschäftszeiten immer im Schloss der Handkassa stecken. Wenn er während seiner Arbeitstätigkeit das Büro verließ – für 5 Minuten, manchmal auch für 10 Minuten – ließ er den Schlüssel manchmal auch stecken, manchmal nahm er den Schlüssel zur Handkassa mit. Bei Geschäftsschluss hat er den Schlüssel abgezogen und mitgenommen.“
Die bekämpfte und die begehrte Feststellung decken sich weitgehend. Lediglich im zweiten Satz vermisst die Berufungswerberin – in Wahrheit der Rechtsrüge zuzuordnende (vgl RS0043304) – ergänzende Feststellungen zur durchschnittlichen Dauer der Abwesenheit des C*, auf die es aber nicht ankommt. Dasselbe gilt für den letzten Satz, wonach C* den Schlüssel nach Geschäftsschluss mitnahm.
Die Feststellungen unterscheiden sich nur insoweit, als das Erstgericht feststellte, der Zeuge habe den Schlüssel meistens stecken lassen, während die Berufungswerberin meint, er habe ihn nur manchmal stecken lassen. Sie verweist dazu auf seine Aussage in ON 31, S 8, wonach er den Schlüssel manchmal mitgenommen und manchmal steckengelassen habe. Die von der Berufungsweberin darin offenbar verortete Aktenwidrigkeit liegt indes nicht vor, hat das Erstgericht doch weiters auf die Aussage desselben Zeugen in ON 19, S 3 verwiesen, wo er angab: „Wenn ich in der Arbeit bin, steckt der Schlüssel für die Handkassa im Schloss.“ Wenn das Erstgericht daraus ableitete, die Gelegenheiten, bei denen der Schlüssel stecken blieb, hätten überwogen, ist ihm nicht entgegenzutreten. Im Übrigen lautete die Aussage des Zeugen ON 31, S 8: „Manchmal habe ich den Schlüssel mitgenommen und manchmal habe ich den Schlüssel, zum Beispiel, wenn ich mit Kunden kurz rausgegangen bin, stecken gelassen.“ Grammatikalisch betrachtet sagte der Zeuge damit aus, dass er den Schlüssel manchmal stecken ließ, zum Beispiel (hier aber ohne Einschränkung auf manchmal) dann, wenn er das Büro kurz mit Kunden verließ. Da er dies nach seiner weiteren Aussage „oft“ tat (ON 31, S 7) ist die Feststellung auch unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden.
1.3 Letztlich bekämpft die Berufungswerberin die oben als F3 gekennzeichnete Feststellung, an deren Stelle sie festzustellen begehrt:
„[Der Geschäftsführer der Klägerin] hat am Nachmittag des Unfalltags dem Zeugen D* [dem Versicherungsagenten; Anm.] mitgeteilt, dass der Lenker zum Zeitpunkt des Unfalls alkoholisiert war und keine Lenkberechtigung hatte.“
Die Berufungswerberin argumentiert, der Zeuge D* habe an den Inhalt der Schadensmeldung keine konkreten Erinnerungen mehr gehabt, sodass das Erstgericht der Aussage ihres Geschäftsführers hätte folgen müssen. Damit übersieht sie, dass das Erstgericht diesen Umstand ohnedies erwogen hat, jedoch dem Zeugen D* folgend (vgl ON 31, S 14) davon ausging, dass er entsprechende Informationen durch den Geschäftsführer in der zeitnah erstellten Beilage ./8 vermerkt hätte. Weshalb diese Überlegung unzutreffend sein sollte, legt die Berufungswerberin nicht dar. Aus der fehlenden Erinnerung des Zeugen – wiederum mehrere Jahre nach dem Vorfall – alleine ist für ihren Standpunkt daher nichts entscheidendes abzuleiten. Zudem hat das Erstgericht dem Geschäftsführer in diesem Punkt ohnedies nicht jede Glaubwürdigkeit abgesprochen, hat es doch eine Negativfeststellung getroffen.
Das Berufungsgericht übernimmt daher die angefochtenen Feststellungen und legt sie seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde.
2. Zur Rechtsrüge
2.1Die Berufungswerberin wendet sich nicht gegen die Rechtsansicht des Erstgerichts, sie sei aufgrund der objektiven Verletzung der Führerscheinklausel sowie ihres Wissens um die fehlende Lenkberechtigung des Sohnes ihres Geschäftsführers verpflichtet gewesen, alles ihr Mögliche zu unternehmen, um ihn von der Benützung des PKW abzuhalten (idS auch 7 Ob 49/21p [Rn 11 iVm Rn 4]; vgl auch RS0081168; RS0081086). Sie meint nur, diesem hohen Sorgfaltsmaßstab, der bei in einer die Schwarzfahrt erleichternden Nahebeziehung zum Fahrzeughalter stehenden Personen einzuhalten ist (vgl RS0058478), ohnedies entsprochen zu haben.
2.2 Nach den Feststellungen teilte der Sohn des Geschäftsführers seinem Vater mit, an einer soziopathischen Persönlichkeitsstörung und Aggressionsproblemen zu leiden. Charakteristika soziopathischen Verhaltens sind impulsives, verantwortungsloses Handeln, ein Hinwegsetzen über geltende Gebote und Verbote und eine Tendenz zu manipulativem Vorgehen. Der Geschäftsführer der Klägerin hatte daher nicht nur Anhaltspunkte dafür, dass sich sein Sohn über das Verbot hinwegsetzen könnte, sondern er befürchtete dies nach den Feststellungen sogar konkret. Da sein Sohn zudem im Betrieb der Klägerin mitarbeitete und im Büro, wo der Schlüssel verwahrt wurde, Arbeit verrichtete, bestand auch iS oben angeführter Judikatur eine die Schwarzfahrt erleichternde Beziehung.
2.3Grundsätzlich reicht es zur Entlastung aus, wenn der Fahrzeugschlüssel in einem versperrten Behältnis aufbewahrt wird und der Schlüssel dazu beim Versicherungsnehmer verbleibt (vgl 2 Ob 224/04m). Selbst davon werden allerdings Ausnahmen gemacht (2 Ob 174/76 = ZVR 1978/78, 115 [Aufbrechen eines versperrten Kfz durch den Sohn des Versicherungsnehmers]), insbesondere, wenn eine Neigung zur Aggression bekannt ist (2 Ob 394/67 = ZVR 1969/150, 132 [bekanntermaßen zu Gewalt neigender Sohn öffnet mit einem Draht die Türe zum Schlafzimmer und entnimmt den Schlüssel aus der Nachttischschublade]). Nicht ausreichend ist hingegen ein bloßes Verbot (2 Ob 117/60 = ZVR 1960/237, 161) oder die Aufbewahrung in einem unversperrten Behältnis (2 Ob 62/69 = ZVR 1969/88, 127 [Aufbewahrung in einem dem späteren Schwarzfahrer zugänglichen Garderobenschrank]). Dass ein versperrbares Behältnis bloß zur Verfügung steht, ändert daran nichts, wenn es tatsächlich nicht genutzt und abgesperrt wird (vgl 2 Ob 24/99i [Aufbewahrung des Schlüssel in der Tasche einer Jacke, die nicht im Spind versperrt, sondern außen an diesem aufgehängt wurde]; Danzl, EKHG 11 § 6 E 34 [Aufbewahrung des Schlüssel in der Nachttischlade eines Krankenhauszimmers anstelle des Safes]).
2.4Nach den Feststellungen ging C* auch in der Nacht von 22.10. auf 23.10.2021 ständig im Büro ein und aus; ob er dabei die Handkassa immer versperrte, war nicht feststellbar. Diese Negativfeststellung fällt der Berufungswerberin zur Last, weil sie den Beweis fehlenden Verschuldens zu erbringen gehabt hätte (RS0081343 [T12]). Daher ist davon auszugehen, dass die Handkassa zumindest zeitweise offen blieb, wenn C* das Büro verließ. Vor dem Hintergrund des charakterlichen Wesens des Sohnes des Geschäftsführers und der zu Pkt 2.3 dargestellten Rechtsprechung zeigt die Berufungswerberin folglich mit dem Hinweis, dass die Handkasse grundsätzlich versperrbar gewesen wäre und dem Sohn die Benutzung des Fahrzeugs verboten wurde, keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung des Erstgerichts auf. Entgegen der Berufung kann auch dahinstehen, ob die Klägerin ihrer Sorgfaltspflicht ausreichend entsprochen hätte, hätte ihr Geschäftsführer den Schlüssel mit nachhause genommen. Jedenfalls wäre es angezeigt gewesen, die Handkassa durchgehend versperrt zu halten, während der Sohn des Geschäftsführers im Büro anwesend war.
2.5Der weiteren Rechtsrüge zuwider führt auch die Negativfeststellung zur Frage, wann der Sohn des Geschäftsführers an den Schlüssel gelangte, nicht zur Leistungspflicht der Beklagten. Soweit die Berufungswerberin behauptet, es bliebe dadurch „vollkommen offen“, ob die Obliegenheitsverletzung kausal für den Verkehrsunfall gewesen sei, übersieht sie, dass sie den Kausalitätsgegenbeweis zu erbringen gehabt hätte (RS0081343). Dieser ist streng zu führen, sodass verbleibende Unklarheiten – welche die Berufungswerberin offenbar verortet – zu ihren Lasten gingen (vgl RS0079993 [T5], [T10]).
2.6Im Übrigen ist die Negativfeststellung des Erstgerichts nicht in dem Sinne zu verstehen, den ihr die Berufungswerberin beilegt. Sie bezieht sich lediglich auf den genauen Zeitpunkt, zu dem der Schlüssel abhanden kam. Denn es steht fest, dass er am Abend des 22.10.2021 noch in der Handkassa war (US 6, 2. Abs, 2. Satz), zu Mittag des 23.10.2021 aber nicht mehr, zumal der Sohn des Geschäftsführers zu diesem Zeitpunkt das Fahrzeug schon in Betrieb nahm (US 6, 3. Abs). Da die Handkassa nicht aufgebrochen wurde (US 6, 2. Abs, letzter Satz) führt dies zu dem zwingenden Schluss (den das Berufungsgericht auch ohne Beweiswiederholung ziehen durfte; vgl RS0118191), dass sich der Sohn des Geschäftsführers den Schlüssel zwischen dem Abend des 22.10. und dem Mittag des 23.10.2021 aus der offenen bzw offen gebliebenen Handkassa aneignete. Feststellungsmängel liegen daher nicht vor.
2.7Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass das Erstgericht die Klage nicht nur wegen einer Verletzung der Obliegenheiten des Art 5 Abs 1.2.1 und Abs 1.2.2 AKKB 2016 abgewiesen hat, sondern auch von einer anspruchsschädlichen Verletzung der Obliegenheit nach Art 5 Abs 2.1.1 und Abs 2.1.2 AKKB 2016 ausgegangen ist. Da es sich dabei um eine selbständige rechtsvernichtende Einrede der Beklagten handelte, zu deren Beurteilung durch das Erstgericht das Rechtsmittel keine Gegenargumente enthält (vgl RS0043603 [T9]), ist es dem Berufungsgericht verwehrt, diese Rechtsansicht nachzuprüfen (vgl RS0043352 [T26], [T34]). Schon deswegen kann der Berufung kein Erfolg beschieden sein.
3.Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
4.Die ordentliche Revision ist mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
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