Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Mag. Koch als Vorsitzenden sowie die Richterinnen des Oberlandesgerichts Mag. Schaller und Dr. Heissenberger in der Rechtssache der klagenden Partei A* , **, vertreten durch Dr. Eric Agstner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich , vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen EUR 3.202,74 sA (Berufungsinteresse EUR 2.204,74 sA), über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 25.10.2024, **-23, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 349,64 bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die Revision ist jedenfalls unzulässig.
Entscheidungsgründ e
Die Klägerin fuhr am 31.05.2023 gegen 09:00 Uhr mit ihrem PkW auf der **straße ** an der in Fahrtrichtung linksseitig gelegenen B*-Kaserne des Österreichischen Bundesheers vorbei, als sie auf einer nicht näher feststellbaren Höhe der **straße und in einer nicht feststellbaren Entfernung von der B*-Kaserne einen (einzigen) Knall oder Schuss hörte. Am nächsten Tag stellte sie an ihrem Auto auf der linken Seite der Motorhaube ein Loch fest und fand im Bereich der Motorhaube ein Projektil, das die Ursache für das Loch in der Motorhaube war.
Die Klägerin begehrt die Zahlung von 3.202,74 Euro sA (darin enthalten 2.202,74 Euro angemessene Reparaturkosten [noch berufungsgegenständlich] und 1.000,- Euro Schmerzengeld für Schockschaden [nicht mehr berufungsgegenständlich]) mit dem wesentlichen Vorbringen, dass das Projektil nur durch einen Schuss ausgehend vom Kasernengelände, habe kommen können, wofür die Beklagte (Bundesministerium für Landesverteidigung) verantwortlich sei. In der mündlichen Verhandlung vom 26.4.2024 brachte sie außerdem (soweit im Berufungsverfahren noch von Belang) vor, die befassten „militärischen und kriminaltechnischen“ Behörden sowie die Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt hätten es unterlassen zu prüfen, welche Personen mit Zutritt zur B*-Kaserne sich den Zutritt mit Fremdwaffen der nach dem Vorfall ermittelten Waffentypen verschafft hätten bzw ob eine solche Waffe auf eine in der B*-Kaserne tätige Person registriert sei.
Die Beklagte beantragte die Klageabweisung ua mit der Begründung, dass die (auch der Höhe nach bestrittenen) Schäden nicht auf ein Verhalten von Organen der Beklagten zurückzuführen seien. Insbesondere könne ausgeschlossen werden, dass das aufgefundene Projektil von Waffen stamme, die vom Österreichischen Bundesheer verwendet worden seien. Auch habe am 31.05.2023 im Umkreis der Kaserne kein Schießvorhaben mit Fremdwaffen stattgefunden. Allenfalls nachträglich unterlassene Ermittlungstätigkeiten könnten nicht kausal für die behaupteten Schäden geworden sein.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab.
Es traf die auf den Seiten 2 und 3 der Urteilsausfertigung enthaltenen Sachverhaltsfeststellungen, die eingangs wiedergegeben wurden, und auf die verwiesen wird. Außerdem stellte es fest:
Es kann nicht festgestellt werden, von wem und von wo der Schuss, der das Projektil auf (und in) das Fahrzeug der Klägerin befördert hatte, abgegeben worden war. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass dieser Schuss vom Gelände der B*-Kaserne (oder [auch nicht behauptet] vom Gelände des nördlich der Kaserne, ebenfalls an der **straße gelegenen Schießversuchsplatzes des Österreichischen Bundesheers) abgefeuert wurde.
Rechtlich folgerte das Erstgericht, dass es der Klägerin nicht gelungen sei, ein schadensverursachendes (rechtswidriges) Organverhalten (Tun oder Unterlassen), umso weniger die Kausalität eines solchen Verhaltens für die behaupteten Schäden nachzuweisen, sodass die Amtshaftungsklage abzuweisen sei.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin die sie „aus den Gründen der unrichtigen, weil unvollständigen Tatsachenfeststellung der unrichtigen, weil unvollständigen Beweiswürdigung und der daraus resultierenden unrichtigen rechtlichen Beurteilung“ erhebt, und (erkennbar) die Urteilsabänderung in Richtung einer Klagsstattgebung begehrt. Hilfsweise beantragt sie die Aufhebung des Urteils.
Die Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt .
1.Voranzustellen ist, dass die Klägerin in ihrer Berufung entgegen § 471 Z 3 ZPO überhaupt keine nachvollziehbare Zuordnung der Ausführungen zu bestimmten Berufungsgründen vornimmt. Sie kritisiert das rechtliche Ergebnis des Erstgerichts pauschal als „unrichtig“. Ihre Beanstandungen entfernen sich teilweise vom festgestellten Sachverhalt und lassen nicht klar erkennen, welcher Berufungsgrund zur Darstellung gebracht werden soll.
Die Berufungsausführungen werden daher in der Folge nur insoweit behandelt, als sie deutliche Beschwerdegründe erkennen lassen, die sich einem bestimmten Rechtsmittelgrund zuordnen lassen (vgl RIS-Justiz RS0041851). Unklarheiten, die daraus resultieren, dass die Rechtsmittelgründe in unzulässiger Weise nicht getrennt ausgeführt sind, gehen zu Lasten des Rechtsmittelwerbers (RS0041761).
2. Festgehalten wird ferner, dass die Klägerin den festgestellten Sachverhalt, und auch die zentrale Negativfeststellung „ Es kann nicht festgestellt werden, von wem und von wo der Schuss, der das Projektil auf (und in) das Fahrzeug der Klägerin befördert hatte, abgegeben worden war“, nicht bekämpft .
Sie bekämpft zudem das Urteil im Umfang der Abweisung ihrer Schmerzengeldforderung in Höhe von 1.000,- Euro ausdrücklich nicht und auch nicht, soweit es einen Zusammenhang mit dem Verteidigungsressort verneint.
Vielmehr stützt sie ihr Begehren auf Ersatz ihres vorraussichtlichen Reparaturaufwands im Berufungsverfahren nur mehr auf ihr Vorbringen vom 26.4.2024 (Protokoll ON 15 S 1 f), somit auf die Behauptung, Organe des Landeskriminalamt ** bzw der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt sei die Unterlassung weiterer Ermittlungstätigkeiten vorzuwerfen, insbesondere im Hinblick auf die Überprüfung, auf welche Person mit Zutritt zur B*-Kaserne eine dem Untersuchungsbericht ./1 entsprechende Waffe registriert sein könnte.
3.Zu Recht weist das Erstgericht darauf hin, dass im Schadenersatz- (und auch im Amtshaftungs-)prozess den Geschädigten die Pflicht trifft, die Rechtsverletzung durch ein Organ (Rechtswidrigkeit) und den Eintritt eines kausalen Schadens (RS0022474, RS0022469) zu behaupten und zu beweisen.
Ergänzend ist noch darauf hinzuweisen, dass den Geschädigten grundsätzlich auch im Falle der Schädigung durch Unterlassung die Behauptungs- und Beweislast für den hypothetischen Kausalverlauf (bei rechtmäßigem Alternativverhalten) trifft (vgl RS0022900).
Dem Erstgericht ist in rechtlicher Hinsicht darin beizupflichten, dass es der Klägerin nicht gelungen ist, die Kausalität der behaupteten Unterlassung (nämlich weiterer Ermittlungsschritte seitens der Organe der Beklagten) für den bei ihr eingetretenen Reparaturschaden nachzuweisen. Das Einschussloch in ihrem PkW und die aufzuwendenden Reparaturkosten zu dessen Beseitigung wären nämlich auch entstanden, wenn die Behörden in diesem Sinn „weiter ermittelt“ hätten. Die Klägerin erkennt dies offensichtlich selbst, wenn sie in der Berufung nun ergänzend vorbringt, dass ihr durch die Unterlassung weiterer Ermittlungen die Möglichkeit genommen worden sei, den Schadensverursacher zu ermitteln; dadurch wiederum habe der Schaden auch nicht auf dessen Kosten behoben werden können (Berufung S 3 zweiter Absatz).
Mit diesem Vorbringen verstößt die Klägerin allerdings gegen das im Berufungsverfahren geltende Neuerungsverbotdes § 482 Abs 1 ZPO (vgl RS0041965), worauf die Beklagte in ihrer Berufungsbeantwortung zu Recht hinweist. Schließlich ist zwischen jenem Schaden, der der Klägerin vom unmittelbaren Täter (durch den Schuss) zugefügt wurde, und jenem, der ihr allenfalls durch das Unterlassen weiterer Ermittlungsmaßnahmen entstanden sein könnte, zu unterscheiden. Die Geltendmachung des ihr durch die behauptete Behördenuntätigkeit allenfalls zugefügten Schadens hätte in erster Instanz jedenfalls die Behauptung weiterer Sachverhaltselemente (va im Hinblick auf die Kausalität bzw den hypothetischen Kausalverlauf) erfordert, um dem Schlüssigkeitserfordernis zu entsprechen. Darauf hat die Beklagte im Verfahren erster Instanz mit ihrem Einwand mangelnder Kausalität bereits ausreichend hingewiesen, sodass sich jede weitere richterliche Erörterung in diese Richtung erübrigte (vgl RS0037300 [T41] uva).
4.Soweit die Klägerin sich darauf stützen will, dass die Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt die Ermittlungen gemäß § 197 Abs 2 StPO (gegen unbekannte Täter) abgebrochen habe, und diesbezüglich offenbar einen (sekundären) Feststellungsmangel erblicken will, ist ihr schon entgegen zu halten, dass sie entsprechendes Vorbringen in erster Instanz nicht erhoben hat. Folglich war dies vom Erstgericht auch nicht zwingend zu prüfen bzw festzustellen (vgl RS0053317).
Dass das gegenständliche Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Täter (dem sich die Klägerin als Privatbeteiligte angeschlossen hatte) mit Verfügung vom 23.08.2023 (offenbar gemäß § 197 Abs 2 StPO; Anmerkung des Berufungsgerichts) abgebrochen wurde und in der Folge kein Fortführungsantrag (gemäß § 195 StPO durch die Klägerin; Anmerkung des Berufungsgerichts) gestellt wurde, kann überdies ohnehin als insoweit offensichtlich unstrittig (s ON 4 S 3, Berufung S 2, Protokoll ON 19 S 2; RS0121557 [T1, T3]) der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Allerdings bleibt die Klägerin in ihrer Berufung jegliche Begründung schuldig, warum diesbezüglich die Feststellungsgrundlage mangelhaft sein soll; sie zeigt also in keiner Weise die Relevanz dieser Umstände für das rechtliche Ergebnis auf (vgl RS0053317).
5. Zuletzt bleibt darauf hinzuweisen, dass auch die in der Berufung von der Klägerin (zumindest im Ansatz erhobene) Behauptung eines Verfahrensmangels keine Aussicht auf Erfolg haben kann. Sie behauptet, das Erstgericht habe die beantragte Beischaffung der Akten des Bundesministeriums für Inneres, der Landespolizeidirektion ** sowie der Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt unterlassen und deshalb nicht festgestellt, dass die Behörden untätig geblieben wären (Berufung S 2 f). Allerdings übersieht sie, dass sie den entsprechenden Beweisantrag in der Verhandlung vom 26.4.2024 (inhaltlich) zurückgezogen hat (Protokoll ON 15 S 3), sodass von einem Gerichtsfehler bzw einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens keine Rede sein kann.
6. Der unberechtigten Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.
7.Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
8.Die Revision ist gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig.
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