Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Friedrich als Vorsitzenden sowie die Richterin Dr. Klammer und den Richter Mag. Melichar als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB über die Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit und der Aussprüche über die Schuld, die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche gegen das einzelrichterliche Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 20.02.2025, GZ ** 60, nach der am 10.09.2025 in Anwesenheit der Schriftführerin Rp Mag. Posch, des Ersten Oberstaatsanwaltes Mag. Kuznik, des Angeklagten, der Privatbeteiligtenvertreterin RA Dr. Eglenceoglu (für B*) und seines Verteidigers RA Dr. Kier öffentlich durchgeführten Berufungsverhandlung am selben Tag zu Recht erkannt:
Der Berufung wegen Nichtigkeit wird t e i l w e i s e Folge gegeben, das Urteil in seinem Schuldspruchfaktum zum Nachteil des B* (Pkt 2.) und demzufolge im Strafausspruch und im Privatbeteiligtenzuspruch a u f g e h o b e n und im Umfang der Aufhebung zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht z u r ü c k v e r w i e s e n .
Im Übrigen wird der Berufung wegen Nichtigkeit und des Ausspruchs über die Schuld n i c h t Folge gegeben.
Für den aufrecht bleibenden Schuldspruch wird der Angeklagte nach dem ersten Strafsatz des § 148 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten v e r u r t e i l t .
Gemäß § 43a Abs 3 StGB wird ein Teil der Freiheitsstrafe von 10 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren b e d i n g t n a c h g e s e h e n .
Mit seiner Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen freisprechenden Teil enthält, wurde der am ** geborene A* des Vergehens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB schuldig gesprochen und nach dem ersten Strafsatz des § 148 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Gemäß § 43a Abs 3 StGB wurde ein Teil der Freiheitsstrafe im Ausmaß von 16 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Zudem wurde der Angeklagte gemäß § 366 Abs 2 erster Satz iVm § 369 StPO zur Zahlung eines Betrages von EUR 500,-- binnen 14 Tagen ab Rechtskraft dieser Entscheidung an den Privatbeteiligten B* verpflichtet.
Von einem Verfallsausspruch gemäß § 20 StGB wurde abgesehen.
Laut Schuldspruch hat A*
in Tirol und Vorarlberg seit 13.09.2022 bis 30.08.2023 mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern sowie in der Absicht sich durch die wiederkehrende Begehung von Betrügereien längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, nachstehende Personen durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung, nämlich zur Unterfertigung eines Kaufvertragsformulars, verleitet, wodurch die Opfer, die in Kenntnis der wahren Sachlage die Verträge nicht abgeschlossen hätten, an ihrem Vermögen geschädigt wurden bzw geschädigt werden sollten, nämlich in einem EUR 5.000,--, nicht jedoch EUR 50.000,-- übersteigenden Betrag, nämlich mehr als EUR 40.000,--, indem er insbesondere
und zwar
Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitig angemeldete und fristgerecht schriftlich ausgeführte Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit und der Aussprüche über die Schuld, die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche (ON 63.2). Diese mündet in die Anträge, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Angeklagten, in eventu nach Beweiswiederholung, freizusprechen, in eventu die Strafe herabzusetzen, in eine (teilweise bedingt nachgesehene) Geldstrafe in Anwendung des § 37 StGB umzuwandeln, in eventu den Zuspruch an den Privatbeteiligten ersatzlos aufzuheben.
Der Privatbeteiligte B* beantragte in seiner Gegenäußerung (ON 65), der Berufung keine Folge zu geben.
Die Oberstaatsanwaltschaft vertritt in ihrer ausführlichen schriftlichen Stellungnahme die Ansicht, der Berufung werde nicht Folge zu geben sein.
Hiezu erstattete der Angeklagte durch seinen Verteidiger eine Gegenäußerung samt ergänzendem Vorbringen zur Schuldberufung.
Die Berufung wegen Nichtigkeit ist teilweise berechtigt.
Unter dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 3 StPO bemängelt der Berufungswerber, die schriftliche Urteilsausfertigung entspräche hinsichtlich § 260 Abs 1 Z 1 bis 3 StPO nicht dem verkündeten Urteil. In der mündlichen Protokollierung werde der Schuldspruch (im Wesentlichen) im Sinne des schriftlichen Strafantrages verkündet, in welchem sich der Schadensbetrag aber aus den Beträgen der bereits erlegten Rechnungen zusammensetze. In der schriftlichen Urteilsausfertigung lege das Erstgericht der Schadensberechnung aber die Kosten abzüglich der ersten Teillieferungen zugrunde. Es werde der Schadensbetrag daher nicht - wie mündlich verkündet - anhand der bereits gelegten Rechnungen, sondern aufgrund der zukünftig anfallenden Kosten der über die mündlich angegebenen einmalig gewünschten Bestellmengen hinausgehenden Liefermenge an Werbeartikeln betitelt und berechnet. Es bestehe daher eine gravierende Divergenz hinsichtlich entscheidender Tatsachen.
Allfällige Abweichungen des schriftlichen vom verkündeten Urteil bewirken nur dann Nichtigkeit aus dem Grund des § 281 Abs 1 Z 3 StPO, wenn sie die in § 260 Abs 1 Z 1 bis 3 StPO genannten Inhalte betreffen (RISJustiz RS0098867 [T1]). Nach § 260 Abs 1 Z 1 StPO hat der Urteilstenor auszusprechen, welcher Tat der Angeklagte schuldig befunden worden ist, und zwar unter ausdrücklicher Bezeichnung der einen bestimmten Strafsatz bedingenden Tatumstände. Das in § 260 Abs 1 Z 1 StPO angesprochene Referat der entscheidenden Tatsachen dient somit dazu, einerseits Lebenssachverhalte voneinander abzugrenzen und andererseits jene entscheidenden Tatsachen zu bezeichnen, auf welche die gesetzliche Deliktsbeschreibung der als begründet befundenen strafbaren Handlung abstellt (RISJustiz RS0117435; Lendl in Fuchs/Ratz , WKStPO § 260 Rz 9).
Eine vollständige Beschreibung des Tatgeschehens verlangt das Gesetz keineswegs (RISJustiz RS0116587). Der Ausspruch nach Z 1 muss aber in dem für die rechtliche Unterstellung (die Subsumtion; § 260 Abs 1 Z 2) entscheidenden Umfang den als erwiesen angenommenen Tatsachen der Entscheidungsgründe entsprechen, um unter dem Aspekt des § 281 Abs 1 Z 3 StPO unbedenklich zu sein (RISJustiz RS0120334; Lendl aaO Rz 12).
Der Strafantrag bezieht sich zu den hier noch in Rede stehenden Schuldspruchfakten (Pkte 5, 7, 8, 9 und 10 des Strafantrages ON 45) auf gewerbsmäßig begangene Betrugshandlungen durch den Angeklagten in einem EUR 5.000,-- übersteigenden Wert, sohin auf das Vergehen des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB.
Um die Tat von anderen abzugrenzen, ist sie zu individualisieren. Dadurch soll die faktische Eindeutigkeit und Unverwechselbarkeit der Tatsachengrundlagen des Schuldspruchs erzielt werden, sodass eine wiederholte Verurteilung wegen derselben Tag ausgeschlossen werden kann. Aus dem Referat resultierende Zweifel streiten im Fall einer späteren Verfolgung für die Annahme von Tatidentität und damit für das Vorliegen des Verfolgungshindernisses des Verbots wiederholter Strafverfolgung nach § 17 Abs 1 StPO. Die über die Individualisierung hinausgehende Konkretisierung, dh die Anführung der besonderen Umstände des Einzelfalls, erfolgt in den Urteilsgründen ( Lendl aaO Rz 10).
Der Urteilsspruch bezieht sich auf die durch den Angeklagten zum Nachteil der im Strafantrag angeführten Geschädigten durch den Abschluss von Kaufverträgen begangenen Betrugshandlungen in einem EUR 5.000,--, aber nicht EUR 50.000,-- (richtig: EUR 300.000,--) übersteigenden Schadensbetrag. Zudem wurde die Vorgangsweise mit der dort ersichtlichen Maßgabe festgehalten (ON 59 AS 38). Diese Abweichung vom schriftlichen Strafantrag wurde in der Hauptverhandlung durch den Erstrichter auch im Sinne des § 262 StPO erörtert (ON 59 AS 31). Strafantrag und schriftliche Urteilsausfertigung betreffen denselben Lebenssachverhalt und dasselbe Delikt, nämlich das Vergehen des schweren gewerbsmäßigen Betrugs. Die einzelnen Tathandlungen beziehen sich sowohl im mündlich verkündeten Urteil als auch in dessen schriftlicher Ausfertigung auf die abgeschlossenen Kaufverträge. Die Tat ist ausreichend individualisiert, um sie von anderen strafbarkeitsrelevanten historischen Sachverhalten abzugrenzen. Dass die (intendierte) Schadenssumme laut Strafantrag weniger betrug als in der schriftlichen Urteilsausfertigung spricht keine für die Subsumtion entscheidende Tatsache an, zumal sich dieser jeweils im Rahmen von mehr als EUR 5.000,--, aber weniger als EUR 300.000,-- (im Urteil angeführt weniger als EUR 50.000,--) bewegt.
Unter dem Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 8 StPO moniert der Berufungswerber mit derselben Argumentation eine Überschreitung der Anklage, weil das Urteil durch die Annahme ganz anderer Schadensbeträge von der Anklage abweiche.
Anklageüberschreitung im Sinne dieses Nichtigkeitsgrundes liegt dann vor, wenn Anklage und Urteil nicht denselben Lebenssachverhalt meinen. Es geht sohin darum, ob der durch die Anklage determinierte Prozessgegenstand im Urteil erledigt wurde. Zur inhaltlichen Bejahung oder Verneinung der Identität von Anklage- und Urteilsgegenstand sind mehr oder minder relevant Zeit, Ort und Gegenstand der Tat, die Bezeichnung von Tatopfern sowie der vom Täter ins Auge gefasste strafgesetzwidrige Erfolg ( Ratz in Fuchs/Ratz, WKStPO § 281 Rz 502, 512; RISJustiz RS0098487). Ob das Urteil die Anklage überschreitet, ist sohin anhand des prozessualen Tatbegriffs zu beurteilen. Meinen Anklage und Urteil denselben Lebenssachverhalt und somit dieselbe Tat, liegt Anklageüberschreitung nicht vor. Sowohl im Strafantrag als auch im Urteil ist derselbe Lebenssachverhalt im Sinne eines prozessualen Tatbegriffs bezeichnet. Strafantrag und Urteilsausfertigung beziehen sich auf die vom Angeklagten mit den jeweiligen Geschädigten abgeschlossenen Kaufverträge und wurde in der Hauptverhandlung auch erörtert, dass seitens der Tathandlungen davon abgegangen werden könnte. Der Nichtigkeitsgrund der Anklageüberschreitung nach § 281 Abs 1 Z 8 StPO liegt sohin nicht vor.
Hinsichtlich des Urteilsfaktums 3. macht der Berufungswerber eine Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall StPO geltend. Aus der Aussage des Geschädigten D* gehe hervor, dass dieser aufgrund seines Gesamteindrucks bewusst die vertragsgegenständliche Menge von 2.000 Stück bestellen habe wollen und das Kaufvertragsformular auch dementsprechend ausgefüllt habe. Dieser Umstand sei vom Erstgericht nicht gewürdigt worden.
Unvollständig im Sinn dieser Gesetzesstelle ist ein Urteil genau dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidenden Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene Beweisergebnisse unberücksichtigt ließ ( Ratz aaO Rz 421).
Mit seinen Ausführungen übergeht der Berufungswerber aber dem von ihm selbst zitierten Teil der Urteilsfeststellungen, wonach der Angeklagte vorgegeben hat, dass über eine erste Teilliefermenge pro Artikel hinausgehend keine Verbindlichkeit entstehe, sondern die Lieferung weiterer Teilmengen vielmehr einseitig vom Willen des D* abhänge (US 7). Dass D* den Kaufvertrag selbst ausgefüllt hatte, stellte das Erstgericht ohnehin fest. Die diesbezügliche Aussage des Zeugen D* hat das Erstgericht auch erörtert (US 22 f).
Zur Annahme der gewerbsmäßigen Begehungsweise wird der Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 5 dritter Fall StPO geltend gemacht. Das Erstgericht habe festgestellt, dass die strafbaren Handlungen des Angeklagten im Namen und damit auf Rechnung der H* Ltd, sohin einer juristischen Person, erfolgt seien. Es seien sohin auch die Kaufverträge zwischen dieser juristischen Person und dem jeweiligen Unternehmer geschlossen worden und sollten sohin auch alle Zahlungen und damit die Bereicherung dem Unternehmen zukommen. Die Feststellung, der Angeklagte habe die Absicht gehabt, sich durch die wiederkehrende Begehung von Betrügereien ein Einkommen zu verschaffen, stehe daher im Widerspruch mit diesen angeführten Feststellungen, zumal Gewerbsmäßigkeit voraussetze, dass der Täter sich selbst und nicht einen Dritten, und damit eine juristische Person, bereichere.
Dabei übergeht der Berufungswerber, dass der Angeklagte nach den Feststellungen seine Geschäftstätigkeit zwar im Rahmen und im Namen der H* Ltd betrieb, aber deren alleiniger Geschäftsführer und Alleingesellschafter ist (US 5). Diese Feststellung beruht auf den eigenen Angaben des Angeklagten (ON 39 AS 33). Insofern liegt ein Widerspruch nicht vor, zumal die Gesellschaft lediglich aus der Person des Angeklagten besteht, sodass die von diesem angestrebte Bereicherung auch nur ihm selbst zugute kommen kann.
Mit weiterem Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 5 vierter Fall StPO releviert der Berufungswerber, das Erstgericht habe sich zum Vermögensschaden auf eine gerichtsnotorische Tatsache, nämlich der Wertlosigkeit der Werbeartikel berufen, dies aber nicht erörtert, zumal das Wissen über die Berechnung des Wertes von Werbeartikeln gerade nicht allgemein bekannt sei.
Entgegen diesen Ausführungen stützte sich das Erstgericht nicht auf eine Gerichtsnotorietät, sondern vielmehr auf die Angaben der angeführten Zeugen in Zusammenschau mit Erwägungen der allgemeinen Lebenserfahrung über die Werthaltigkeit wiederkehrender Abnahmeverbindlichkeiten von Werbeartikeln im Kleinunternehmerbereich (US 26). Für nicht bloß gerichtsnotorische, sondern allgemein notorische Tatsachen besteht aber keine Erörterungspflicht (RISJustiz RS0119094 [T11]).
Der Berufungsargumentation, es sei unerörtert geblieben, warum das Erstgericht entgegen den Ausführungen im Strafantrag zur Annahme eines Versuchs gelangt sei, ist zu erwidern, dass auch im Strafantrag der Versuch enthalten ist („geschädigt werden sollten“, ON 45 AS 2). Die Unterscheidung zwischen Versuch und Vollendung beeinflusst im Übrigen nicht die Schuldfrage und betrifft demnach keine entscheidende Tatsache (vgl 12 Os 119/06a), die mit der Mängelrüge geltend gemacht werden könnte (RIS-Justiz RS0106268).
Auch der zu den einzelnen Fakten geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO liegt nicht vor.
Insofern der Berufungswerber ausführt, im Rahmen der mündlichen Vorgespräche zu den dann abgeschlossenen schriftlichen Verträgen seien keine Täuschungshandlungen gesetzt worden, übergeht er die diesbezüglichen Feststellungen des Erstgerichtes, wonach den Getäuschten mündlich zugesichert worden sei, dass der Vertrag über eine erste Teilliefermenge geschlossen werde und eine weitere Lieferung von Teilmengen jeweils einseitig vom Willen der Getäuschten abhänge bzw (bei C*) zum Preis keine Zusatzkosten hinzukämen, wobei die Täuschungshandlung (sowohl in objektiver als auch subjektiver Hinsicht) darin liege, dass der Angeklagte über seine Bereitschaft zur tatsächlichen Einhaltung der mündlichen Zusicherungen getäuscht habe (US 6 ff). Darin liegt die Täuschungshandlung, die die Getäuschten zur Unterfertigung der schriftlichen Kaufverträge verleitete.
Zur Bekämpfung eines überhaupt eingetretenen Schadens bei einer erbrachten Gegenleistung ist darauf hinzuweisen, dass die Annahme eines Schadens beim Betrug davon abhängt, ob der Getäuschte ein dem hingegebenen wirtschaftlichen Wert gemäßes Äquivalent erlangt. Dabei sind die Wertverhältnisse objektiv, doch unter Bedachtnahme auf die besonderen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. In die Bewertung der Gegenleistung sind auch opferbezogene Faktoren einzubeziehen, wobei die persönlichen Vorstellungen des Opfers und dessen Präferenzen zu berücksichtigen sind. Nur (aus wirtschaftlicher Sicht) willkürliche Individualinteressen haben außer Betracht zu bleiben (RISJustiz RS0094263 [T18]). Insofern sich der Berufungswerber mit den Ausführungen des Erstgerichts zur Wertlosigkeit der Gegenleistungen und zu deren Verwertungsmöglichkeit auseinandersetzt, übergeht er die erstgerichtlichen Feststellungen, dass die Geschädigten kein Interesse an der Lieferung weiterer Teilmengen hatten und diese auch nicht bestellen wollten, sondern aufgrund einer Täuschung durch den Angeklagten, dass nämlich keine Verbindlichkeit über die Lieferung einer ersten Teilmenge hinaus entstehen werde, zur Unterfertigung von Verträgen über die Lieferung weiterer Teilmengen verleitet worden sind. Schon aufgrund des nicht bestehenden Interesses der Getäuschten an der Lieferung weiterer Teilmengen sind diese bei opferbezogener Betrachtungsweise für die Geschädigten wertlos und ist daher eine Schadenskompensation gar nicht vorzunehmen.
Mit seinen Ausführungen zum Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO bezüglich des Schuldspruchfaktums 1. übergeht der Berufungswerber die Feststellungen des Erstgerichts, dass C* im Rahmen des Ausfüllens des Kaufvertragsformulars im Hinblick auf die Formularpunkte über Zusatzkosten ausdrücklich angegeben habe, dass der Preis von EUR 5,80 nur ohne Nebenkosten für ihn in Ordnung sei, woraufhin der Angeklagte erklärt habe, dies sei in Ordnung, woraufhin die entsprechenden Leerstellen für die Eintragungen über Zusatzkosten ausdrücklich und einvernehmlich freigelassen worden seien (US 18). Damit täuschte der Angeklagte den Geschädigten darüber, dass keine weiteren Zusatzkosten anfallen würden, und liegt entgegen der Berufungsansicht bereits darin die Täuschungshandlung durch den Angeklagten, die C* zur Unterfertigung des Kaufvertrages verleitete. Die Feststellung zum entsprechenden Vorsatz des Angeklagten findet sich in US 19.
Bei der Mitteilung, über eine erste Teilliefermenge pro Artikel hinaus entstehe keine Verbindlichkeit für die Geschädigten, handelt es sich nicht um eine „Rechtsauffassung“ des Angeklagten, sondern gerade um den Kern dessen Täuschungshandlung.
Dem zu Urteilsfaktum 2.geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO kommt dagegen Berechtigung zu.
Das Erstgericht ging hiebei von einer Täuschungshandlung zum Nachteil des B* aus, indem es der Angeklagte unterlassen habe, diesen über seinen Irrtum über die tatsächlich bestellten Mengen aufzuklären.
Ein derartiger Irrtum muss durch eine Täuschungshandlung erregt oder ein schon bestehender Irrtum durch die Täuschung verstärkt werden. Das bloße Ausnützen eines vorhandenen Irrtums ist nicht tatbildlich, hiezu muss die Unterlassung der gebotenen Aufklärung kommen, die sich aus einer den Täter treffenden Verpflichtung, etwa dem Ingerenzprinzip, ergibt ( Kirchbacher/Sadoghi in Höpfel/RatzWK² StGB § 146 Rz 23; Leukauf/Steininger,StGB 4 § 146 Rz 18). Vorangegangenes Verhalten bewirkt dann eine Pflicht zur Aufklärung, wenn gutgläubig – weil sonst bereits vorsätzliche Täuschung durch aktives Tun vorläge – bei einem anderen ein Irrtum veranlasst oder bestärkt wurde, der den Getäuschten zu einer schädlichen Vermögensverfügung veranlassen könnte ( Kirchbacher/Sadoghi in Höpfel/RatzWK² StGB § 146 Rz 27).
Dass der Angeklagte bei B* den Irrtum über die bestellte Menge aktiv herbeigeführt hätte, wurde vom Erstgericht nicht festgestellt (US 14 ff). Ebenso wurden keine näheren Feststellungen zu den mündlichen Vertragsvereinbarungen, sondern lediglich über Vorbesprechungen getroffen. Auch zur subjektiven Tatseite ist dem angefochtenen Urteil eine Feststellung zur Pflichtwidrigkeit der Unterlassung bzw zur Garantenstellung ( Lehmkuhl in Höpfel/Ratz, WK 2StGB § 2 Rz 135 f) nicht zu entnehmen.
Insofern war das angefochtene Urteil in seinem Schuldspruchfaktum 2 und demzufolge im Strafausspruch sowie im Privatbeteiligtenzuspruch aufzuheben und zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuweisen. Durch die Aufhebung des Strafausspruches ist dem nach § 281 Abs 1 Z 11 StPO geltend gemachten Nichtigkeitsgrund der Boden entzogen. Auf die diesbezüglichen Ausführungen ist bei der (Neu-)Bemessung der Strafe einzugehen.
Der (verbleibenden) Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld kommt keine Berechtigung zu.
Insofern der Berufungswerber einzelne Teile der Aussage des Zeugen D* zitiert und in seiner Gegenäußerung anführt, keiner der Zeugen habe anlässlich seiner polizeilichen Einvernahme angegeben, der Berufungswerber habe ihnen jemals etwas zugesichert, sondern hätten diese dies erst ein Jahr später anlässlich der Hauptverhandlung geäußert, ist dem entgegenzuhalten, dass der Zeuge D* bereits anlässlich seiner polizeilichen Einvernahme (ON 28.9) angab, der Angeklagte habe ihn vor Vertragsabschluss darauf hingewiesen, er müsse – entgegen dem Vorhaben des Zeugen – mindestens 2.000 Stück pro Produkt bestellen. Er würde eine Teilmenge von 200 Stück erhalten und bezahlen und dann, bei Bedarf , wieder eine Teilmenge der bestellten Menge erhalten. Er müsse sich nur melden, sobald er wieder die Produkte benötigen würde (ON 28.9 AS 4). Auch als der Zeuge vom Vertrag habe zurücktreten wollen, habe ihm der Angeklagte versichert, es bleibe dabei, dass er eine Teilmenge nicht jährlich, sondern nur bei Bedarf kaufen müsse (ON 28.9 AS 5). Die Zusage durch den Angeklagten der Abrufung von Teilliefermengen nur nach Bedarf des Zeugen im Zuge der mündlichen Vertragserörterungen bestätigte der Zeuge auch anlässlich der Hauptverhandlung (ON 59 AS 13).
Hinsichtlich E* F* bemängelt der Berufungswerber, dass dieser anlässlich der polizeilichen Einvernahme angegeben habe, der Angeklagte habe auf dem Vertrag die Bestellmenge eigenmächtig mit 3.000 Stück vermerkt, in der Hauptverhandlung aber zugestanden habe, die Bestellmenge und die jährliche Teilmenge selbst über Aufforderung des Angeklagten ausgefüllt zu haben. Auch habe er Kosten von EUR 1,49 selbst eingetragen. Mit diesem Widerspruch habe sich das Erstgericht nicht auseinandergesetzt und habe E* F* überdies angegeben, dass ihm die vermerkten Zusatzkosten bekannt gewesen seien. Dem ist entgegenzuhalten, dass laut den erstgerichtlichen Feststellungen das Erstgericht ohnehin davon ausgeht, dass die eingetragenen Mengen von E* F* ausgefüllt worden sind. Auch anlässlich seiner polizeilichen Einvernahme gab der Zeuge an, der Angeklagte habe ihm ein Angebot über 500 Stück Kugelschreiber gemacht, die der Zeuge auch bestellen wollte. Dies bestätigte der Zeuge anlässlich der Hauptverhandlung (ON 59 AS 16; ON 28.7). Hier führte der Zeuge auch detaillierter aus, dass er dem Angeklagten gegenüber angegeben habe, er würde keine Menge von 3.000 Stück benötigen, woraufhin ihm dieser zugesichert habe, dass er nur 500 Stück geliefert bekommen würde und von der Gesamtliefermenge jederzeit einseitig durch die Erklärung des Zeugen abgewichen werden könne. Diese Vorgangsweise stimmt auch mit den Angaben der anderen Zeugen (D*, G* F*) überein.
Auch hinsichtlich G* F* geht das Erstgericht davon aus, dass dieser den Kaufvertrag selbstständig ausgefüllt habe. Dass G* F* bezüglich der Zusatzkosten getäuscht worden wäre, wurde vom Erstgericht ohnehin nicht festgestellt. Auch anlässlich der polizeilichen Einvernahme gab G* F* an (ON 28.5 AS 4 f), dass der Angeklagte ihm zugesichert habe, er werde nur liefern, wenn der Zeuge die Artikel benötige. Dies sei für den Zeugen auch ausschlaggebend gewesen, weil er selbstständig zwischen der Produktanzahl und der Lieferanforderung hätte entscheiden können. Dies wurde vom Zeugen auch anlässlich der Hauptverhandlung so geschildert (ON 59 AS 18).
Auch der Zeuge C* gab bereits anlässlich seiner polizeilichen Einvernahme (ON 28.10) an, er habe insgesamt 600 Stück Meterstäbe zum Preis von EUR 5,80 pro Stück bestellt. Ausdrücklich habe er gesagt, er würde diese ohne Nebenkosten wollen, woraufhin der Angeklagte gesagt habe, dies sei überhaupt kein Problem, woraufhin die Zeilen mit den Nebenkosten (Vorkosten etc) freigelassen worden und auch bei Unterfertigung noch leer gewesen seien. Er habe den Angeklagten noch aufgefordert, er solle die leeren Zeilen der Nebenkosten mit einem Strich oder einer Null entwerten, was ihm vom Angeklagten zugesichert worden sei. Im weiteren Gespräch habe ihn der Angeklagte mit anderen Äußerungen abgelenkt und ihm sodann die Durchschrift in gefaltetem Zustand übergeben, sodass die ausgefüllte Seite nach innen gerichtet gewesen sei. Der Angeklagte habe seiner Ansicht nach die leeren Zeilen der Nebenkosten befüllt, ohne dass er dies mitbekommen habe. Als er die Durchschrift zu Hause zu seinen Unterlagen gegeben habe, habe er festgestellt, dass die Zeilen der Nebenkosten befüllt gewesen seien. Er habe am nächsten Tag den Angeklagten zur Rede gestellt und den Auftrag stornieren wollen, weil dieser nicht den Vereinbarungen entsprochen hätte. In der Hauptverhandlung gab der Zeuge an (ON 59 AS 22), es habe auf ihn den Anschein gemacht, der Angeklagte würde am Vertragsformular Veränderungen durch Durchstreichungen vornehmen, was dieser aber offensichtlich tatsächlich nicht gemacht habe.
Wenn der Berufungswerber nunmehr in seiner Gegenäußerung anführt, die Nebenkosten seien vereinbarungsgemäß im Kaufvertrag vermerkt gewesen, welcher Umstand sich auch aus der vorgelegten und vom Zeugen mit „Storno“ markierten Vertragskopie ergebe, entspricht dies der Aussage des Zeugen insofern, als die Nebenkosten vermerkt waren, dies aber entgegen der getroffenen Vereinbarung. Der Zeuge gab nicht an, dass der Angeklagte den Vertrag nach Übergabe einer Kopie an ihn verändert habe, sondern vermutlich bereits zuvor, welchen Umstand er zu Hause bemerkt habe (vgl US 25 erster Absatz). Dies war ja auch der Grund für den Wunsch des Zeugen nach Stornierung des Vertrages.
Zu den Berufungsausführungen, die Aussage des Angeklagten, wonach über Farbwünsche des Zeugen gesprochen worden sei, sei in keiner Weise gewürdigt worden, ist auf die diesbezüglich beweiswürdigenden Erörterungen durch das Erstgericht zu dieser Aussage hinzuweisen (US 25).
Die den erstgerichtlichen Feststellungen zugrunde liegenden Kaufverträge ergeben sich aus ON 32.30, 32.32, 32.34 und 32.36.
Die aufgrund einer ausführlichen und sorgfältigen Beweiswürdigung durch den Erstrichter getroffenen Feststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite des Angeklagten begegnen keinen Bedenken durch den Berufungssenat.
Für den unberührt gebliebenen Schuldspruch wegen des Vergehens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB war die Strafe neu zu bemessen.
Hiezu ist zunächst anzumerken, dass das Erstgericht in der Subsumierung der gegenständlichen strafbaren Handlung § 15 StGB nicht angeführt hat. Aus dem Urteilstenor, zu dessen Verdeutlichung auch die Entscheidungsgründe heranzuziehen sind, ergibt sich aber eindeutig, dass das Erstgericht davon ausging, dass die Taten beim Versuch blieben.
Mildernd ist sohin der Umstand zu berücksichtigen, dass die Taten beim Versuch blieben. Erschwerend wirken sich eine einschlägige Vorstrafe, die Begehung während offenen Vollzugs der Geldstrafe, die über die Gewerbsmäßigkeit hinausgehende Tatwiederholung, die weit über der Wertgrenze des § 147 Abs 2 StGB liegende (intendierte) Schadenshöhe sowie die doppelte Qualifikation des Betrugstatbestandes aus. Entgegen der Ansicht der Oberstaatsanwaltschaft ist noch nicht von einem langen Tatzeitraum auszugehen.
Der Einwand des Berufungswerbers, die Verurteilung zu ** des Landesgerichtes Feldkirch sei bereits als Voraussetzung der gewerbsmäßigen Begehungsweise berücksichtigt worden und verstoße deren erschwerende Wertung gegen das Doppelverwertungsverbot, trifft nicht zu. Insoweit nämlich das Erstgericht davon ausging, dass sich die Gewerbsmäßigkeit auf die Voraussetzung der einschlägigen Vorstrafe des Angeklagten stützt, kommt es auf diese Voraussetzung nicht an, weil der Angeklagte innerhalb weniger Monate insgesamt vier derartige Taten begangen hat, sodass schon die Voraussetzung der früheren Begehung zweier solcher Taten (§ 70 Abs 1 Z 3 erster Fall StGB) zur Begründung der Gewerbsmäßigkeit vorliegt (vgl 14 Os 131/16w).
Auch die erschwerende Wertung der Tatwiederholung bewirkt keinen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot, weil fallaktuell der Schuldspruch mehr als drei für die gewerbsmäßige Begehung nach § 70 Abs 1 Z 3 erster Fall StGB erforderliche Tathandlungen umfasst (RISJustiz RS0091375 [T6]).
Der erste Strafrahmen des § 148 StGB reicht bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe.
Unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung nach § 32 StGB, des Unrechtsgehaltes der Tat und der personalen Täterschuld ist angesichts der einschlägigen Vorstrafenbelastung, der Tatwiederholung und der ein Mehrfaches der Wertqualifikation nach § 147 Abs 2 StGB intendierten Schadenshöhe auch mit Blick auf den Milderungsgrund der versuchten Tatbegehung eine Freiheitsstrafe von 15 Monaten schuld- und tatangemessen.
Gemäß § 43a Abs 3 StGB ist ein Teil der Freiheitsstrafe von 10 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren gemäß § 43a Abs 3 StGB bedingt nachzusehen. Der Vollzug eines Teiles der Freiheitsstrafe ist angesichts des einschlägigen (wenn auch nicht raschen) Rückfalls erforderlich, um den Angeklagten von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Mit dem unbedingten Teil der Strafe wird auch generalpräventiven Gründen Genüge getan. Einer gänzlich bedingten Nachsicht nach § 43 Abs 1 StGB oder einer Strafenkombination nach § 43a Abs 2 StGB stehen aufgrund des belasteten Vorlebens des Angeklagten spezialpräventive Erwägungen entgegen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch angeführte Gesetzesstelle.
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