Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht hat durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichts Dr. Prantl als Vorsitzende sowie die Richter des Oberlandesgerichts Mag. Schallhart und Mag. Eppacher als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei A* , vertreten durch Dr. Florian Legit, MBL, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. C* , und 2. E* AG , beide vertreten durch Dr. Dieter Brandstätter, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, wegen (eingeschränkt) EUR 21.871,49 und Feststellung (Streitwert: EUR 5.000,00), über die Berufung der klagenden Partei (Berufungsinteresse: EUR 26.871,49) gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 25.4.2025, **-100, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt
1) Der Berufung wird keine Folge gegeben.
2) Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen zu Handen des Beklagtenvertreters die mit EUR 3.163,20 (darin EUR 527,20 an USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen.
3) Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 5.000,00, jedoch nicht EUR 30.000,00.
4) Die Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Am 20.12.2021 ereignete sich im Ortsgebiet von D* in einem Kreuzungsbereich ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger als Fahrradlenker und der Erstbeklagte als Lenker und Halter eines bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten PKWs beteiligt waren.
Zum besseren Verständnis der Berufungsentscheidung werden die vom Erstgericht zum Unfallshergang getroffenen Feststellungen vorangestellt, die im Rechtsmittelverfahren weitgehend unstrittig sind. Die Beweisrüge des Klägers richtet sich gegen die in Fettdruck verdeutlichten Feststellungen (B) und (D), die zur leichteren Lesbarkeit bereits im Rahmen der gemäß § 498 Abs 1 ZPO unstrittigen Sachverhaltsgrundlage dargestellt werden:
Der Kreuzungsbereich war durch eine Lichtsignalanlage geregelt.
Der Kläger befuhr mit seinem Fahrrad die Straße 1 in südlicher Fahrtrichtung und plante, die vom Erstbeklagten befahrene Straße 2 im Bereich einer mit Bodenmarkierungen ausgewiesene Radfahrerüberfahrt zu überqueren.
Der Erstbeklagte fuhr mit dem PKW in östlicher Fahrtrichtung und brachte den PKW wegen Rotlichts im Bereich der vor der Ampelanlage befindlichen Haltelinie auf dem mittleren Fahrstreifen der Straße 2 zum Stillstand. Links neben ihm stand ein PKW, der nach links in die Straße 1 einfahren wollte. Die Haltelinie der Linksabbiegespur ist im Vergleich zur Haltelinie des vom Erstbeklagten benützten Fahrstreifens etwas weiter in östliche Fahrtrichtung, somit in Fahrtrichtung des Erstbeklagten nach vorne, versetzt.
Der Kläger näherte sich der Unfallstelle mit einer Annäherungsgeschwindigkeit von ca. 12 - 18 km/h. Er blickte ca. 24,5 - 25,0 m bzw. ca. 4,9 - 7,5 s vor dem Kollisionszeitpunkt letztmalig auf die für ihn geltende Lichtsignalanlage. Ca. 2,9 - 4,4 s vor dem Kollisionszeitpunkt befand er sich mit der Front des Fahrrads im Bereich der Haltelinie der Straße 1, (A) die er ca. 0,7 - 2,2 s vor dem Anfahrzeitpunkt des PKWs des Erstbeklagten überfuhr. (B) Zu diesem Zeitpunkt strahlte die für ihn geltende Licht- signallampe bereits Rotlicht aus.
Der Erstbeklagte fuhr 1 s aus dem Stillstand los, nachdem die für seine Fahrspur geltende Lichtsignalanlage auf Grünlicht umgeschaltet hatte. Dabei hielt er eine Anfahrbeschleunigung von ca. 2,0 m/s 2 ein. Annähernd zeitgleich wurde auch der auf der Linksabbiegespur befindliche PKW in Bewegung gesetzt. (C) Die für den Kläger geltende Lichtsignalanlage strahlte zum Zeitpunkt des Anfahrens des Erstbeklagten bereits seit 4 s Rotlicht aus.
Der Kläger konnte an dem am Linksabbiegestreifen der Straße 2 befindlichen PKW noch ohne Berührung vorbeifahren. Ob dessen Lenker sein Fahrzeug dazu abbremsen musste, steht nicht fest.
Der Erstbeklagte konnte den von ihm gelenkten PKW nicht mehr rechtzeitig vor dem Kläger zum Stillstand bringen. Es kam zu einer streifenden Kollision zwischen dem rechten Bereich der Fahrzeugfront des PKWs des Erstgeklagten mit der rechten Fahrzeugseite des Fahrrades, wodurch der Kläger, zu Sturz kam.
Die Kollisionsstelle lag bezüglich der gedachten Verlängerung der Markierungslinie, welche die beiden in Richtung Osten führenden Fahrstreifen der Straße 2 voneinander trennt, in einem Abstand von ca. 0,6 - 1,2 m nördlich davon. In Fahrbahnlängsrichtung lag die Kollisionsstelle in einem Abstand von ca. 4,7 - 5,0 m östlich der Mitte der Haltelinie auf dem vom Erstbeklagten befahrenen Fahrstreifen.
Der Erstbeklagte war mit dem Beklagtenfahrzeug ca. 2,2 s vor dem Kollisionszeitpunkt aus der Halteposition angefahren. Ob zu diesem Zeitpunkt eine Sichtbehinderung durch das auf dem Linksabbiegestreifen befindliche Fahrzeug bestand, steht nicht fest. Der Erstbeklagte hätte die Kollision nur dann vermeiden können, wenn er ca. 1,1 s vor dem Kollisionszeitpunkt reagiert hätte. Tatsächlich wurde der Erstbeklagte erstmals bei der Kollision auf den Kläger aufmerksam.
(D) Der Kläger hätte den Unfall vermeiden können, wenn er bei ausgestrahltem Rotlicht an der Haltelinie der Straße 1 zum Stillstand gekommen und nicht mehr in die Straße 2 eingefahren wäre. Während der begonnen Überquerung der Straße 2 war der Anfahrvorgang des Erstbeklagten für den Kläger nicht mehr rechtzeitig als Gefahr wahrzunehmen, um noch kollisionsvermeidend darauf zu reagieren.
Die Kollision verursachte am PKW des Erstbeklagten im rechten Bereich des vorderen Stoßfängers und des rechten vorderen Kotflügels mehrere Kratzer. Die Reparaturkosten zur Behebung dieser Schäden belaufen sich auf EUR 1.116,61. Der Erstbeklagte beabsichtigt, diese Schäden reparieren zu lassen.
Der Kläger begehrte den Zuspruch von eingeschränkt EUR 21.871,49 s.A. sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten zur ungeteilten Hand für sämtliche ihm aus Verkehrsunfall künftig entstehende Schäden und nachteiligen Folgen. Soweit für die Berufungsentscheidung von Relevanz brachte er vor, für ihn sei zumindest im Zeitpunkt des Beginns des „Überquermanövers“ Grünlicht gegeben gewesen. Der Erstbeklagte habe die ihn treffende Sorgfaltspflicht verletzt, indem er nicht vorausschauend gefahren sei. Insbesondere sei für den Erstbeklagten der von der Straße 1 einfahrende Verkehr einsehbar gewesen. Sollte das Sichtfeld des Erstbeklagten wegen des auf dem Linksabbiegestreifen befindlichen PKWs eingeschränkt gewesen sein, hätte der Erstbeklagte selbst bei für ihn geschaltetem Grünlicht bremsbereit und langsam losfahren müssen. Da der Erstbeklagte das nicht getan habe, habe er eine erhebliche Unaufmerksamkeit und damit das Alleinverschulden zu verantworten.
Die Beklagten wendeten zusammengefasst ein, den Kläger treffe das Alleinverschulden, weil dieser zu schnell und unaufmerksam und bei Rotlicht in die Kreuzung eingefahren und innerhalb der Abwehrreaktionszeit das Fahrzeug des Erstbeklagten touchiert habe. Für den Erstbeklagten sei das Unfallereignis hingegen unabwendbar gewesen. Die Reparaturkosten von EUR 1.161,69 sowie eine Spesenpauschale von EUR 50,00 würden einer allenfalls zu Recht bestehenden Klagsforderung gegenüber compensando eingewendet.
Das Erstgerichtwies das Klagebegehren auf Basis des eingangs dargelegten Sachverhalts ab. Darüberhinaus traf es noch Feststellungen zur Höhe sowie zum Feststellungsbegehren, auf die gemäß § 500a ZPO verwiesen werden kann. Rechtlich legte das Erstgericht dem Kläger einen Verstoß gegen § 38 Abs 1 lit a StVO zur Last. Der Erstbeklagte habe hingegen für kein Verschulden einzustehen. Die vom PKW des Erstbeklagten ausgegangene gewöhnliche Betriebsgefahr trete gegenüber dem Verschulden des Klägers, der bei Rotlicht in die Kreuzung eingefahren sei, derart in den Hintergrund, dass diese unberücksichtigt zu bleiben habe.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die aus den Rechtsmittelgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Berufung des Klägers mit dem Abänderungsantrag, dass dem Klagebegehren zur Gänze, in eventu zu zwei Dritteln stattgegeben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagten beantragen, dem Rechtsmittel den Erfolg zu versagen.
Die Berufung, über die gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nicht öffentlicher Sitzung entschieden werden kann, ist nicht berechtigt.
1. Zur Beweisrüge
1.1 Die Beweisrüge strebt anstelle der hervorgehobenen Feststellungen (B) und (D) folgenden Ersatz an:
für B: „Nicht mehr festgestellt werden kann, was die für den Kläger geltende Lichtsignallampe zu diesem Zeitpunkt ausstrahlte.“
für D: „Der Kläger hätte den Unfall vermeiden können, wenn er bei ausgestrahltem Rotlicht an der Haltelinie zum Stillstand gekommen und nicht mehr in die Straße 2 eingefahren wäre, was jedoch nicht mehr feststellbar ist.“
1.2 Begründend führt der Kläger aus, das Erstgericht habe die Feststellungen (B) und (D) auf die Aussage des Klägers und auf das technische Gutachten gestützt. Die vom Erstgericht zitierten Beweisergebnisse ließen jedoch nicht den Schluss zu, dass der Kläger die Straße 2 bei Rotlicht gequert habe. Vielmehr spreche der Sachverständige davon, dass eine verlässliche Aussage zur Frage, welches Ampelsignal für den Kläger aktiv gewesen sei, nicht mehr möglich sei.
1.3Das Berufungsgericht kann sich inhaltlich nicht mit einer Beweisrüge befassen, wenn die angestrebte Feststellung einer weiteren, unbekämpft gebliebenen Feststellung widerspricht und die Stattgebung der Beweisrüge zu einer Sachverhaltsgrundlage führen würde, die einer abschließenden rechtlichen Beurteilung nicht mehr zugänglich wäre. Widersprüchliche Feststellungen, die eine abschließende rechtliche Beurteilung nicht ermöglichen, begründen nämlich Feststellungsmängel, die einen Aufhebungsgrund im Sinn des § 503 Z 4 ZPO darstellen (RI0100163).
1.4 Die Feststellung (C) blieb vom Kläger unbekämpft. Auf Basis dieser Feststellung ist davon auszugehen, dass die für den Kläger geltende Ampel bereits 4 s auf Rotlicht geschaltet war, als der Erstbeklagte seinen PKW in Bewegung setze. Weiters steht aufgrund der Feststellung (A) unbekämpft fest, dass der Kläger die Haltelinie der Straße 1 0,7 - 2,2 s überfuhr, bevor der Erstbeklagte losfuhr. Aus den Feststellungen (A) und (C) ergibt sich somit, dass das Rotlicht für den Kläger zumindest 1,8 s lang sichtbar war, bevor er zur Haltelinie kam bzw. diese überfuhr. Durch Stattgebung der Beweisrüge würden somit widersprüchliche Feststellungen entstehen.
1.5 Bereits aus diesem Grund kann der Beweisrüge kein Erfolg zukommen. Damit ist der rechtlichen Beurteilung die vom Erstgericht geschaffene Sachverhaltsgrundlage zugrunde zu legen.
2. Zur Rechtsrüge
2.1Auch in der Rechtsrüge bestreitet der Kläger, dass er bei Rotlicht in die Straße 2 eingefahren sei. Mit diesem Standpunkt entfernt sich die Berufung vom festgestellten Sachverhalt, wodurch die Rechtsrüge nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt ist (RS0043603). Dies schadet letztlich aber nicht, weil der Kläger auch eine zulässige Eventualbegründung ausführt. Darin argumentiert er, das Erstgericht hätte berücksichtigen müssen, dass der Kläger die Lichtsignalanlage noch wenige Meter vor seinem Einfahren in die Straße 2 im Blick gehabt habe. Der Kläger sei nicht davon ausgegangen, dass die Ampel so schnell auf rot umschalten würde. Diese Fehleinschätzung sei dem Kläger zwar vorwerfbar. Sie sei in Anbetracht des fortgeschrittenen Alters des Klägers aber nicht als derart krasses Verschulden zu werten, das die Gefährdungshaftung gänzlich in den Hintergrund treten ließe. Demzufolge wäre dem Klagebegehren zumindest zu zwei Dritteln stattzugeben gewesen.
Hierzu ist auszuführen.
2.2Dass den Kläger ein Verschulden wegen eines Verstoßes nach (richtig) § 38 Abs 5 iVm § 38 Abs 1 lit a StVO trifft, wird von der Rechtsrüge (ausgehend vom festgestellten Sachverhalt zutreffend) nicht in Abrede gestellt. Diese Bestimmung hat den Zweck, allen Gefahren des Straßenverkehrs vorzubeugen. Sie dient daher dem Schutz aller in Betracht kommenden Verkehrsteilnehmer (RS0111087).
Auf den vom Erstgericht verneinten Standpunkt des Klägers, wonach der Erstbeklagte ebenfalls für ein Verschulden einzustehen habe, kommt die Berufung nicht mehr zurück. Es ist vom Berufungsgericht somit nur zu prüfen, ob und in welchem Ausmaß die Beklagten eine Haftung nach dem EKHG trifft, weil sich der Unfall beim Betrieb des vom Erstbeklagten gelenkten PKWs ereignete.
2.3Wenn durch einen Unfall beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges ein Mensch getötet, an seinem Körper oder an seiner Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt wird, ist der hieraus entstehende Schaden nach den Bestimmungen des EKHG zu ersetzen.
2.3.1Die Gefährdungshaftung nach dem EKHG setzt nicht voraus, dass gegen konkrete Verhaltensvorschriften verstoßen wurde. Die Ersatzpflicht ist nur dann ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wurde, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit noch auf einem Versagen der Verrichtungen der Eisenbahn oder des Kraftfahrzeuges beruhte (§ 9 Abs 1 EKHG).
2.3.2Gemäß § 9 Abs 2 EKHG ist die Einhaltung der gebotenen Sorgfalt unabdingbare Voraussetzung der Unabwendbarkeit. Verlangt wird nicht die Einhaltung der gewöhnlichen Verkehrssorgfalt, sondern die Beachtung der äußersten, nach den Umständen des Falles möglichen und zumutbaren Sorgfalt (RS0058278; Schauer in Schwimann/Kodek , ABGB-Praxiskommentar, Band 11 5§ 9 EKHG Rz 19ff). Dabei muss sich ein Kraftfahrzeughalter grundsätzlich die von seinem Fahrzeug ausgehende Betriebsgefahr zurechnen lassen, selbst wenn der Unfall ausschließlich auf das Verschulden des Geschädigten zurückzuführen ist (RS0027224).
2.3.3Nach der vom Erstgericht geschaffenen Sachverhaltsgrundlage blieb offen, ob die Sicht des Erstbeklagten auf die Straße 1 durch den am Linksabbiegestreifen befindlichen PKW eingeschränkt war, als der Erstbeklagte seinen PKW in Bewegung setzte. Diese Negativfeststellung wirkt sich im Rahmen der Gefährdungshaftung zu Lasten der Beklagten aus. Bei mehreren möglichen Versionen des Unfallgeschehens ist demgemäß im Zweifel - wegen der den Halter treffenden Beweislast - von der für den Geschädigten günstigsten und der für den Fahrzeughalter ungünstigsten Voraussetzung auszugehen (RS0058979 [T7]).
2.4Wie bereits das Erstgericht zutreffend hervorhob, kann es im konkreten Fall aber dahingestellt bleiben, ob den Beklagten wegen der deshalb für den Erstbeklagten zu unterstellenden Sichtmöglichkeit auf den Kläger der Entlastungsbeweis misslang. Nach ständiger Judikatur haftet nämlich ein Kraftfahrzeughalter, dem der Entlastungsbeweis nach § 9 EKHG nicht gelingt, dann nicht, wenn die ihm zur Last gelegte Nichtbeachtung der gebotenen Sorgfalt derart geringfügig ist, dass sie gegenüber dem schwerwiegenden Verschulden des Geschädigten zu vernachlässigen ist. Angesichts eines besonders groben Verschuldens eines Unfallopfers kann somit auch eine beim Halterfahrzeug verbleibende gewöhnliche Betriebsgefahr vernachlässigbar sein (RS0027073 [T1, T4]; RS0027202 [T9]; RS0027193 [T3]; RS0027224 [T3]). Das Zurechnungselement der Gefährdung tritt in diesem Fall so weit hinter jenes des gravierenden Verschuldens des Geschädigten zurück, dass es keine Haftung mehr zu begründen vermag.
2.5Die Argumentation des Klägers, der ihm anzulastende Verstoß wiege nur leicht und könne sogar vernachlässigt werden, lässt sich mit der Judikatur des Höchstgerichts nicht in Einklang bringen. Dieses sprach bereits aus, dass das Verhalten eines Radfahrers, der bei Rotlicht in eine Kreuzung einfährt, als krasses Verschulden zu werten ist (vgl. RS0027073). Dieser Rechtsmeinung schließt sich das Berufungsgericht uneingeschränkt an. Zudem kommt, dass der Kläger, der letztmalig auf die Ampel blickte, als er ca. 25 m von dieser entfernt war, ohne weitere Kontrollblicke in die Kreuzung einfuhr, obwohl die für ihn geltende Ampel schon zumindest 1,8 Sekunden auf Rotlicht umgeschaltet hatte und auf der Straße 2 zwei Fahrzeuge ampelbedingt angehalten hatten. Bereits aufgrund der langen Zeitspanne, in der der Kläger das Rotlicht und wohl auch das vorangegangene Gelblicht nicht beachtete, muss dem vom Kläger zu vertretenden Sorgfaltsverstoß ein besonderes Gewicht beigemessen werden (vgl etwa: 2 Ob 63/24i). Zudem hätte der Kläger bei Einhaltung der gebotenen Sorgfalt damit rechnen müssen, dass sich die beiden PKWs wieder in Bewegung setzen, sobald für sie das Grünlicht aktiv wird. Der Kläger unterliegt dem Sorgfaltsmaßstab des § 1297 ABGB. Nach dieser Gesetzesstelle wird vermutet, dass dem Kläger die Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt möglich war (2 Ob 117/16v mwN). Im erstinstanzlichen Verfahren berief sich der Kläger nicht darauf, altersbedingt nicht mehr in der Lage gewesen zu sein, Verkehrssituationen richtig einzuschätzen. Das erstmals in der Berufung vorgetragene Argument, wonach der Kläger altersbedingt nicht davon ausgegangen sei, dass die Ampel „so schnell“ auf rot wechsle, verletzt das Neuerungsverbot des § 482 ZPO.
2.6Wenn überhaupt, dann kann dem Erstbeklagten nur eine Missachtung der nach § 9 Abs 2 EKHG gebotenen Sorgfalt angelastet werden, weil er vor dem Losfahren nicht nach links in Richtung der Straße 1 blickte. Dem Erstgericht ist beizupflichten, dass eine solche dem Erstbeklagten vorwerfbare Nichtbeachtung der gebotenen Sorgfalt gegenüber der vom Kläger zu vertretenden Sorglosigkeit völlig in den Hintergrund tritt. Damit sind die vom Kläger begehrten Schadenersatzansprüche dem Grunde nach jedenfalls ausgeschlossen.
2.7 Zusammengefasst versagt aus diesen Erwägungen daher auch die Rechtsrüge.
3.Wegen der Erfolglosigkeit seines Rechtsmittels ist der Kläger verpflichtet, den Beklagten die tarifmäßig verzeichneten Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen (§§ 50, 41 ZPO).
4.Da der Wert des Entscheidungsgegenstandes im Berufungsverfahren nicht ausschließlich in Geld besteht, ist eine Bewertung nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO vorzunehmen, bei der das Berufungsgericht zwar nicht an die Bewertung des Feststellungsbegehrens (EUR 5.000,00) durch den Kläger gebunden ist, aber auch keinen Anlass sieht, davon abzuweichen. Damit ist auszusprechen, dass der gesamte Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 5.000,00, nicht aber EUR 30.000,00 übersteigt.
5.Fragen der Haftungs- und/oder Verschuldensteilung können grundsätzlich nur aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (RS0087606). Da auch im konkreten Fall von einer Einzelfallbezogenheit auszugehen ist, liegt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO vor. Es ist daher auszusprechen, dass die Revision nicht zulässig ist.
Oberlandesgericht Innsbruck
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