Das Oberlandesgericht Innsbruck hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Engers als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten der Oberlandesgerichts Mag. Vötter und die Richterin des Oberlandesgerichts Mag. Kitzbichler sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christian Winder (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Susanne Schöpf (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Mitglieder des Senats in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag. (FH) A* , (nunmehr) vertreten durch Rechtsanwälte Lüth Mikuz in Innsbruck, gegen die beklagte Partei ÖSTERREICHISCHE GESUNDHEITSKASSE , Landesstelle **, vertreten durch deren Mitarbeiter Mag. B*, wegen Kostenerstattung von EUR 23.207,93, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 10.12. (richtig)2024, signiert mit 1.3.2025, **, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird k e i n e Folge gegeben.
Ein Kostenersatz findet im Berufungsverfahren n i c h t statt.
Die (ordentliche) Revision ist n i c h t zulässig.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger hat im Zeitraum von 15.7.2012 bis Dezember 2021 Behandlungen von (sechs) Heilpraktikern in Deutschland in Anspruch genommen; weiters Leistungen von Mag. C*, die in ** praktiziert, jedoch im Auftrag einer in ** tätigen Heilpraktikerin tätig wurde. Bei seinen behandelnden Ärzten handelt es sich um Dr. D*, der eine Praxis in ** betreibt, und Dr. E*, die in ** ordiniert.
Mit Bescheid der Beklagten vom 5.9.2022 wurde der Antrag des Klägers auf Kostenerstattung für das am 10.6.2022 eingereichte Konvolut an Honorarnoten dieser sieben Heilpraktiker und Praktikerinnen sowie die dazu eingereichten Bahnreisekosten für den Zeitraum von 15.7.2012 bis 20.12.2021 in Höhe von insgesamt EUR 23.207,93 abgewiesen.
Soweit steht der vom Erstgericht – teilweise disloziert in der rechtlichen Beurteilung US 9 – festgestellte Sachverhalt im Berufungsverfahren unbekämpft fest.
Gegen den Bescheid vom 5.9.2022 wendet sich die rechtzeitige Klage des Klägers mit dem erkennbaren Begehren, die Beklagte zum Kostenersatz von EUR 23.703,93 für die Leistungen der Heilpraktiker samt in diesem Zusammenhalt erwachsenen Bahnkosten zu verpflichten. Zusammengefasst brachte der (damals unvertretene) Kläger vor, er leide an einer myalgischen Enzephalomyelitis, einer neuroimmunologischen Multisystemerkrankung, deren Behandlung in Österreich so gut wie nicht möglich sei, sodass er gezwungen sei, diese Leistungen von deutschen Heilpraktikern zu beziehen, welche in Österreich mangels expliziter gesetzlicher Erfassung weder im Leistungskatalog der ÖGK, „refundierbar seien noch selbst rezeptieren“ dürften. Insoweit liege in ganz Österreich eine eklatante Unterversorgung vor. Somit würden die Anforderungen an die Krankenbehandlung in Österreich nicht erfüllt, welcher Aspekt auch verfassungsrechtlich problematisch sein dürfte. Alle von ihm beigezogenen Heilpraktiker verfügten über eine von Ärzten abgenommene Heilpraktikerprüfung und stünden in ihrer spezifischen Berufsausbildung in einer fortwährenden qualifizierten Verantwortungsbeziehung zu einem Arzt, welche sicherstelle, dass sie unter Aufsicht und Anleitung eines Arztes tätig seien. Einer der von ihm beigezogenen Heilpraktiker (DDr. F* [in Deutschland]) sei selbst Zahnarzt und Kieferchirurg. Bei den restlichen Heilpraktikern erfolge eine wiederkehrende Aus- und Weiterbildung am G* in Deutschland. Alle Heilpraktikerbehandlungen begründeten sich in einer Indikationsbestätigung bzw Verordnung durch seine ihn behandelnden Ärzte (Dr. D* und Dr. E*).
Die Beklagte bestreitet und wendete im Wesentlichen ein, Therapien zur Behandlung von Krankheiten könnten grundsätzlich nur dann auf Kosten der Versichertengemeinschaft erbracht werden, wenn sie von einem Arzt durchgeführt würden. Leistungen anderer Gesundheitsberufe, mit Ausnahme jener die der ärztlichen Hilfe gesetzlich gleichgestellt seien, seien nicht als Krankenbehandlung zu qualifizieren. Leistungen von Heilpraktikern zählten nicht zum Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung. Heilpraktiker seien in Österreich berufsrechtlich gar nicht zugelassen, weshalb deren Inanspruchnahme im Ausland gleichfalls nicht vom Krankenbehandlungsanspruch erfasst sei. Mangels Vorliegen ärztlicher bzw ärztlich gleichgestellter Hilfe bestehe insgesamt kein Anspruch, zumal Reisekosten eine Annexleistung der Krankenbehandlung bildeten.
Zudem scheitere ein allfälliger Kostenersatz an der Verfallfrist des § 102 ASVG. Zufolge Abs 2 leg cit sei der Anspruch auf Kostenerstattung (-ersatz) oder auf einen Kostenzuschuss vom Anspruchsberechtigten bei sonstigem Verlust binnen 42 Monaten nach Inanspruchnahme der Leistung geltend zu machen, sodass hier sämtliche Honorarnoten vor dem 10.12.2018 allein schon aus diesem Grund nicht erstattungsfähig seien.
Letzterem hielt der Kläger entgegen, es liege eine „Serienbehandlung“ vor.
Mit Urteil vom 10.12.2024 wies das Erstgerichtdas Klagebegehren ab. Hiebei ging es vom eingangs referierten Sachverhalt aus und vertrat in rechtlicher Beurteilung der Sache die Auffassung, die verfahrensgegenständlichen Behandlungen durch Heilpraktiker könnten mangels Gleichstellung gemäß § 135 Abs 1 ASVG nicht als Krankenbehandlung qualifiziert werden, sodass hiefür aufgewendete Kosten nicht erstattungsfähig seien. Ärztliche Hilfe umfasse zwar nicht nur die eigene Tätigkeit des Arztes, sondern auch jene zur Unterstützung herangezogener Hilfspersonen. „Arztferne“ Tätigkeiten – wie hier – ließen sich nur dann der ärztlichen Hilfe zurechnen, wenn der einschreitende Nichtarzt zu einem Arzt in einer qualifizierten Verantwortungsbeziehung stehe, die dessen Aufsicht und Anleitung gewährleiste. Im Hinblick darauf, dass die den Kläger behandelnden Ärzte in ** und ** tätig seien, könnte bei in Deutschland tätigen Heilpraktikern schon geographisch nicht die erforderliche Aufsicht und Anleitung gewährleistet sein. Dies gelte auch für die in ** tätige Mag. C*, da diese im Auftrag einer ** Heilpraktikerin tätig geworden sei. Im Übrigen sei der Anspruch auf Kostenerstattung für alle vor dem 10.12.2018 in Anspruch genommenen Leistungen gemäß § 102 Abs 2 ASVG verfallen, zumal im Hinblick auf die vielfach wechselnden Leistungserbringer eine Serienbehandlung nicht angenommen werden könne.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die rechtzeitige Berufung des Klägers aus den Rechtsmittelgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das bekämpfte Urteil aufzuheben und die Sozialrechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückzuverweisen, in eventu im Sinn einer Klagsstattgebung abzuändern.
Die Beklagte weist in ihrer rechtzeitigen Berufungsbeantwortung darauf hin, dass das Vorliegen einer grundsätzlich behandlungsbedürftigen Erkrankung des Klägers nicht bestritten worden sei und beantragt, dem Rechtsmittel der Gegenseite den Erfolg zu versagen.
Nach Art und Inhalt der geltend gemachten Rechtsmittelgründe war über die Berufung in nichtöffentlicher Sitzung zu befinden (§§ 2 Abs 1 ASGG, 480 Abs 1 ZPO). Hiebei erwies sie sich aufgrund nachstehender Erwägungen als nicht berechtigt :
1.Nimmt der Anspruchsberechtigte nicht die Vertragspartner, also zB Vertragsärzte oder die eigenen Einrichtungen des Versicherungsträgers zur Erbringung der Sachleistungen der Krankenbehandlung in Anspruch, so gebührt ihm der Ersatz einer anderweitigen Krankenbehandlung in der Höhe des Betrags, der bei Inanspruchnahme der entsprechenden Vertragspartner des Versicherungsträgers von diesem aufzuwenden gewesen wäre. Ein Versicherter, dem die Erbringung der Sachleistung verweigert wird, kann sich die Krankenbehandlung anderweitig, also etwa durch einen Wahlarzt beschaffen und dann Kostenerstattung beanspruchen. Nach § 133 Abs 1 ASVG umfasst die Krankenbehandlung – soweit hier von Interesse – unter anderem ärztliche Hilfe (10 ObS 62/94).
Der Gesetzgeber hat der Ärzteschaft eine Monopolstellung bei der Erfüllung des krankenversicherungsrechtlichen Versorgungsauftrags eingeräumt. Diese Monopolstellung wurde erst im Laufe der Zeit zugunsten bestimmter anderer Gesundheitsberufe angetastet. Es erfolgte eine substantielle Erweiterung des Leistungsspektrums der gesetzlichen Krankenversicherung durch die Gleichstellung nichtärztlicher Behandlungen mit ärztlicher Hilfe. Der Kreis der in § 135 Abs 1 ASVG bezeichneten Leistungserbringer im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung wurde durch die in den Z 1 bis 4 genannten Berufe erweitert. Aus der Funktion und Entstehungsgeschichte des § 135 Abs 1 Satz 2 ASVG ergibt sich, dass die Aufzählung derjenigen medizinischen Dienste, die der ärztlichen Hilfe gleichgestellt sind, abschließend gemeint ist. Daraus folgt, dass Gesundheitsleistungen von Vertretern anderer Gesundheitsberufe keine Krankenbehandlungen im Sinn des § 133 ASVG darstellen und somit nicht auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden können. Die Auflistung in § 135 Abs 1 ASVG ist durch Analogie nicht auf andere Leistungserbringer erweiterbar. Auf diese Weise dient sie dem Schutz des Krankenversicherungsträgers vor einer überbordenden Leistungspflicht. Selbst wenn andere Leistungserbringer vergleichbare Behandlungen durchführen, ist eine analoge Anwendung ausgeschlossen (10 ObS 63/13g ErwGr 1.1).
Da Heilpraktiker in § 135 Abs 1 ASVG nicht genannt sind, scheidet ein Kostenerstattungsanspruch für deren Leistungen unter diesem Gesichtspunkt aus. Nicht erfasst sind nämlich auch Leistungen von Gesundheitsberufen, die in Österreich berufsrechtlich gar nicht zugelassen sind und deshalb im Ausland in Anspruch genommen werden, etwa die Leistung eines in Deutschland in Anspruch genommenen Heilpraktikers (10 ObS 63/13g ErwGr 1.2, 10 ObS 2/01v).
2. Bereits in erster Instanz hat der Kläger auf eine qualifizierte Verantwortungsbeziehung zwischen den ihn behandelnden Heilpraktikern sowie den ihn behandelnden Ärzten reflektiert. In seiner Berufung führt er in diesem Zusammenhang unter anderem aus, die Anleitung und Aufsicht des Arztes könne heutzutage selbstverständlich auch im Wege der elektronischen und telematischen Mittel erfolgen.
2.1.Die ärztliche Hilfe umfasst nicht nur die eigene Tätigkeit des Arztes, sondern auch die Tätigkeit anderer zur Unterstützung herangezogener Hilfspersonen. „Arztferne“ Tätigkeiten lassen sich nur dann der ärztlichen Hilfe zurechnen, wenn der einschreitende Nichtarzt zu einem Arzt in einer qualifizierten Verantwortungsbeziehung steht, die dessen Aufsicht und Anleitung gewährleistet. In diesem Bereich substituiert die Verantwortungsbeziehung zu dem Arzt die persönliche Qualifikation als Arzt. Diese Verantwortungsbeziehung zwischen Arzt und Hilfsperson muss so ausgestaltet sein, dass der Arzt jederzeit in der Lage ist, in den Ablauf der Behandlung einzugreifen. Zwar muss der Arzt nicht während der gesamten Tätigkeit selbst anwesend sein, zu fordern ist aber, dass der Arzt für die behandelnde Hilfsperson jederzeit und sofort erreichbar ist, dass die Möglichkeit besteht, den Behandlungsvorgang unverzüglich an Veränderungen in der ärztlich verordneten Therapie anzupassen und eine unmittelbare und laufende Kontrolle des Behandlungsvorgangs erfolgt. Nur unter diesen Voraussetzungen können auch die Leistungen von Nichtärzten, soweit sie im Verantwortungsbereich eines Arztes erbracht werden, ärztliche Hilfe im Sinn des § 135 Abs 1 Satz 1 ASVG darstellen (OLG Wien 8 Rs 49/12b). Diese Ausführungen hat der Oberste Gerichtshof ausdrücklich gebilligt und angefügt, § 49 Abs 2 ÄrzteG ermögliche (zwar) eine Einbeziehung von Hilfspersonen zur Unterstützung der ärztlichen Tätigkeit, diese setze (aber) voraus, dass die Hilfspersonen nach den genauen Anordnungen und unter ständiger Aufsicht des Arztes handeln. Arztfremde Leistungen ließen sich nur dann der ärztlichen Hilfe zurechnen, wenn der einschreitende Nichtarzt zu einem Arzt in einer qualifizierten Verantwortungsbeziehung stehe, die dessen Aufsicht und Anleitung gewährleiste (10 ObS 63/13g ErwGr 1.3.3).
2.2.Der Rechtsmittelwerber vermisst in seiner Mängelrüge eine hinreichende Anleitung in erster Instanz, Beweisanträge in Form des Anbots eines medizinischen Gutachtens sowie der beiden ihn behandelnden Ärzte zum Thema anzubieten, dass die Heilbehandlungen unter ärztlicher Aufsicht und Anleitung erfolgt seien. In seiner Rechtsrüge wiederholt er dies und vermisst „Ermittlungen“ zur Frage, ob die streitverfangenen Behandlungen Teil eines ärztlichen Behandlungsplans gewesen seien, zu welchem Thema auch die beiden ihn behandelnden Ärzte zu vernehmen gewesen wären, und ob (mit Hilfe der Heilpraktikerbehandlungen) eine Chance auf einen Heilungserfolg bestanden habe. All diese Ausführungen sind der Mängelrüge zuzuordnen, weil es nicht darauf ankommt, wie die geltend gemachten Berufungsgründe bezeichnet werden, sondern darauf, welchem Berufungsgrund die Ausführungen im Rechtsmittel zuzuzählen sind (RIS-Justiz RS0111425). Im Übrigen sind mehrere Berufungsgründe grundsätzlich nicht gemeinsam auszuführen; werden die Rechtsmittelgründe unzulässigerweise nicht getrennt ausgeführt, gehen Unklarheiten zu Lasten des Rechtsmittelwerbers (RIS-Justiz RS0041768, RS0041761).
2.3.Der Behandlung der Mängelrüge ist voranzustellen, dass die Beklagte in ihrer Berufungsbeantwortung (S 2) ausreichend deutlich eine Behandlungsbedürftigkeit der Erkrankung des Klägers zugesteht. Da Außerstreitstellungen auch noch im Rechtsmittelverfahren möglich sind (RIS-Justiz RS0040051), bildet die mangelnde Einholung eines medizinischen Gutachtens zu diesem Thema und unter diesem Aspekt keinen aufzugreifenden Verfahrensmangel. Im Übrigen trifft zu, dass das Gericht im sozialgerichtlichen Verfahren gegenüber einem unvertretenen Anspruchswerber eine über die allgemeine gerichtliche Anleitungspflicht des § 182 ZPO hinausgehende Anleitungspflicht trifft. Danach hat das Gericht rechtsunkundigen Parteien die zur Vornahme ihrer Prozesshandlungen nötige Anleitung zu geben und dieselben über die mit ihren Handlungen oder Unterlassungen verbundenen Rechtsfolgen zu belehren. Diese Verpflichtung zur Anleitung und Belehrung wird von der Rechtsprechung sehr weit gesehen. Wenn sich aus dem Verfahrensverlauf zumindest Anhaltspunkte für bestimmte Ansprüche ergeben, dann erstreckt sich die Anleitungspflicht auf die damit verbundenen typischen Prozesshandlungen, wie etwa auch Beweisanbote ( Wolf in Köck/SonntagASGG § 39 Rz 4 und 6). Außerdem ordnet § 87 Abs 1 ASGG die amtswegige Beweisaufnahme an, welche Verpflichtung jedoch nur hinsichtlich von Umständen, für deren Vorliegen sich aus den Verfahrensergebnissen Anhaltspunkte ergeben, besteht. Nur dann, wenn sich aus dem Vorbringen der Parteien, aus Beweisergebnissen oder dem Inhalt des Aktes Hinweise auf das Vorliegen bestimmter entscheidungswesentlicher Tatumstände ergeben, ist das Gericht verpflichtet, diese in seine Überprüfung einzubeziehen.
Im Rechtsmittelverfahren in Sozialrechtssachen gilt aber auch ausnahmslos das Neuerungsverbot des § 482 Abs 2 ZPO (RIS-Justiz RS0042049). Außerdem erfordert auch im Sozialrechtsverfahren (§ 2 Abs 1 ASGG) die gesetzmäßige Ausführung des Berufungsgrunds der Mangelhaftigkeit, dass der Berufungswerber die für die Entscheidung wesentlichen Feststellungen anführt, die bei Durchführung der vermissten Beweisaufnahme zu treffen gewesen wären (RIS-Justiz RS0043039). Schließlich ist zufolge § 2 Abs 1 ASGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren von einem unzulässigen Erkundungsbeweis dann zu sprechen, wenn der Beweisantrag auf die Aufklärung eines rechtserzeugenden Sachverhalts gerichtet ist, dessen Tatbestandselemente der Partei selbst nicht klar waren und die von ihr weder vorgetragen noch konkretisiert wurden. Hingegen wird der Beweis dann nicht als unzulässiger Ausforschungsbeweis anzusehen sein, wenn die antragstellende Partei einen konkreten rechtserheblichen Sachverhalt als Beweisthema vorträgt, selbst wenn sie im Zeitpunkt der Antragstellung von dem Bestand und der Richtigkeit des vorgetragenen Sachverhalts keineswegs überzeugt ist (RIS-Justiz RS0039973). Ausgehend von diesen Grundsätzen schlägt die Mängelrüge, die sich im Wesentlichen mit dem zu Punkt 2. oben erörterten Thema befasst, nicht durch:
In der Mängelrüge führt der Berufungswerber als Thema für die Einvernahme der beiden Zeugen an, dass die Heilbehandlungen unter ärztlicher Aufsicht und Anleitung erfolgten. Auf welche Art und Weise konkret diese ärztliche Aufsicht und Anleitung gegenüber sieben verschiedenen Heilpraktikern erfolgt sein soll, stellt die Berufung nicht dar. In Wahrheit wird damit eine konkrete Feststellung nicht genannt, die bei Einvernahme der beiden Ärzte aufgrund deren Aussagen zu treffen gewesen wären. Damit genügt die Mängelrüge aber nicht den vorbezeichneten Anforderungen. Soweit der Berufungswerber in seiner Rechtsrüge argumentiert, die Anleitung und Aufsicht des Arztes könne heute auch im Wege der elektronischen und telematischen Mittel erfolgen, wird nicht einmal behauptet, dass beide Ärzte und sieben verschiedene Heilpraktiker über diese Möglichkeiten verfügten. Auch unter diesem Gesichtspunkt geht die Argumentation im Rechtsmittel sohin ins Leere. Soweit dort unter Bezugnahme auf die beiden Zeugen argumentiert wird, es wäre zu ermitteln gewesen, ob die Behandlungen der sieben Heilpraktiker Teil eines ärztlichen Behandlungsplans gewesen seien, wird offenbar, dass dem Kläger gar nicht klar ist, ob die Behandlungen der sieben Heilpraktiker Teil eines ärztlichen Behandlungsplans (von einem oder zwei Ärzten?) gewesen sein sollen, sodass auch dieser Teil der Ausführungen des Berufungswerbers nicht greifen kann. Da der Rechtsmittelwerber insgesamt in seiner Berufungsschrift keine konkreten Behauptungen aufstellt, bei deren Zutreffen nach den zu Punkt 2. oben dargestellten Grundsätzen die Heilpraktikerbehandlungen als Teil der ärztlichen Hilfe qualifiziert werden könnten, müssen die Mängelrüge und die als solche zu wertenden Ausführungen in der Rechtsrüge ins Leere gehen. Damit wird nämlich im Ergebnis die Erforderlichkeit der genannten Erörterungen und die Notwendigkeit der angeführten Beweisaufnahmen nicht aufgezeigt.
3.Als Zwischenergebnis ist somit (wiederholend) festzuhalten, dass eine Erstattung von Kosten für die Leistungen der sieben Heilpraktiker mangels Qualifizierbarkeit als ärztliche Hilfe im Sinn des § 135 ASVG nicht in Betracht kommt. Vor- und Nebenleistungen, die die ärztliche Hilfe erst ermöglichen, gehören zu den notwendigen Behandlungsmaßnahmen. Sie teilen grundsätzlich das rechtliche Schicksal der Hauptleistung. Zu solchen Vor- und Nebenleistungen zählen insbesondere auch der Krankentransport, der ein Annex zur ärztlichen Hilfe ist ( Schober in Sonntag ASVG 16 § 133 Rz 13). Da hier keine ärztliche Hilfe infolge Inanspruchnahme der Heilpraktiker zu bejahen ist, sind auch die Kosten für die eingereichten Bahnreisen nicht erstattungsfähig.
4.Damit kommt es auf die Frage eines Verfalls im Sinn des § 102 ASVG nicht an. Insoweit ist auch unerheblich, dass das Erstgericht keine detaillierten Feststellungen zur Höhe des geltend gemachten Anspruchs sowie zur Frage, ob der Kläger die Leistungen der Heilpraktiker beglichen hat, getroffen hat. Schließlich kann auch dahinstehen, ob das Klagebegehren mangels Aufschlüsselung nicht ohnehin unschlüssig ist und dass das Erstgericht diesen Aspekt nicht erörtert hat.
5. Zusammengefasst ist der Berufung sohin ein Erfolg zu versagen.
Ein Kostenersatz aus Billigkeit an den (auch) im Rechtsmittelverfahren unterlegenen Kläger hat nicht zu erfolgen, weil ein solcher im Sinn des § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG unter anderem das Vorliegen tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten voraussetzt. Bereits das Fehlen derartiger Schwierigkeiten – wie hier – steht einem Kostenersatz nach Billigkeit entgegen ( Sonntag in Köck/SonntagASGG § 77 Rz 21). Damit ist lediglich der Vollständigkeit halber anzufügen, dass der Kläger auch die Gründe für einen Kostenersatzanspruch nach Billigkeit nicht dargelegt hat ( Sonntag ebendort Rz 22).
Im Vordergrund des Rechtsmittelverfahrens standen nicht revisible Fragen einer behaupteten Mangelhaftigkeit. Demgegenüber war eine Rechtsfrage mit der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität nicht zu lösen, sodass auszusprechen ist, dass die ordentliche Revision nicht zulässig ist (§§ 2 Abs 1 ASGG, 500 Abs 2 Z 3 ZPO).
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