Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Korn, Dr. Stiefsohn, Mag. Böhm und Dr. Gusenleitner-Helm in der Rechtssache der klagenden Partei R*, vertreten durch Mag. Marcus Marakovics, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei I* Gesellschaft m.b.H., *, vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 18.500 EUR sA und Feststellung (5.000 EUR) über die Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 9.250 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 24. Juni 2025, GZ 3 R 71/25v 19, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 17. April 2025, 9 Cg 94/24k 15, Folge gegeben wurde, den
Beschluss
gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.000,75 EUR (darin enthalten 166,79 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Der Kläger verletzte sich bei einem Sturz in der Tiefgarage eines Einkaufszentrums, in dem die Beklagte eine Filiale betreibt. Er ging auf einer erhöhten Bodenfläche, achtete dabei auf die Beschilderung, die auf die Filiale der Beklagten hinwies, und übersah eine für die Führung einer Brandschiebetür technisch notwendige Vertiefung mit einer Tiefe von 15 cm und einer Breite von 59 cm. Die Vertiefung ist (ungeachtet ihrer gleichen Farbe) aufgrund der Beleuchtung für einen Benutzer der Tiefgarage, der beim Gehen vor die Füße schaut, so rechtzeitig sichtbar, dass sie ohne Verletzungsgefahr überwunden werden kann.
[2] Der Kläger begehrt Schadenersatz in Höhe von 18.500 EUR sA und die Feststellung der Haftung der Beklagten für zukünftige Schäden aus dem Unfall. Die Beklagte habe ihre (vor )vertraglichen Schutz und Sorgfaltspflichten verletzt, indem sie die Gehsteigunterbrechung nicht farblich markiert oder auf diese hingewiesen habe. Die Unfallstelle sei mangelhaft ausgeleuchtet und durch Schattenwurf abgedunkelt gewesen, wodurch die Gefahrenstelle nicht rechtzeitig erkennbar gewesen sei.
[3] Die Beklagte bestreitet. Der Sturz des Klägers sei darauf zurückzuführen, dass er seiner Wegstrecke keine ausreichende Aufmerksamkeit zugewandt habe.
[4] Das Erstgericht erkannte mit Teilzwischen und Teilurteil das Leistungsbegehren als dem Grunde nach zur Hälfte zu Recht bestehend. Das darüber hinausgehende Leistungsbegehren, sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für die Hälfte aller zukünftigen Schäden wies es ab. Ein Benutzer der Tiefgarage habe nicht mit der nicht gekennzeichneten Vertiefung rechnen müssen. Der Kläger hätte diese jedoch bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennen können. Daher sei eine Haftungsteilung im Verhältnis 1 : 1 gerechtfertigt.
[5] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten gegen die Feststellung, dass der Anspruch auf Zahlung von 9.250 EUR sA dem Grunde nach zu Recht besteht Folge und wies das Klagebegehren auch in diesem Umfang ab. Der Kläger hätte die Vertiefung bei objektiver Betrachtung problemlos erkennen und überwinden oder ihr ausweichen können, nicht nur aufgrund der Beleuchtung, sondern auch aufgrund der an der Vertiefung unterbrochenen gelben Umrandung der Bodenerhöhung. Eine haftungsbegründende Verletzung der Verkehrssicherungspflicht sei daher zu verneinen.
[6] Die Revision wurde vom Berufungsgericht nachträglich zugelassen, weil „nicht auszuschließen sei, dass eine zu korrigierende Fehlbeurteilung unterlaufen sei“.
[7] Die Revision des Klägersist – ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruchs des Berufungsgerichts nicht zulässig. Sie kann keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigen.
[8] 1. Der konkrete Inhalt einer Verkehrssicherungspflicht und das Maß der Zumutbarkeit geeigneter Vorkehrungen gegen einen Schadenseintritt richtet sich jeweils nach den Umständen des Einzelfalls und begründet daher grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage (vgl RS0110202 , RS0029874 , RS0111380 ). Entscheidungen über Verkehrssicherungspflichten sind daher nur dann revisibel, wenn dem Berufungsgericht eine Fehlbeurteilung unterlief, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedarf ( RS0110202 [T14]). Das ist hier nicht der Fall.
[9] 2. Die Frage des konkreten Umfangs der Verkehrssicherungspflichten hängt insbesondere davon ab, ob einem sorgfältigen Menschen erkennbar war, dass die Gefahr der Verletzung von anderen besteht und ob bestimmte Maßnahmen zur Vermeidung dieser Gefahr auch zuzumuten sind (vglRS0023726 [T1] ; RS0023397). Für das Ausmaß der Sicherungspflicht ist entscheidend, ob eine naheliegende und voraussehbare Gefahrenquelle bestand (RS0023487 [T6]). Generell gilt, dass die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflichten nicht überspannt werden dürfen ( RS0023607 [T2] ua), sollen sie keine vom Gesetz nicht vorgesehene vom Verschulden unabhängige Haftung des Sicherungspflichtigen zur Folge haben ( RS0023950 ).
[10] 3. Aus den Feststellungen ergibt sich, dass die Vertiefung aufgrund der Ausleuchtung des Parkhauses so rechtzeitig sichtbar war, dass sie ohne Verletzungsgefahr überwunden werden konnte. Zusätzlich hat das Berufungsgericht berücksichtigt, dass zwar die „Stufe“ selbst nicht markiert war, die Unterbrechung der gelben Randmarkierung der erhöhten Fläche aber einen zusätzlichen visuellen Hinweis auf die Vertiefung geboten hat.
[11]
[12] 4. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass im konkreten Fall keine Verpflichtung zu einer weitergehenden Kennzeichnung bestand, hält sich daher im Rahmen des eingeräumten Ermessensspielraums.
[13]5. Insgesamt gelingt es dem Kläger daher nicht, das Vorliegen einer Rechtsfrage von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Die Revision des Klägers ist daher zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
[14]6. Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Allerdings ist revisionsgegenständlich nur das Begehren auf Zahlung von 9.250 EUR sA. Das noch offene Feststellungsbegehren (über 50 %) wird vom Erstgericht zu entscheiden sein.
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