Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer, Hofrat Mag. Eder und Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann Preschnofsky, in der Rechtssache der Revision des S G, vertreten durch Mag. Dr. Sebastian Siudak, Rechtsanwalt in Linz, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. September 2025, L525 23030071/4E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger der Türkei, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 11. Oktober 2023 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Er begründete diesen Antrag damit, dass er aufgrund von Geldschulden, die er infolge des Erdbebens in der Türkei nicht mehr habe begleichen können, von den Gläubigern verfolgt werde.
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 9. September 2024 ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in die Türkei zulässig sei, und legte eine vierzehntägige Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis als unbegründet abgewiesen. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revisiongesondert gemäß § 28 Abs. 3 VwGG vorgebrachten Gründe zu überprüfen.
7 In der Begründung zur Zulässigkeit der Revision bringt der Revisionswerber vor, das Bundesverwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 21 Abs. 7 BFA Verfahrensgesetz (BFA VG), wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben könne, abgewichen. Die Verhandlungspflicht sei ausgelöst worden, weil das Bundesverwaltungsgericht die Beweiswürdigung entscheidungswesentlich ergänzt habe. Es habe ergänzende beweiswürdigende Erwägungen zu dem in der Beschwerde präzisierten Vorbringen, dem Revisionswerber drohe aufgrund seiner Geldschulden durch Angehörige einer mafiösen Organisation im Herkunftsstaat Verfolgung, angestellt.
8 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Absehen von der mündlichen Verhandlung gemäß dem hier maßgeblichen ersten Tatbestand des ersten Satzes des § 21 Abs. 7 BFA VG („wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“) dann gerechtfertigt, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFAVG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (vgl. grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, 0018 sowie aus der weiteren Rechtsprechung etwa VwGH 8.9.2025, Ra 2025/20/0252 bis 0253, mwN).
9Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes löst das Aufzeigen weiterer, von der Verwaltungsbehörde nicht aufgegriffener und somit erstmals thematisierter Aspekte die Verhandlungspflicht nur dann aus, wenn damit die tragenden verwaltungsbehördlichen Erwägungen nicht bloß unwesentlich ergänzt werden (vgl. VwGH 8.9.2025, Ra 2025/20/0353 bis 0355, mwN).
10 Dass das Bundesverwaltungsgericht von diesen Leitlinien abgewichen wäre, vermag die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen nicht aufzuzeigen.
11 Fallbezogen ist nicht ersichtlich, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt hätte. Wie schon das Bundesverwaltungsgericht in seinen Erwägungen zum Absehen von der Durchführung der mündlichen Verhandlung zu Recht ausgeführt hat, ist der Revisionswerber dem von der Behörde festgestellten Sachverhalt in der Beschwerde auch nicht substantiiert entgegengetreten. In der Beschwerde wird den beweiswürdigenden Erwägungen lediglich damit begegnet, dass die vom Revisionswerber bisher auch nicht namentlich genannten, ihn nach seinem Vorbringen verfolgenden Gläubiger nunmehr in der Beschwerde „als der Mafia zuzurechnen“ „konkretisiert“ werden, ohne weitere Details fallbezogen auch nur ansatzweise darzulegen. Auch wenn der Revisionswerber in der Beschwerde einige Länderberichte zitiert und auf die daraus abzuleitenden Verfolgungen durch türkische kriminelle Organisationen verwiesen hat, ist dabei ein Bezug zur konkreten Fluchtgeschichte des Revisionswerbers und einer allfälligen asylrelevanten Verfolgungsgefahr nicht hergestellt worden.
12 Wie schon das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sprach das Bundesverwaltungsgericht dem Vorbringen des Revisionswerbers betreffend eine asylrelevante Verfolgung durch Gläubiger die Glaubwürdigkeit im Generellen ab. Auf die Frage, ob diese Gläubiger einer kriminellen Organisation angehörten, kommt es damit nicht an. Die dazu getroffenen Aussagen des Verwaltungsgerichtes stellen sich sohin als nicht entscheidungswesentlich dar.
13 Damit erübrigt sich auch eine Auseinandersetzung mit der vom Verwaltungsgericht alternativ herangezogenen Begründung hinsichtlich der Abstandnahme von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung, das Vorbringen unterliege zudem dem Neuerungsverbot des § 20 Abs. 1 BFA VG.
14 Soweit sich der Revisionswerber zur Begründung der Zulässigkeit der Revision gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichtes wendet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach dieser als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Der zur Rechtskontrolle berufeneVerwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 22.9.2025, Ra 2025/20/0433, mwN).
15 Fallbezogen legt das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Beweiswürdigung nachvollziehbar dar, dass dem Fluchtvorbringen des Revisionswerbers aufgrund der knappen und oberflächlichen Schilderungen, die zudem nicht lebensnah seien, nicht zu folgen sei. Dem vermag der Revisionswerber nichts Stichhaltiges entgegenzusetzen.
16 In der Revision wird sohin keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 24. November 2025
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