Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer, Hofrat Mag. Eder und Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann Preschnofsky, in der Rechtssache der Revision des I U, vertreten durch Mag. Dr. Sebastian Siudak, Rechtsanwalt in Linz, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Juli 2025, W278 22958231/9E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 16. Oktober 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 10. Juni 2024 ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revisiongemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen.
7 Der Revisionswerber wendet sich in der Begründung der Zulässigkeit der Revision gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach seinem Vorbringen zu den Gründen, weshalb er von den Taliban verfolgt werde, kein Glauben geschenkt wurde.
8Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Bundesverwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 18.2.2025, Ra 2025/20/0043, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 16.7.2025, Ra 2025/14/0075, mwN).
9 Das Bundesverwaltungsgericht hat sich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ausführlich und in nicht unschlüssiger Weise mit dem Vorbringen des Revisionswerbers befasst und ist zum Ergebnis gelangt, dass seinen Angaben zu einer Verfolgung im Herkunftsland kein Glauben zu schenken sei. Dass die beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts mit einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangel behaftet wären, wird vom Revisionswerber nicht aufgezeigt.
10Im Besonderen ist der Revisionswerber darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zwar wiederholt Bedenken gegen die unreflektierte Verwertung von Beweisergebnissen der Erstbefragung erhoben hat, weil sich diese Einvernahme nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat. Gleichwohl hat der Verwaltungsgerichtshof aber betont, dass es nicht generell unzulässig ist, sich auf eine Steigerung des Fluchtvorbringens zwischen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der weiteren Einvernahme eines Asylwerbers zu stützen. Es ist auf dem Boden des § 19 Abs. 1 AsylG 2005 weder der Behörde noch dem Bundesverwaltungsgericht verwehrt, im Rahmen beweiswürdigender Überlegungen Widersprüche und sonstige Ungereimtheiten in den Angaben der Erstbefragung zu späteren Angaben unter Abklärung und in der Begründung vorzunehmender Offenlegung, worauf diese fallbezogen zurückzuführen sindeinzubeziehen (vgl. VwGH 12.5.2025, Ra 2025/20/0052, mwN). Im Übrigen ist an dieser Stelle festzuhalten, dass die sich auf die Angaben in der Erstbefragung beziehenden Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts im Rahmen der Beweiswürdigung ohnedies nur eine untergeordnete und die sonstigen Ausführungen abrundende Stellung einnehmen.
11 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird weiters vorgebracht, das Bundesverwaltungsgericht habe bei der Verweigerung der Zuerkennung von subsidiärem Schutz nicht ausreichend berücksichtigt, dass sämtliche Familienangehörigen des Revisionswerbers nicht mehr in Afghanistan lebten, weshalb er dort über kein soziales Netzwerk mehr verfüge. Damit entfernt sich der Revisionswerber aber von den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts, das mit näherer Begründung davon ausgegangen ist, dass seine Angaben zum Aufenthaltsort seiner in Afghanistan als wohlhabend einzustufenden Familie unrichtig seien und der größte Teil seiner (zahlreichen) Angehörigen nach wie vor in Afghanistan lebe (es stellte in diesem Zusammenhang fest, dass die Familie in Afghanistan ein Hotel besäßen, in dem der Revisionswerber als Kassier gearbeitet habe, sowie drei Grundstücke, auf denen Häuser stünden, wobei eines der Häuser von der Familie des Revisionswerbers bewohnt und zwei weitere Häuser vermietet würden; das dritte Grundstück werde von der Familie nicht genutzt; der Vater des Revisionswerbers sorge „mit dem Hotel“ finanziell für die Familie; auch der ältere Bruder des Revisionswerbers unterstütze die Familie finanziell mit seiner Tätigkeit als Arzt).
12 Ausführungen dazu, weshalb die in diesem Zusammenhang vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene (ausführliche) Beweiswürdigung unvertretbar sein sollte, finden sich in der Begründung der Zulässigkeit (und im Übrigen auch sonst in der Revision, in der als Prämisse die bloße Behauptung der Richtigkeit der vom Revisionswerber getätigten Angaben zugrunde gelegt wird) nicht. Auch mit der Behauptung, er hätte in Afghanistan noch nie gearbeitet, weshalb er dort keine Anstellung finden werde, setzt sich der Revisionswerber begründungslos über die gegenteiligen Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts hinweg.
13 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 8. September 2025
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