Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Mag. Dr. Maurer Kober sowie die Hofrätin Dr. in Sembacher und den Hofrat Mag. Marzi als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. in Zeitfogel, über die Revision des M A, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 3. Februar 2025, W105 2296485 1/8E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 16. April 2023 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), den er im Wesentlichen damit begründete, als Zivilist für das afghanische Militär tätig gewesen und deshalb aus Angst vor den Taliban geflohen zu sein.
2 Das aufgrund einer Säumnisbeschwerde zuständig gewordene Bundesverwaltungsgericht (BVwG) wies diesen Antrag mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest. Unter einem sprach es aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
3 In seiner Begründung ging das BVwG soweit für das gegenständliche Verfahren wesentlich davon aus, dass der Revisionswerber in Afghanistan nicht der Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung oder Bedrohung ausgesetzt sei, die in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit bei der Regionalpolizei und später der afghanischen Nationalpolizei stünde.
4 In der Folge erhob der Revisionswerber die vorliegende Revision, welche sich ausschließlich gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten wendet.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit zunächst vor, das BVwG habe seine Begründungspflicht verletzt, indem es ein Kapitel des Länderinformationsblattes zu Afghanistan, welches das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers untermauere, weder festgestellt noch sich in sonstiger Weise damit auseinandergesetzt habe. Überdies habe das BVwG Hinweise auf im Zusammenhang mit dem Risikoprofil des Revisionswerbers stehende Berichte der EUAA zur Gänze „weggewischt“.
9 Das Vorbringen des Asylwerbers muss, um eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit und nicht nur eine entfernte Möglichkeit einer Verfolgung glaubhaft zu machen, eine entsprechende Konkretisierung aufweisen. Die allgemeine Behauptung von Verfolgungssituationen, wie sie in allgemein zugänglichen Quellen auffindbar sind, wird grundsätzlich zur Dartuung von selbst Erlebtem nicht genügen (vgl. VwGH 12.5.2025, Ra 2025/20/0152 bis 0154, mwN).
10 Feststellungen allgemeiner Umstände im Herkunftsstaat können außerdem die Glaubhaftmachung der Gefahr einer konkreten, individuell gegen den Revisionswerber gerichteten Verfolgung nicht ersetzen (vgl. VwGH 17.3.2025, Ra 2024/14/0777, mwN).
11 Warum allein die Eigenschaft, Bediensteter der Polizei der ehemaligen Regierung gewesen zu sein, wie die Revision zu vermeinen scheint, entgegen dieser Judikatur jedenfalls internationalen Schutz rechtfertigen sollte, legt die Revision nicht hinreichend dar. Mit dem bloßen Verweis auf das entsprechende Kapitel des Länderinformationsblattes wird nicht aufgezeigt, inwiefern die einzelfallbezogene Beurteilung des BVwG mit einem relevanten Begründungsmangel behaftet wäre. Dies vor allem im Hinblick auf die auf einem Bericht der EUAA, Country Guidance Afghanistan vom Mai 2024, basierende und in der Revision unwidersprochen gebliebene Feststellung des BVwG, wonach sich aus der bloßen Zugehörigkeit zur Risikogruppe des Zivil und Militärpersonals der früheren Regierung Afghanistans eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung nicht ohne Hinzutreten weiterer konkreter Anhaltspunkte ableiten lasse (vgl. zur notwendigen Relevanzdarlegung von Verfahrensfehlern etwa VwGH 22.5.2025, Ra 2024/14/0690, mwN).
12 Schließlich wendet sich die Revision gegen die Beweiswürdigung des BVwG. Dieses habe bei der Annahme der legalen Ausreise die örtlichen Gegebenheiten in Afghanistan verkannt und sich unzulässigerweise auf eine Steigerung im Vorbringen des Revisionswerbers zwischen seiner Erstbefragung und der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gestützt.
13 Dazu ist festzuhalten:
Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 27.5.2025, Ra 2025/18/0128 bis 0133, mwN).
14 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung wiederholt zwar Bedenken gegen die unreflektierte Verwertung von Beweisergebnissen der Erstbefragung erhoben, weil sich diese Einvernahme nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat. Gleichwohl hat der Verwaltungsgerichtshof aber betont, dass es nicht generell unzulässig ist, sich auf eine Steigerung des Fluchtvorbringens zwischen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der weiteren Einvernahme eines Asylwerbers zu stützen (vgl. VwGH 12.5.2025, Ra 2025/20/0052, mwN).
15 Das BVwG hat sich in seiner Beweiswürdigung, entgegen der Behauptung in der Revision, nicht allein auf die Unvereinbarkeit des Fluchtvorbringens bei der Erstbefragung und der Einvernahme vor dem BFA gestützt, sondern auch auf weitere Erwägungen, etwa Widersprüche in den Angaben des Revisionswerbers in der Einvernahme zu denjenigen in der mündlichen Verhandlung. Auch gelingt es der Revision nicht dazulegen, weshalb das lediglich einen Teilaspekt der Beweiswürdigung darstellende Argument des BVwG, der Revisionswerber habe keine Probleme bezüglich etwaiger im Zuge der Ausreise durch die Taliban erfolgter Kontrollen angegeben, dazu führen würde, dass die beweiswürdigenden Überlegungen des BVwG insgesamt als unschlüssig und daher unvertretbar zu qualifizieren wären.
16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 16. Juli 2025
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