Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Mag. Dr. Maurer Kober sowie die Hofrätin Dr. in Sembacher und den Hofrat Mag. Schartner als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr.in Zeitfogel, über die Revision des A Ö (alias A Ö), vertreten durch Mag. Dr. Sebastian Siudak, Rechtsanwalt in Linz, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. September 2025, L530 21053715/16E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger der Türkei und Angehöriger der kurdischen Volksgruppe, stellte im September 2010 und im Februar 2016 bereits erfolglos Anträge auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).
2Am 18. November 2016 stellte der Revisionswerber einen zweiten Folgeantrag auf internationalen Schutz, den das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) im zweiten Rechtsgang mit Bescheid vom 29. Jänner 2021 zur Gänze abwies. Unter einem erteilte es dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung „nach“ zulässig sei, gewährte ihm keine Frist für die freiwillige Ausreise und erließ ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Erkenntnis vom 8. September 2021 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit den gegenständlich relevanten Maßgaben ab, dass die Abschiebung des Revisionswerbers „in die Türkei“ zulässig sei und das Einreiseverbot von fünf auf acht Jahre erhöht werde.
4 Dagegen erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom 29. November 2021, E 3894/20215, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Die in der Folge erhobene außerordentliche Revision wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 28. Februar 2022, Ra 2022/14/0032, zurück.
5 Am 25. März 2022 stellte der Revisionswerber den gegenständlichen vierten Antrag auf internationalen Schutz (somit seinen dritten Folgeantrag), den er soweit für das vorliegende Verfahren relevant im Wesentlichen damit begründete, er werde aufgrund der von ihm in sozialen Medien veröffentlichten Beiträgen von der türkischen Polizei gesucht. Im Rückkehrfall würden ihm Folter und Haft drohen.
6Mit Bescheid vom 23. Februar 2023 wies das BFA diesen Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurück und erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005.
7 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das BVwG nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Erhebung einer Revision erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
10Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11Soweit sich der Revisionswerber unter diesem Gesichtspunkt gegen die beweiswürdigenden Erwägungen des BVwG wendet, mit denen es dem Fluchtvorbringen des Revisionswerbers unter anderem mit der Begründung, seine Angaben seien widersprüchlich und bis zuletzt unsubstantiiert geblieben, den „glaubhaften Kern“ absprach, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhalts die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung berechtigen und verpflichten kann, der rechtlich für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen Relevanz zukommt; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrags darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen „glaubhaften Kern“ aufweisen, an den eine positive Entscheidungsprognose im obigen Sinne anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrags mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers (und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden) auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (vgl. VwGH 9.4.2025, Ra 2025/14/0021, mwN).
12 Dass das BVwG fallbezogen von diesen Leitlinien abgewichen wäre und insbesondere die Erwägungen des BVwG zum fehlenden „glaubhaften Kern“ unzutreffend gewesen wären, legt die Revision welche lediglich auf der Prämisse der Richtigkeit der eigenen Behauptungen aufbaut ohne der Beweiswürdigung des BVwG zum „glaubhaften Kern“ substantiell entgegenzutreten nicht dar. Damit gelingt es der Revision nicht, eine unvertretbare Beweiswürdigung hinsichtlich des fehlenden glaubhaften Kerns aufzuzeigen.
13 Wenn in der Zulässigkeitsbegründung der Revision weiters releviert wird, dass der angefochtene Bescheid der belangten Behörde keine Rückkehrentscheidung enthalten habe und dazu vorgebracht wird, die Integration des Revisionswerbers habe sich in der Zwischenzeit noch stärker intensiviert und es lägen deshalb insbesondere auch betreffend die bestehende Rückkehrentscheidung und das Einreiseverbot berücksichtigungswürdigende neue Umstände vor, ist festzuhalten, dass es zwar richtig ist, dass der Bescheid des BFA und damit auch das angefochtene Erkenntniskeine Rückkehrentscheidung nach § 52 FPG aufweist, sodass auch keine Beurteilung nach § 9 BFA Verfahrensgesetz (BFA VG) vorgenommen wurde. Dies entspricht aber der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, weil gegen den Revisionswerber bereits eine mit einem Einreiseverbot verbundene Rückkehrentscheidung besteht:
14Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge ist zwar auch eine (negative) Entscheidung über einen Folgeantrag grundsätzlich mit einer Entscheidung über die Erlassung einer Rückkehrentscheidung zu verbinden. Besteht jedoch gegen einen Drittstaatsangehörigen bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung, so bedarf es gemäß § 59 Abs. 5 FPG bei allen nachfolgenden Verfahrenshandlungen nach dem 7., 8. und 11. Hauptstück des FPG oder dem AsylG 2005 keiner neuerlichen Rückkehrentscheidung, es sei denn, es sind neue Tatsachen gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG hervorgekommen, die eine Neubemessung der Dauer eines Einreiseverbotes erforderlich machen (vgl. etwa VwGH 30.8.2022, Ra 2022/14/0214, mwN).
15Mit dem bloßen Hinweis, dass seit Erlassung des Einreiseverbotes mehrere Jahre vergangen seien, in denen sich die Integration des Revisionswerbers vertieft hätte und er in diesem Zeitraum keine weiteren kriminalpolizeilichen Probleme gehabt habe, hat der Revisionswerber jedoch keine neuen Tatsachen gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG geltend gemacht, die eine Neubemessung der Dauer eines Einreiseverbotes erforderlich machen (vgl. erneut VwGH 30.8.2022, Ra 2022/14/0214, mwN).
16 Diesbezüglich besteht auch kein Rechtsschutzdefizit, weil dem Revisionswerber zur Geltendmachung seines Privatund Familienlebens im Sinn von Art. 8 EMRK der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 zur Verfügung steht, welcher zu erteilen ist, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA VG zur Aufrechterhaltung des Privatund Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist. Im Falle einer relevanten Änderung des diesbezüglichen Sachverhalts steht eine aufrechte Rückkehrentscheidung einem solchen Antrag auch nicht gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 entgegen (vgl. wiederum VwGH 30.8.2022, Ra 2022/14/0214, mwN).
17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 3. November 2025
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