Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätinnen Mag. Rossmeisel und Dr. in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Gnilsen, in der Revisionssache des A M in W, vertreten durch Mag.a Margit Sagel, Rechtsanwältin in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 60/18, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Juni 2022, L519 2119600 5/9E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger des Irak, stellte am 26. Februar 2015 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), der vom Bundesverwaltungsgericht im Beschwerdeverfahren rechtskräftig abgewiesen wurde. Die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde lehnte der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 12. Juni 2019, E 1092/2019 9, ab.
2 Am 23. September 2019 stellt der Revisionswerber erneut einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid vom 18. Oktober 2019 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. Dem Revisionswerber wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, es wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig sei und keine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Weiters wurde ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen und die Unterkunftnahme für einen näher bezeichneten Zeitraum in einem näher genannten Quartier aufgetragen.
3 Mit Erkenntnis vom 15. November 2019 wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab.
4 Am 31. August 2021 brachte der Revisionswerber den gegenständlichen dritten Antrag auf internationalen Schutz ein.
5 Dieser wurde mit Bescheid vom 7. Februar 2022 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Dem Revisionswerber wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt. Der Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.
6 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 8. Juni 2022 als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
7 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 Die Revision bringt in ihrer Zulassungsbegründung vor, das Bundesverwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082 bis 0087) abgewichen und habe entgegen § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz (FPG) keine Rückkehrentscheidung erlassen. Dies sei für den Revisionswerber relevant, da auf Grund der nicht näher genannten erbrachten Integrationsleistungen damit gerechnet hätte werden können, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei.
12 Dazu ist zunächst festzuhalten, dass der Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl und damit auch das angefochtene Erkenntnis keine Rückkehrentscheidung nach § 52 FPG enthält, sodass auch keine Beurteilung nach § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA VG) vorgenommen wurde. Dies entspricht auch der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, weil gegen den Revisionswerber bereits eine mit einem Einreiseverbot verbundene Rückkehrentscheidung besteht:
13 Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge ist zwar auch eine (negative) Entscheidung über einen Folgeantrag grundsätzlich mit einer Entscheidung über die Erlassung einer Rückkehrentscheidung zu verbinden (vgl. VwGH 10.9.2021, Ra 2021/14/0256, mwN).
14 Besteht jedoch gegen einen Drittstaatsangehörigen bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung, so bedarf es gemäß § 59 Abs. 5 FPG bei allen nachfolgenden Verfahrenshandlungen nach dem 7., 8. und 11. Hauptstück des FPG oder dem AsylG 2005 keiner neuerlichen Rückkehrentscheidung, es sei denn, es sind neue Tatsachen gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG hervorgekommen, die eine Neubemessung der Dauer eines Einreiseverbotes erforderlich machen (vgl. erneut VwGH 10.9.2021, Ra 2021/14/0256, mwN, dazu grundlegend VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082 bis 0087, mwN: „im Fall der Änderung des für die Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes relevanten Sachverhaltes“).
15 Mit dem bloß pauschalen Hinweis auf „erbrachte Integrationsleistungen“ hat der Revisionswerber jedoch keine neuen Tatsachen gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG geltend gemacht (vgl. erneut VwGH 10.9.2021, Ra 2021/14/0256).
16 Diesbezüglich besteht auch kein Rechtsschutzdefizit, weil dem Revisionswerber zur Geltendmachung seines Privat- und Familienlebens im Sinn von Art. 8 EMRK der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 zur Verfügung steht, welcher zu erteilen ist, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (vgl. VwGH 16.12.2015, Ro 2015/21/0037). Im Falle einer relevanten Änderung des diesbezüglichen Sachverhalts steht eine aufrechte Rückkehrentscheidung einem solchen Antrag auch nicht gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 entgegen (vgl. dazu etwa VwGH 29.3.2021, Ra 2017/22/0196, mwN).
17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 30. August 2022
Rückverweise