Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm sowie die Hofrätinnen MMag. Ginthör und Dr. Kronegger als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Janitsch, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Schärding gegen Spruchpunkt I. (2) des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 8. Juli 2025, Zl. LVwG 653546/2/FP, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung (mitbeteiligte Partei: S H, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in Mattighofen), zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang seines Spruchpunktes I. (2) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
1Mit Bescheid der revisionswerbenden Behörde vom 23. Juni 2025 wurde dem Mitbeteiligten (nach einem vorangegangenen, mit Vorstellung bekämpften Mandatsbescheid vom 14. März 2025) im Hinblick auf eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 1 iVm. § 99 Abs. 1b Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), hinsichtlich derer er unter Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses der revisionswerbenden Behörde vom 23. Juni 2025 bestraft wurde, (u.a.) die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (u.a. gestützt auf § 7 iVm. § 26 Abs. 1 erster Satz Führerscheingesetz [FSG]) für die Dauer von einem Monat gerechnet ab dem Zeitpunkt der Abnahme des Führerscheins am 22. Februar 2025 entzogen und festgestellt, dass diese Entziehung rechtmäßig gewesen sei. Zudem traf die Behörde im Zusammenhang mit der Entziehung der Lenkberechtigung weitere Anordnungen. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde wurde aberkannt.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich der Beschwerde des Mitbeteiligten ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung statt, hob das von ihm bekämpfte Straferkenntnis vom 23. Juni 2025 unter Spruchpunkt I. (1) sowie den von ihm ebenfalls angefochtenen Bescheid vom 23. Juni 2025 unter Spruchpunkt I. (2) ersatzlos auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren ein. Mit Spruchpunkt II. sprach es aus, dass der Mitbeteiligte keine Kosten zu entrichten habe. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt (Spruchpunkt III.).
3 Das Verwaltungsgericht gelangteauf das im vorliegenden Revisionsverfahren (Ra 2025/11/0117) betreffend die Aufhebung des Entziehungsbescheides vom 23. Juni 2025 Wesentliche zusammengefasst zur Auffassung, der Mitbeteiligte habe wie sich auf Basis der im angefochtenen Erkenntnis aus diversen beweiswürdigenden Überlegungen getroffenen Feststellungen ergebe, anders als von der revisionswerbenden Behörde angenommenden objektiven Tatbestand des § 5 Abs. 1 StVO 1960 nicht erfüllt. Infolgedessen liege auch keine bestimmte Tatsache im Sinn von § 7 FSG vor, welche für die Entziehung der Lenkberechtigung erforderlich wäre. Es sei daher nicht nur das Straferkenntnis vom 23. Juni 2025, sondern auch der Entziehungsbescheid vom selben Tag aufzuheben gewesen.
4Zur näheren Begründung des angefochtenen Erkenntnisses wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. November 2025, Ra 2025/02/0164 (betrifft die dem Mitbeteiligten unter Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses der revisionswerbenden Behörde angelastete Übertretung der StVO 1960), verwiesen.
5Zur Begründung für die Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung stützte sich das Verwaltungsgericht insbesondere auf § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG. Gegenständlich ergebe sich bereits aus der Aktenlage, dass der Bescheid der revisionswerbenden Behörde aufzuheben gewesen sei.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision, die zur Begründung ihrer Zulässigkeit unter dem Gesichtspunkt einer Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Verletzung der Verhandlungspflicht geltend macht.
7 Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung.
8Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. November 2025, Ra 2025/02/0164, wurde das angefochtene Erkenntnis im Umfang seiner Spruchpunkte I. (1) und II. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im gegenständlichen, die Entziehung der Lenkberechtigung betreffenden Revisionsverfahren (Ra 2025/11/0117) hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
9 Die Amtsrevision erweist sich aus dem von ihr dargestellten Grund im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG als zulässig; sie ist auch begründet.
10 Vorauszuschicken ist, dass es sich vorliegendwie bereits im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. November 2025, Ra 2025/02/0164, dargelegtentgegen den Ausführungen in der Revisionsbeantwortung um eine Amtsrevision der Bezirkshauptmannschaft Schärding handelt. Auf die Entscheidungsgründe des zuletzt genannten hg. Erkenntnisses wird insofern gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.
11Auch hinsichtlich der im angefochtenen Erkenntnis vertretenen Rechtsansicht, der Mitbeteiligte habe das objektive Tatbild der ihm unter Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses der revisionswerbenden Behörde vom 23. Juni 2025 zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht verwirklicht, ist gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom 3. November 2025, Ra 2025/02/0164, zu verweisen. Aus den dort dargelegten Gründen trifft die genannte Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts nicht zu.
12Darüber hinaus gilt bezogen auf die von der Amtsrevision ins Treffen geführte Verletzung der Verhandlungspflicht im gegenständlichen Verfahren nach dem FSG Folgendes:
13Die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, in der vorliegenden Konstellation sei bereits aufgrund der Aktenlage festgestanden, dass der Entziehungsbescheid der revisionswerbenden Behörde aufzuheben gewesen sei, weshalb von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG hätte abgesehen werden dürfen, erweist sich als nicht tragfähig.
14 Das Verwaltungsgericht setzte seine inhaltlich entgegengesetzteWürdigung der gutachterlichen bzw. ärztlichen Ausführungen sowie der sonstigen entscheidungsrelevanten Aktenbestandteile an die Stelle der Einschätzung der revisionswerbenden Behörde, was jedoch in der gegenständlichen Situation jedenfalls die amtswegige Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG erfordert hätte (siehe dazu etwa VwGH 25.2.2019, Ra 2018/08/0251; VwGH 20.2.2023, Ra 2021/07/0062). Darüber hinaus war die Aktenlage keineswegs eindeutig (vgl. auch dazu VwGH 3.11.2025, Ra 2025/02/0164). Vielmehr wären richtigerweise die im Entziehungsbescheid dargestellten, behördlichen Ermittlungsergebnisse, die im angefochtenen Erkenntnis einer anderslautenden Einschätzung unterzogen wurden, im Rahmen einer mündlichen Verhandlung unter Beiziehung der medizinischen Sachverständigen zu erörtern und durch das Verwaltungsgericht zu ergänzen gewesen.
15Da das Verwaltungsgericht aus den dargelegten Erwägungen die Rechtslage verkannte, war das angefochtene Erkenntnis im Umfang seines Spruchpunktes I. (2) wegen vorrangig wahrzunehmender inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Wien, am 19. November 2025
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