Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache 1. des G L, 2. der E L, 3. des R T, 4. der A T, 5. des A M, 6. der G M, 7. der W P, 8. des W H, 9. des F R, 10. des J T, 11. der J T, 12. des M T, 13. der S T, 14. des R H, 15. der S H, 16. des R K, 17. der D M, 18. des G M und 19. der C M, 1. 13. und 16. 19. in F sowie 14. und 15. in N, alle vertreten durch die hba Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Karmeliterplatz 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 14. Oktober 2024, LVwG 50.3 6515/2022 119 und LVwG 50.3 6516/2022 118, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadtgemeinde Fehring; mitbeteiligte Parteien: 1. A R und 2. E R, beide in F, beide vertreten durch Mag. Wolfram Schachinger, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Hafengasse 16/4 5; weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (Verwaltungsgericht) wurden unter anderem die Beschwerden der revisionswerbenden Parteien gegen die Bescheide der belangten Behörde jeweils vom 30. Mai 2022, mit welchen den mitbeteiligten Parteien die baubehördlichen Bewilligungen für die Errichtung von je einem Bio Geflügelmaststall, Vormaststall für 9.600 Hühner, von je zwei Endmastställen für je 4.800 Hüher pro Stall, von je drei Futtersiloanlagen und von Wegflächen auf näher bezeichneten Grundstücken der KG J. erteilt worden waren, mit einer sich auf die adaptierten Einreichunterlagen zur Projektergänzung betreffend das Entwässerungskonzept beziehenden Maßgabe als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG unzulässig sei.
5 Begründend führte das Verwaltungsgericht soweit für den Revisionsfall wesentlich aus, dass der gegenständliche Bauplatz im maßgeblichen Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde F. als „Freiland“ gewidmet sei, traf Feststellungen zum Tierbestand der in einem Radius von 1,5 km bestehenden Tierhaltungsbetriebe sowie auf Basis der dazu eingeholten Gutachten der betreffenden Amtssachverständigen zu der vom geplanten Bauvorhaben ausgehenden Geruchsbelastung und der sich bei den nächstgelegenen Anrainern ergebenden Luftschadstoff und Geruchsstoffkonzentration. Die Auswirkungen durch das gegenständliche Vorhaben seien bei den revisionswerbenden Parteien sowohl für den Parameter Geruch als auch in Bezug auf die Luftschadstoffe PM 10 , Gesamtstaub (Deposition) und NH 3 unterhalb der jeweiligen Irrelevanzgrenzen und veränderten die Ist Situation nicht. Aus diesem Grund sei bei gesunden, normal empfindenden „Menschen und Kindern“ von keinen erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt (Schutzgüter Mensch und Luft) auszugehen.
6 Gegen dieses Erkenntnis erhoben die revisionswerbenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 11. Dezember 2024, E 4513/2024 5, deren Behandlung abgelehnt und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. In der Begründung dieses Beschlusses führte der Verfassungsgerichtshofes unter anderem Folgendes aus:
„Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der die angefochtene Entscheidung tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird (§ 95 Stmk. Baugesetz, LGBl. 59/1995, idF LGBl. 73/2023 und § 7 Abs. 1 und 2 Stmk. Geruchsimmissionsverordnung 2023, LGBl. 126/2023, idF LGBl. 51/2024), lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung von rechtswidrigen generellen Normen als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat:
Ob und inwieweit der Gesetzgeber Personen rechtlichen Schutz gewährt, die durch den einer anderen Person gegenüber ergangenen verwaltungsbehördlichen Bescheid, insbesondere auch durch eine dieser Person erteilte Bewilligung, in ihren Interessen betroffen sind, ist seiner Gestaltungsfreiheit anheim gegeben. Diese ist verfassungsrechtlich lediglich dadurch begrenzt, dass das die Parteirechte bestimmende Gesetz dem aus dem Gleichheitssatz abzuleitenden Sachlichkeitsgebot unterliegt (VfSlg. 14512/1996 mwN, 19.617/2012, 20.436/2021). Vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles ist weder ersichtlich, dass der Gesetzgeber das Sachlichkeitsgebot verletzt hat noch unbestimmte Regelungen für die Vollziehung geschaffen hat.“
7 Die revisionswerbenden Parteien bringen in ihrer Begründung für die Zulässigkeit der vorliegenden Revision vor, ob Belästigungen der Nachbarn im Sinn des § 95 Abs. 1 Stmk. BauG zumutbar seien, sei danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf einen gesunden, normal empfindenden Menschen auswirken. Es bestehe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage des Vorliegens „einer durch die Kumulation zahlreicher als irrelevant eingestufter (Geruchs )Belastungen eintretende unzumutbare Belastung, die einer Genehmigung eines im Bauverfahren entgegensteht“. Auch liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dahingehend vor, ob die Kumulation von jeweils als irrelevant eingestuften Mengen an Gerüchen und Luftschadstoffen eine Gesundheitsgefährdung der Nachbarn darstelle.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargetan, der grundsätzliche Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG zukäme.
8 Zunächst ist festzuhalten, dass § 95 Abs. 1 Stmk. BauG mangels Aufzählung im Katalog des § 26 Abs. 1 Stmk. BauG kein („unmittelbar durchsetzbares“) Nachbarrecht vermittelt; diese Bestimmung ist allerdings im Zusammenhalt mit § 13 Abs. 12 Stmk. BauG, nach welchem den Nachbarn im Ergebnis ein gewisser Immissionsschutz zukommt, der unabhängig von der Flächenwidmung gegeben ist, zu sehen (vgl. dazu VwGH 8.9.2014, 2013/06/0054, mwN).
9 Soweit die revisionswerbenden Parteien mit den von ihnen aufgeworfenen Fragen eine Auslegung des § 95 Abs. 1 Stmk. BauG begehren, hängt somit das Schicksal der Revision von der Beantwortung dieser Fragen nicht ab; zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG aber nicht zuständig (vgl. etwa VwGH 21.3.2024, Ra 2023/06/0221, mwN; zur Auslegung des § 95 Abs. 1 und 3 Stmk. BauG vgl. auch VwGH 23.9.2024, Ro 2022/06/0011).
10 Im Übrigen hat sich das Verwaltungsgericht mit den Vorgaben des § 13 Abs. 12 Stmk. BauG auseinandergesetzt, wobei die revisionswerbenden Parteien den dazu ergangenen Ausführungen nicht entgegentreten; ebenso wenig legen sie in ihrer Zulässigkeitsbegründung dar, welche weiteren „als irrelevant eingestuften Mengen an Gerüchen und Luftschadstoffen“ das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt haben soll.
Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 18. März 2025
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