Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Mag. Dr. Maurer Kober sowie die Hofrätin Dr. in Sembacher und den Hofrat Mag. Marzi als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. in Zeitfogel, über die Revision des I K, vertreten durch Dr. Max Kapferer, Dr. Thomas Lechner Dr. Martin Dellasega, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 1. August 2024, L507 22765131/18E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger der Türkei und Angehöriger der kurdischen Volksgruppe, stellte am 25. Mai 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), den er im Wesentlichen mit der Diskriminierung der Kurden in der Türkei und den damit einhergehenden wirtschaftlichen Problemen begründete.
2Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 4. Juli 2023 zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in die Türkei zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung zunächst vor, dem Erkenntnis des BVwG hafte ein relevanter Begründungsmangel insofern an, als die vorgelegte fachärztliche Einschätzung zur Suizidalität des Revisionswerbers zu Unrecht in Zweifel gezogen worden sei. Der vorgelegten ärztlichen Bestätigung könne nicht entnommen werden, dass der stationsführende Oberarzt das Suizidrisiko ausschließlich aufgrund der vom Revisionswerber geschilderten Ausreisegründe angenommen habe. Auch werde in der fachärztlichen Einschätzung entgegen den Ausführungen des BVwG keine Beweiswürdigung vorgenommen. Dem Revisionswerber sei der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, weil im Falle seiner Abschiebung ein hohes Risiko eines Suizids bestehe und den Länderberichten nicht entnommen werden könne, dass eine psychiatrische Behandlung in der Türkei, welche das hohe Risiko eines Suizides verhindern könnte, für den Revisionswerber tatsächlich gewährleistet sei.
9Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder suizidgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (vgl. etwa VwGH 10.2.2025, Ra 2025/01/0028, mwN).
10Ob derartige außergewöhnliche Umstände vorliegen, ist eine von der Behörde bzw. vorliegend dem BVwG zu beurteilende Rechtsfrage. Diese Beurteilung setzt aber nachvollziehbare Feststellungen über die Art der Erkrankung des Betroffenen und die zu erwartenden Auswirkungen auf den Gesundheitszustand im Falle einer (allenfalls medizinisch unterstützten) Abschiebung voraus (vgl. VwGH 25.7.2023, Ra 2022/19/0268, mwN).
11 Im vorliegenden Fall befasste sich das BVwG sowohl mit dem Gesundheitszustand des Revisionswerbers als auch mit den vorgelegten ärztlichen Bestätigungen und gelangte auf der Grundlage entsprechender Feststellungen wenn auch zum Teil disloziert in der rechtlichen Beurteilung zusammengefasst zum Ergebnis, dass dem Revisionswerber im Falle einer Überstellung weder ein akut existenzbedrohender Krankheitszustand drohe noch Anhaltspunkte für eine unzumutbare Verschlechterung des Krankheitszustandes dargetan worden seien. Im gegenständlichen Fall ergebe sich aus der Berichtslage in der Türkei nicht, dass es dem Revisionswerber unmöglich wäre, seine psychiatrische Erkrankung im Herkunftsland behandeln lassen zu können.
12 Die Revision, die diesen Erwägungen nichts Stichhaltiges entgegensetzt, vermag nicht aufzuzeigen, dass sich das BVwG von den dargestellten Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entfernt hätte.
13 Die Revision begründet ihre Zulässigkeit überdies damit, das BVwG sei dem Antrag auf Einholung eines fachärztlichen Gutachtens aus dem Fachgebiet der Psychiatrie „zum Beweis dafür, dass der [Revisionswerber] an einer schweren depressiven Episode sowie an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet und dass er wegen diesen Erkrankungen im Falle einer Rückkehr in die Türkei in eine ausweglose Lage geraten würde“, nicht nachgekommen. Aus diesem Gutachten hätte sich ergeben, dass der Revisionswerber im Falle einer Abschiebung in die Türkei akut suizidgefährdet sei und eindeutig eine Gefahr für sein Leben bestehe.
14 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Beweisanträgen grundsätzlich zu entsprechen, wenn die Aufnahme des darin begehrten Beweises im Interesse der Wahrheitsfindung notwendig erscheint. Dementsprechend dürfen Beweisanträge nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel an sich ungeeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern und damit zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts beizutragen. Ob eine Beweisaufnahme in diesem Sinn notwendig ist, unterliegt der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. VwGH 16.7.2025, Ra 2025/20/0168 bis 0173, mwN).
15 Das BVwG, dessen Feststellungen zufolge der Revisionswerber an einer schweren depressiven Episode und an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet, lehnte den genannten Beweisantrag im Wesentlichen mit der Begründung ab, der Revisionswerber habe ärztliche Atteste und Schreiben vorgelegt, die seinen Gesundheitszustand widerspiegeln würden und er habe nicht dargelegt, welche Fragen trotz Vorlage dieser Unterlagen von einem medizinischen Sachverständigen zu beurteilen seien. Es komme darauf an, ob der Revisionswerber bei einer Rückkehr in die Türkei in eine aussichtlose Lage geraten würde, wobei diese Frage nicht durch ein fachärztliches Gutachten beantwortet werden könne, sondern aufgrund der landeskundlichen Feststellungen im Zusammenhang mit dem festgestellten Sachverhalt zu beurteilen sei. Aus der Berichtslage zur Türkei gehe nicht hervor, dass es dem Revisionswerber unmöglich wäre, seine psychische Erkrankung behandeln zu lassen. Insofern gelingt es der Revision mit ihrem Vorbringen nicht, aufzuzeigen, dass das BVwG von der dargestellten Rechtsprechung zur Ablehnung von Beweisanträgen abgewichen wäre.
16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 27. November 2025
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