Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer, Hofrat Mag. Cede, Hofrätinnen Dr. Holzinger und Dr. Pieler als Richter und Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Amesberger, über die Revision der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau, vertreten durch die Finanzprokuratur in 1011 Wien, Singerstr. 17 19, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. November 2022, W201 2172972 1/18E, betreffend Bemessung des Ruhegenusses (mitbeteiligte Partei: F H, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 5), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen
1 Der am 14. April 1954 geborene Mitbeteiligte erklärte mit Schreiben vom 13. Dezember 2016, primär unverändert auf Basis des § 236b Beamten Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979), in eventu auf Basis des § 236d BDG 1979, mit Ablauf des 31. Jänner 2017 in den Ruhestand zu treten.
2 Mit Schreiben vom 23. Dezember 2016 teilte das Bundesministerium für Inneres dem Mitbeteiligten mit, er habe durch seine schriftliche Erklärung vom 13. Dezember 2016 gemäß § 15 Abs. 1 BDG 1979 iVm § 236d Abs. 1 BDG 1979 seine Versetzung in den Ruhestand bewirkt. Gemäß § 15 Abs. 2 BDG 1979 werde seine Ruhestandsversetzung mit Ablauf des 31. Jänner 2017 wirksam.
3 Mit Bescheid vom 16. Juni 2017 stellte die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (Pensionsbehörde) fest, dem Mitbeteiligten gebühre vom 1. Februar 2017 an ein Ruhebezug nach dem Pensionsgesetz 1965 (PG 1965) in der Höhe von monatlich brutto € 4.157,52 (Ruhegenuss von € 3.210,04, Erhöhungsbetrag nach § 90a PG 1965 von € 96,37, Nebengebührenzulage von € 851,11). Dabei ging die Pensionsbehörde davon aus, dass sich der Mitbeteiligte ab dem 1. Februar 2017 gemäß § 15 BDG 1979 iVm. § 236d BDG 1979 im Ruhestand befinde, und nahm eine Kürzung der Ruhegenussbemessungsgrundlage gemäß § 5 Abs. 2 PG 1965 vor.
4 Mit Erkenntnis vom 28. Mai 2020 wies das Bundesverwaltungsgericht die vom Mitbeteiligten gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde ab.
5 Dieses Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts hob der Verwaltungsgerichtshof über Revision des Mitbeteiligten mit Erkenntnis vom 22. September 2021, Ra 2020/12/0040, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts auf. Auszugsweise sprach der Verwaltungsgerichtshof wie folgt aus:
„14 Zur Darstellung der (unionsrechtlichen und österreichischen) Rechtslage wird auf das hg. Erkenntnis vom 25. März 2015, Ro 2014/12/0045, verwiesen. § 236b Abs. 1 BDG 1979 in der hier anwendbaren Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 64/2016 hat denselben Wortlaut wie die in dem soeben genannten Erkenntnis anwendbare Fassung. In dem zitierten Erkenntnis vertrat der Verwaltungsgerichtshof - im auch hier wesentlichen Zusammenhang - nachstehende Rechtsansicht:
‚Soweit der Revisionswerber eine unmittelbare Diskriminierung darin erblickt, dass lediglich seinen Geburtsjahrgang (1954) betreffend eine kurzfristig erfolgte Erhöhung des Pensionsantrittsalters (richtig im Ausmaß von rund zwei Jahren) vorgenommen worden sei, und er daraus eine Rechtswidrigkeit vor dem Hintergrund des Unionsrechts ableitet, ist Folgendes auszuführen:
Die unter Punkt III. einzeln dargestellten Novellierungen des BDG 1979 und des PG 1965 führen angesichts der für eine Ruhestandsversetzung erforderlichen Voraussetzungen, insbesondere des Mindestalters, sowie im Umfang der Ruhegenussbemessung eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 2 Abs. 2 lit. a der RL ein (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2013, Zl. 2010/12/0168, und die dort zitierten Urteile des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 21. Juli 2011, Fuchs und Köhler , C-159/10 und C-160/10, Rn 33 und 34; vom 18. November 2010, Georgiev , C-250/09 und C-268/09, Rn 32; sowie vom 12. Oktober 2010, Rosenbladt , C-45/09, Rn 37).
Nach Art. 6 Abs. 1 der (entsprechend ihrem 6. und 25. Erwägungsgrund inhaltlich die Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer konkretisierenden) RL stellt eine Ungleichbehandlung wegen des Alters dann keine Diskriminierung dar, wenn sie objektiv und angemessen ist sowie im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich sind (vgl. etwa die Urteile des EuGH vom 6. November 2012, Kommission/Ungarn , C-286/12, Rn 60; vom 5. Juli 2012 , Hörnfeldt , C-141/11, Rn 21; Fuchs und Köhler , Rn 35; und Georgiev , Rn 36).
Die nähere Prüfung, ob derartige Regelungen (nach Untersuchung des mit ihnen verfolgten Zieles) mit der RL zu vereinbaren sind, stellt nach der Rechtsprechung des EuGH eine Aufgabe des nationalen Gerichtes dar (Urteil Georgiev , Rn 43; sowie Urteil vom 5. März 2009, Age Concern England , C 388/07, Rn 47).
Eine solche Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof im Wege der nachprüfenden Kontrolle eines verwaltungsbehördlichen Bescheides setzt aber voraus, dass die sich auf eine innerstaatliche Norm, welche eine Ungleichbehandlung auf Grund des Alters vorsieht, stützende Verwaltungsbehörde von sich aus Rechtfertigungsgründe im Verständnis des Art. 6 der RL ins Treffen führt und auch die hierfür erforderlichen Tatsachengrundlagen feststellt. Dazu ist den Parteien die Möglichkeit einzuräumen, ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten.
Derartiges ist im angefochtenen Bescheid in Verkennung dieser unionsrechtlichen Notwendigkeit gänzlich unterblieben. Dies fällt umso mehr ins Gewicht, weil die Zielsetzung des österreichischen Gesetzgebers im Rahmen der (unter Punkt III.) dargestellten, etappenweise umgesetzten Pensionsreform in den Materialien teils nicht aufgedeckt wird und teils kein klares und einheitliches Bild ergibt. Die bereits im zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 23. Juni 2014, B 1081/2013 u.a., genannten Materialien lassen nicht erkennen, weshalb eine Differenzierung zwischen den Geburtsjahrgängen 1953 und 1954 dahin vorgenommen wurde, dass für letztere ein Pensionsantritt erst mit Vollendung des 62. Lebensjahres vorgesehen ist. Insbesondere ist auch kein konkreter und offensichtlicher Anlass zu erkennen, weshalb gerade den Geburtsjahrgang 1954 anders als die anderen Jahrgänge betreffend eine kurzfristig erfolgte Erhöhung des Pensionsantrittsalters im Ausmaß von rund 2 Jahren erforderlich geworden war.
Art. 6 Abs. 1 der RL ist zwar nicht zu entnehmen, dass eine nationale Regelung, die das angestrebte Ziel wie im vorliegenden Fall nicht genau angibt, automatisch von einer Rechtfertigung nach dieser Richtlinienbestimmung ausgeschlossen ist. Fehlt es an einer solchen genauen Angabe, müssen allerdings andere aus dem allgemeinen Kontext der betreffenden Maßnahme abgeleitete Anhaltspunkte die Feststellung des hinter dieser Maßnahme stehenden Ziels ermöglichen, damit dessen Rechtmäßigkeit sowie die Angemessenheit und Erforderlichkeit der zu seiner Erreichung eingesetzten Mittel gerichtlich überprüft werden können. Dies betrifft ebenso die Prüfung vorgesehener Übergangsmaßnahmen auf ihre Eignung, das berechtigte Vertrauen der Betroffenen zu schützen (vgl. zum Ganzen etwa die Urteile des EuGH Kommission/Ungarn , Rn 58 und 68 bis 74; Hörnfeldt , Rn 24, Fuchs und Köhler , Rn 39; sowie Rosenbladt , Rn 58 mwN der Judikatur dieses Gerichtshofes).
Auf Grund des Fehlens einer - nach Wahrung des rechtlichen Gehörs der Parteien vorzunehmenden - Prüfung der hiernach vom nationalen Recht konkret angestrebten Ziele, deren Rechtmäßigkeit und Angemessenheit sowie der Erforderlichkeit der zu ihrer Erreichung eingesetzten Mittel (einer kurzfristigen und erheblichen Erhöhung des den Revisionswerber betreffenden Pensionsantrittsalters nach der dargestellten, zudem zeitlich sistierten, Stufenregelung) ist der angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.‘
15 Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt eine schriftliche Erklärung im Sinne des § 236b oder 236d BDG 1979 bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen kraft Gesetzes zum Eintritt des Ruhestandes, ohne dass es dazu eines (konstitutiven) Bescheides der Dienstbehörde bedürfte. Für die Frage, ob eine derartige Erklärung des Revisionswerbers seine Versetzung in den Ruhestand herbeigeführt hat oder nicht, ist ausschließlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des in der Erklärung genannten Ruhestandsversetzungstermines maßgeblich (vgl. VwGH 9.3.2020, Ra 2019/12/0015, mwN).
16 Da der Revisionswerber im vorliegenden Revisionsfall seine Erklärung auf Versetzung in den Ruhestand vom 13. Dezember 2016 primär auf § 236b (und lediglich eventualiter auf § 236d) BDG 1979 stützte, wäre vom Bundesverwaltungsgericht zunächst das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für eine Ruhestandsversetzung nach § 236b (Abs. 1) BDG 1979 zu prüfen gewesen.
17 Dazu wäre es im Sinne des oben wiedergegebenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes erforderlich gewesen, zu prüfen, ob die Ungleichbehandlung aufgrund des Alters zwischen den Geburtsjahrgängen 1953 und 1954 gerechtfertigt ist oder die den Revisionswerber benachteiligenden Bestimmungen des PG 1965 wegen Verstoßes gegen Unionsrecht unangewendet zu bleiben haben.
18 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 19. Oktober 2016, Ro 2016/12/0014, Folgendes ausgesprochen:
‚Dem BVwG ist grundsätzlich in seiner Argumentation beizupflichten, dass die schrittweise Anhebung des effektiven Pensionsantrittsalters unter Berücksichtigung der demographischen Entwicklung der Bevölkerung in Österreich zur Sicherung des Pensionssystems für zukünftige Generationen durch Maßnahmen, die das faktische Pensionsantrittsalter anheben, einen Rechtfertigungsgrund im Verständnis des Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeines Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (kurz: RL) darstellen kann. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union verfügen auf nationaler Ebene nicht nur bei der Entscheidung, welches konkrete Ziel von mehreren im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik sie verfolgen wollen, sondern auch bei der Festlegung der Maßnahmen zu seiner Erreichung über einen weiten Ermessensspielraum (vgl. in diesem Sinn etwa das bereits vom BVwG genannte Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 9. September 2015, Daniel Unland , C-20/13, Rn 57 und 65).
Allerdings fehlt wie der Revisionswerber zutreffend ausführt auch hier die bereits im hg. Erkenntnis vom 25. März 2015, Ro 2014/12/0045, dargestellte und für den Ausgang des Verfahrens wesentliche Prüfung, wodurch die Ungleichbehandlung des Geburtsjahrganges 1954 insbesondere gegenüber den im Dienststand verbliebenen Beamten des Jahrganges 1953 sachlich gerechtfertigt ist.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass noch das Pensionsharmonisierungsgesetz 2004, die Dienstrechts-Novelle 2007 und zuletzt das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2008 (ohne nähere Begründung in den Gesetzesmaterialien) für die unmittelbar vorangehenden Jahrgänge jeweils eine Verlängerung der Geltungsdauer der Regelungen über den abschlagsfreien Pensionsantritt bei langer beitragsgedeckter Gesamtdienstzeit - zuletzt um 3 Jahre - als angemessen erachtet haben, ohne dass dafür ins Gewicht fallende, die davon betroffenen Geburtsjahrgänge besonders betreffende Unterscheidungskriterien gegenüber dem Geburtsjahrgang 1954, etwa im Bereich der demographischen Entwicklung oder der Situation am Arbeitsmarkt, offenkundig gewesen oder vom BVwG festgestellt worden wären.
Auf Grund des (somit unveränderten) Fehlens der aufgetragenen - nach Wahrung des rechtlichen Gehörs der Parteien vorzunehmenden - Prüfung der insoweit vom nationalen Recht konkret angestrebten Ziele, deren Rechtmäßigkeit und Angemessenheit sowie der Erforderlichkeit der zu ihrer Erreichung eingesetzten Mittel (einer kurzfristigen und erheblichen Erhöhung des den Revisionswerber betreffenden Pensionsantrittsalters nach der dargestellten, zudem zeitlich sistierten, Stufenregelung) ist das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.‘
19 Für den vorliegenden Revisionsfall ergibt sich aus der wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass vom Bundesverwaltungsgericht zu beurteilen gewesen wäre, ob die vom Verwaltungsgerichtshof - aufgrund der kurzfristig erfolgten Erhöhung des Pensionsantrittsalters und des niedrigeren Ruhebezugs - festgestellte Altersdiskriminierung des Geburtsjahrganges 1954 gegenüber dem Geburtsjahrgang 1953 gerechtfertigt ist. Zu beurteilen gewesen wäre also die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung dieser beiden Geburtsjahrgänge. Zu den hiefür erforderlichen Tatsachengrundlagen wäre den Parteien rechtliches Gehör einzuräumen und sodann Feststellungen hiezu zu treffen gewesen.
20 Sollte das Bundesverwaltungsgericht im fortgesetzten Verfahren nach Einräumung rechtlichen Gehörs an die Parteien zu dem Ergebnis gelangen, dass eine Rechtfertigung der Altersdiskriminierung des Geburtsjahrgangs 1954 gegenüber dem Geburtsjahrgang 1953 nicht vorliegt, wäre infolge Vorrangs des Unionsrechts und der daraus folgenden Unanwendbarkeit entgegenstehenden nationalen Rechts daran auszugehen, dass der Revisionswerber durch seine Erklärung vom 13. Dezember 2016 gemäß § 15 BDG 1979 iVm. § 236b Abs. 1 BDG 1979 seinen Übertritt in den Ruhestand bewirkt hat. Sollte es hingegen zu dem Ergebnis gelangen, dass die in den wiedergegebenen Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes im Einzelnen dargestellte Diskriminierung nach dem Alter gerechtfertigt ist, wäre davon auszugehen, dass der Revisionswerber durch seine Erklärung vom 13. Dezember 2016 gemäß § 15 BDG 1979 iVm. § 236d Abs. 1 BDG 1979 in den Ruhestand getreten ist.“
6 Im fortgesetzten Verfahren forderte das Bundesverwaltungsgericht die revisionswerbende Amtspartei auf, mitzuteilen, inwieweit die vom Mitbeteiligten vorgebrachte Altersdiskriminierung zwischen den Geburtsjahrgängen 1954 gegenüber dem Geburtsjahrgang 1953 gerechtfertigt sei. Die Revisionswerberin erstattete eine Stellungnahme, zu der sich der Mitbeteiligte äußerte.
7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde des Mitbeteiligten statt und setzte seinen Ruhebezug nach § 236b BDG 1979 ab 1. Februar 2017 in der Höhe von monatlich brutto € 4.445,53 (Ruhegenuss von € 3.505,60, Nebengebührenzulage von € 939,93) fest. Es sprach aus, die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig.
8 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, es habe zur Frage der Rechtfertigung der Ungleichbehandlung des Geburtsjahrganges 1953 im Vergleich zum Geburtsjahrgang 1954 ein Ermittlungsverfahren durchgeführt. Dieses habe jedoch keine neuen Tatsachen hervorgebracht, die eine Ungleichbehandlung des Geburtsjahrganges 1953 im Vergleich zu jenen des Geburtsjahrganges 1954 rechtfertigen würden. Es seien nochmals die bereits vorgelegten Materialien sowie „dieses Konvolut ergänzend ‚Zielsetzung des österreichischen Gesetzgebers Auszüge aus dem Regierungsprogramm 2008 2013‘ und weitere politische Papiere sowie Medienberichte zu diesem Thema vorgelegt worden. Diese Unterlagen seien dem Revisionswerber zur Stellungnahme übermittelt worden.
9 Aus all diesen Unterlagen könne jedoch keine sachliche Rechtfertigung für die Altersdiskriminierung des Geburtsjahrganges 1954 gegenüber dem Geburtsjahrgang 1953 erkannt werden, die über „jene der Materialien, die bereits im ersten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes enthalten waren, hinausginge“. Daraus ergebe sich gemäß den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 22. September 2021, dass der Mitbeteiligte infolge des Vorrangs des Unionsrechts und der daraus folgenden Unanwendbarkeit entgegenstehenden nationalen Rechts durch seine Erklärung vom 13. Dezember 2016 gemäß § 15 BDG 1979 iVm § 236b Abs. 1 BDG 1979 seinen Übertritt in den Ruhestand bewirkt habe.
10 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision. Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der er beantragte, die Revision abzuweisen und ihm den gesetzlich vorgesehenen Aufwandersatz zuzusprechen.
11 In der Revision wird zu deren Zulässigkeit ausgeführt, das Bundesverwaltungsgericht sei von dem in der vorliegenden Rechtssache bereits ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. September 2021, Ra 2020/12/0040, abgewichen. Entgegen den Vorgaben dieses Erkenntnisses habe das Bundesverwaltungsgericht keine Feststellungen zu den Gründen der Ungleichbehandlung des Geburtsjahrganges 1954 gegenüber dem Geburtsjahrgang 1953 getroffen. Woraus das Bundesverwaltungsgericht schließe, dass eine sachliche Rechtfertigung nicht erkannt werden könne, erhelle nicht. Auf Grund des Fehlens der aufgetragenen Prüfung der insoweit vom nationalen Recht konkret angestrebten Ziele, deren Rechtmäßigkeit und Angemessenheit sowie der Erforderlichkeit der zu ihrer Erreichung eingesetzten Mittel sei das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. In dieser Hinsicht seien vom Bundesverwaltungsgericht keine Feststellungen getroffen worden, sodass sich der Sachverhalt als ergänzungsbedürftig erweise.
12 Letztlich erweise sich die außerordentliche Revision auch zur Klärung der Frage, ob die Altersdiskriminierung des Geburtsjahrganges 1954 gegenüber dem Geburtsjahrgang 1953 sachlich gerechtfertigt ist, als zulässig. Dieser Frage komme insofern Bedeutung über den konkreten Einzelfall zu, als hiervon sämtliche Personen des Geburtsjahrganges 1954 und jünger betroffen seien.
13 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt.
14 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
15 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Dieser Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
16 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
17 Das Bundesverwaltungsgericht hat der revisionswerbenden Amtspartei im fortgesetzten Verfahren neuerlich die Möglichkeit eingeräumt, ein Vorbringen zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung der Geburtsjahrgänge 1953 und 1954 zu erstatten, worauf die revisionswerbende Amtspartei eine Stellungnahme erstattete.
18 In der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses ist das Bundesverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass im durchgeführten Ermittlungsverfahren eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung der Geburtsjahrgänge 1953 und 1954 nicht hervorgekommen sei. Um die Zulässigkeit der vorliegenden Revision aufzuzeigen, hätte die Revisionswerberin fallbezogen darlegen müssen, weshalb die Ungleichbehandlung der Geburtsjahrgänge 1953 und 1954 entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts gerechtfertigt sei und welche Feststellungen in diesem Zusammenhang zu treffen gewesen wären. Werden nämlich Verfahrensmängel oder sekundäre Feststellungsmängel als Zulässigkeitsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung der Revision die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt (auch) in Bezug auf behauptete sekundäre Feststellungsmängel voraus, dass auf das Wesentliche zusammengefasst jene Tatsachen dargestellt werden, die bei Vermeidung des sekundären Verfahrensmangels festzustellen gewesen wären (vgl. VwGH 3.10.2023, Ra 2022/12/0128; 9.4.2020, Ra 2020/16/0052). Ein derartiges Vorbringen wurde allerdings nicht erstattet.
Die vorliegende Zulässigkeitsbegründung nimmt außerdem auf die Frage einer allfälligen Rechtfertigung der „Altersdiskriminierung des Geburtsjahrganges 1954 gegenüber dem Geburtsjahrgang 1953" Bezug, ohne dabei einen näheren Fallbezug herzustellen oder eine Rechtsfrage der Auslegung bestimmter Rechtsnormen des innerstaatlichen Rechts oder des Unionsrechts zu formulieren.
Es ist aber nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die abstrakte Vereinbarkeit einer im Zulässigkeitsvorbringen nicht angeführten innerstaatlichen Rechtsnorm mit hier nicht einmal näher genannten Bestimmungen des Unionsrechts zu beurteilen, ohne dass bereits in der Zulässigkeitsbegründung eine konkrete Auslegungsfrage des Unionsrechts aufgezeigt wird (VwGH 8.9.2022, Ro 2022/02/0018; 18.9.2015, Ro 2015/12/0005; 1.7.2015, Ro 2014/12/0055).
19 Auch mit dem Hinweis auf eine Vielzahl Betroffener wird keine auf den konkreten Fall bezogene Rechtsfrage dargestellt, bewirkt doch der Umstand, dass die zu lösende Rechtsfrage in einer Vielzahl von Fällen auftreten könne, für sich allein nicht ihre Erheblichkeit im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG (vgl. etwa VwGH 10.7.2023, Ra 2021/12/0062, mwN).
20 Die vorliegende Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
21 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 27. Jänner 2025
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