Rückverweise
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und die Hofräte Dr. Faber, Dr. Himberger und Dr. Chvosta als Richter sowie die Hofrätin Dr. in Sabetzer als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Ö AG in W, vertreten durch die Walch/Zehetbauer/Motter Rechtsanwälte OG in 1040 Wien, Prinz Eugen Straße 72, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 25. März 2024, Zl. KLVwG 1089/6/2023, betreffend Kosten einer Eisenbahnkreuzung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Kärnten; mitbeteiligte Partei: Land Kärnten), zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 1.1. Die Revisionswerberin ist ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen und Eigentümerin bzw. Betreiberin der Schieneninfrastruktur der Eisenbahnstrecke Arnoldstein Hermagor (Gailtalbahn). Diese Strecke kreuzt bei km 16,709 eine Straße, hinsichtlich deren die mitbeteiligte Partei Träger der Straßenbaulast ist.
2 Die Eisenbahnkreuzung war gemäß Bescheid der belangten Behörde vom 8. März 1999 durch eine zuggeschaltete Lichtzeichenanlage mit Triebfahrzeugführerüberwachung gesichert. Auf Grund des Bescheides der belangten Behörde vom 19. Jänner 2019 ist sie durch Lichtzeichen mit Schranken zu sichern.
3 Mit Eingabe vom 25. Jänner 2021 stellte die mitbeteiligte Partei den Antrag auf Kostenentscheidung und Feststellung, dass die Kosten der Sicherungsmaßnahmen an der gegenständlichen Eisenbahnkreuzung zur Gänze von der Revisionswerberin zu tragen seien. Mit Eingabe vom 12. August 2021 beantragte die Revisionswerberin die Entscheidung über die Kostenteilungsmasse und über die Kostenaufteilung im Verhältnis von 50 % zu 50 %.
41.2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13. April 2023 wurden in Spruchpunkt I. die Kosten für die Errichtung, Erhaltung und Inbetriebhaltung der Eisenbahnkreuzungssicherungsanlage „Lichtzeichen mit Schranken“ an der gegenständlichen Eisenbahnkreuzung mit € 414.322,25 und die künftigen Erhaltungs- und Inbetriebhaltungskosten mit einem jährlichen Basisbetrag von € 9.354,26 festgesetzt. Gemäß Spruchpunkt II. hat die Revisionswerberin die Kosten der Errichtung und der Instandhaltung zu 100 % zu tragen. Mit Spruchpunkt III. wurde der Antrag der Revisionswerberin auf neuerliche Befassung der Sachverständigenkommission gemäß § 48 Abs. 4 EisbG abgewiesen.
5 1.3. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Kärnten die gegen die Spruchpunkte II. und III. erhobene Beschwerde der Revisionswerberin nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
6 Das Verwaltungsgericht stellte den Inhalt der Sicherungsentscheidung der belangten Behörde vom 19. November 2019 fest, welcher ein Antrag der Revisionswerberin auf Sicherung der gegenständlichen Eisenbahnkreuzung durch Lichtzeichen und Schranken zu Grunde gelegen sei. Diese Sicherung stehe in Zusammenhang mit der Geschwindigkeitserhöhung der Gailtalbahn, wobei im gegenständlichen Kreuzungsbereich eine Geschwindigkeit der Züge von 80 km/h zulässig sei.
7 Die gegenständliche Eisenbahnkreuzungsanlage sei im Jahr 1999 neu errichtet worden und hätte ohne die Maßnahmen im Zuge der Attraktivierung der Gailtalbahn bis zum Ablauf ihrer technischen Nutzungsdauer im Jahr 2039, allenfalls unter Anpassungen, beibehalten werden können.
8 Das Verkehrsaufkommen auf der L27 habe sich im Zeitraum von 2001 bis 2019 um 10,86 % erhöht. Im Jahr 2018 seien auf der gegenständlichen Eisenbahnstrecke durchschnittlich 20 Züge in 24 Stunden gefahren, im Jahr 2023 21 Züge „in eine Richtung“. Im „Programm 2025+“ der Revisionswerberin seien 43 Züge vorgesehen.
9Mit Vereinbarung vom 25. April 2026 (im Folgenden: „Kärnten-Paket“) hätten sich die Revisionswerberin und die Mitbeteiligte auf die Attraktivierung und Modernisierung von Bahnhöfen und Strecken verständigt. In Art. 4 dieser Vereinbarung sei festgehalten, dass die Kostenbeiträge für die Maßnahmen an Eisenbahnkreuzungen in Anlehnung an das Eisenbahngesetz 1957 (§ 48 EisbG) sowie die herrschende Judikatur erfolgten.
10Beweiswürdigend stützte sich das Verwaltungsgericht auf das Gutachten samt ergänzender Stellungnahme der Sachverständigenkommission gemäß § 48 Abs. 4 EisbG sowie auf Gutachten eines Amtssachverständigen, welche im verwaltungsbehördlichen Verfahren eingeholt worden waren und im angefochtenen Erkenntnis wiedergegeben sind.
11Rechtlich führte das Verwaltungsgericht aus, § 48 EisbG enthalte ein Primat der vertraglichen Einigung. § 48 Abs. 3 EisbG solle nur dann zur Anwendung kommen, wenn keine vertragliche Einigung der Parteien erreicht habe werden können. Gegenständlich liege eine solche vertragliche Vereinbarung nicht vor. Die Revisionswerberin habe vorgebracht, dass sich die mitbeteiligte Partei im „Kärnten Paket“ zur Geschwindigkeitserhöhung und Attraktivierung der Gailtalbahn bekannt habe. Diese liege daher auch in ihrem Interesse. In dieser Vereinbarung sei jedoch ausdrücklich festgehalten, dass hinsichtlich der Kostenaufteilung für die Eisenbahnkreuzungsanlage die gesetzlichen Bestimmungen des Eisenbahngesetzes 1957 und die diesbezügliche Judikatur heranzuziehen seien. Aus dem „Kärnten-Paket“ gehe somit keine Vereinbarung hinsichtlich der Kostenaufteilung hervor.
12Im Hinblick auf die Kriterien des § 48 Abs. 3 EisbG führte das Verwaltungsgericht aus, dass durch die Geschwindigkeitserhöhung die Verkehrsfrequenz auf der Schiene von durchschnittlich 20 Zügen pro Tag im Jahr 2018 auf 43 Züge entsprechend dem „Programm 2025+“ der Revisionswerberin erhöht werde, was einer Verdoppelung des Verkehrs innerhalb von zehn Jahren entspreche. Der Fahrzeugverkehr habe sich in 18 Jahren (von 2001 bis 2019) um 10,86 % erhöht.
13 Im Revisionsfall profitierten sowohl das Eisenbahnunternehmen als auch der Träger der Straßenbaulast von der zusätzlichen Sicherungsmaßnahme. Allerdings habe die Verkehrsfrequenz auf der Schiene bedeutend mehr zugenommen als jene auf der Straße. Daher liege die gegenständliche Eisenbahnkreuzung im überwiegenden Interesse der Revisionswerberin.
14 Hinsichtlich des Kriteriums der Sonderinteressen eines Verkehrsträgers ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass die technische Nutzungsdauer der im Jahr 1999 errichteten Kreuzungsanlage erst im Jahr 2039 geendet hätte und ohne entsprechende Veränderungen im Zuge der Attraktivierung der Gailtalbahn beibehalten bzw. angepasst hätte werden können. Die Kosten der Neuerrichtung der Eisenbahnkreuzung seien daher jedenfalls im Sonderinteresse der Revisionswerberin gelegen.
15 Im Sinne einer Gesamtbetrachtung sei die Tragung der Kosten durch die Revisionswerberin zu 100 % gerechtfertigt. Diese Form der Kostenaufteilung sei auch in dem Gutachten der Sachverständigenkommission vorgeschlagen worden.
16 1.4. Gegen dieses Erkenntnis - erkennbar nur insoweit, als damit die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des Bescheides der belangten Behörde (betreffend die Kostenaufteilung) abgewiesen wurde - richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Eine Revisionsbeantwortung wurde im Vorverfahren nicht erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
172. Die Revision ist zulässig, weil sie zutreffend vorbringt, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, inwieweit eine Vereinbarung wie das gegenständliche „Kärnten-Paket“ bei der Anwendung der Kriterien des § 48 Abs. 3 EisbG betreffend die Kostenaufteilung zu berücksichtigen ist.
18 3.1. Das Eisenbahngesetz 1957EisbG, BGBl. Nr. 60 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 231/2021, lautet (auszugsweise):
„Anordnung der baulichen Umgestaltung und der Auflassung
...
(2) Sofern kein Einvernehmen über die Regelung der Kostentragung zwischen dem Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast erzielt wird, sind die Kosten für die bauliche Umgestaltung der bestehenden Kreuzung, für die im Zusammenhang mit der Auflassung schienengleicher Eisenbahnübergänge allenfalls erforderliche Umgestaltung des Wegenetzes oder allenfalls erforderliche Durchführung sonstiger Ersatzmaßnahmen, deren künftige Erhaltung und Inbetriebhaltung je zur Hälfte vom Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast zu tragen. Die Kosten für die im Zusammenhang mit der Auflassung eines schienengleichen Eisenbahnüberganges erforderlichen Abtragungen und allenfalls erforderlichen Absperrungen beiderseits der Eisenbahn sind zur Gänze vom Eisenbahnunternehmen zu tragen. Die Festlegung der Art und Weise allenfalls erforderlicher Absperrungen beiderseits der Eisenbahn hat im Einvernehmen zwischen dem Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast zu erfolgen.
(3) Falls es das Eisenbahnunternehmen oder der Träger der Straßenbaulast beantragen, hat die Behörde ohne Berücksichtigung der im Abs. 2 festgelegten Kostentragungsregelung zu entscheiden,
1. welche Kosten infolge der technischen Anpassung der baulichen Umgestaltung (Abs. 1 Z 1) im verkehrsmäßigen Ausstrahlungsbereich der Kreuzung erwachsen, oder
2. welche Kosten für eine allfällige Umgestaltung des Wegenetzes oder für die Durchführung allfälliger sonstiger Ersatzmaßnahmen im verkehrsmäßigen Ausstrahlungsbereich der verbleibenden oder baulich umzugestaltenden Kreuzungen zwischen Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahn mit beschränkt-öffentlichem Verkehr einerseits und einer Straße mit öffentlichem Verkehr andererseits infolge der Auflassung eines schienengleichen Eisenbahnüberganges erwachsen,
und demgemäß in die Kostenteilungsmasse einzubeziehen sind und in welchem Ausmaß das Eisenbahnunternehmen und der Träger der Straßenbaulast die durch die bauliche Umgestaltung oder durch die Auflassung eines schienengleichen Eisenbahnüberganges und die durch die künftige Erhaltung und Inbetriebhaltung der umgestalteten Anlagen oder durchgeführten Ersatzmaßnahmen erwachsenden Kosten zu tragen haben. Diese Festsetzung ist nach Maßgabe der seit der Erteilung der Baugenehmigung für die Kreuzung eingetretenen Änderung des Verkehrs auf der Eisenbahn oder des Straßenverkehrs, der durch die bauliche Umgestaltung der Verkehrswege, der durch die nach Auflassung verbleibenden oder im Zusammenhang mit der Auflassung baulich umgestalteten Kreuzungen, des umgestalteten Wegenetzes und der durchgeführten Ersatzmaßnahmen erzielten Verbesserung der Abwicklung des Verkehrs auf der Eisenbahn oder des Straßenverkehrs, der hierdurch erzielten allfälligen Ersparnisse und der im Sonderinteresse eines Verkehrsträgers aufgewendeten Mehrkosten zu treffen. Eine derartige Antragstellung ist nur innerhalb einer Frist von drei Jahren ab Rechtskraft einer Anordnung nach Abs. 1 zulässig. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die vom Eisenbahnunternehmen und vom Träger der Straßenbaulast zu tragenden Kosten gilt die im Abs. 2 festgelegte Kostentragungsregelung.
(4) Die Behörde hat sich bei der Kostenfestsetzung des Gutachtens einer Sachverständigenkommission zu bedienen. ...
...
Sicherung und Verhalten bei Annäherung und Übersetzung
§ 49. ...
(2) Über die im Einzelfall zur Anwendung kommende Sicherung hat die Behörde nach Maßgabe der örtlichen Verhältnisse und Verkehrserfordernisse zu entscheiden, wobei die Bestimmungen des § 48 Abs. 2 bis 4 mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden sind, dass die Kosten der Sicherungseinrichtungen für Materialbahnen, ausgenommen solche mit beschränkt-öffentlichem Verkehr, vom Eisenbahnunternehmen alleine zu tragen sind, sofern nicht eine andere Vereinbarung besteht oder getroffen wird.
...“
19 3.2. Die aktenkundige Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (gemeint wohl: als Vertreterin des Bundes), der Ö und dem Land Kärnten vom 25. April 2016 (im Folgenden: „Kärnten-Paket“), lautet (auszugsweise):
„Präambel
Die Sicherung und Weiterentwicklung eines attraktiven Schienennahverkehrs ist ein gemeinsames Anliegen des BMVIT, der Ö und des Landes Kärnten. Im Vordergrund steht dabei insbesondere die Verbesserung der Qualität im Schienenverkehr, die Attraktivierung der Bahnhöfe (Haltestellen) für den Kunden und die Verbesserungsmaßnahmen im Fahrweg durch die Elektrifizierung von Streckenabschnitten, um somit einen wesentlichen Beitrag zur umweltfreundlichen Betriebsführung und zur Erreichung der Ziele des Bundes-Energieeffizienzgesetzes (EEffG) zu leisten, sowie als regionaler Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele. Die Vertragspartner anerkennen die hohe Bedeutung der in dieser Grundsatzvereinbarung vorgesehenen Maßnahmen zwecks Steigerung des Öffentlichen Verkehrs als auch hinsichtlich des damit verbundenen Beschäftigungseffektes für die örtliche und regionale Wirtschaft.
Ziel der Maßnahmen ist auch eine nachhaltige Erhöhung der Sicherheit und Beschleunigung des Bahnverkehrs durch Setzung von Maßnahmen im Bereich von Eisenbahnkreuzungen.
...
Artikel 1
Maßnahmenpaket I
Attraktivierung und Modernisierung von Strecken und Bahnhöfen
(1) Gegenstand dieser Vereinbarung ist der Um- und Ausbau von nachfolgend angeführten Streckenabschnitten und Bahnhöfen mit dem Ziel, dass diese den Anforderungen an ein attraktives Nah- und Regionalverkehrsangebot und an die Barrierefreiheit bestmöglich gerecht werden.
a. Elektrifizierung nachfolgender Streckenabschnitte:
1. Streckenabschnitt Arnoldstein Hermagor
...
f. Erhöhung der Sicherheit und Verbesserung der betrieblichen Verhältnisse durch Auflassung von Eisenbahnkreuzungen und Herstellung eines Ersatzwegenetzes beziehungsweise Errichtung von technischen Sicherungen an bestehenden Eisenbahnkreuzungen auf dem Streckenabschnitt Arnoldstein Hermagor. ...
...
Artikel 4
Finanzierung
(1) Das Investitionsvolumen für das Maßnahmenpaket I beträgt insgesamt rund € 59,8 Mio. Im Sinne der bisherigen Finanzierungsmodelle beteiligt sich das Land an fahrgastspezifischen Maßnahmen wie Attraktivierung von Verkehrsstationen, Verbesserung der Erreichbarkeit der Bahnsteige und der Ein- und Ausstiegsverhältnisse sowie der Herstellung der Elektrifizierung, grundsätzlich mit einem Kostenanteil in der Höhe von 20 % und für Maßnahmen an P R und BR Anlagen mit einem Kostenanteil in der Höhe von 50 % (inkl. Gemeindeanteil). Die Kostenbeiträge für die Maßnahmen an Eisenbahnkreuzungen werden in Anlehnung an das Eisenbahngesetz (§ 48 EisbG) sowie die herrschende Judikatur erfolgen.
(2) ...
Artikel 5
Allgemeine Bestimmungen
...
(2) Die vertragsgegenständlichen Maßnahmen sind im öffentlichen Interesse gelegen.
...“
20 In der einen integrierenden Bestandteil dieser Vereinbarung darstellenden Beilage 1 („Präzisierung der Maßnahmen im Zusammenhang mit der Vereinbarung zwischen BMVIT, Land Kärnten und Ö AG“) ist unter der Überschrift „Eisenbahnkreuzungen Streckenabschnitt Arnoldstein Hermagor“ Folgendes festgehalten:
„Die Kostentragung für die Umsetzung soll in Anlehnung an die gesetzlichen Bestimmungen des EisbG (§ 48 EisbG) sowie die herrschende Judikatur erfolgen.“
21 4. Die Revision ist im Ergebnis begründet:
224.1. Gemäß § 49 Abs. 2 EisbG kommen nach einer behördlichen Festlegung der Sicherung einer Eisenbahnkreuzung im Einzelfall die Bestimmungen über die Kostentragung nach § 48 Abs. 2 bis 4 EisbG sinngemäß zur Anwendung.
23Dabei steht seit dem Inkrafttreten des Deregulierungsgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 151, eine einvernehmliche Regelung der Kostentragung im Vordergrund (§ 48 Abs. 2 erster Satz EisbG). Mangels Erreichung einer einvernehmlichen Lösung sieht § 48 Abs. 2 EisbG grundsätzlich vor, dass (ex lege) die Kosten je zur Hälfte vom Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast zu tragen sind, wobei davon abweichend bestimmte Auflassungskosten dem Eisenbahnunternehmen zur Gänze zugeordnet werden.
24Allerdings kann im Einzelfall eine behördliche Entscheidung nach § 48 Abs. 3 EisbG über eine andere Kostenteilung bzw. Kostentragung beantragt werden. § 48 Abs. 3 EisbG sieht unter den dort vorgesehenen Voraussetzungen die Entscheidung einer Verwaltungsbehörde in einem Verwaltungsverfahren über die Kostentragung vor, wobei sowohl das Ausmaß der relevanten Kosten als auch deren Aufteilung auf das Eisenbahnunternehmen und einen Träger der Straßenbaulast festzulegen sind.
25Für den Anwendungsbereich des § 49 EisbG bedeutet das, dass von der Behörde der Umfang der Kosten für die im Einzelfall zur Anwendung kommende Sicherung festzulegen und die Tragung dieser Kosten auf das Eisenbahnunternehmen und einen Träger der Straßenbaulast nach den in § 48 Abs. 3 EisbG normierten Kriterien aufzuteilen ist (vgl. etwa VwGH 18.2.2015, Ro 2014/03/0077).
26Der Verwaltungsgerichtshof hat überdies klargestellt, dass sich der Antrag nach § 48 Abs. 3 EisbG auch darauf beschränken kann, dass das Verwaltungsgericht bzw. die Verwaltungsbehörde bloß über die (prozentuelle) Aufteilung der Kosten, nicht aber über die (zwischen den Parteien unstrittige) Höhe der Kosten entscheiden möge; dies vor dem Hintergrund, dass durch das Deregulierungsgesetz 2001 für das Verfahren nach § 48 Abs. 3 EisbG der Primat der vertraglichen Vereinbarung festgelegt worden ist (vgl. VwGH 21.5.2019, Ro 2018/03/0050).
274.2. Im Revisionsfall, dessen Verfahrensgegenstand nur (mehr) die Kostenteilung ist, besteht zu dieser Frage keine vertragliche Vereinbarung, die Vorrang vor der gesetzlichen Kostenteilung gemäß § 48 Abs. 2 EisbG oder einer behördlichen bzw. verwaltungsgerichtlichen Entscheidung über die Kostenaufteilung gemäß § 48 Abs. 3 EisbG hätte. Wie die Revisionswerberin selbst zugesteht, verweist der mit „Finanzierung“ überschriebene Art. 4 letzter Satz des „Kärnten-Pakets“ hinsichtlich der Kostenbeiträge für die Sicherungsmaßnahmen bei Eisenbahnkreuzungen auf die einschlägige gesetzliche Bestimmung des § 48 EisbG und die dazu ergangene Judikatur.
284.3. Sowohl die Revisionswerberin als Eisenbahnunternehmen als auch die mitbeteiligte Partei als Träger der Straßenbaulast hat jeweils einen fristgerechten Antrag nach § 48 Abs. 3 EisbG auf Entscheidung über die Kostenteilung gestellt.
29 Die Revision bringt dazu vor, im „KärntenPaket“ sei die Elektrifizierung der gegenständlichen Strecke und die Erhöhung der Geschwindigkeit auf dieser sowie die Sicherung der Eisenbahnkreuzungen „vertraglich zum gemeinsamen, dh gleichteiligen Interesse erklärt“ worden, weswegen die Kosten mit 50 % zu 50 % zu teilen gewesen wären. Da sich die Verkehrsträger über ihre Interessen und deren Gewichtung geeinigt hätten, könne die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht im Verfahren nach § 49 Abs. 2 iVm § 48 Abs. 3 EisbG davon nicht abgehen.
30Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Zweck des zweiten Satzes des § 48 Abs. 3 EisbG, die Kosten nach dem jeweiligen überwiegenden Nutzen bzw. Interesse der Parteien zu verteilen. Dazu legt § 48 Abs. 3 EisbG Kriterien fest, um eine solche am überwiegenden Nutzen bzw. Interesse der Parteien orientierte Aufteilung vorzunehmen. Bei der Beurteilung, in welcher Höhe die Parteien die aufzuteilenden Kosten zu tragen haben, ist demnach unter Bedachtnahme der Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung der Interessen der Parteien auf Basis der in § 48 Abs. 3 EisbG aufgezählten Kriterien in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. VwGH 21.5.2019, Ro 2018/03/0050, Rn. 38).
31Zu diesen Kriterien zählt § 48 Abs. 3 zweiter Satz EisbG die Änderung des Verkehrs auf der Eisenbahn oder des Straßenverkehrs, die erzielte Verbesserung der Abwicklung des Verkehrs auf der Eisenbahn oder des Straßenverkehrs, die hierdurch erzielten allfälligen Ersparnisse und die im Sonderinteresse eines Verkehrsträgers aufgewendeten Mehrkosten.
32 Im „Kärnten Paket“ haben sich der Bund (vertreten durch das zuständige Bundesministerium), das mitbeteiligte Land Kärnten und die Revisionswerberin auf die Sicherung und Weiterentwicklung eines attraktiven Schienennahverkehrs als gemeinsames Anliegen verständigt. Ziel der im „Kärnten Paket“ enthaltenen Maßnahmen ist nach dessen Präambel auch eine nachhaltige Erhöhung der Sicherheit und Beschleunigung des Bahnverkehrs durch Setzung von Maßnahmen im Bereich von Eisenbahnkreuzungen. Konkret ist als Maßnahme zur Attraktivierung und Modernisierung von Strecken die Erhöhung der Sicherheit durch Errichtung von technischen Sicherungen an bestehenden Eisenbahnkreuzungen auf dem gegenständlichen, zu elektrifizierenden, Streckenabschnitt Arnoldstein-Hermagor vorgesehen (Art. 1 Abs. 1 lit. a und f).
33Diese Zielsetzungen und Maßnahmen korrespondieren allerdings mit keinem der in § 48 Abs. 3 EisbG vorgesehenen Kriterien für die Kostenaufteilung. Ein allfälliges im „KärntenPaket“ vereinbartes „gemeinsames Interesse“ der Revisionswerberin als Eisenbahnunternehmen und der mitbeteiligten Partei als Träger der Straßenbaulast an einer Sicherung der gegenständlichen Eisenbahnkreuzung ist daher bei einer Kostenaufteilung anhand der Kriterien des § 48 Abs. 3 EisbG bzw. im Rahmen einer Gesamtbetrachtung dieser Kriterien nicht derart zu berücksichtigen, dass die Kosten jedenfalls in gleicher Höhe aufzuteilen wären. Andernfalls würde den Kriterien des § 48 Abs. 3 zweiter Satz EisbG im vorliegenden Fall ihre eigenständige normative Bedeutung genommen, was im Ergebnis auf die Annahme einer vertraglichen Vereinbarung über die Kostentragung hinausliefe, wie sie im Revisionsfall (wie ausgeführt) gerade nicht vorliegt.
344.4. Die Revision wendet freilich ein, das Verwaltungsgericht habe in Anwendung der Aufteilungskriterien des § 48 Abs. 3 EisbG zu Unrecht die Kostentragung zur Gänze der Revisionswerberin auferlegt.
35 Das Verwaltungsgericht begründete die Kostenaufteilung zum einen mit einer wesentlich stärkeren Zunahme der Verkehrsfrequenz auf der Schiene (die sich nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts von durchschnittlich 20 Zügen in 24 Stunden im Jahr 2018 auf 43 Züge entsprechend dem „Programm 2025+“ der Revisionswerberin erhöhen werde) als auf der Straße (die nach den Feststellungen in den Jahren 2001 bis 2019 lediglich um 10,86 % zugenommen hat). Zum anderen stehe die nunmehrige Sicherung der gegenständlichen Eisenbahnkreuzung im alleinigen Sonderinteresse der Revisionswerberin, weil ohne die Maßnahmen in Zusammenhang mit der Attraktivierung der Gailtalbahn die davor bestehende Sicherung bis zum Ende ihrer technischen Nutzungsdauer im Jahr 2039 (allenfalls unter Anpassungen) hätte beibehalten werden können.
36 Die Revisionswerberin ist den Feststellungen, die diesen rechtlichen Überlegungen zu Grunde liegen, nicht entgegengetreten. Der Verwaltungsgerichtshof ist auch der Auffassung, dass diese Umstände im Rahmen der erforderlichen Gesamtbetrachtung als im überwiegenden Interesse der Revisionswerberin zu gewichten sind.
37Die Revision bringt allerdings zutreffend vor, dass die neue Sicherungsart der gegenständlichen Eisenbahnkreuzung auch der Sicherheit der Straßenverkehrsteilnehmer zu Gute kommt. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgeführt hat, ist auch die Erhöhung der Sicherheit sowohl auf Seiten des Eisenbahnverkehrs als auch auf jener des Straßenverkehrs maßgeblich für die Verbesserung der Abwicklung des Verkehrs, zumal dadurch Unfälle und in der Folge sowohl unmittelbar als auch mittelbar bedingte Verzögerungen und technische Verkehrsmaßnahmen vermieden werden können. Unter dem Kriterium der „Verbesserung der Abwicklung des Verkehrs auf der Eisenbahn oder des Straßenverkehrs“ sind die Interessen des Eisenbahnverkehrs dem Eisenbahnunternehmen und die Interessen des Straßenverkehrs dem Träger der Straßenbaulast zuzurechnen (vgl. VwGH 21.5.2019, Ro 2018/03/0050, Rn. 41).
38 Im Revisionsfall ist offensichtlich, dass im Vergleich zur bisherigen zuggeschalteten Lichtzeichenanlage mit Triebfahrzeugführerüberwachung die neue Sicherung durch Lichtzeichen mit Schranken zu einer Erhöhung der Verkehrssicherheit sowohl auf Seiten des Eisenbahnverkehrs als auch auf Seiten des Straßenverkehrs liegt, weil dadurch auf beiden Seiten Verkehrsunfälle und etwaige Schäden vermieden werden können.
39 Das Verwaltungsgericht hätte diesen Umstand unter dem Gesichtspunkt des Kriteriums der „Verbesserung der Abwicklung des Verkehrs“ berücksichtigen und in die gewichtende Abwägung der Interessen der Parteien im Rahmen einer Gesamtbetrachtung einbeziehen müssen, was es aber unterlassen hat.
40Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass ausgehend von den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes die neue Sicherung zwar im überwiegenden, aber nicht im alleinigen Interesse der Revisionswerberin gelegen ist. Legt man weiter zugrunde, dass der Gesetzgeber für den Regelfall von einer gleichteiligen Aufteilung der Kosten zwischen Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast ausgeht (§ 48 Abs. 2 erster Satz EisbG: „je zur Hälfte“), so bedeutet dies, dass die Revisionswerberin im vorliegenden Fall einen Anteil von deutlich über der Hälfte der Kosten zu tragen haben wird. Die Bestimmung der Höhe des zu tragenden Kostenanteils entzieht sich allerdingsabgesehen vom Sonderfall der im Zusammenhang mit der Auflassung eines schienengleichen Eisenbahnübergangs anfallenden Kosten für Abtragungen und Absperrungen (§ 48 Abs. 2 zweiter Satz EisbG)einer genauen mathematischen Berechnung, da dabei, wie bereits oben (Rn. 30) dargestellt, unter Bedachtnahme auf die Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung der Interessen der Parteien auf Basis der in § 48 Abs. 3 EisbG aufgezählten Kriterien in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen ist. Vor diesem Hintergrund ist es daher zulässig, wenn die (prozentmäßige) Festlegung des zu tragenden Anteils an den Kosten unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 48 Abs. 3 EisbG nach freier Überzeugung des Gerichts erfolgt, wobei die Erwägungen in nachvollziehbarer Weise darzulegen sind (vergleichbar der Festsetzung von Beträgen im Zivilverfahren nach § 273 ZPO; siehe zur sinngemäßen Anwendung in einem verwaltungsbehördlichen bzw. verwaltungsgerichtlichen Verfahren VwGH 22.11.2017, Ro 2017/03/0011, Rn. 12 ff).
415. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
42Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 26. Mai 2025