Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Fabian als Vorsitzende sowie den Richter Dr. Pscheidl und die Richterin Mag. Kulka in der Rechtssache der Antragstellerin A* eGen , FN **, **, vertreten durch rk partners rechtsanwaelte GmbH in Wien, wider die Antragsgegnerin B* GmbH , FN **, **, wegen Insolvenzeröffnung, über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 26.9.2025, ** 3, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Begründung
Am 24.9.2025 beantragte die A* eGen ( Antragstellerin ) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der B* GmbH, FN ** ( Antragsgegnerin ), mit dem Vorbringen, die Antragsgegnerin sei eine Gesellschaft im Firmengeflecht des C*, der sowohl direkt als auch indirekt zahlreiche Gesellschaften im Bereich der Immobilienwirtschaft kontrolliere. Die Antragstellerin habe Herrn C* und seinen Gesellschaften Millionen an Kapital in Form von Krediten für Immobilienprojekte zur Verfügung gestellt. Sämtliche dieser Kredite seien aufgrund mangelnder Rückzahlung fällig gestellt worden und würden zum Stichtag 11.9.2025 zugunsten der Antragstellerin mit insgesamt EUR 31.985.326,05 aushaften.
Die Antragsgegnerin habe mit der Antragstellerin am 29.12.2021 einen Abstattungskreditvertrag zu IBAN D* über einen einmal ausnützbaren Rahmen in Höhe von EUR 176.000, abgeschlossen. Hinsichtlich des Geschäftskontos mit der Kontonummer E* habe die Antragstellerin zum Stichtag 11.9.2025 eine fällige Forderung von EUR 270,69 gegen die Antragsgegnerin. Außerdem habe die Antragstellerin der F* GmbH, FN **, mit Abstattungskreditvertrag vom 14.3.2022 zu IBAN G* einen einmal ausnützbaren Kredit in Höhe von EUR 1,900.000, gewährt. Zum Stichtag 11.9.2025 bestehe diesbezüglich eine fällige Forderung in Höhe von EUR 1,963.089,20. Die Antragsgegnerin habe für diesen Kredit die Haftung als Bürge und Zahler übernommen. Die Inanspruchnahme aus dieser Haftung samt Zahlungsaufforderung sei gegenüber der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 11.9.2025 erklärt worden, eine Zahlung sei bis dato nicht erfolgt und könne aufgrund mangelnder Liquidität auch nicht erfolgen.
Im Jahresabschluss der Antragsgegnerin zum 31.12.2023 sei bereits ein negatives Eigenkapital in Höhe von EUR 2,847.163,07 ausgewiesen, der Bilanzverlust habe EUR 2,882.163,07 betragen. Die finanzielle Situation der Antragsgegnerin habe sich bis dato nicht verbessert. Die Zahlungsfähigkeit sei aktuell nicht gegeben und könne auch künftig nicht wiederhergestellt bzw aufrecht erhalten werden. Eine Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit durch Drittsicherheiten (zB Kredite) sei aufgrund des desaströsen finanziellen Zustands der Antragsgegnerin praktisch ausgeschlossen. Ein Gesellschafterzuschuss scheide ebenfalls aus, weil die Insolvenztatbestände auch bei der Mehrheitsgesellschafterin H* GmbH gegeben seien. Gegen sie sei ebenfalls ein Antrag auf Insolvenzeröffnung gestellt worden. Auch der weitere Gesellschafter C* könne die finanziellen Mittel nicht aufbringen. Es lägen bei der Antragsgegnerin daher die Insolvenzgründe der Überschuldung und der Zahlungsunfähigkeit vor.
Dem Antrag waren die folgenden Urkunden beigelegt:
Firmenbuchauszug zur Antragsgegnerin, ./A
Abstattungskreditvertrag vom 29.12.2021, ./B
Fälligstellungsschreiben vom 12.7.2024, ./C
Kontoauszüge hinsichtlich der offenen Forderung, ./D
Jahresabschluss der Antragsgegnerin zum 31.12.2023, ./E
Fälligstellungsschreiben betreffend die Bürgschaft ** vom 11.9.2025, ./F
Abstattungskreditvertrag vom 14.3.2022, ./G
Bürgschaftsvertrag vom 14.3.2022, ./H.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Insolvenzeröffnungsantrag ab. Begründend führte es aus, die Antragstellerin habe die von ihr behauptete Forderung gegen die Antragsgegnerin nicht ausreichend bescheinigt. Zur Bescheinigung der Insolvenzforderung sei es zwar nicht erforderlich, dass die Antragstellerin bereits einen Exekutionstitel erwirkt habe. Sei die Forderung aber wie hier nicht tituliert, sei bei der Prüfung ihres Bestandes ein strenger Maßstab anzulegen. Urkunden, die ausschließlich auf den Angaben des antragstellenden Gläubigers beruhen, würden keine objektive Prüfung unter Berücksichtigung von Einwendungen der Gegenseite zulassen.
Demgegenüber sei eine Forderung beispielsweise durch ein schriftliches Schuldanerkenntnis samt Rückzahlungsverpflichtung, einen Ausgleichsvorschlag, ein Stundungsansuchen oder ein sonstiges deklaratives Anerkenntnis des Antragsgegners ausreichend bescheinigt. Hingegen sei es unzureichend, wenn eine Gläubigerbank nach Fälligstellung eines Kredites die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantrage und zur Bescheinigung ihrer Insolvenzforderung lediglich Kreditverträge, Kontoauszüge sowie das Fälligstellungsschreiben vorlege. Im Sinne dieser Ausführungen sei der Antragstellerin eine Glaubhaftmachung ihrer gegen die Antragsgegnerin bestehenden Forderungen nicht gelungen, weil weder nach dem Vorbringen noch nach dem Inhalt der vorgelegten Urkunden seitens der Antragsgegnerin ein Anerkenntnis abgegeben worden sei, und zwar weder betreffend des eigenen Abstattungskreditvertrages noch betreffend ihrer Haftung aus der übernommenen Bürgschaft.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Antragstellerin aus den Rekursgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen Tatsachenfeststellungen aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Insolvenzeröffnung; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Der Rekurs ist nicht berechtigt .
Der Rekurs zählt zwar Rekursgründe auf, führt diese dann aber nicht getrennt aus, sodass auch in der Entscheidung eine solche Gliederung nicht erfolgt.
Die Rekurswerberin macht in ihrem Rechtsmittel geltend, sie habe gegenüber der I* Immobiliengruppe insgesamt Forderungen von EUR 32,087.643,14. Sie wiederholt ihr Vorbringen aus dem Insolvenzeröffnungsantrag und verweist auf die konkrete Forderung gegenüber der F* GmbH in Höhe von EUR 1,972.870,45, für die die Antragsgegnerin die Haftung als Bürge und Zahler übernommen habe.
Das Erstgericht habe es unterlassen, Konstatierungen zum Umstand des negativen Eigenkapitals und der mangelnden Liquiditätsdeckung der Antragsgegnerin zu treffen und hierzu keine Beweise aufgenommen. Es habe sich nicht mit dem Jahresabschluss der Antragsgegnerin zum 31.12.2023 befasst, aus dem sich ergebe, dass der Stammeinlage von EUR 35.000, Verbindlichkeiten von EUR 9,568.834,74 gegenüber gestanden seien. Das Eigenkapital sei negativ gewesen und habe EUR 2,847.163,07 betragen. Der Jahresabschluss weise nur Umsatzerlöse von EUR 102.591,15 aus bereitgestelltem Personal aus. Mittlerweile sei der Jahresabschluss zum 31.12.2024 veröffentlicht worden, aus dem sich ergebe, dass sich die finanzielle Lage der Antragsgegnerin weiter verschlechtert habe. Das negative Eigenkapital betrage nunmehr EUR 3,222.126,46.
Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes liege eine ausreichende Bescheinigung der Insolvenzvoraussetzungen vor. Es sei zwar richtig, dass eine Insolvenzforderung, die von der Klärung strittiger Beweis oder Rechtsfragen abhänge, nicht zur Antragsbescheinigung geeignet sei. Voraussetzung sei allerdings immer eine substantiierte Bestreitung durch den Antragsgegner. Bezüglich der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung habe das Erstgericht den Umstand des negativen Eigenkapitals sowie der mangelnde Liquiditätsdeckung samt fehlender Umsatzerlöse gänzlich unberücksichtigt gelassen und im angefochtenen Beschluss nicht behandelt. Zwischen dem Interesse der Rekurswerberin auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und den Interessen der Antragsgegnerin, ein solches abzuwenden bzw. die zur Bewältigung der finanziellen Krise notwendigen Maßnahmen zu treffen, müsse eine Abwägung vorgenommen werden. Die Einleitung eines streitigen Verfahrens über den rechtmäßigen Bestand der Forderung wäre für die Rekurswerberin unzumutbar, weil sie gezwungen wäre, erhebliche Prozesskosten deren Einbringlichkeit im Obsiegensfall aufgrund der Zahlungsunfähigkeit der Antragsgegnerin praktisch aussichtslos wäre aufzuwenden. Dies entspreche keiner adäquaten Interessensabwägung zwischen Schuldner und Gläubiger.
Dazu war Folgendes zu erwägen:
1.Gemäß § 70 Abs 1 IO ist das Insolvenzverfahren auf Antrag eines Gläubigers unverzüglich zu eröffnen, wenn er glaubhaft macht, dass er eine wenngleich nicht fällige Insolvenzforderung hat und der Antragsgegner zahlungsunfähig ist.
2.§ 70 Abs 2 Satz 3 IO ordnet an, dass ein Insolvenzeröffnungsantrag ohne Anhörung sofort abzuweisen ist, wenn er offenbar unbegründet ist, insbesondere wenn die Glaubhaftmachung nicht erbracht ist. Im Insolvenzverfahren ist daher schon mit dem Eröffnungsantrag eine „erste Glaubhaftmachung“ der zu bescheinigenden Umstände (Insolvenzforderung und Zahlungsunfähigkeit) vorzunehmen. Die dazu erforderlichen Bescheinigungsmittel sind auch bereits mit dem Insolvenzeröffnungsantrag vorzulegen, damit dem Insolvenzgericht die im Gesetz geforderte unverzügliche Beurteilung ermöglicht wird, ob der Antrag nicht offenbar unbegründet ist ( Übertsroider in Konecny, InsG § 70 IO Rz 40; Mohr, IO 11 § 70 E 136, E 137, E 156; Schumacher in Bartsch/Pollak/Buchegger , InsR 4§ 70 KO Rz 13, 15 mwN). Fehlt es an einer wenigstens dem ersten Anschein nach ausreichenden Glaubhaftmachung auch nur einer der genannten Eröffnungsvoraussetzungen, so ist der Insolvenzantrag infolge der Sonderbestimmung des § 70 Abs 2 Satz 3 IO schon aufgrund der ersten Antragsprüfung sofort, also ohne Verbesserungsverfahren, abzuweisen. Amtswegige Erhebungen oder die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens kommen erst bei einem positiven Ausgang der ersten Antragsprüfung in Betracht (OLG Wien 6 R 182/20h, 6 R 22/22g, 6 R 145/25z uva).
3.Für die Bescheinigung der Insolvenzforderung ist es zwar nicht erforderlich, dass der Antragsteller bereits einen Exkutionstitel erwirkt hat (RS0064986). Ist die Forderung nicht tituliert, ist bei der Prüfung ihres Bestandes aber ein strenger Maßstab anzulegen. Die Insolvenzeröffnung darf nicht auf einer Forderung gründen, über deren Bestand nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Streit entstehen kann oder in voraussehbarer Weise entstehen wird, weil der Insolvenzverwalter pflichtgemäß jede Forderung, deren Bestand ihm nach seiner eigenen verantwortlichen Prüfung nicht gesichert erscheint, mit Rücksicht auf die Masse bestreiten muss. Ist daher die Insolvenzforderung von der Klärung strittiger Beweis- und/oder Rechtsfragen abhängig, so ist sie zur Antragsbescheinigung iSd § 70 Abs 1 IO nicht geeignet (8 Ob 282/01f; Übertsroider in Konecny, InsG § 70 IO Rz 36 mwN; stRsp des Rekursgerichtes 28 R 202/16f, 6 R 80/17d, 6 R 256/19i uva).
Hintergrund des strengen Maßstabes ist die Überlegung, dass eine Insolvenzeröffnung aufgrund einer später als nicht bestehend erkannten „Forderung“ jedenfalls unterbleiben sollte (8 Ob 128/18h, 8 Ob 118/15h mwN). In diesem Sinne wurden vom Rekursgericht die Bescheinigung bloß durch Rechnungen, Mahnschreiben oder sonstige, nur eine einseitige Sachverhaltsdarstellung des antragstellenden Gläubigers beinhaltenden Urkunden nicht als ausreichen erachtet (OLG Wien 28 R 378/14k, 6 R 202/17w, 6 R 213/24y, 6 R 145/25z ua).
4.Die Antragstellerin legte zur Bescheinigung ihrer Forderung (nur) die Kreditverträge, den Bürgschaftsvertrag, eine Umsatzliste und Schreiben zur Fälligstellung vor, aber keine Urkunden, aus denen sich ein Anerkenntnis des aushaftenden Saldos durch die Antragsgegnerin ergäbe. Da einem Schweigen grundsätzlich nur in Ausnahmefällen ein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert beigemessen werden darf (RS0014347 [T2]), ist allein aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin nicht auf die Mahn /Fälligstellungsschreiben der Antragstellerin reagiert hat, nicht der Schluss zu ziehen, dass sie die Forderung anerkennt oder nicht bestreitet.
5. Die Ansicht der Rekurswerberin, dass immer eine substantiierte Bestreitung durch den Antragsgegner notwendig sei und nur eine vom Antragsgegner substantiiert bestrittene, nicht titulierte Forderung im Regelfall als nicht bescheinigte Insolvenzforderung angesehen werden könne, teilt der Rekurssenat nicht. Eine Urkunde, die vom Antragsteller selbst stammt, lässt keine objektive Prüfung der Forderung zu. Soweit die Rekurswerberin zitiert, „ nur eine vom Antragsgegner substantiiert bestrittene, nicht titulierte Forderung kann im Regelfall als nicht bescheinigte Insolvenzforderung angesehen werden “ ( Schumacher in KLS 2§ 70 IO Rz 33), ist ihr zu entgegnen, dass der Satz sich auf gerichtsanhängige und substantiiert vom dort Beklagten bestrittene Forderungen bezieht, also für den konkreten Fall keine Relevanz hat.
6. Der Rekurssenat hält an seiner Rechtsprechung fest, dass eine Forderung somit nicht ausreichend bescheinigt ist, wenn vorgelegte Bestätigungen und Berechnungen ausschließlich auf den Angaben der Antragstellerin beruhen und keine objektive Prüfung unter Berücksichtigung von allfälligen Einwendungen der Gegenseite zulassen (vgl auch Mohr, IO 11 § 70 E 47). Im Fall einer nicht titulierten Forderung hat einem Insolvenzverfahren daher in der Regel zunächst ein Titelverfahren voranzugehen. Dem betroffenen Gläubiger erwächst daraus auch kein wesentlicher Nachteil, weil ein mangels Forderungsnachweises abgewiesener Eröffnungsantrag mit verbesserter Bescheinigung neuerlich eingebracht werden kann.
Zum Argument der Antragstellerin, die Einleitung eines streitigen Verfahrens über den rechtmäßigen Bestand der Forderung wäre schon aus Kostengründen unzumutbar, ist die Möglichkeit der Teileinklagung entgegenzuhalten. Darüber hinaus wird auf die obigen Ausführungen zu den weiteren Möglichkeiten der Bescheinigung (etwa außergerichtliches Anerkenntnis, Stundungs- oder Ratenansuchen etc) hingewiesen.
7. Zusammengefasst hat das Erstgericht ausgehend von diesen Grundsätzen zu Recht eine ausreichende Bescheinigung der Forderung der Antragstellerin verneint. Auf die weiteren Eröffnungsvoraussetzungen der behaupteten Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit der Antragsgegnerin ist daher nicht mehr einzugehen.
8. Dem unberechtigten Rekurs war somit ein Erfolg zu versagen.
Der Revisionsrekurs ist gemäß § 252 IO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig.
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