Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Fabian als Vorsitzende sowie den Richter MMag. Klaus und die Richterin Dr. Berka in der Rechtssache der Antragstellerin A* eGen , FN **, **, vertreten durch rk partners rechtsanwaelte GmbH in Wien, wider die Antragsgegnerin B* GmbH , FN **, **, wegen Insolvenzeröffnung, über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 25.9.2025, ** 3, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Begründung:
Die Antragstellerin beantragte beim Erstgericht am 24.9.2025 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Antragsgegnerin. Sie brachte dazu im Wesentlichen vor, die Antragsgegnerin sei eine Gesellschaft im Firmengeflecht des C*, der sowohl direkt als auch indirekt zahlreiche Gesellschaften im Bereich der Immobilienwirtschaft kontrolliere. Sie habe Herrn C* und seinen Gesellschaften Millionen an Kapital in Form von Krediten für Immobilienprojekte zur Verfügung gestellt. Sämtliche dieser Kredite seien aufgrund mangelnder Rückzahlung fällig gestellt worden und würden zum Stichtag 11.9.2025 zugunsten der Antragstellerin mit insgesamt EUR 31.985.326,05 aushaften.
Mit der Antragstellerin habe die Antragsgegnerin am 29.12.2021 einen Abstattungskreditvertrag über einen einmal ausnützbaren Kredit von EUR 6.500.000 abgeschlossen. Die Antragstellerin habe gegenüber der Antragsgegnerin hinsichtlich dieses Kredites zum Stichtag 11.9.2025 eine Forderung von insgesamt EUR 7.445.251,38, die mit Schreiben vom 12.4.2024 und 13.6.2025 zur Zahlung fällig gestellt worden sei. Die Antragsgegnerin sei der Zahlungspflicht nicht nachgekommen.
Die Antragsgegnerin sei überschuldet, im Jahresabschluss zum 31.12.2023 werde ein negatives Eigenkapital von EUR 1.076.289,43 ausgewiesen. Der Bilanzverlust betrage EUR 1.081.289,43. Es sei eine negative Fortbestehensprognose gegeben, die Antragsgegnerin sei zahlungsunfähig. Der Marktwert der finanzierten Liegenschaften von EUR 5.227.000 liege unter dem im Jahresabschluss ausgewiesenen Wert von EUR 7.558.445,51 (stille Lasten).
Dem Antrag (ON 1.2.) waren folgende Urkunden angeschlossen:
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab.
Es führte aus, dass der Gläubiger bereits mit dem Konkursantrag die Konkursvoraussetzungen glaubhaft zu machen habe. Die Antragstellerin habe zwar eine Forderung gegen die Antragsgegnerin konkret behauptet, diese jedoch nicht ausreichend bescheinigt. Forderungen, die nicht unverzüglich bescheinigt werden könnten und auch nicht ihrer inneren Struktur nach unzweifelhaft seien, seien zur Glaubhaftmachung einer Konkursforderung nicht geeignet. Eine Urkunde, die vom Antragsteller selbst stamme, lasse keine objektive Prüfung der Forderung unter Berücksichtigung von Einwendungen der Gegenseite zu.
Ein taugliches Bescheinigungsmittel sei in diesem Fall etwa die Bestätigung des offenen Saldos durch den Antragsgegner. Von der Rechtsprechung als unzureichend angesehen werde, wenn eine Gläubigerbank nach Fälligstellung eines Kredites die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantrage und zur Bescheinigung der Insolvenzforderung lediglich die Kreditverträge, Kontoauszüge und Fälligstellungsschreiben vorlege. Die von der Antragstellerin angebotenen Zahlungserinnerungen und Mahnungen würden die strengen Voraussetzungen bei nicht titulierten Forderungen nicht erfüllen, auf eine allfällige Zahlungsunfähigkeit der Antragsgegnerin sei daher gar nicht weiter einzugehen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Antragstellerin aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Tatsachenfeststellungen aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit einem auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gerichteten Abänderungsantrag; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Der Rekurs ist nicht berechtigt .
Die Rekurswerberin führt in ihrem Rechtsmittel aus, sie habe gegenüber der D* Immobiliengruppe insgesamt Forderungen von EUR 32.087.643,14 an fällig gestellten Krediten. Sie wiederholt ihr Vorbringen aus dem Insolvenzeröffnungsantrag und verweist auf eine konkrete Forderung gegen die Antragsgegnerin von EUR 7.445.251,38 und deren Fälligstellung. Es lägen die Insolvenzgründe der Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit vor.
Als Stoffsammlungsmangel und unrichtige Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung macht die Rekurswerberin geltend, das Erstgericht habe es unterlassen, Konstatierungen zum Umstand des negativen Eigenkapitals der Antragsgegnerin und der mangelnden Liquiditätsdeckung zu treffen und habe dazu keine Beweise aufgenommen. Es habe sich auch nicht mit den Urkunden auseinandergesetzt, die die Rekurswerberin vorgelegt habe. Sie verweist insbesondere auf die vorgelegte Umsatzliste, die eine Zeitspanne von Dezember 2021 bis September 2025 umfasse und einen Kontostand per 15.9.2025 von EUR 7.361.575,10 zu Lasten der Antragsgegnerin ausweise, wobei Rückzahlungen nur sporadisch erfolgt seien. Das Erstgericht habe sich auch nicht mit dem Jahresabschluss der Antragsgegnerin zum 31.12.2023 beschäftigt. Sie bringt außerdem (im Rekursverfahren erstmalig) vor, dass die E* GmbH, FN **, Gesellschafterin der Schuldnerin sei und die Rekurswerberin auch einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über deren Vermögen gestellt habe.
Unter dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung führt die Rekurswerberin aus, es sei von einer ausreichenden Bescheinigung der Insolvenzforderung auszugehen. Es sei zwar richtig, dass eine Insolvenzforderung, die von der Klärung strittiger Beweisoder Rechtsfragen abhänge, zur Antragsbescheinigung nicht geeignet sei. Voraussetzung sei allerdings immer eine substantiierte Bestreitung durch den Antragsgegner. Nur eine vom Antragsgegner substantiiert bestrittene, nicht titulierte Forderung könne im Regelfall als nicht bescheinigte Insolvenzforderung angesehen werden. Das Erstgericht unterstelle der gesetzlichen Bestimmung des § 70 IO einen rechtswidrigen Inhalt, da es im Ergebnis davon ausgehe, dass eine Bescheinigung der Konkursvoraussetzungen nur mit Mitwirkung (bzw Zustimmung) des Schuldners (z.B Anerkenntnis) oder aufgrund eines vorher durchgeführten Gerichtsverfahrens erfolgen könne.
Dazu war Folgendes zu erwägen:
1.Gemäß § 70 Abs 1 IO ist das Insolvenzverfahren auf Antrag eines Gläubigers unverzüglich zu eröffnen, wenn er glaubhaft macht, dass er
2.§ 70 Abs 2 Satz 3 IO ordnet an, dass ein Insolvenzeröffnungsantrag ohne Anhörung sofort abzuweisen ist, wenn er offenbar unbegründet ist, insbesondere wenn die Glaubhaftmachung nicht erbracht ist. Im Insolvenzverfahren ist daher schon mit dem Eröffnungsantrag eine „erste Glaubhaftmachung“ der zu bescheinigenden Umstände (Insolvenzforderung und Zahlungsunfähigkeit bzw Überschuldung) vorzunehmen. Die dazu erforderlichen Bescheinigungsmittel sind auch bereits mit dem Insolvenzeröffnungsantrag vorzulegen, damit dem Insolvenzgericht die im Gesetz geforderte unverzügliche Beurteilung ermöglicht wird, ob der Antrag nicht offenbar unbegründet ist. Fehlt es an einer wenigstens dem ersten Anschein nach ausreichenden Glaubhaftmachung auch nur einer der genannten Eröffnungsvoraussetzungen, so ist der Insolvenzantrag infolge der Sonderbestimmung des § 70 Abs 2 Satz 3 IO schon aufgrund der ersten Antragsprüfung sofort, also ohne Verbesserungsverfahren, abzuweisen. Amtswegige Erhebungen oder die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens kommen erst bei einem positiven Ausgang der ersten Antragsprüfung in Betracht (OLG Wien, 28 R 202/02k, 6 R 182/20h, 6 R 22/22g, 6 R 145/25z uva).
3.Für die Bescheinigung der Insolvenzforderung ist es zwar nicht erforderlich, dass der Antragsteller bereits einen Exekutionstitel erwirkt hat (RS0064986). Ist die Forderung nicht tituliert, ist bei der Prüfung ihres Bestandes aber ein strenger Maßstab anzulegen. Es wird dazu auf die zutreffenden Ausführungen samt Judikaturzitaten der Erstrichterin verwiesen (§ 500a ZPO iVm §§ 526 Abs 3 ZPO, 252 IO).
Hintergrund des strengen Maßstabes ist die Überlegung, dass eine Insolvenzeröffnung aufgrund einer später als nicht bestehend erkannten „Forderung“ jedenfalls unterbleiben sollte (8 Ob 128/18h, 8 Ob 118/15h mwN). In diesem Sinne wurde vom Rekursgericht die Bescheinigung bloß durch Rechnungen, Mahnschreiben oder sonstige, nur eine einseitige Sachverhaltsdarstellung des antragstellenden Gläubigers beinhaltenden, Urkunden nicht als ausreichen erachtet (OLG Wien 28 R 378/14k, 6 R 202/17w, 6 R 213/24y, 6 R 145/25z ua).
4.Die Antragstellerin legte (nur) den Kreditvertrag, eine Umsatzliste und Schreiben zur Fälligstellung vor, aber keine Urkunden, aus denen sich ein Anerkenntnis des aushaftenden Saldos durch die Antragsgegnerin ergäbe. Da einem Schweigen grundsätzlich nur in Ausnahmefällen ein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert beigemessen werden darf (RS0014347 [T2]), ist allein aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin nicht auf die Mahn /Fälligstellungsschreiben der Antragstellerin reagiert hat, nicht der Schluss zu ziehen, dass sie die Forderung anerkennt oder nicht bestreitet. Eine Urkunde, die vom Antragsteller selbst stammt, lässt keine objektive Prüfung der Forderung zu.
Soweit die Rekurswerberin zitiert, „nur eine vom Antragsgegner substantiiert bestrittene, nicht titulierte Forderung kann im Regelfall als nicht bescheinigte Insolvenzforderung angesehen werden ( Schumacher in KLS 2§ 70 IO, Rz 33)“, ist darauf hinzuweisen, dass sich der Satz auf gerichtsanhängige und (substantiiert) vom dort Beklagten bestrittene Forderungen bezieht, also für den konkreten Fall keine Relevanz hat.
5. Der Rekurssenat hält zusammengefasst an seiner Rechtsprechung fest, dass eine Forderung nicht ausreichend bescheinigt ist, wenn vorgelegte Bestätigungen und Berechnungen ausschließlich auf den Angaben der Antragstellerin beruhen und keine objektive Prüfung unter Berücksichtigung von allfälligen Einwendungen der Gegenseite zulassen (vgl auch Mohr, IO 11 § 70 E 47). Im Fall einer nicht titulierten Forderung hat einem Insolvenzverfahren daher in der Regel zunächst ein Titelverfahren voranzugehen. Dem betroffenen Gläubiger erwächst daraus auch kein wesentlicher Nachteil, weil ein mangels Forderungsnachweises abgewiesener Eröffnungsantrag mit verbesserter Bescheinigung neuerlich eingebracht werden kann.
Dem Argument der Antragstellerin, die Einleitung eines streitigen Verfahrens über den rechtmäßigen Bestand der Forderung wäre schon aus Kostengründen unzumutbar („erhebliche Prozesskosten“, „Pauschalgebühr von EUR 96.308,00“), ist die Möglichkeit der Teileinklagung entgegenzuhalten. Darüberhinaus wird auf die obigen Ausführungen zu den weiteren Möglichkeiten der Bescheinigung (etwa außergerichtliches Anerkenntnis, Stundungs- oder Ratenansuchen etc) hingewiesen.
6. Ausgehend von den ausgeführten Grundsätzen hat das Erstgericht zu Recht eine ausreichende Bescheinigung der Forderung der Antragstellerin verneint. Auf die weiteren Eröffnungsvoraussetzungen der behaupteten Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit der Antragsgegnerin ist daher gar nicht einzugehen.
7. Dem unberechtigten Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
Da keine Rekurskosten verzeichnet wurden, hatte eine Kostenentscheidung zu entfallen.
Der Revisionsrekurs ist gemäß § 252 IO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig.
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