Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A*wegen §§ 127, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 zweiter Fall iVm Abs 1 erster Fall 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Strafe gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 14. Juli 2025, GZ **-47.3, nach der am 11. September 2025 unter dem Vorsitz der Senatspräsidentin Mag. Frohner, im Beisein der Richterinnen Mag. Lehr und Mag. Primer als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin HR Mag. Riener, des Angeklagten A* und seiner Verteidigerin Dr. Renate Weinberger durchgeführten öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene polnische Staatsangehörige A* des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach [richtig:] § 127, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 zweiter Fall (iVm Abs 1 erster Fall), 15 StGB (I./) und des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Satz SMG (II./) schuldig erkannt und hiefür unter aktenkonformer Vorhaftanrechnung sowie Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nachdem Strafsatz des § 130 Abs 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten sowie gemäß § 369 Abs 1 iVm § 366 Abs 2 StPO binnen 14 Tagen zur Zahlung an die Privatbeteiligten, die gemäß § 366 Abs 2 StPO mit ihren weiteren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen wurden, und zwar von 112,- Euro an B*, 150,- Euro an C*, 105,- Euro an D* und 70,- Euro an E*, verurteilt.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat A* in **
I./ gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 erster Fall StGB) in wiederholten Angriffen nachgenannten Gewahrsamsträgern fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, durch Einbruch in ein Gebäude
A./ weggenommen und zwar
1. in der Nacht von 24. Jänner 2025 auf den 25. Jänner 2025 E* ein Paar Schuhe der Marke ** im Wert von EUR 70,--, indem er die Zugangstüre des Stiegenhauses an der Adresse ** gewaltsam öffnete,
2. am 3. April 2025
a) C* drei Sonnenbrillen, einen Tordrücker und Bargeld in Höhe von 150,- Euro, indem er die Zugangstüre des Stiegenhauses und der Garage an der Adresse ** mit einem Schraubenzieher aufbrach und die Wertgegenstände aus dem unversperrten PKW entnahm,
b) indem er die Zugangstüre des Stiegenhauses und der Garage an der Adresse ** mit einem unbekannten Werkzeug aufbrach und die in der Garage unversperrt aufbewahrten Wertgegenstände an sich nahm,
i. B* acht Gläser Honig und vier Dosen ** im Gesamtwert von zumindest 118,36 Euro,
ii. D* Schokolade im Wert von 30,- Euro,
iii. F* eine Kabeltrommel der Marke ** im Wert von circa 90,- Euro und sechs Dosen ** im Wert von circa 15,- Euro,
B./ wegzunehmen versucht und zwar
1. am 16. Jänner 2025, indem er die Zugangstüre des Stiegenhauses an der Adresse ** gewaltsam öffnete,
2. am 23. März 2025, indem er die Zugangstüre zum Stiegenhaus und der Garage an der Adresse ** mit einem Schraubenzieher aufbrach, wobei es im Versuch blieb, da er kein Diebesgut vorfand,
3. am 22. April 2025, indem er die Zugangstüre des Stiegenhauses an der Adresse ** mit einem unbekannten Werkzeug aufbrach, wobei es beim Versuch blieb, da er kein Diebesgut vorfand,
II./ im Zeitraum von Anfang Jänner 2025 bis zum 30. April 2025, [zu ergänzen:] vorschriftswidrig 24 Stück Cannabispflanzen zum Zweck der Gewinnung einer die Grenzmenge (§ 28b) übersteigenden Menge Suchtgift, nämlich Cannabiskraut enthaltend zumindest 0,89 % Delta-9-THC und 11,7 % THCA, mit dem Vorsatz angebaut, dass es in Verkehr gesetzt werde, indem er in der von ihm angemieteten Wohnung eine professionelle Cannabisindoorplantage zur Gewinnung von Cannabiskraut bis zur Sicherstellung der Pflanzen durch die Kriminalpolizei betrieb.
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht die Vielzahl an einschlägigen Vorstrafen, die Tatmehrheit und das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit einem Vergehen als erschwerend, hingegen die geständige Verantwortung und den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, als mildernd.
Gegen dieses Urteil richtet sich die unmittelbar nach Urteilsverkündung angemeldete (ON 47.3, 9), rechtzeitig zu ON 49 ausgeführte Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Strafe, die eine Herabsetzung des Strafmaßes und die Gewährung (teil-)bedingter Strafnachsicht anstrebt.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Zunächst ist festzuhalten, dass die Änderung der Bestimmung des § 39 StGB durch das Gewaltschutzgesetz 2019 (BGBl 2019/105) – bei Vorliegen der Voraussetzungen - eine zwingende Strafrahmenerweiterung zur Folge hat (vgl RIS-Justiz RS0133600; RS0133690; Michel-Kwapinski/Oshidari, StGB 15 § 39 Rz 1; Florain WK² StGB § 39 Rz 1; Tipold in Leukauf/SteiningerStGB Update 2020 § 39 Rz 16).
Aus § 295 Abs 1 StPO ergibt sich, dass das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung lediglich an den Ausspruch des Gerichts über die Schuld des Angeklagten und das anzuwendende Strafgesetz gebunden ist. Das Urteil des Berufungsgerichts enthält der Sache nach stets einen eigenständigen Sanktionsausspruch, der jenen des Erstgerichts ersetzt. Sogar dann, wenn das Berufungsgericht sich im Rahmen eines Berufungspunkts von einer Nichtigkeit des Sanktionsausspruchs überzeugt (§ 281 Abs 1 Z 11 StPO), kassiert es den betroffenen Ausspruch nicht, sondern ersetzt ihn durch einen eigenen Ausspruch (vgl RIS-Jusitz RS0127710; Ratzin WK-StPO § 295 Rz 2, 4). Werden im Urteil die Voraussetzungen des § 39 StGB nicht festgestellt, kann diese Nichtigkeit auch das OLG „im Rahmen“ der Entscheidung über die Berufung Rechnung tragen (OGH 14 Os 71/19a; Flora aaO Rz 44).
Fallbezogen liegen die Voraussetzungen der Strafschärfung wegen Rückfalls nach § 39 Abs 1 StGB vor:
Der Angeklagte verbüßte zunächst eine über ihn verhängte Gesamtstrafe (betreffend mehrere Verurteilungen unter anderem wegen Einbruchsdiebstahls) von fünf Jahren bis 2. Februar 2017 (16. Eintragung der ECRIS-Auskunft ON 42.2). Die über ihn mit Urteil des polnischen Gerichts Sąd Rejonowy Dla Krakowa-Nowej Huty vom 30. November 2020, rechtskräftig seit 8. Dezember 2020, AZ **, wegen Einbruchsdiebstahls verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von insgesamt drei Jahren und sechs Monaten verbüßte er bis 18. Februar 2023 (ON 42.2, 32), was er in der Berufungsverhandlung auch bestätigte.
Diese beiden Verurteilungen sind daher rückfallsbegründend iSd § 39 Abs 1 StGB, weil die gegenständliche Tatbegehung ab Jänner 2025 erfolgte.
Der Strafrahmen beträgt somit nach § 130 Abs 2 StGB iVm § 39 Abs 1 StGB richtigerweise bis zu siebeneinhalb Jahren Freiheitsstrafe.
Außerdem ist klarzustellen, dass die Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Einbruchs in Gebäude iSd § 129 Abs 1 Z 1 StGB und nicht in Wohnstätten iSd § 129 Abs 2 Z 1 StGB erfolgte (vgl das Berufungsvorbringen ON 47.3, 2 „Wohngebäude“).
Dem Angeklagten gelingt es nicht, weitere Milderungsgründe zur Darstellung zu bringen.
Entgegen dem Berufungsvorbringen hat das Erstgericht die geständige Verantwortung des Angeklagten ausreichend berücksichtigt und dabei zutreffend festgehalten, dass der Angeklagte nach zunächst leugnender Verantwortung die Einbruchsdiebstähle erst nach Einsicht in die Videoaufnahmen zugestand (vgl ON 14.2; US 6). Auch der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, und der (eher geringe) Wert des Diebesgutes wurden mit der Mehrzahl der Angriffe und den einschlägigen Vorstrafen zutreffend gegeneinander abgewogen. Inwiefern die behauptete Einnahme eines Medikaments gegen Angstzustände (ON 14.2, 4) bzw „Cronosepan“ gegen „psychische Zusammenbrüche“ (ON 47.2, 4 f) mildernd zu berücksichtigen wäre, legt die Berufung nicht nachvollziehbar dar (vgl ON 47.3, 4). Vielmehr liegt die vom Erstgericht angenommene „Gefährlichkeit“ des Angeklagten in der kontinuierlichen Tatbegehung seit 1999 (vgl ECRIS-Auskunft ON 42.2), worin sich eine nur geringe Hemmschwelle zur Begehung von strafbaren Handlungen gegen fremdes Vermögen manifestiert, und der bisherigen Vollzugs- und Resozialisierungsresistenz.
Wenn der Angeklagte vorbringt, dass ein Großteil seiner einschlägigen Vorstrafen mehr als zehn Jahre zurückliegt, verkennt er den Strafvollzug von mehrjährigen Freiheitsstrafen während dieses Zeitraums (vgl auch ON 14.2, 5; ON 47.2, 3).
Die Bereitschaft zur Schadensgutmachung ist dem Berufungsvorbringen zuwider nicht als mildernd zu berücksichtigen. Nach ständiger Rechtsprechung stellen nämlich die bloß beabsichtigte Schadensgutmachung ebenso wie das bloße Anerkenntnis des Schadens den Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 14 StGB nicht her (RIS-Justiz RS0091354).
Bei objektiver Abwägung der vorliegenden Strafzumessungslage im Sinn des § 32 StGB erweist sichunter Berücksichtigung der zwingend anzuwendenden Strafrahmenvorschrift des § 39 StGBbei einem relevanten Strafrahmen einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu siebeneinhalb Jahren unter Bedachtnahme auf die einschlägigen Vorstrafen die vom Erstgericht ausgemessene Unrechtsfolge als äußerst moderat und ist der vom Angeklagten begehrten Herabsetzung auch unter Berücksichtigung generalpräventiver Belange (RIS-Justiz RS0090600) nicht zugänglich. Der Ausspruch einer (teil-)bedingten Freiheitsstrafe scheitert bereits an der Strafhöhe.
Der Berufung ist daher nicht Folge zu geben.
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