Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Iby als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. a Müller und Mag. a Kulka in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. A*ges.m.b.H. , FN **, 2. B*ges.m.b.H. , FN **, 3. C* GmbH , FN **, alle **, alle vertreten durch Mag. Franz Kellner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. D* , Rechtsanwalt, **, als Masseverwalter der E* GmbH , ** des Handelsgerichts Wien, vertreten durch Schmidt Pirker Podoschek Rechtsanwälte OG in Wien, und die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei F* AG , FN **, **, vertreten durch ScherbaumSeebacher Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen Absonderung (Streitwert EUR 5,088.273,65 s.A.), über die Berufung der klagenden Parteien gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 24.1.2025, G*-25, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerinnen sind schuldig, der Nebenintervenientin die mit EUR 15.809,64 bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung (darin enthalten EUR 2.634,94 USt) anteilig zu ersetzen, und zwar die Erstklägerin A*ges.m.b.H. zu 27%, die Zweitklägerin B*ges.m.b.H. zu 34% und die Drittklägerin C* GmbH zu 39%.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Die E* GmbH (in der Folge: Schuldnerin) hat mit der Erstklägerin am 7.1.2019 einen Generalunternehmervertrag hinsichtlich des Bauvorhabens H*, abgeschlossen. Mit der Zweitklägerin hat sie zwei Generalunternehmerverträge abgeschlossen, nämlich am 29.11.2018 hinsichtlich des Bauvorhabens I*, und am 4.2.2019 hinsichtlich des Bauvorhabens J*. Mit der Drittklägerin hat die Schuldnerin am 1.3.2019 einen Generalunternehmervertrag hinsichtlich des Bauvorhabens K*, abgeschlossen. Zur Erfüllung dieser Generalunternehmerverträge hat die Schuldnerin jeweils Subauftragnehmer beigezogen. Weiters hat sie jeweils DI L* beauftragt, die Rechnungsprüfung und die Rechnungsfreigaben vorzunehmen.
Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 3.5.2022, **, wurde über das Vermögen der E* GmbH der Konkurs eröffnet; der Beklagte wurde zum Masseverwalter bestellt.
Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 5.5.2022 wurde die Unternehmensschließung angeordnet. Daraufhin ist der Masseverwalter mit E-Mail vom 6.5.2022 gemäß § 21 IO von allen genannten Generalunternehmerverträgen mit den Klägerinnen zurückgetreten.
Zwischen der Schuldnerin und der Nebenintervenientin bestand zu Polizzen-Nummer ** ein Betriebshaftpflichtversicherungsvertrag mit einer vereinbarten Pauschalversicherungssumme von EUR 1 Mio und einem Selbstbehalt in jedem Schadenfall von EUR 500,--. Diesem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen und Ergänzenden Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHVB 2004 und EHVB 2004 Fassung 01.2016) sowie die Besonderen Bedingungen M* Vollrisikodeckung für das Bau- und Baunebengewerbe sowie für Baumeister und dem Baumeistergewerbe entstammende Teilgewerbe zugrunde.
In den AHVB finden sich folgende Regelungen:
„Artikel 1 Was gilt als Versicherungsfall und was ist versichert?
1. Versicherungsfall
1.1. Versicherungsfall ist ein Schadenereignis, das dem versicherten Risiko entspringt und aus welchem dem Versicherungsnehmer Schadenersatzverpflichtungen (Punkt 2.) erwachsen oder erwachsen könnten. […]
2. Versicherungsschutz
2.1. Im Versicherungsfall übernimmt der Versicherer
2.1.1. die Erfüllung von Schadenersatzverpflichtungen, die dem Versicherungsnehmer wegen eines Personenschadens, eines Sachschadens oder eines Vermögensschadens, der auf einen versicherten Personen- oder Sachschaden zurückzuführen ist, auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts erwachsen; […]
Artikel 7 Was ist nicht versichert? (Risikoausschlüsse)
1. Unter die Versicherung gemäß Artikel 1 fallen insbesondere nicht
1.1. Ansprüche aus Gewährleistung für Mängel; […]
1.3. die Erfüllung von Verträgen und die an die Stelle der Erfüllung tretende Ersatzleistung“.
In den EHVB (Ergänzende Allgemeine Bedingungen für die Haftpflichtversicherung) ist im Abschnitt A ausführlich geregelt, welche Schadenersatzverpflichtungen versichert sind und was vom Versicherungsschutz ausgeschlossen ist. In Abschnitt B: Ergänzende Regelungen für spezielle Betriebs- und Nichtbetriebsrisiken, steht auszugsweise:
„Vorbemerkung: Deckung reiner Vermögensschäden
Falls in den nachstehenden Bestimmungen oder in einer besonderen Vereinbarung laut Polizze die Deckung reiner Vermögensschäden vorgesehen ist, so gilt Folgendes:
1. Reine Vermögensschäden sind solche Schäden, die weder Personenschäden noch Sachschäden sind (Artikel 1, Punkt 2. AHVB) noch sich aus solchen Schäden herleiten.
2. Abweichend von Artikel 1 AHVB ist Versicherungsfall ein Verstoß (Handlung oder Unterlassung), der den versicherten Tätigkeiten entspringt und aus welchen dem Versicherungsnehmer Schadenersatzverpflichtungen erwachsen oder erwachsen könnten.“
In den M* steht einleitend „Es gelten die AHVB/EHVB, soweit sie nicht durch die nachfolgenden besonderen Bedingungen abgeändert oder ergänzt werden.“ Weiter unten steht dann:
„30. Reine Vermögensschäden für Baumeister und dem Baumeistergewerbe entstammende Teilgewerbe – Pflichtversicherung gemäß Bundesgesetzblatt BGBl 85/2013
Ausschließlich für Baumeister und dem Baumeistergewerbe entstammende Teilgewerbe gilt für deren Pflichtversicherung für reine Vermögensschäden folgende Regelung:
1. Reine Vermögensschäden sind abweichend von Art. 1 AHVB mitversichert.
Abschnitt B Vorbemerkung EHVB findet Anwendung.
1.1. Die Versicherung umfasst alle jene Tätigkeiten, zu denen der Versicherungsnehmer auf Grund der für seinen Beruf (versichertes Risiko/Gewerbeschein) bestehenden Gesetze, Verordnungen und behördliche Vorschriften berechtigt ist. […]
2. Ausgeschlossen vom Versicherungsschutz sind Ergänzung zu Artikel 7 AHVB Schadenersatzverpflichtungen aus […]
2.6. Erklärungen über oder der Nichteinhaltung von Fristen, Terminen oder der Dauer der Bauzeit; Nichterfüllung oder nicht rechtzeitiger Erfüllung von Verträgen; […]“.
Die Kläger begehren vom Beklagten die Zahlung von EUR 1,374.396,91 s.A. (Erstklägerin), von EUR 1,743.673,34 s.A. (Zweitklägerin) und von EUR 1,970.203,40 s.A. (Drittklägerin), jeweils bei sonstiger Exekution in den Deckungsanspruch gegen die F* AG aus dem Versicherungsverhältnis mit der E* GmbH. Als der Masseverwalter den Rücktritt von den Generalunternehmerverträgen erklärt habe, seien die Arbeiten der Schuldnerin noch nicht fertig gewesen; bei der H* sei der Fertigstellungsgrad 95,04% gewesen, bei der I* 99,53%, bei der J* 88,65% und bei der K* 86,43%. Durch umfangreiche und wohl von entsprechender krimineller Energie getragene Malversationen der verantwortlichen Personen der Schuldnerin seien den Klägerinnen existenzbedrohende Schäden entstanden, die in drei Fallgruppen unterteilt werden können:
1. Die Schuldnerin habe für von Subunternehmen erbrachte Leistungen Rechnungen gelegt, die dann vom beauftragten Rechnungsprüfer freigegeben worden seien, weshalb die Klägerinnen diese Rechnungen bezahlt haben. Die Schuldnerin habe diese Zahlungen aber nicht an ihre Subauftragnehmer weitergeleitet, die ihre Leistungen auch noch gar nicht erbracht gehabt haben. Die Klägerin habe die betreffenden Leistungen daher noch einmal – diesmal an die Leistungserbringer – bezahlen müssen (Doppelzahlung I).
2. Die Schuldnerin habe für von ihren Subauftragnehmern erbrachte Leistungen Rechnungen gelegt, welche die Klägerin bezahlt habe. Die Schuldnerin habe die Zahlungen aber nicht an ihre Subauftragnehmer weitergeleitet. Die Klägerinnen haben die Leistungen daher noch einmal an die Leistungserbringer bezahlen müssen, weil sich diese geweigert haben, ihre Leistungen ohne diese Zahlungen fertigzustellen, und weil andere Unternehmen nicht bereit gewesen seien, angefangene Leistungen fertigzustellen und die volle Haftung zu übernehmen (Doppelzahlung II).
3. Die Klägerinnen seien genötigt gewesen, eine alternative Bauaufsicht zu beauftragen, deren erste hier verfahrensgegenständliche Aufgabe die Aufarbeitung der von der Schuldnerin verursachten Missstände bei ihren Bauvorhaben gewesen sei.
Bei der Erstklägerin belaufe sich die Summe der erforderlichen Doppelzahlungen I und II auf EUR 855.336,05, die Kosten der alternativen Bauaufsicht betragen EUR 519.060,86. Bei der Zweitklägerin habe sich beim Bauvorhaben I* die Summe der erforderlichen Doppelzahlungen I und II auf EUR 244.835,03 belaufen, die Kosten der alternativen Bauaufsicht auf EUR 82.610,41. Beim Bauvorhaben J* seien die erforderlichen Doppelzahlungen I und II EUR 755.424,71 gewesen, die alternative Bauaufsicht habe EUR 660.803,19 gekostet. Bei der Drittklägerin haben sich die erforderlichen Doppelzahlungen I und II auf EUR 1,068.733,67 belaufen, die alternative Bauaufsicht habe EUR 901.469,73 gekostet. Insgesamt errechne sich damit so jeweils der Klagsbetrag. Die Schuldnerin sei bei der F* AG haftpflichtversichert gewesen. Die Klägerinnen haben die Schadenersatzforderungen beim Beklagten als Absonderungsanspruch gemäß §§ 157 VersVG geltend gemacht, der sie umgehend an den Haftpflichtversicherer weitergeleitet habe. Die F* AG habe die Schadensregulierung aber abgelehnt.
Die Deckungspflicht des Haftpflichtversicherers sei im Verfahren über das Absonderungsrecht zu prüfen. Der Deckungsanspruch des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer sei ein Sondervermögen, das nicht in die Insolvenzmasse falle; eine Forderungsanmeldung sei dafür nicht notwendig. Die Klägerinnen müssten zur Realisierung ihres Absonderungsrechts gemäß § 157 VersVG daher den Insolvenzverwalter auf Zahlung bei sonstiger Exekution in den Deckungsanspruch klagen.
Der Beklagte wendete ein, bei der Insolvenzmasse der E* GmbH bestehe Masseunzulänglichkeit. Die Forderungen der Klägerinnen seien nicht nachvollziehbar und daher unschlüssig. Im Übrigen wären es keine Masseforderungen, sondern Insolvenzforderungen und damit bloß Quotenforderungen. Die Klägerinnen haben im Insolvenzverfahren nur viel geringere – im Übrigen auch bestrittene – Forderungen angemeldet; diese könnten nur in einem Feststellungsprozess geklärt werden. Das Zahlungsbegehren der Klägerinnen sei daher jedenfalls nicht berechtigt. Die F* AG habe eine Deckung des Schadens abgelehnt, weil für Vertragserfüllung und Gewährleistung kein Versicherungsschutz bestehe.
Die F* AG schloss sich dem Verfahren als Nebenintervenientin auf Seiten der Beklagten an. Sie habe die Deckung am 31.8.2023 qualifiziert abgelehnt. Der Streit sei ihr (vom Beklagten) erst nach Ablauf der einjährigen Klagefrist verkündet worden, der geltend gemachte Deckungsanspruch sei daher verfristet. Im Übrigen müsse die Nebenintervenientin wegen der vereinbarten Risikoausschlüsse die geltend gemachten Schäden nicht decken: In Art 7 der AHVB 2004 sei festgelegt, dass Schäden wegen Nichterfüllung nicht versichert seien, ebenso nicht Schäden, die wie hier von den Klägerinnen behauptet die Schuldnerin zumindest bedingt vorsätzlich in Kauf genommen habe. Außerdem sei nach Punkt 7. der Vorbemerkung zu Abschnitt B der EHVB der Versicherungsschutz ausgeschlossen für durch Verstöße beim Zahlungsakt eingetretene Schäden, wie sie hier als Doppelzahlung II geltend gemacht werden.
Im Zuge des Verfahrens führte die Nebenintervenientin nochmals aus, dass das Klagevorbringen unschlüssig sei. Bezüglich des Rechnungsprüfers sei nicht nachvollziehbar, welche Aufgaben dieser gehabt haben soll.
Das Erstgericht erteilte den Klägerinnen den Verbesserungsauftrag, für jede Klägerin eine separate Klage einzubringen. Nachdem die Klägerinnen diesem Auftrag entsprochen hatten (und der Beklagte seine Klagebeantwortungen eingebracht hat) beschloss das Erstgericht die jetzt drei Verfahren (G*, N* und O*) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden; führend ist das Verfahren G*.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht die gesamten Klagebegehren der Klägerinnen ab. Es stellte den bereits auszugsweise wiedergegebenen, auf den Seiten 2 und 3 bis 5 des angefochtenen Urteils wiedergegebenen Sachverhalt fest. In seiner rechtlichen Beurteilung kam es zum Ergebnis, dass die Klägerinnen wegen des von ihnen behaupteten Deckungsanspruchs ein Absonderungsrecht hätten, das sie richtigerweise mit einer Klage gegen den Insolvenzverwalter, gerichtet auf Zahlung bei sonstiger Exekution in den Deckungsanspruch, geltend gemacht haben. Allerdings bestehe der behauptete Deckungsanspruch nicht, weil nach den Haftungsausschlüssen in Art 7 AHVB 2004 weder die Erfüllung oder Erfüllungssurrogate, somit Nichterfüllungsschäden, noch Gewährleistungsansprüche versichert seien. Unter Gewährleistungsansprüche fallen nicht nur die Kosten der Behebung des Mangels, sondern auch die Kosten der vorbereitenden Maßnahmen, um die Mängel zu beheben; hier also auch die Kosten der alternativen Bauaufsicht. Dass zwar reine Vermögensschäden – wie sei hier behauptet werden – an sich versichert seien, ändere daran nichts, weil nur solche reine Vermögensschäden gedeckt seien, die nicht unter den Ausschluss des Art 7 AHVB fallen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerinnen wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es derart abzuändern, dass den Klagebegehren Folge gegeben werde; hilfsweise stellen die Klägerinnen einen Aufhebungsantrag.
Der Beklagte und die Nebenintervenientin beantragen, der Berufung keine Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1. In ihrer Mängelrügekritisieren die Klägerinnen, dass das Erstgericht die beantragten Beweise nicht aufgenommen hat. Die Berufungswerberinnen erkennen allerdings selbst, dass das Fehlen relevanter Feststellungen, die das Erstgericht auf Grund einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht getroffen hat, mit Rechtsrüge geltend zu machen sind (RS0042435). Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz wird in der Berufung daher nicht aufgezeigt.
2. Nach Art 7 AHVB 2004 umfasst der Versicherungsvertrag nicht Ansprüche aus Gewährleistung für Mängel und Ansprüche auf Erfüllung von Verträgen sowie die an die Stelle der Erfüllung tretende Ersatzleistung. Die Klägerinnen meinen in ihrer Rechtsrüge , unter den Begriffen Doppelzahlung I und Doppelzahlung II machten sie keine derartigen Nichterfüllungsschäden geltend, sondern einen indirekten Folgeschaden.
Mit der „an die Stelle der Erfüllung tretende Ersatzleistung“ oder „Erfüllungssurrogat“ sind allerdings diejenigen Schadenersatzansprüche gemeint, durch welche ein unmittelbares Interesse am eigentlichen Leistungsgegenstand eines abgeschlossenen Vertrags geltend gemacht wird. Ausgeschlossen sind somit diejenigen Schadenersatzansprüche, die auf das Vertragsinteresse gerichtet sind, die dem Gläubiger also die ordnungsgemäße Leistung verschaffen sollen (7 Ob 31/16h).
3.1 Der Beklagte und die Nebenintervenientin haben im Verfahren erster Instanz völlig zu Recht kritisiert, dass das Vorbringen der Klägerinnen zu den von ihnen geltend gemachten Forderungen äußerst kurz gehalten ist. Bei den Forderungen aus „Doppelzahlung I“ (welche die Klägerinnen noch nicht einmal beziffern; sie nennen nur jeweils die Summen der Doppelzahlungen I und II) geht es darum, dass die Klägerinnen (nach ihrem Vorbringen) die Subunternehmer der Schuldnerin für von diesen dann erbrachte Leistungen zahlen mussten, obwohl sie diese Leistungen schon der Schuldnerin bezahlt haben, die sie allerdings noch vor dem Erbringen der Arbeitsleistungen verrechnet hat. Die Klägerinnen haben nicht vorgebracht, ob sie jetzt diese vorzeitigen Zahlungen an die Schuldnerin zurückverlangen oder ob sie die Zahlungen ersetzt haben wollen, die sie dann (nochmals) direkt an die Subunternehmer der Schuldnerin leisten mussten (der von ihnen verwendete Begriff „Doppelzahlung“ spricht eigentlich für Letzteres). In jedem Fall liegt dann aber ein Nichterfüllungsschaden iSd Art 7 Punkt 1.3. der AHVB 2004 vor, besteht der Schaden doch darin, dass die Klägerinnen entweder die mit der Schuldnerin vereinbarten Leistungen bevorschusst haben, ohne dass die Schuldnerin den Vertrag dann aber vollständig erfüllt hat, oder dass die Klägerinnen Mehrkosten (nochmalige Zahlungen an die Subunternehmer der Schuldnerin) hatten, um die Leistung zu bekommen, welche auf Grund der Generalunternehmerverträge die Schuldnerin hätte herstellen sollen.
3.2Gleiches gilt für die unter dem Begriff „Doppelzahlung II“ geltend gemachten Forderungen, zu welchen die Klägerinnen behaupten, die Schuldnerin habe ihnen Leistungen der Subunternehmer verrechnet, die Zahlungen dann aber nicht an die Subunternehmer weitergeleitet. Die Klägerinnen haben diese Beträge nochmals an die Subunternehmerin zahlen müssen, weil diese sonst nicht bereit gewesen wären, ihre Arbeiten fertigzustellen. Auch dabei handelt es sich nach dem Vorbringen der Klägerinnen um Zahlungen, die sie zusätzlich leisten mussten, um eine ordnungsgemäße Leistung zu erhalten bzw. um das Zurückbleiben der tatsächlichen Leistung hinter dem Versprochenen zu kompensieren (7 Ob 23/25w).
4.Die Verrechnung der Kosten der von ihnen so bezeichneten „alternativen Bauaufsicht“ begründeten die Klägerinnen mit der knappen Behauptung, deren erste Aufgabe sei die Aufarbeitung der von der Schuldnerin verursachten Missstände bei ihrem Bauvorhaben gewesen. In der Berufung sprechen sie davon, diese Kosten seien Folge der mangelhaften Leistungen der Schuldnerin gewesen, diese haben überprüft und nachgebessert werden müssen. Die unter diesem Begriff geltend gemachten Kosten (von weit über EUR 2 Mio) wären dann entweder ein Mehraufwand der Klägerinnen, um die vereinbarte Leistung der Schuldnerin zu erhalten. Oder, wenn es dabei um die Behebung mangelhafter Leistungen gegangen sein sollte (im Sinn der Verbesserung von Gewährleistungsmängeln; das haben die Klägerinnen in erster Instanz allerdings keineswegs so vorgebracht), dann wäre auch das ein Erfüllungssurrogat, weil die Kosten der von Dritten vorgenommenen Verbesserung einer mangelhaften Leistung ebenfalls nicht in die Betriebshaftpflichtversicherung fallen (RS0081685). Das gilt auch für die Mehrkosten einer zusätzlichen Bauaufsicht bei den Mängelbehebungsarbeiten.
5.1 Die Klägerinnen argumentieren in ihrer Rechtsrüge, der mit der Rechnungsführung und Rechnungsfreigabe von der Schuldnerin beauftragte DI L* sei als deren Erfüllungsgehilfe anzusehen. Der von den Klägerinnen durch die unrichtigen Freigaben des Rechnungsprüfers erlittene Schaden sei kein Nichterfüllungsschaden, sondern ein Folgevermögensschaden, der nicht durch eine vertragswidrige Leistung, sondern durch ein Fehlverhalten des Erfüllungsgehilfen der Schuldnerin entstanden sei.
5.2Diese Argumentation der Klägerin, der wegen des Fehlverhaltens von DI L* geltend gemachte Schaden sei nicht durch eine vertragswidrige Leistung (der Schuldnerin) entstanden, übersieht, dass die Definition des Erfüllungsgehilfen in § 1313a ABGB fordert, dass sich der einem anderen zu einer Leistung (etwa wie hier auf Grund eines Vertrags, konkret von Generalunternehmerverträgen) Verpflichtete zur Erfüllung (dieser Leistung) einer anderen Person bedient. Wenn daher Erfüllungsgehilfen der Schuldnerin die Klägerinnen geschädigt hätten, dann stünde den Klägerinnen gegen die Schuldnerin allenfalls ein Gewährleistungsanspruch oder ein Schadenersatzanspruch (wegen Nichterfüllung bzw. nicht gehöriger Erfüllung) zu, der allerdings nach dem oben Gesagten von der Betriebshaftpflichtversicherung nicht umfasst wäre.
Allerdings ist das Mindestzurechnungskriterium des § 1313a ABGB, dass der Beklagte das schuldhafte Verhalten des Dritten im Kontext mit der Erfüllung seiner Vertragspflichten veranlasst hat (RS0121745). Erfüllungsgehilfe ist nur, wer mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung der diesem obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfsperson tätig wird (RS0028729). Das Erstgericht hat festgestellt, dass die Schuldnerin DI L* mit der Rechnungsprüfung und mit den Rechnungsfreigaben beauftragt hat. Das war aber nicht die Tätigkeit, welche die Schuldnerin den Klägerinnen geschuldet hat: Gegenstand der Generalunternehmerverträge war ja die Fertigstellung des Bauvorhabens und nicht die Rechnungsprüfung und die Rechnungsfreigabe.
5.3Somit gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder war DI L* kein Erfüllungsgehilfe der Beklagten iSd § 1313a ABGB, weil er an der Erfüllung der von der Schuldnerin geschuldeten Vertragspflichten den Klägerinnen gegenüber nicht beteiligt war. In diesem Fall würden weder die Schuldnerin und demgemäß natürlich auch nicht die Nebenintervenientin als deren Betriebshaftpflichtversicherer für allfällige von DI L* verursachte Schäden haften. Oder die Schuldnerin war den Klägerinnen gegenüber auch zur Rechnungsprüfung und Rechnungsfreigabe verpflichtet und hat dafür DI L* als Hilfsperson beauftragt; dann wäre er zwar ein Erfüllungsgehilfe der Schuldnerin gewesen, allerdings hätten die Klägerinnen dann nur einen Anspruch wegen mangelhafter Vertragserfüllung gegen die Schuldnerin, wofür der Betriebshaftpflichtversicherer gemäß Art 7.1.1. der AHVB 2004 nicht einstehen müsste.
6.1 Das letzte Argument der Klägerin ist, dass sowohl Abschnitt B der EHVB 2004 als auch Art 30 der M* die Deckung von Vermögensschäden vorsehen. Dies bewirke einen sekundären Risikoeinschluss für reine Vermögensschäden abweichend von Art 1 AHVB. Somit müsse die Nebenintervenientin auch für reine Vermögensschäden aus der Nichterfüllung Deckung gewähren. In diesem Zusammenhang vermissen die Klägerinnen Feststellungen aus den Versicherungsbedingungen M* und den EHVB.
Die Versicherungsbedingungen hat die Nebenintervenientin im Verfahren erster Instanz vorgelegt; die Prozessparteien haben die Echtheit der vorgelegten Urkunden zugestanden und die Richtigkeit dieser Urkunden nicht bestritten. Damit kann das Berufungsgericht auf den gesamten Text dieser Versicherungsbedingungen Bedacht nehmen.
6.2 In der Einleitung des Abschnitts B der EHVB 2004 wird klargestellt, dass die dort gemachten Aussagen zur Deckung reiner Vermögensschäden nur dann zur Anwendung kommen, falls in den nachstehenden Bestimmungen oder in einer besonderen Vereinbarung laut Polizze die Deckung reiner Vermögensschäden vorgesehen ist.
Eine solche besondere Vereinbarung findet sich in den M*. Diese stellen allerdings bereits im ersten Satz klar, dass die AHVB/EHVB gelten, soweit sie nicht durch die nachfolgenden besonderen Bedingungen abgeändert oder ergänzt werden. Nach der Regelung über die Pauschalversicherungssumme und den Selbstbehalt beginnen dann die besonderen Vereinbarungen, dies mit dem Vermerk „Die in den AHVB/EHVB angeführten Ausschlüsse kommen insoweit nicht mehr zur Anwendung“. Von den besonderen Vereinbarungen ist hier der Punkt 30. „Reine Vermögensschäden für Baumeister und dem Baumeistergewerbe entstammende Teilgewerbe“ bedeutsam. Danach sind zwar reine Vermögensschäden abweichend von Art 1 AHVB mitversichert, wobei Abschnitt B, Vorbemerkung EHVB Anwendung findet. Punkt 30.2. M* normiert dann allerdings ausdrücklich: „Ausgeschlossen vom Versicherungsschutz sind in Ergänzung zu Art 7 AHVB Schadenersatzverpflichtungen aus […]
2.6. Erklärungen über oder der Nichteinhaltung von Fristen, Terminen oder der Dauer der Bauzeit; Nichterfüllung oder nicht rechtzeitiger Erfüllung von Verträgen […]“.
Mit dieser Formulierung ist unmissverständlich klargestellt, dass einerseits die Risikoausschlüsse des Art 7 AHVB weiter gelten (weil ja nur dann Punkt 30.2. der M* Art 7 AHVB ergänzen kann) und dass Ansprüche wegen Nichterfüllung jedenfalls vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind, auch wenn der eingetretene Schaden ein reiner Vermögensschaden sein sollte.
7. Somit teilt das Berufungsgericht die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass die Nebenintervenientin für die von den Klägerinnen behaupteten Schäden jedenfalls nicht einstehen muss. Eine Beweisaufnahme zur Prüfung, ob und welche Schäden der Klägerinnen überhaupt eingetreten sind, erübrigt sich daher.
Der Berufung ist keine Folge zu geben.
8.1Der Beklagte hat für seine Berufungsbeantwortung keine Kosten verzeichnet. Der Kostenzuspruch an die Nebenintervenientin beruht auf den §§ 41, 46 und 50 ZPO; die Klägerinnen müssen ihr die Kosten der Berufungsbeantwortung anteilig ersetzen.
8.2Das Berufungsgericht ist von der Rechtsprechung des OGH nicht abgewichen; mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die ordentliche Revision daher nicht zulässig.
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