Das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht hat durch den Senatspräsidenten Mag. Gerhard Hasibeder als Vorsitzenden sowie MMag. Andreas Wiesauer und Mag. Stefan Riegler in der Rechtssache der Klägerin A* B* C* , geboren am **, Pensionistin, **, ** D*, vertreten durch Dr. Wolfgang Lamprecht, Rechtsanwalt in Braunau am Inn, als gerichtlicher Erwachsenenvertreter und Verfahrenshelfer gegen den Beklagten E* C* , geboren am **, selbständiger Masseur, F* Straße G*, H*, vertreten durch die Prof. Haslinger Partner Rechtsanwälte in Linz, wegen (zuletzt) EUR 147.000,00 sA und Rechnungslegung (Streitwert: EUR 3.000,00), über die Berufung der Klägerin (Berufungsinteresse: EUR 97.000,00) gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 7. August 2025, Cg*-72, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird keine Folge gegeben.
Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit EUR 3.889,92 (darin enthalten EUR 648,32 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin beschloss, die in ihrem Eigentum stehende Liegenschaft EZ **, Grundbuch ** I* J*, zu verkaufen, um ihren Lebensabend in einem Seniorenheim in Ungarn zu verbringen. Die Liegenschaft, bestehend aus dem Grundstück Nr 1034/1, auf dem das Wohnhaus mit der Adresse K*, L* I* J*, errichtet ist, wurde mit Kaufvertrag vom 30. Oktober 2020 um EUR 275.000,00 veräußert. Der Beklagte ist der Sohn der Klägerin. Die Klägerin hat den Beklagten im Jahr 2020 ersucht, ihr bei der Abwicklung des Liegenschaftsverkaufs und beim Umzug nach Ungarn behilflich zu sein.
Die Klägerin begehrt EUR 147.000,00 sA sowie Rechnungslegung und brachte – soweit für das Berufungsverfahren noch relevant – vor, der Beklagte habe sich um diesen Betrag zulasten der Klägerin unrechtmäßig bereichert. Der Erlös aus dem Liegenschaftsverkauf sei abzüglich der Maklerprovision und der Notarskosten auf ein Konto, auf dem der Beklagte zeichnungsberechtigt gewesen sei, überwiesen worden. Dieses Konto sei auf Anraten des Beklagten eröffnet worden, um das Geld vor den Töchtern der Klägerin zu schützen. Der Beklagte habe ohne Kenntnis der Klägerin am 23. Dezember 2020 EUR 170.000,00 und am 22. Jänner 2021 EUR 95.000,00 von diesem Konto in bar behoben. Zudem habe die Klägerin dem Beklagten vor dem Hausverkauf insgesamt EUR 8.000,00 übergeben, um damit in Zusammenhang stehende Ausgaben (wie zB Anwaltshonorare) sowie die Kosten ihrer Übersiedlung nach Ungarn zu decken.
Dass die Klägerin einmal EUR 5.000,00 und einmal EUR 97.000,00 vom Beklagten erhalten habe, treffe nicht zu. Insbesondere sei es zu keiner Geldübergabe in Ungarn gekommen. Unrichtig sei auch, dass der Klägerin während ihres Aufenthalts in Ungarn oder nach ihrer Rückkehr nach Österreich alle originalen Unterlagen, Rechnungen oder Dokumente übermittelt worden wären. Bei Schreiben, aus denen Gegenteiliges hervorgehe, handle es sich um Fälschungen. Zudem habe die Klägerin zwar ihrem (weiteren) Sohn M* C* EUR 100.000,00 geschenkt, dem Beklagten aber keinen Betrag von EUR 50.000,00. Der entsprechende Schenkungsvertrag sei nicht von der Klägerin unterfertigt worden. Selbst wenn die Klägerin diesen Vertrag unterschrieben hätte, sei die Schenkung unwirksam gewesen, weil sie durch einen „Einbehalt“ des Geldbetrages erfolgt sei und nicht durch tatsächliche Übergabe. Es liege auch kein Notariatsakt für diese Schenkung vor.
Die Klägerin sei außerdem niemals darüber informiert worden, was mit dem Restkaufpreis geschehen sei. Der Beklagte sei zwar zu Maßnahmen im Zusammenhang mit Geldangelegenheiten im Rahmen einer ihm von der Klägerin erteilten Vollmacht berechtigt gewesen, jedoch treffe ihn diesbezüglich eine entsprechende Rechnungslegungspflicht. Dieser Pflicht sei der Beklagte nicht nachgekommen. Außerdem werde bestritten, dass der Beklagte den Kauf und die Kosten der Montage des vor dem Verkauf des Hauses eingebauten Ofens bezahlt habe.
Der Beklagte bestritt und beantragte kostenpflichtige Klagsabweisung. Auf das Wesentliche zusammengefasst steht er auf dem Standpunkt, dass er einen Teil des Verkaufserlöses von der Klägerin geschenkt bekommen, einen Teil der Klägerin übergeben und einen weiteren Teil für die Zwecke der Klägerin verwendet habe. Die Klägerin habe dem Beklagten niemals EUR 8.000,00 übergeben. Zudem hätte auch dieser Geldbetrag für die vor Einlangen des Verkaufserlöses angefallenen Kosten nicht ausgereicht, da bis zu diesem Zeitpunkt schon Kosten von EUR 13.974,61 entstanden seien. In diesem Betrag seien auch die Kosten für den eingebauten Ofen und dessen Montage inkludiert, weil der Beklagte diese vorgestreckt habe.
Noch vor der Ausreise der Klägerin nach Ungarn seien ein Pflichtteilsverzichtsvertrag mit M* C* und ein Schenkungsvertrag über eine Schenkung von EUR 50.000,00 an den Beklagten von einem Rechtsanwalt verfasst und von der Klägerin auch unterschrieben worden. Dass die EUR 50.000,00 ein Geschenk seien, habe die Klägerin dem Beklagten in einem Telefonat mitgeteilt. Während dieses Telefonats sei ebenso vereinbart worden, dass der Beklagte EUR 20.000,00 für die bis dahin getätigten Auslagen einbehalten dürfe und der restliche Betrag für künftige Zahlungen zu verwenden sei. Spätestens durch die Behebung von EUR 50.000,00 nach diesem Gespräch sei eine rechtswirksame Schenkung erfolgt.
Auf Verlangen der Klägerin habe ihr der Beklagte vom restlichen Kaufpreis EUR 97.000,00 in bar am Parkplatz vor dem Seniorenheim in Ungarn übergeben. Die Klägerin habe die Übergabe schriftlich bestätigt. Sie habe bei diesem Treffen auch einen „Ordner mit Nachweisen von Rechnungen“ vom Beklagten erhalten. Der Beklagte habe auch den Restbetrag vom Kaufpreis schon verbraucht, und zwar für von der Klägerin zu zahlende Rechnungen über Gemeindeabgaben, Rauchfangkehrergebühren, Stromverbräuche und Anwaltskosten. Auch diese Rechnungen habe der Beklagte der Klägerin übergeben, wobei die Klägerin die Übergabe bestätigt habe. Damit habe der Beklagte eine ihn (womöglich) treffende Rechnungslegungspflicht bereits erfüllt.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgerichtdie Klage ab. Seiner Entscheidung legte es den auf den Seiten vier bis sieben des Urteils wiedergegebenen Sachverhalt zugrunde, worauf gemäß § 500a ZPO verwiesen werden kann. Für das Berufungsverfahren wesentlich sind folgende, zusammengefasst wiedergegebenen Feststellungen (wobei die von der Klägerin bekämpften Feststellungen kursiv hervorgehoben sind):
Der Verkaufserlös wurde auf das Notartreuhandkonto ** überwiesen. Von dem Notartreuhandkonto wurde am 18. Dezember 2020 die Überweisung eines Betrags von EUR 264.860,00 auf das Konto N* mit dem Verwendungszweck „Restkaufpreis ** (abz. Maklerprovision 9900,-- u. Notar 240,--)“ verfügt. Am selben Tag wurden von diesem Notartreuhandkonto Überweisungen in Höhe von EUR 9.900,00 an die O* GmbH und EUR 240,00 an Mag. P*, Notariat Q*, verfügt. Der Betrag in Höhe von EUR 264.860,00 schien am 21. Dezember 2020 am Konto Nr R* (IBAN: N*) als Umsatz auf. Die Klägerin und der Beklagte waren hinsichtlich dieses Kontos zeichnungsberechtigt.
Parallel zu diesem Zeitpunkt stand der Umzug der Klägerin in das Seniorenheim nach Ungarn an. Der Beklagte fuhr gemeinsam mit seinem Sohn und der Klägerin nach Ungarn. Die Klägerin hat dem Beklagten weder zu diesem Zeitpunkt, noch vor dem Hausverkauf gesamt EUR 8.000,00 in bar überreicht.
Am 23. Dezember 2020 hat der Beklagte EUR 170.000,00 vom Konto Nr R* abgehoben, weil die Klägerin dem Beklagten mitgeteilt hat, dass sie ihrem Sohn M* C* EUR 100.000,00 und dem Beklagten EUR 50.000,00 schenken wollte. An diesem Tag hat der Beklagte im Namen der Klägerin aufgrund dieser Mitteilung und des mit 15. Dezember 2020 datierten Pflichtteilsverzichtsvertrags M* C* EUR 100.000,00 in bar übergeben.
Dieser Vertrag, unterfertigt von der Klägerin und M* C* als verzichtende Partei, hält unter anderem folgendes fest:
„Für diesen Pflichtteilsverzicht wird ein Entgelt von EUR 100.000,00 (einhunderttausend) gewährt.“
Ebenfalls am 23. Dezember 2020 unterzeichnete der Beklagte ein Schreiben mit folgendem Inhalt:
„Schenkungsvertrag und Erlass der Anrechnung
abgeschlossen zwischen
1. B* C*, geb. am **, K*, L* I* („Geschenkgeberin“)
einerseits und
2. E* C*, geb. am **, F*straße G*, H* („Geschenknehmer“) andererseits
...
§ 1 Schenkung
Die Geschenkgeberin schenkt und übergibt dem Geschenknehmer einen Betrag von EUR 50.000,00 (fünfzigtausend) unmittelbar in bar.
Der Geschenknehmer nimmt die Schenkung an und bestätigt den Erhalt des Betrags von EUR 50.000,00 (fünfzigtausend).
...“
Dieses Schreiben wurde auch von der Klägerin unterfertigt. Daraufhin hat der Beklagte von den zuvor behobenen EUR 170.000,00 eine Summe in Höhe von EUR 50.000,00 einbehalten. So wurde dies auch telefonisch mit der Klägerin vereinbart.
Die Klägerin wollte einen Betrag von EUR 97.000,00 bei sich in Ungarn aufbewahren. Deswegen hatte sie den Beklagten gebeten, diese Geldsumme zu ihr zu bringen. Da dieser Geldbetrag meldepflichtig gewesen ist, beförderte der Beklagte diese Geldsumme in einem Plastiksackerl unter seinem Autositz. Das Geld wurde in eine Schachtel gegeben. In dieser Schachtel befanden sich auch Unterlagen. Diese Schachtel wurde am 23. Jänner [richtig:] 2021 am Parkplatz vor dem Seniorenheim übergeben. Der Beklagte betrat das Seniorenheim nicht. Am 23. Jänner 2021 bestätigte die Klägerin den Erhalt dieses Geldes.
Die Klägerin zog in weiterer Folge aus dem Seniorenheim aus und übersiedelte zu ihrem Sohn M* C*. Am 27. März 2022 erhielt die Klägerin sämtliche Rechnungen, die belegten, wie der Beklagte den verbliebenen Erlös aus dem Verkauf der Liegenschaft verwendet hatte. Die Klägerin bestätigte diesen Erhalt auch. Der Beklagte nutzte diesen übrig gebliebenen Verkaufserlös vollends zur Begleichung von allfälligen Rechnungen der Klägerin.
Der Beklagte hat auch die Kosten für einen Ofen und dessen Montage getragen. Dieser Ofen wurde in das ehemalige Haus der Klägerin vor dessen Verkauf eingebaut. Der Beklagte tätigte auch eine Zahlung an das Seniorenheim der Klägerin in Höhe von EUR 3.400,00.
Zu keinem Zeitpunkt hat der Beklagte irgendeinen Geldbetrag der Klägerin unrechtmäßig einbehalten oder vereinbarungswidrig verwendet.
In rechtlicher Hinsicht gelangte das Erstgericht zu dem Ergebnis, dass die Klägerin dem Beklagten EUR 50.000,00 rechtswirksam geschenkt habe. Ansonsten habe der Beklagte aufgrund der ihm erteilen Vollmacht über den Verkaufserlös verfügen dürfen, um damit für die Klägerin deren Rechnungen zu bezahlen. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die Geschäfte nicht nach seinem besten Wissen und Ermessen durchgeführt hätte. Da auch feststehe, dass der Beklagte nichts unrechtmäßig einbehalten habe, insbesondere auch den Betrag von EUR 97.000,00 der Klägerin tatsächlich übergeben habe, müsse auch nicht mehr geklärt werden, ob eine Rechnungslegungspflicht des Beklagten bestanden habe. Daher sei die Klage abzuweisen.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin wegen unrichtiger Tatsachenfeststellungen aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie im Kostenpunkt. Sie beantragt (erkennbar) primär, das Urteil – nach Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung – dahin abzuändern, dass (nur) dem Zahlungsbegehren im Umfang von EUR 97.000,00 stattgegeben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Der Beklagte beantragt in seiner Berufungsbeantwortung, der Berufung keine Folge zu geben.
Die Berufung – deren Behandlung keine Beweiswiederholung und/oder -ergänzung und damit auch keine mündliche Berufungsverhandlung erforderte (RS0127242; § 480 Abs 1 ZPO) – ist nicht berechtigt.
Nur der Vollständigkeit halber ist vorauszuschicken, dass die Erhebung der Berufung durch den gerichtlichen Erwachsenenvertreter keiner (gesonderten) pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung bedurfte. Ist die Klagsführung nämlich einmal – wie hier (ON 31.2) – genehmigt, gilt das nach ständiger Rechtsprechung für das gesamte Verfahren bis zu dessen rechtskräftiger Beendigung (vgl RS0049083, 7 Ob 45/05a).
1. Zur Tatsachenrüge:
1.1. Um die Beweisrüge gesetzmäßig auszuführen, muss der Berufungswerber nach ständiger Rechtsprechung angeben, welche konkrete Feststellung bekämpft wird, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurde, welche Feststellung begehrt wird und aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen diese begehrte Feststellung zu treffen gewesen wäre. Der Verweis auf einzelne für den Berufungswerber günstige Beweisergebnisse reicht nicht aus; erforderlich ist vielmehr eine Auseinandersetzung mit sämtlichen Beweisergebnissen. Dabei ist darzustellen, warum das Erstgericht bei richtiger Beweiswürdigung gerade die begehrte Feststellung (und nicht etwa aufgrund anderer vorliegender Beweismittel andere Feststellungen) hätte treffen müssen (RS0041835; 10 Ob 5/22s; vgl Pochmarski/Tanczos/Kober, Berufung in der ZPO 5 , S 196 f mwN).
Die Beweiswürdigung des Richters an sich ist hingegen nicht Gegenstand der rechtlichen Beurteilung, weshalb die Beweiswürdigung nicht um ihrer selbst willen bekämpft werden kann. Erst das Ergebnis der richterlichen Beweiswürdigung, die Tatsachenfeststellungen (und in der Folge deren rechtliche Beurteilung), belastet den Berufungswerber. Es ergibt also keinen Sinn, in der Berufung – wie dies oft geschieht – einen Berufungsgrund der „unrichtigen Beweiswürdigung“ geltend zu machen. Die Beweiswürdigung kann richtig oder falsch, schön und lebensnah oder verkürzt und mangelhaft sein, sie führt unmittelbar aber noch zu keiner Belastung des Berufungswerbers. Erst das aufgrund der (allenfalls falschen) Beweiswürdigung gewonnene Tatsachensubstrat belastet den Berufungswerber ( Pochmarski/Tanczos/Kober , aaO, S 196).
Daraus folgt, dass es sich bei den der Bekämpfung der einzelnen Feststellungen vorangestellten „generellen“ Erwägungen zur Beweiswürdigung (Pkt 1.a der Berufung, S 2 - 5) nicht um eine gesetzmäßig ausgeführte Tatsachenrüge handelt. Denn damit bekämpft die Klägerin – losgelöst von konkreten Tatsachenfeststellungen – nur die Beweiswürdigung an sich, was aber – wie ausgeführt – nicht zielführend ist.
1.2. Ansonsten ist der Auseinandersetzung mit den einzelnen bekämpften Feststellungen vorauszuschicken, dass das Berufungsgericht anlässlich der Behandlung einer Beweisrüge nur zu überprüfen hat, ob das Erstgericht die ihm vorliegenden Beweisergebnisse nach der Aktenlage schlüssig gewürdigt hat, jedoch nicht, ob seine Feststellungen mit der objektiven Wirklichkeit tatsächlich übereinstimmen. Gemäß § 272 ZPO obliegt die Beweiswürdigung primär dem erkennenden Gericht. Dieses hat nach sorgfältiger Überzeugung unter Berücksichtigung der Ergebnisse des gesamten Verfahrens zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzusehen ist oder nicht. Der bloße Umstand, dass nach den Beweisergebnissen allenfalls auch andere Feststellungen möglich gewesen wären, oder dass in den Akten einzelne Beweisergebnisse existieren, die für den Prozessstandpunkt des Berufungswerbers sprechen, reicht im Allgemeinen noch nicht aus, eine unrichtige oder bedenkliche Beweiswürdigung mit dem Ergebnis aufzuzeigen, dass die erstinstanzlichen Feststellungen abgeändert werden müssen. Die Beweisrüge muss also überzeugend darlegen, dass die getroffenen Feststellungen entweder überhaupt zwingend unrichtig sind oder wenigstens bedeutend überzeugendere Beweisergebnisse für andere Feststellungen vorliegen (RI0100099).
1.3.1. Zunächst bekämpft die Klägerin folgende Feststellung (Pkt 1.ba der Berufung):
„Die Klägerin wollte einen Betrag von EUR 97.000,00 bei sich in Ungarn aufbewahren, deswegen hatte sie den Beklagten gebeten diese Geldsumme zu ihr zu bringen. Da dieser Geldbetrag meldepflichtig gewesen ist, beförderte der Beklagte diese Geldsumme in einem Plastiksackerl unter seinem Autositz. Diese Schachtel wurde am 23. Jänner [richtig:] 2021 am Parkplatz vor dem Seniorenheim übergeben“.
Stattdessen strebt sie folgende Ersatzfeststellung an:
„Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte der Klägerin aus dem Verkaufserlös des Wohnhauses einen Teilbetrag von EUR 97.000,00 in Ungarn in bar übergeben hätte, weder am 23. Jänner 2013 [gemeint: 2021] , noch zu einem sonstigen Zeitpunkt. Der Beklagte verfügte über diesen Betrag, wie er selbst ausgeführt hat, aufgrund Abhebung vom Girokonto in bar. Der Beklagte hat an die Klägerin zu keinem Zeitpunkt diesen Geldbetrag ausgefolgt.“
De Begründung der Klägerin lässt sich dahin zusammenfassen, dass sie meint, das Erstgericht hätte ihr und nicht dem Beklagten glauben müssen. Allfällige Erinnerungslücken und Widersprüchlichkeiten in ihrer Aussage seien auf ihr fortgeschrittenes Alter zurückzuführen. Auch die Sachverständige habe in ihrem aussagepsychologischen Gutachten ausgeführt, dass nur eine geringe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass die behauptete Übergabe des Geldes in einer Schachtel tatsächlich stattgefunden habe und sie es der Klägerin nicht zutraue, eine so hohe Geldsumme in das Seniorenheim mitzunehmen. Die behauptete Übergabe des Geldes am Parkplatz sei im Übrigen lebensfremd, zumal sich auch die Frage stelle, was die Klägerin in Ungarn mit dem Geld hätte machen sollen. Der Beklagte hätte der Klägerin raten können, das Geld auf einem Sparbuch anzulegen, was diese mit hoher Wahrscheinlichkeit auch gemacht hätte (Berufung S 5 ff).
Damit zeigt die Klägerin jedoch nur eine andere denkbare Version des Geschehensablaufs auf, ohne stichhaltige Argumente dafür zu bieten, aus welchen Gründen bedeutend überzeugendere Beweisergebnisse für ihre Variante vorliegen sollen. Das Erstgericht konnte sich nämlich insoweit auf die Angaben des Beklagten sowie die von diesem vorgelegten Bestätigungen stützen. Warum dessen Angaben (zwingend) unzuverlässig sein sollen, kann die Klägerin ebenso wenig darlegen, wie dass die vom Beklagten vorgelegten Urkunden – wie sie an anderer Stelle ihrer Berufung ausführt – gefälscht worden sein sollen. Es widerspricht auch keineswegs der Lebenserfahrung, dass gerade ältere Personen auch größere Mengen Bargeld bei sich aufbewahren wollen. Soweit sich die Klägerin auf Ausführungen der Sachverständigen stützt, negiert sie deren Darstellungen im Zuge der mündlichen Gutachtenserörterung, die den Schilderungen des Beklagten zumindest nicht zwingend entgegenstehen (siehe S 24 ff/ON 45.2).
Daran kann auch die Einschätzung der Sachverständigen, dass sie es der Klägerin nicht zutrauen würde, Bargeld von EUR 97.000,00 in das Seniorenheim mitzunehmen (S 26/ON 45.2), nichts ändern. In diesem Zusammenhang ist zunächst in Erinnerung zu rufen, was Gegenstand und Inhalt eines aussagepsychologischen Gutachtens ist bzw sein kann. Das methodische Grundprinzip eines solchen Gutachtens besteht darin, den zu überprüfenden Sachverhalt, also die Glaubhaftigkeit einer spezifischen Aussage, so lange zu negieren, bis diese Negation mit den gesammelten Fakten nicht mehr vereinbar ist. Die Sachverständige arbeitet dabei zunächst mit der Unwahrannahme als so genannter Nullhypothese. Zu deren Prüfung hat sie weitere Hypothesen zu bilden. Ergibt ihre Prüfstrategie, dass die Unwahrhypothese mit den erhobenen Fakten nicht mehr in Übereinstimmung stehen kann, so wird sie verworfen, und es gilt dann die Alternativhypothese, dass es sich um eine wahre Aussage handelt. Bei der Begutachtung werden regelmäßig die Angaben der Begutachteten unter Heranziehung bestimmter Kriterien (zB logische Konsistenz, quantitativer Detailreichtum, raum-zeitliche Verknüpfungen, Schilderung ausgefallener Einzelheiten und psychischer Vorgänge, Entlastung der Partei, deliktsspezifische Aussageelemente) auf ihre inhaltliche Konsistenz zu prüfen sein (Inhaltsanalyse). Das so gefundene Ergebnis ist in der Regel im Wege der Konstanz-, der Fehlerquellen- sowie der Kompetenzanalyse zu überprüfen. Im Rahmen der Fehlerquellenanalyse wird es in Fällen, bei denen (auch unbewusst) fremdsuggestive Einflüsse in Erwägung zu ziehen sind, grundsätzlich erforderlich sein, die Entstehung und Entwicklung der Aussage aufzuklären (Aussagegenese). Mit der Kompetenzanalyse ist schließlich zu prüfen, ob die Aussage etwa durch Parallelerlebnisse oder reine Erfindung erklärbar sein könnte. Dazu bedarf es der Beurteilung der persönlichen Kompetenz der aussagenden Person, insbesondere ihrer allgemeinen und sprachlichen intellektuellen Leistungsfähigkeit sowie ihrer Kenntnisse in Bezug auf den Bereich, dem der aufzuklärende Sachverhalt zuzurechnen ist (vgl 12 Os 121/10a).
Daraus folgt, dass einerseits schon der Gutachtensauftrag über diesen Gegenstand hinausging, womit die dem Gericht obliegende Beweiswürdigung sozusagen an die Sachverständige ausgelagert wurde (wenn etwa nicht nur die Frage nach der Qualität spezifischer Aussagen im oben dargestellten Sinn gestellt wurde, sondern überhaupt nach der Wahrscheinlichkeit, mit der ein bestimmtes Geschehen stattgefunden hat, obwohl das aussagepsychologische Gutachten nur ein Beweismittel unter mehreren war). Andererseits beschränkte sich der Auftrag nur auf bestimmte mögliche „Fehlerquellen“ der Aussagen (einer „Manipulation“ durch Dritte, also einer Suggestion), weshalb die Schlussfolgerungen des Gutachtens den getroffenen Feststellungen letztendlich nicht entgegen stehen können.
Wenn nämlich die Sachverständige ausführte, es bestehe nur eine „geringe Wahrscheinlichkeit, dass dieser Vorgang [die Aushändigung des Bargelds] stattgefunden haben könnte“ (S 60/ON 37), kann das angesichts des oa Gegenstand des Gutachtens nur bedeuten, dass sich lediglich aus der Analyse der Aussage der Klägerin dafür bloß eine geringe Wahrscheinlichkeit ergibt. Das schließt es aber gerade nicht aus, dass das Erstgericht aus der von ihm bei der Beweiswürdigung vorzunehmenden wertenden Gesamtschau aller zur Verfügung stehender Beweismittel (insbesondere der Aussage des Beklagten und der von ihm vorgelegten Urkunden) dennoch zur Auffassung gelangt, dass das Bargeld mit hoher Wahrscheinlichkeit übergeben wurde. Die oa Äußerung der Sachverständigen (ob der Klägerin die Mitnahme eines Bargeldbetrags in dieser Höhe in das Seniorenheim zuzutrauen ist oder nicht), nimmt schließlich nicht auf eine Analyse von Aussagen nach den oben dargestellten inhaltlichen und strukturellen Kriterien Bezug, sondern stellt im Endeffekt nur eine gefühlsmäßige Einschätzung des Verhaltens der Klägerin – basierend auf einem subjektiven persönlichen Eindruck – dar. Auch das reicht jedoch für Bedenken gegen die getroffene Feststellung bzw die Beweiswürdigung des Erstgerichts nicht aus.
Zusammengefasst kommt daher der Tatsachenrüge in diesem Punkt keine Berechtigung zu.
1.3.2. Weiters wendet sich die Klägerin gegen die Feststellung, wonach sie den Erhalt des oa Geldbetrags bestätigt habe und begehrt (erkennbar) eine dementsprechende (sprachlich nicht ganz geglückte) gegenteilige Ersatzfeststellung (Pkt 1.bb der Berufung). Ungeachtet dessen, dass die Feststellung angesichts der erfolglos gebliebenen Bekämpfung der oben unter Pkt 1.3.1 angeführten Feststellung gar nicht mehr entscheidungserheblich ist (weil die Bestätigung irrelevant ist, wenn die Übergabe ohnehin schon feststeht), ist die Tatsachenrüge auch in diesem Punkt unberechtigt. Weder für die unterstellte Fälschung der Bestätigung noch die sonstigen Zweifel an ihrer Echtheit bietet die Berufung ausreichende Anhaltspunkte. Im Übrigen kann auf die Ausführungen oben unter Pkt 1.3.1 verwiesen werden, die sich aufgrund des Zusammenhangs übertragen lassen. Dass das Erstgericht bei den einzelnen Feststellungen in Klammern womöglich (auch) Beweisergebnisse angeführt hat, die die Feststellungen nicht decken, kann an den unbedenklichen Ausführungen in der Beweiswürdigung nichts ändern. Soweit die Klägerin ansonsten meint, die vom Erstgericht als glaubhaft erachteten Angaben des Beklagten könnten „genauso gut“ anders gewertet werden, kann sie damit schon von vornherein nicht – wie es erforderlich wäre – aufzeigen, dass die Beweiswürdigung des Erstgericht zwingend oder zumindest mit überwiegender Wahrscheinlichkeit unrichtig ist.
1.3.3. Entgegen der Ansicht der Klägerin handelt es sich bei den unter Pkt 1.bc der Berufung wiedergegebenen Ausführungen des Erstgerichts nicht um (dislozierte) Tatsachenfeststellungen, sondern um beweiswürdigende Erwägungen (wenn auch in der Form eines Schlusses von angenommenen Tatsachen auf andere – entscheidungserhebliche – Tatsachen). Wie eingangs bereits ausgeführt, kann die Beweiswürdigung jedoch nicht um ihrer selbst willen bekämpft werden, weshalb die Tatsachenrüge in diesem Punkt einer inhaltlichen Erwiderung nicht zugänglich ist.
1.3.4. Schließlich ficht die Klägerin folgende Feststellung an (Pkt 1.bd der Berufung):
„Am 27. März 2022 erhielt die Klägerin sämtliche Rechnungen, die belegten, wie der Beklagte den verbliebenen Erlös aus dem Verkauf der Liegenschaft verwendet hatte. Die Klägerin bestätigte diesen Erhalt auch.“
Ersatzweise soll festgestellt werden:
„Es kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin Rechnungen erhalten hätte, welche belegen würden, wie der Beklagte den verbliebenden Erlös aus dem Verkauf der Liegenschaft verwendet hat. Die Klägerin hat den Erhalt auch nicht bestätigt.“
Die Begründung der Klägerin erschöpft sich zunächst in einem Verweis auf ihre Ausführungen zur Bargeldübergabe, weshalb insoweit gleichermaßen der Verweis auf die Behandlung dieser Punkte genügt (oben Pkt 1.3.1 und 1.3.2). Der Umstand, dass die Klägerin die Echtheit der Urkunde Beil ./I nicht anerkannt hat, reicht ansonsten für begründete Bedenken gegen die Beweiswürdigung ebenso wenig aus, wie die Behauptung, die Klägerin hätte – wenn der Beklagte ihr tatsächlich sämtliche Rechnungen gegeben hätte – keinen Grund gehabt, diese Rechnungen im Wege der Notariatssubstitutin Dr. S* vom Beklagten anzufordern. Dafür sind sehr wohl Gründe denkbar, etwa dass die Klägerin die Rechnungen verlegt bzw vergessen hat. Im Übrigen ist die Feststellung gar nicht mehr entscheidungserheblich, weil die Klägerin ihren Rechnungslegungsanspruch im Berufungsverfahren ohnehin nicht mehr weiterverfolgt.
1.3.5. Die Ausführungen der Klägerin zu der unter Pkt 1.be der Berufung bekämpften Feststellung bzw der ihrer Ansicht nach diesbezüglich zu treffenden Ersatzfeststellungen beschränken sich einerseits wiederum auf einen Verweis auf ihre Ausführungen zur Bargeldübergabe (siehe dazu oben Pkte 1.3.1 und 1.3.2) sowie andererseits auf bloße Gegenbehauptungen ohne ausreichendes argumentatives Fundament. Auch insoweit gelingt es ihr daher nicht, Bedenken gegen die Feststellung hervorzurufen.
1.3.6. Gleiches gilt für die unter Pkt 1.bf der Berufung bekämpfte Feststellung.
1.3.7. Unter Pkt 1.bg der Berufung führt die Klägerin keine Tatsachenrüge aus, sondern begehrt eine ergänzende Feststellung (im Zusammenhang mit der Rechnungslegung) und macht damit – der Sache nach – einen sekundären Feststellungsmangel geltend. Auch wenn dieser an sich unter den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung fällt ( Pochmarski/Tanczos/Kober , aaO, S 214 f mwN), ist aus Zweckmäßigkeitsgründen bereits an dieser Stelle dazu auszuführen, dass die begehrte Feststellung nicht entscheidungserheblich ist. Ein sekundärer Feststellungsmangel liegt daher nicht vor. Abgesehen davon stünde die begehrte ergänzende Feststellung teilweise mit den getroffenen Feststellungen in Widerspruch (was den Erhalt der Rechnungen betrifft) und könnte daher ohnehin nicht getroffen werden. Existieren nämlich im Urteil zu einem rechtlich relevanten Beweisthema einander widersprechende Tatsachenfeststellungen, liegt damit in Wahrheit keine eindeutige und letztlich überhaupt keine Tatsachenfeststellung vor. Ein solcherart in sich widersprüchlicher Sachverhalt kann daher keiner rechtlichen Beurteilung unterzogen werden ( Pochmarski/Tanczos/Kober, aaO, S 216; vgl RS0042744, RS0043293, RS0043182).
2. Zur Rechtsrüge:
Wie der Beklagte in seiner Berufungsbeantwortung zutreffend aufzeigt, ist die Rechtsrüge der Klägerin nicht gesetzmäßig ausgeführt. Sie geht nämlich nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, sondern versucht, die zu den einzelnen Punkten getroffenen (positiven) Feststellungen in non-liquet-Feststellungen umzudeuten, um sodann über die ihrer Ansicht nach zum Nachteil des Beklagten ausschlagende Beweislastverteilung zu einer (teilweisen) Klagsstattgebung zu kommen. Da aber somit die Rechtsrüge nicht von den tatsächlich getroffenen Feststellungen, sondern von einem „Wunschsachverhalt“ ausgeht, entspricht sie insgesamt nicht den gesetzlichen Vorgaben und kann daher keiner inhaltlichen Behandlung zugeführt werden (RS0043312 [T14], RS0043603 [T2, T8]).
Ungeachtet dessen, dass das Berufungsgericht mangels gesetzmäßiger Ausführung der Rechtsrüge auf die sich ergebenden Rechtsfragen an sich gar nicht eingehen kann, ist – nur der Vollständigkeit halber – darauf hinzuweisen, dass das Erstgericht diese richtig gelöst hat, sodass auf dessen Ausführungen verwiesen werden kann (§ 500a ZPO).
3. Zur Berufung im Kostenpunkt:
Die Klägerin erklärt zwar eingangs ihrer Berufung (S 2), das Urteil auch im Kostenpunkt anzufechten. Allerdings fehlt dann in der Berufung jede Begründung, in welchem Umfang der Kostenzuspruch an den Beklagten überhaupt angefochten wird und warum dieser unrichtig sein soll. Damit ist auch die Berufung im Kostenpunkt nicht gesetzmäßig ausgeführt.
Zusammengefasst war daher der Berufung insgesamt ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf den §§ 50 iVm 41 ZPO.
Ein Ausspruch über den Wert des Streitgegenstands erübrigte sich, weil nur mehr das Zahlungsbegehren Gegenstand des Berufungsverfahrens war.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil keine Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu lösen waren.
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