Das Oberlandesgericht Innsbruck hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Engers als Vorsitzenden, die Richterinnen des Oberlandesgerichts Mag. Rofner und Mag. Kitzbichler sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christian Winder (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und AD RR Erwin Vones (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Mitglieder des Senats in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A* , vertreten durch Rainer-Rück-Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, gegen die beklagte Partei B* GmbH , vertreten durch Mag. Bert Ortner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, wegen EUR 16.959,12 sA, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 3.3.2025, signiert mit 15.7.2025, **-14, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird keine Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen zu Handen ihres Vertreters die mit EUR 1.958,22 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Die (ordentliche) Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war bei der Beklagten, einem Arbeitskräfteüberlasser, vom 9.5.2016 bis 22.7.2024 als Angestellter auf Vollzeitbasis beschäftigt und zuletzt an die C* AG (im Folgenden: Beschäftiger) überlassen. Sein Monatsgehalt belief sich auf brutto EUR 3.703,67 zuzüglich einer freiwilligen Zuwendung von brutto EUR 9,95. Darüber hinaus erhielt er ein monatliches Prämienakonto von brutto EUR 300,00; bei Erreichung eines im Vorhinein definierten Jahresziels sollte eine monatliche Prämie von insgesamt brutto EUR 600,00 zur Auszahlung gelangen. Im Juni 2024 wurden ferner eine Weihnachtsremuneration und ein Urlaubszuschuss (vierteljährlich) von jeweils brutto EUR 901,27 abgerechnet, sodass die Gesamtsumme der Bezüge im Juni 2024 brutto EUR 5.816,66 (netto EUR 4.145,83) betrug. Am 30.9.2024 wurde eine Provision von brutto EUR 1.778,15 abgerechnet und an den Kläger ausbezahlt.
Ab Sommer 2023 wurde der Kläger als Leiter (Shop Manager) des vom Beschäftiger geführten „D*“ im E* in ** (im Folgenden: Shop) eingesetzt.
Im Verkaufsbereich des Shops stehen mehrere versperrbare Schränke, in denen zum Verkauf stehende Gegenstände, darunter teure Smarthphones, in einer Art Vitrine aufbewahrt und für die Kunden ausgestellt werden. Diese Verkaufsschränke müssen unter Verwendung eines Mitarbeiterchips entsperrt werden. Der Mechanismus funktioniert dergestalt, dass der Mitarbeiter, um den Schrank zu öffnen, den Chip vorhalten muss, woraufhin ein wahrnehmbares Piepsignal ertönt und sich der Verriegelungsbolzen mit einem leichten Klickgeräusch entriegelt. Sodann kann der Schrank durch leichtes Dagegendrücken geöffnet werden. Nach dem Entriegeln bleiben 30 Sekunden Zeit um den Schrank zu öffnen und darin verwahrte Gegenstände herauszunehmen oder Geräte in den Schrank zu geben. Wird innerhalb dieser 30 Sekunden die Tür wieder geschlossen, betätigt sich der Schließmechanismus nach Ablauf der 30 Sekunden selbstständig, sodass die Tür wieder verriegelt wird.
Am 27.11.2023 führten zwei Mitarbeiter der Internen Revision des Beschäftigers eine routinemäßige Kontrolle im Shop durch. Dabei stellten sie fest, dass einige der Verkaufsschränke nicht versperrt waren. Bei näherer Kontrolle stellte sich heraus, dass an einem dieser Verkaufsschränke der Schließmechanismus defekt war und der Schrank sich sohin nicht ordnungsgemäß verschließen ließ. Einer der beiden Mitarbeiter der Internen Revision erteilte dem Kläger daraufhin die Anordnung, die Geräte aufgrund des aufgetretenen Defekts nicht mehr in diesem Schrank, sondern sicher an einem anderen Ort zu verwahren. Die Reparatur wurde in die Wege geleitet, erfolgte aber erst im Jänner 2024; sie dauerte nur wenige Minuten, zumal sich der Defekt des Schließmechanismus rasch und problemlos beheben ließ. Bis dorthin wurde der Schrank – über Anordnung des Klägers in seiner Funktion als Shop Manager – nicht mehr zur Aufbewahrung von Verkaufsgegenständen, insbesondere Mobiltelefonen, genutzt sondern wurden diese sicher in einem Schreibtisch im Backoffice-Bereich verwahrt; dies war mit einem erhöhten Aufwand verbunden, weil die Verkaufsgegenstände bei Bedarf aus dem Backoffice-Bereich geholt und in den Verkaufsbereich gebracht werden mussten.
Der Schließmechanismus des reparierten Schranks funktionierte nach der Reparatur zunächst einige Zeit problemlos. Mehrere Wochen vor dem 18.7.2024 trat jedoch erneut ein Defekt am Schließmechanismus auf, sodass sich der Schrank nicht mehr ordnungsgemäß versperren ließ. F*, einer der Verkäufer des Shops (im Folgenden: Verkäufer), bemerkte ein oder zwei Tage vor dem 18.7.2024, nachdem er von einem 14-tägigen Urlaub zurückgekehrt war, dass der Schließmechanismus des Schranks nicht richtig funktionierte, weil der Bolzen nicht vollständig verriegelte, sodass man den Schrank ohne Vorhalten des Chips öffnen konnte. Er kannte somit den Defekt und wusste, dass man den Schrank ohne Verwendung eines Chips durch bloßes Dagegendrücken öffnen konnte.
Am 18.7.2024 entwendeten unbekannte Täter während der Öffnungszeiten des Shops gegen 17.30 Uhr insgesamt 16 neuwertige iPhones mit einem Verkaufswert von gesamt EUR 20.000,00 aus diesem aufgrund des aufgetretenen Defekts am Schließmechanismus nicht versperrbaren Schrank. Die entwendeten Mobiltelefone selbst waren nicht alarmgesichert. Der Kläger befand sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr im Shop, weil er seinen Dienst an diesem Tag bereits um 13.00 Uhr beendet hatte; er wurde vom anwesenden Verkäufer, der das Fehlen der Mobiltelefone nach einem Kundengespräch festgestellt hatte, verständigt. Am selben Tag wurden (ua) eine Anzeige bei der Polizei erstattet und der zuständige Area Sales Manager des Beschäftigers über den Diebstahl informiert; ebenso wurde der Defekt des Schließmechanismus des Schranks, aus dem die Mobiltelefone entwendet worden waren, durch den Business Consult des Beschäftigers, G*, festgestellt.
Am 19.7.2024, einem Freitag, wurden die HR-Abteilung und die Interne Revision des Beschäftigers über den Sachverhalt informiert. Jener Mitarbeiter der Internen Revision, der am 27.11.2023 die routinemäßige Kontrolle im Shop durchgeführt hatte, wertete die Video-Aufzeichnungen des Shops aus. Dabei stellte er fest, dass eine aus vier Personen bestehende Tätergruppe die Mobiltelefone aus dem nicht versperrten Schrank entwendet hatte, wobei eine Frau aus der Tätergruppe den Shop-Mitarbeiter ablenkte und mit Fragen beschäftigte, zwei weitere Mittäter „Wache standen“ und der unmittelbare Täter die iPhones aus dem Schrank nahm und dann in einer Tasche abtransportierte; aufgrund des Defekts des Schließmechanismus musste er lediglich die Schranktür andrücken, um sie zu öffnen.
Daran anknüpfend kam es am 19.7.2024 zu einer E-Mail-Korrespondenz zwischen dem Mitarbeiter der Internen Revision des Beschäftigers und dem Kläger mit folgendem Inhalt:
Am 22.7.2024 entließ die Beklagte den Kläger.
Dieser zusammengefasste Sachverhalt steht im Berufungsverfahren unbekämpft fest (§§ 2 Abs 1 ASGG, 498 Abs 1 ZPO).
Der Kläger begehrt Kündigungsentschädigung – einschließlich aliquoter Sonderzahlungen und Urlaubsersatzleistung – in Höhe von brutto EUR 16.959,12 sA mit der wesentlichen Begründung, die Entlassung sei nicht berechtigt gewesen. Er habe keine Kenntnis von einem (neuerlichen) Defekt des in Rede stehenden Schranks gehabt, sondern davon erst nach dem Diebstahl der Mobilfunkgeräte, die im Übrigen nicht alarmgesichert gewesen seien, erfahren. Zu einer anlasslosen Kontrolle der Schränke sei er nicht verpflichtet gewesen. Er habe den Diebstahl, der sich außerhalb seiner Dienstzeit ereignet habe, in keiner Weise mitzuverantworten. Somit sei kein Entlassungsgrund verwirklicht. Zudem sei die Entlassung vier Tage nach dem Diebstahl verspätet ausgesprochen worden.
Die Beklagte beantragt Klagsabweisung und brachte zusammengefasst vor, den Kläger aus berechtigtem Grund sowie – nach Aufklärung des Sachverhalts und Rücksprache mit dem Beschäftiger – unverzüglich entlassen zu haben. Dem Kläger sei bewusst gewesen, dass der Schließmechanismus des Schranks defekt gewesen sei; dies habe er in der mit dem Mitarbeiter der Internen Revision des Beschäftigers nach dem Diebstahl geführten E-Mail-Korrespondenz auch ausdrücklich zugestanden. Er habe sohin wissentlich wertvolle Geräte in einem unversperrten Schrank gelagert, aus dem sie relativ einfach gestohlen werden konnten, anstatt sie – wie bereits nach dem vormaligen Defekt – im Büro zu verwahren. Als Leiter des Shops habe er eine besondere Vertrauensposition innegehabt und wäre es seine Aufgabe gewesen, die teuren Geräte sicher zu verwahren. Durch sein unverantwortliches Handeln habe er den Diebstahl überhaupt erst ermöglicht, wodurch er das in ihn gesetzte Vertrauen erschüttert und der Beklagten eine Weiterbeschäftigung unzumutbar gemacht habe. Die begehrte Kündigungsentschädigung sei im Übrigen unrichtig errechnet, zumal der Kläger einen am 30.9.2024 abgerechneten Betrag von EUR 1.778,15 nicht in Abzug gebracht habe; auch das Zinsenbegehren werde bestritten, weil der Rechtsstandpunkt der Beklagten jedenfalls vertretbar gewesen sei.
Mit dem bekämpften Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Seiner Entscheidung legte es neben dem eingangs zusammengefasst referierten Sachverhalt weitere ausführliche Sachverhaltsannahmen zur Kommunikation zwischen dem Beschäftiger und der Beklagten sowie zum zeitlichen Ablauf unmittelbar vor Ausspruch der Entlassung zugrunde, auf deren Wiedergabe verzichtet wird, weil die Rechtzeitigkeit der Entlassung im Rechtsmittelverfahren nicht mehr strittig ist. Darüber hinaus traf es folgende im Berufungsverfahren umkämpfte Feststellungen :
Der Kläger wusste dies [dass mehrere Wochen vor dem 18.7.2024 erneut ein Defekt am Schließmechanismus aufgetreten war, sodass sich der Schrank nicht mehr ordnungsgemäß versperren ließ] , er kannte also den an diesem Schrank erneut aufgetretenen Defekt am Schließmechanismus, sodass der Schrank nicht mehr ordnungsgemäß versperrbar war. Ungeachtet dessen unterließ er die dafür vorgegebene Meldung an den Beschäftiger als Betreiber des Shops. Der Kläger sorgte auch nicht dafür, dass keine Verkaufsgegenstände mehr in diesem Schrank aufbewahrt bzw für die Kundenpräsentation ausgestellt wurden.
Rechtlich verneinte das Erstgericht den geltend gemachten Anspruch auf Kündigungsentschädigung, weil der Kläger berechtigt entlassen worden sei. Obwohl er den Defekt am Schließmechanismus des in Rede stehenden Schranks gekannt und gewusst habe, dass dieser sich nicht ordnungsgemäß versperren lasse, habe er weder eine Meldung an den Beschäftiger erstattet noch für eine anderweitige sichere Verwahrung der in diesem Schrank ausgestellten teuren Geräte gesorgt und damit deren Diebstahl erst ermöglicht. Sein Verhalten (Unterlassen) als verantwortlicher Shop Manager verwirkliche den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit; der Beklagten sei eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar. Die Entlassung sei auch unverzüglich ausgesprochen worden.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die rechtzeitige Berufung des Klägers , mit der er gestützt auf die Rechtsmittelgründe der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtigen rechtlichen Beurteilung eine Abänderung im Sinn einer Klagsstattgebung anstrebt; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt in ihrer fristgerechten Berufungsbeantwortung , dem Rechtsmittel der Gegenseite den Erfolg zu versagen.
Da die Durchführung einer Berufungsverhandlung nach Art und Inhalt der geltend gemachten Rechtsmittelgründe nicht erforderlich ist, war über die Berufung in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden (§§ 2 Abs 1 ASGG, 480 Abs 1 ZPO). Dabei erweist sie sich aufgrund folgender Erwägungen als nicht berechtigt :
1. Zur Beweisrüge:
1.1. Anstelle der oben in Fettdruck hervorgehobenen Sachverhaltsannahmen begehrt der Berufungswerber folgende Ersatzfeststellung:
„Nicht festgestellt werden kann, ob dem Kläger der am Schließmechanismus des Schranks erneut aufgetretene Defekt schon vor dem Diebstahl der Mobiltelefone bekannt war.“
Bei der Kenntnis des Klägers handle es sich um eine rein subjektive Komponente. Er habe angegeben, vor dem Diebstahl nichts von dem neuerlichen Defekt gewusst zu haben; weshalb seine Aussage unglaubwürdig sein solle, habe das Erstgericht nicht ausgeführt. Auch aus den Angaben der Zeugen F* und G* ergebe sich nichts Gegenteiliges. Die Interpretation der E-Mail-Korrespondenz vom 19.7.2024, auf die das Erstgericht die bekämpften Feststellungen einzig gestützt habe, sei unrichtig. Der Kläger habe damit keinesfalls zugestanden, vom Defekt gewusst zu haben; es handle sich bloß um eine allgemeine Aussage ohne subjektive Wissenskomponente, die nicht auf eigenen Wahrnehmungen des Klägers sondern nur auf jenen Informationen beruht habe, die ihm der Zeuge F* nach dem Diebstahl gegeben habe. Damit in Einklang stehend habe der Kläger im Rahmen seiner Einvernahme von einer Rekapitulation der Ereignisse gesprochen. Der Nachsatz in der E-Mail-Nachricht, er habe zu spät reagiert, sei als „allgemeine Entschuldigungsfloskel“ anzusehen und als solche verständlich; keineswegs habe er damit jedoch zum Ausdruck gebracht, Kenntnis vom neuerlichen Defekt des Schranks gehabt zu haben. Im Ergebnis lägen sohin keine objektivierbaren Beweisergebnisse für die angefochtenen Feststellungen vor; angesichts der gewichtigen Umstände, die gegen eine entsprechende Kenntnis des Klägers sprächen, hätte das Erstgericht daher eine Negativfeststellung treffen müssen. Dies hätte zur Folge gehabt, dass dem Klagebegehren stattzugeben gewesen wäre, weil die Beklagte die Beweislast für den behaupteten Entlassungsgrund treffe.
1.2. Das Erstgericht befasste sich im Rahmen seiner ausführlichen Beweiswürdigung (US 15-24, insb 22ff) eingehend mit dem E-Mail-Verkehr vom 19.7.2024 zwischen dem Kläger und dem Mitarbeiter der Internen Revision des Beschäftigers. Dabei legte es die diesbezüglichen Ausführungen des Klägers im Allgemeinen und vor allem den Passus „Er hat dann auch ewig funktioniert, aber seit ein paar Wochen nicht mehr, ich habe hier zu spät reagiert“ im Speziellen dahin aus, dass dem Kläger der Defekt und damit die mangelnde Versperrbarkeit des Schranks bereits ein paar Wochen vor dem Diebstahl bekannt gewesen sei, er es jedoch trotz dieses Wissens unterlassen habe, für eine sichere Verwahrung der Verkaufsgegenstände zu sorgen. Im Weiteren setzte sich das Erstgericht mit den Angaben des Klägers auseinander, der in seiner Parteiaussage behauptete, vom Defekt nichts gewusst zu haben, und den oben zitierten Passus in der E-Mail-Korrespondenz als „Rekapitulation im Nachhinein“ verstanden wissen wollte, mit der er lediglich die Angaben eines seiner Mitarbeiter habe weitergeben wollen. Diesen Erklärungsversuch wertete das Erstgericht als nicht plausibel und ungeeignet, den eindeutigen Inhalt des „entlarvenden“ E-Mail-Verkehrs „wegzudiskutieren“.
1.3.Es gehört zum Wesen der freien Beweiswürdigung, dass die Tatsacheninstanz sich für eine von mehreren widersprechenden Darstellungen aufgrund ihrer Überzeugung, dass diese mehr Glaubwürdigkeit beanspruchen kann, entscheidet (RIS-Justiz RS0043175). Der bloße Umstand, dass nach den Beweisergebnissen allenfalls auch andere Feststellungen möglich gewesen wären oder dass es einzelne Beweisergebnisse oder Erwägungen gibt, die für den Prozessstandpunkt jener Partei, die sich gegen eine Feststellung wendet, sprechen, reicht nicht aus, eine unrichtige oder bedenkliche Beweiswürdigung aufzuzeigen. Das Berufungsgericht hat zu prüfen, ob das Erstgericht die Beweisergebnisse schlüssig gewürdigt hat, nicht aber, ob seine Feststellungen mit der objektiven Wirklichkeit übereinstimmen (RIS-Justiz RI0100099). Bei der Beurteilung bestimmter Lebenssachverhalte müssen Zweifel bezüglich getroffener Feststellungen nicht überhaupt fehlen (RIS-Justiz RS0110701; 2 Ob 97/11w; 4 Ob 146/10i; Rechberger in Fasching/Konecny 3III/1 Vor § 266 ZPO Rz 5ff). Eine Beweisrüge kann daher nur erfolgreich sein, wenn stichhaltige Gründe ins Treffen geführt werden, die erhebliche Zweifel an der Beweiswürdigung des Erstgerichts rechtfertigen. Zu diesem Zweck ist darzulegen, dass die getroffenen Feststellungen zwingend unrichtig sind oder wenigstens bedeutend überzeugendere Beweisergebnisse für andere Feststellungen vorliegen (RIS-Justiz RI0100099).
1.4.Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze gelingt es der Beweisrüge nicht, Bedenken gegen die bekämpften Feststellungen zu begründen. Vielmehr kann auf die lebensnahe und in allen Punkten nachvollziehbare Beweiswürdigung des Erstgerichts verwiesen werden (§ 500a ZPO). Im Einzelnen genügt es den Rechtsmittelausführungen daher zu entgegnen:
1.4.1. Das Argument des Berufungswerbers, den E-Mail-Nachrichten des Klägers vom 19.7.2024 könne ein eindeutiger „Erklärungswert“ nicht beigemessen werden, überzeugt nicht. Völlig zu Recht hat das Erstgericht den Passus „ Er [der Schrank] hat dann auch ewig funktioniert, aber seit ein paar Wochen nicht mehr. Ich habe hier zu spät reagiert “ im Sinn der bekämpften Feststellungen interpretiert. Diese Auslegung findet auch Deckung in der unmittelbar vorangegangen Nachricht, in der der Kläger ausgeführt hatte, der Schrank sei seit einiger Zeit wieder kaputt, und weiter „wurde NOCH NICHT von mir gemeldet“ . Demgegenüber vermag das Rechtsmittel nicht plausibel zu machen, weshalb es sich bei der gewählten Formulierung um eine rein allgemeine Aussage, um eine bloße Wiedergabe der Wahrnehmungen Dritter und/oder um eine inhaltsleere „Entschuldigungsfloskel“ handeln solle. Hätte der Kläger bis unmittelbar nach dem Diebstahl nichts vom Defekt gewusst, wäre die Erkenntnis, er habe hier zu spät reagiert, vollkommen sinnentleert, weil es nichts gegeben hätte, auf das er rechtzeitig reagieren hätte können. Dass sich der Kläger, als er die E-Mail-Nachrichten verfasste, zu einer Entschuldigung veranlasst sah, mag sein, es ist aber nicht anzunehmen, dass er dafür eine – wollte man seinem Standpunkt folgen – dermaßen missglückte Formulierung gewählt hätte. Die Argumentation in der Beweisrüge, der Inhalt der Korrespondenz sei nicht eindeutig und hätte vom Erstgericht nicht als Begründung für die bekämpften (positiven) Feststellungen herangezogen werden dürfen, verfängt daher nicht.
1.4.2. Richtig ist, dass der Zeuge F* angab, nicht beantworten zu können, ob der Kläger vom Defekt des Schließmechanismus vor dem Diebstahl Kenntnis gehabt habe; er selbst habe mit dem Kläger nicht darüber gesprochen (ON 13 S 10-11). Auch der Zeuge G* konnte zum Kenntnisstand des Klägers keine Angaben machen; er gab an, selbst nicht um den Defekt gewusst zu haben (ON 13 S 12, 14). Allein mit dem Hinweis auf die Angaben dieser Zeugen gelingt es der Beweisrüge ebenso wenig, Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Feststellungen zu begründen. Wie bereits dargestellt reicht der bloße Umstand, dass es einzelne Beweisergebnisse oder Erwägungen gibt, die für den Prozessstandpunkt des Klägers sprechen, nicht aus, eine unrichtige oder bedenkliche Beweiswürdigung aufzuzeigen. Dass die beiden Zeugen aus eigener Wahrnehmung nichts über den Kenntnisstand des Klägers zu sagen vermochten, schließt im Übrigen keineswegs aus, dass der Kläger vom Defekt des Schranks wusste, und die Zeugen dies schlicht nicht mitbekamen, etwa weil nicht darüber geredet wurde.
1.4.3. Nicht recht verständlich argumentiert die Beweisrüge ferner, das Erstgericht habe nicht ausgeführt, weshalb es die Aussage des Klägers für unglaubwürdig halte. Tatsächlich ging das Erstgericht in seiner Beweiswürdigung auf die Angaben des Klägers, zu denen er sich unter Vorhalt der E-Mail-Korrespondenz veranlasst sah (ON 13 S 29ff), detailliert ein und verneinte ihre Plausibilität insbesondere in Anbetracht des eindeutigen Wortlauts der schriftlichen Korrespondenz. Diese überzeugenden beweiswürdigenden Erwägungen kann ein bloßer Hinweis darauf, die Angaben des Klägers seien glaubwürdig, aber nicht entkräften.
1.5.Dass das Erstgericht nach gewissenhafter Auseinandersetzung mit den äußeren Umständen, die auf den Kenntnisstand des Klägers als innere Tatsache schließen lassen, und letztendlich auch unter dem Eindruck seiner eigenen, nicht lebensnahen Angaben zu den bekämpften positiven Feststellungen gelangte, ist somit überzeugend. Unter Berücksichtigung der vom Erstgericht herausgearbeiteten Aspekte kann insgesamt kein Zweifel daran bestehen, dass das Regelbeweismaß der hohen Wahrscheinlichkeit (RIS-Justiz RS0110701) erreicht ist. Die Beweisrüge dringt daher nicht durch.
2. Zur Rechtsrüge:
2.1. In der Rechtsrüge vertritt der Berufungswerber die Ansicht, das festgestellte Verhalten des Klägers sei nicht derart schwerwiegend, dass der Beklagten eine Weiterbeschäftigung unzumutbar gewesen wäre. Die entwendeten Mobiltelefone seien nicht „irgendwo herumgelegen“, sondern hätten sich in einem Schrank befunden; dass dieser nicht versperrt gewesen sei und der Kläger davon Kenntnis gehabt habe, reiche angesichts der professionellen Vorgehensweise und der hohen kriminellen Energie der Tätergruppe nicht aus, um die Entlassung zu rechtfertigen. Hinzu trete, dass der Kläger im Zeitpunkt des Diebstahls nicht im Dienst gewesen sei und sohin gar keine Möglichkeit gehabt habe, den Schaden abzuwenden. Der im Shop anwesende Mitarbeiter habe ebenfalls Kenntnis vom Defekt gehabt, weshalb es an ihm gelegen wäre, die Geräte zu sichern. Eine Verwarnung des langjährig beschäftigten Klägers wäre sohin ausreichend gewesen, während die Entlassung nicht berechtigt sei.
2.2.Das Berufungsgericht hält die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhaltig, sondern erachtet die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts für zutreffend, sodass dem Rechtsmittel lediglich zu erwidern ist (§§ 2 Abs 1 ASGG, 500a ZPO):
2.2.1.Unter den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit im Sinn des § 27 Z 1 letzter Fall AngG fällt jede Handlung oder Unterlassung eines Angestellten, die mit Rücksicht auf ihre Beschaffenheit und auf ihre Rückwirkung auf das Arbeitsverhältnis – bei objektiver Betrachtung (RIS-Justiz RS0029323; RS0029833) – den Angestellten des dienstlichen Vertrauens seines Arbeitgebers unwürdig erscheinen lässt, weil dieser befürchten muss, dass durch das Verhalten des Angestellten die dienstlichen Interessen des Arbeitgebers gefährdet sind (RIS-Justiz RS0029547). Eine Verwirklichung durch Unterlassung kommt insbesondere in Betracht, wenn eine Rechtspflicht zum Handeln besteht, etwa bei der Verletzung von Informationspflichten (RIS-Justiz RS00296068 [Verkaufsleiter]; Heinz-Ofner/Vinzenz in Reissner, AngG 4§ 27 Rz 27 mwN). Fahrlässiges Verhalten reicht aus; Schädigungsabsicht oder Eintritt eines Schadens sind nicht erforderlich (RIS-Justiz RS0029652 [T35]; RS0029833 [T18]).
2.2.2.Gerade an Angestellte in leitender Stellung sind strengere Anforderungen zu stellen, genießen sie doch auch eine größere Vertrauensstellung als Arbeitnehmer, die bloß mit untergeordneten Tätigkeiten befasst sind (RIS-Justiz RS0029652). Dies gilt – neben Geschäftsführern und Prokuristen – etwa für Abteilungs- und Filialleiter oder Servicemanager (vgl die Bsp aus der Rsp in Heinz-Ofner/Vinzenz aaO Rz 40). Auch sonstige Vertrauenspositionen erhöhen die Maßstäbe, die an das Verhalten eines Arbeitnehmers gestellt werden, zB wenn der Arbeitnehmer weitgehend ohne Kontrolle seines Arbeitgebers über dessen Waren verfügen kann ( Heinz-Ofner/Vinzenz aaO Rz 41 mwN).
Ein Fehlbestand an dem Arbeitnehmer anvertrauten Waren kann für sich allein zu keiner Vertrauensverwirkung führen; hinzutreten muss ein schuldhaftes Verhalten des Arbeitnehmers: Es kommt zur Vertrauensunwürdigkeit, wenn dem Angestellten ein mit dem Fehlbestand zusammenhängendes, schuldhaftes und pflichtwidriges Verhalten vorgeworfen werden kann, das so schwer wiegt, dass dem Arbeitgeber eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht länger zugemutet werden kann ( Heinz-Ofner/Vinzenz aaO Rz 66 mwN). Bejaht hat die Rechtsprechung Vertrauensunwürdigkeit in diesem Sinn etwa bei einem Filialleiter, der die Weisung, Kassenfehlbeträge an die Geschäftsleitung zu melden, missachtet und entsprechende Verstöße durch ihm unterstehende Kassiererinnen geduldet hat (9 ObA 257/02p), sowie bei einer Kassiererin, die gegen Weisungen verstoßen hat, deren Zweck ua war, einen Diebstahlverdacht erst gar nicht aufkommen zu lassen (9 ObA 134/08h).
2.2.3. Jedenfalls angesichts der im November 2023 erfolgten Kontrolle des Shops durch die Interne Revision des Beschäftigers und der im Zuge dessen erteilten Anweisung, die Geräte nicht (mehr) im defekten Schrank, sondern an einem anderen, sicheren Ort zu verwahren, musste dem Kläger die Wertigkeit der Ware und das gewichtige Interesse des Beschäftigers an einer (auch vor allfälligen Diebstählen) geschützten Verwahrung bewusst sein. In Anbetracht seiner Stellung als (überlassener) Leiter des Shops wäre er verpflichtet gewesen, dafür Sorge zu tragen, die Geräte unmittelbar nach Kenntniserlangung vom neuerlichen Defekt des Schließmechanismus aus dem unzulänglich gesicherten Schrank zu nehmen und an einem sicheren Ort zu verwahren, wie dies bereits in der Vergangenheit notwendig geworden war; ein allenfalls damit verbundener Mehraufwand, der auch beim ersten Defekt in Kauf genommen worden war, mag als lästig empfunden werden, rechtfertigt aber ein Untätigbleiben nicht.
Dass einer der Verkäufer vom Defekt wusste und – unabhängig vom Kläger – ebenfalls untätig blieb, entlastet den Kläger, mit dessen Position eine besondere Vertrauensstellung einhergeht, ebenso wenig wie die „hohe kriminelle Energie“ der unbekannten Tätergruppe. Es liegt auf der Hand, dass Diebstähle von wertvollen Mobilfunkgeräten aus unversperrten Verkaufsschränken ungleich einfacher zu bewerkstelligen sind als bei Verwahrung in Schränken mit funktionierendem Schließmechanismus. Davon ausgehend hätte für den Kläger als Shop Manager eine Handlungs- und Informationspflicht dahin bestanden, den Beschäftiger vom neuerlichen Auftreten des Defekts unverzüglich zu informieren und in der Zwischenzeit für eine anderweitige, sichere Verwahrung der betreffenden Ware zu sorgen. Dass er trotz Kenntnis des Defekts nichts dergleichen unternahm, obwohl ihm die korrekte Vorgehensweise aus der Kontrolle im Vorjahr bestens bekannt sein musste, begründet – ausgehend vom Standpunkt vernünftigen kaufmännischen Ermessens (vgl RIS-Justiz RS0029833) – für die Beklagte als Dienstgeberin (mit dem Beschäftiger steht der Kläger als überlassener Arbeitnehmer in keinem Vertragsverhältnis: vgl Schindler in ZellKomm 3§ 3 AÜG Rz 2) die gerechtfertigte Befürchtung, dass ihre Belange durch den Kläger gefährdet sind. Ob der Kläger im Zeitpunkt der Tat im Shop des Beschäftigers anwesend war oder nicht, ist indes nicht von Belang; vertrauensverwirkend war nicht, dass er sich den konkreten Tätern nicht im Shop in den Weg stellte, sondern die Unterlassung der Meldung des Defekts und der sicheren Verwahrung der Geräte bis zu dessen Behebung.
Die vom Erstgericht vertretene Rechtsauffassung, der Entlassungstatbestand der Vertrauensunwürdigkeit sei verwirklicht, entspricht somit den dargestellten, von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen und bedarf keiner Korrektur.
3. Auch der Rechtsrüge kann somit kein Erfolg beschieden sein, weshalb die Berufung insgesamt nicht berechtigt ist.
4.Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf §§ 2 Abs 1 ASGG, 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO. Die Beklagte verzeichnete die Kosten ihrer Berufungsbeantwortung rechtzeitig und tarifkonform.
5.Wie Zitate belegen, konnte sich das Berufungsgericht auf eine gesicherte Judikatur des Höchstgerichts berufen. Darüber hinaus kann der Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalls beurteilt werden, was regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufwirft (RIS-Justiz RS0103201 [T1]; RS0106298 [T9]). Somit ist auszusprechen, dass die ordentliche Revision nicht zulässig ist (§§ 2 Abs 1 ASGG, 500 Abs 2 Z 3 und 502 Abs 5 Z 4 ZPO).
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