Das Oberlandesgericht Innsbruck hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Engers als Vorsitzenden, die Richterinnen des Oberlandesgerichts Mag. Rofner und Mag. Kitzbichler sowie die fachkundigen Laienrichter Leonhard Larcher (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und ADir. RR Sabine Weber (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Mitglieder des Senats in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A*, nunmehr vertreten durch Mag. Christoph Arnold, Rechtsanwalt Innsbruck, gegen die beklagte Partei PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT , Landesstelle **, vertreten durch deren Mitarbeiterin Mag. B*, ebendort, wegen Entzug des Rehabilitationsgeldes, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 28.3.2025, signiert mit 8.5.2025, **-85, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird keine Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Die (ordentliche) Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Der nunmehr **-jährige Kläger hat bis zum 1.12.2021 (Zeitpunkt der Gewährung des Rehabilitationsgeldes) insgesamt 497 Versicherungsmonate, davon 476 Beitragsmonate der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit erworben.
Er schloss ** die Lehre zum Landmaschinenmechaniker ab. Während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag war er 19 Beitragsmonate als ** und **, 48 Beitragsmonate als ** und **, 15 Beitragsmonate als ** sowie insgesamt 50 Beitragsmonate als ** beschäftigt. Er erwarb weitere 36 Beitragsmonate als **. Nur 63 dieser Beitragsmonate war er in einer Lohngruppe eingestuft, in welcher eine abgeschlossene Lehre vorausgesetzt wird. Dabei war er jedoch in der Montage von mechanisch opto-elektronischen Geräten tätig.
Im regionalen Arbeitsmarkt existieren in den Verweisungstätigkeiten eines Eintrittskassiers, eines Geschirrabräumers, eines Portiers, eines Telefonisten und Tischarbeiters insgesamt weniger als 30 Stellen (frei oder besetzt) in Teilzeitbeschäftigung (4 bis 6 Stunden/Tag) entsprechend dem Leistungskalkül des Klägers.
Österreichweit existieren für die vorgenannten Tätigkeiten in Branchen, deren kollektivvertragliches Entgelt für Teilzeitbeschäftigung über dem Richtsatz für die Ausgleichszulage liegt, insgesamt mehr als 100 Arbeitsstellen in Halbtagesbeschäftigung bzw Teilzeitbeschäftigung entsprechend dem Leistungskalkül des Klägers.
Mit Bescheid vom 19.1.2023 entzog die Beklagte dem Kläger das seit dem 1.12.2021 gewährte Rehabilitationsgeld mit Ablauf des 28.2.2023, da vorübergehende Invalidität nicht mehr vorliege. Gleichzeitig sprach sie aus, medizinische Maßnahmen der Rehabilitation seien nicht mehr zweckmäßig seien und es bestehe kein Anspruch auf berufliche Maßnahmen der Rehabilitation.
Dieser Sachverhalt steht im Berufungsverfahren unbekämpft fest (§§ 2 Abs 1 ASGG, 498 Abs 1 ZPO).
Überdies ist im Rechtsmittelverfahren nicht mehr strittig, dass dem Kläger kein Berufsschutz zukommt.
Mit seiner gegen diesen Bescheid gerichteten rechtzeitigen Klage begehrt der Kläger die Weitergewährung des Rehabilitationsgeldes über den 28.2.2023 hinaus. Er bringt im Wesentlichen vor, er leide ua an Gesundheitsstörungen aus den Bereichen Psychiatrie, Dermatologie, Lungenheilkunde, Orthopädie und Neurologie. Es liege keine kalkülsrelevante Besserung seines psychischen Gesundheitszustands vor, sondern beruhe die von der Beklagten angenommene Verbesserung nur auf einer anderen Einschätzung des aus den Gesundheitsstörungen resultierenden Leistungskalküls. Eine allfällige Erhöhung der Konzentrationsfähigkeit über einen längeren Zeitraum stelle für sich betrachtet noch keine wesentliche Besserung dar.
Die Beklagte bestritt und brachte im Wesentlichen vor, der Kläger verfüge über keinen Berufsschutz und sei imstande, durch eine Tätigkeit, die auf dem Arbeitsmarkt noch bewertet werde und die ihm unter billiger Berücksichtigung der von ihm ausgeübten Tätigkeiten noch zugemutet werden könne, wenigstens die Hälfte des Entgelts zu erwerben, das eine körperlich und geistig gesunde versicherte Person regelmäßig durch eine solche Tätigkeit zu erzielen pflege. Die vorübergehende Invalidität habe sich aus dem psychiatrischen Bereich ergeben. Aufgrund der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit liege keine vorübergehende Invalidität mehr vor.
Mit Urteil vom 28.3.2025 wies das Erstgericht das Klagebegehren, festzustellen, dass beim Kläger vorübergehende Invalidität weiterhin vorliege und daher Anspruch auf Rehabilitationsgeld aus der Krankenversicherung auch über den 28.2.2023 hinaus weiter bestehe, ab.
Über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus traf es folgende weitere bekämpfte Sachverhaltsannahmen:
Der Kläger ist seit dem 1.3.2023 in der Lage, nachstehende Arbeiten auszuüben:
Leichte und fallweise mittelschwere körperliche Arbeiten sowie geistige Arbeiten mit einem durchschnittlichen Anforderungsprofil unter fallweise besonderem Zeitdruck; Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen bzw im Wechsel dieser Körperhaltungen, wobei nach ununterbrochenem Einhalten einer dieser Körperhaltungen nach maximal einer Stunde ein Lagewechsel für die Dauer von 10 Minuten möglich sein sollte; Arbeiten in geschlossenen Räumen und im Freien; 6 Stunden täglich zu den üblichen Arbeitszeiten ohne zusätzliche Pausen.
Zu vermeiden sind:
Heben und/oder Tragen von Lasten über 15 kg; Arbeiten unter mehr als fallweise besonderem Zeitdruck; Arbeiten an gefahrenexponierten Stellen (zum Beispiel an schnell laufenden, offenen Maschinen oder in höhenexponierten Lagen); Arbeiten mit besonderer psychischer Belastung (zum Beispiel mit Führungsaufgaben); Arbeiten, die eine besondere Misserfolgstoleranz erfordern; Arbeiten, die eine besondere Teamfähigkeit erfordern; Akkordarbeit; Fließbandarbeit; Nachtarbeit; Schichtarbeit; Arbeiten, die eine ständige Armhaltung in oder über Schulterhöhe beidseits erfordern; häufiges und routinemäßiges Bücken sowie Beugen und Drehen im Rumpf; Überkopfarbeiten; Arbeiten auf Leitern und Gerüsten; häufiges Treppensteigen; Arbeiten an Maschinen sowie am Fließband mit stereotypen, mechanischen, wirbelsäulenbelastenden Bewegungen; Exposition von Kälte, Nässe und Zugluft.
Es bestehen keine Einschränkungen hinsichtlich des Anmarschweges zur Arbeitsstätte. Er kann einen Fußweg von 500 m inklusive kurzer Pausen in 10 Minuten zurücklegen und ein öffentliches Verkehrsmittel benützen. Ihm ist sowohl ein Wohnsitzwechsel, als auch Tagespendeln zumutbar, Wochenpendeln hingegen nicht.
Aus gesamtmedizinischer Sicht sind regelmäßige Krankenstände im Gesamtausmaß von 7 oder mehr Wochen pro Jahr nicht zu erwarten.
Dieses Leistungskalkül ist durch keinerlei Therapien und Maßnahmen zu verbessern.
Der Gesundheitszustand und damit verbunden das Leistungskalkül des Klägers hat sich seit dem Zeitpunkt der Gewährung des Rehabilitationsgeldes dahingehend verbessert, dass der Kläger seit dem 1.3.2023 wieder Arbeiten, die eine besondere Konzentrationsfähigkeit über einen längeren Zeitraum hinweg erfordern, durchführen kann.“
In rechtlicher Hinsicht führte es aus, der Kläger, dem kein Berufsschutz zukomme und dessen Gesundheitszustand sich seit der Gewährung des Rehabilitationsgeldes kalkülsrelevant verbessert habe, sei auf verschiedene Tätigkeiten verweisbar; ua Eintrittskassier, Geschirrabräumer, Portier, Telefonist, Tischarbeiter. Es existierten österreichweit in diesen Tätigkeiten auch in Teilzeitbeschäftigung mit einem ausreichenden Einkommen für einen Wohnsitzwechsel mehr als 100 Arbeitsstellen, weshalb das Klagebegehren abzuweisen sei.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die rechtzeitige Berufung des Klägers aus den Rechtsmittelgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das Ersturteil im Sinn einer Klagsstattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die Beklagte erklärte, von der Erstattung einer Berufungsbeantwortung abzusehen, weil zur Widerlegung der in der Berufungsschrift angegebenen Anfechtungsgründe keine neuen Umstände und Beweise vorzubringen seien, und beantragte, dem Rechtsmittel der klagenden Partei einen Erfolg zu versagen.
Da nach Art und Inhalt der geltend gemachten Rechtsmittelgründe die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung nicht erforderlich ist, war über das Rechtsmittel in nichtöffentlicher Sitzung zu befinden (§§ 2 Abs 1 ASGG, 480 Abs 1 ZPO).
Dabei erweist sich die Berufung als nicht berechtigt.
1. Zur Beweisrüge:
Der Berufungswerber begehrt folgende Feststellungen:
„Der Kläger ist aus medizinischer Sicht, insbesondere aus psychiatrischer Sicht, aufgrund seiner Leiden, insbesondere rezidivierender depressiver Störung, Somatisierungsstörung sowie Persönlichkeitsstörung nach wie vor nicht in der Lage, auch nur halbtätig eine leichte Arbeit auszuüben und sind bei ihm auch mit hoher Wahrscheinlichkeit regelmäßige Krankenstände im Gesamtausmaß von 7 oder mehr Wochen pro Jahr zu erwarten.
Der Gesundheitszustand und damit verbunden das Leistungskalkül des Klägers hat sich seit dem Zeitpunkt der Gewährung des Rehabilitationsgeldes nicht verbessert. Dem Kläger ist daher nach wie vor keine Arbeit zumutbar. “
Der Berufungswerber argumentiert, das Erstgericht verweise in seiner Beweiswürdigung lapidar und undifferenziert auf die eingeholten Sachverständigengutachten. Bei richtiger Beweiswürdigung hätte das Erstgericht aufgrund des psychiatrischen Sachverständigengutachtens und auf Basis der allgemeinen Lebenserfahrung die begehrten Feststellungen treffen müssen. Die psychiatrische Sachverständige habe in ihrem Gutachten vom 29.9.2023 klar ausgeführt, der Einschätzung im Gewährungsgutachten der Beklagte liege die Diagnose „leicht bis mittelgradige Episode“ zugrunde und die von der Beklagten angenommene Verbesserung beruhe lediglich auf einer anderen Einschätzung des aus den Gesundheitsstörungen resultierenden Leistungskalküls. Sie habe die Diagnosen einer rezidivierenden depressiven Störung, einer Somatisierungsstörung und einer Persönlichkeitsstörung beim Kläger insgesamt bestätigt. Daraus könne nach Ansicht des Klägers keine Verbesserung seines Gesundheitszustands abgeleitet werden.
1.1. Soweit in den Ausführungen des Berufungswerbers auch die Geltendmachung eines Begründungsmangels zu erblicken wäre, genügt darauf hinzuweisen, dass das Erstgericht seine Feststellungen zum Gesundheitszustand und Leistungskalkül des Klägers auf die als schlüssig beurteilten Sachverständigengutachten, denen eine umfangreiche Befundaufnahme zugrunde lag, stützte. Zudem erstellte der orthopädische Sachverständige ein nachvollziehbares zusammenfassendes Leistungskalkül und lagen widersprechende Beweisergebnisse nicht vor.
1.2. Wenn der Kläger argumentiert, insbesonders aus dem psychiatrischen Gutachten ergebe sich die Unmöglichkeit, auch nur halbtägig leichte Arbeiten auszuüben und eine Krankenstandsprognose von mehr als 7 Wochen, entspricht dies nicht den Beweisergebnissen. In ihrem schriftlichen Gutachten vom 29.9.2023 (ON 10) erstellte die psychiatrische Sachverständige ein Leistungskalkül zum Stichtag, wonach der Kläger 6 Stunden täglich mit durchschnittlichem geistigem Anforderungsprofil arbeiten könne und hielt dieses Leistungskalkül auch in ihren Ergänzungen und der mündlichen Erörterung aufrecht. Inwieweit auf Basis der allgemeinen Lebenserfahrung die begehrten Feststellungen zu treffen gewesen wäre, erhellt sich nicht. Der Gesundheitszustand des Versicherten ist nämlich mittels Begutachtung durch gerichtlich bestellte medizinische Sachverständige zu erheben (SVSlg 62.256).
Zur Frage, ob eine Verbesserung des Gesundheitszustands im Vergleich zum Gewährungszeitpunkt (Anstaltsgutachten vom 28.2.2022) vorliege, führte die Sachverständige zunächst aus, aus gutachterlicher Sicht sei gegenüber dem Gewährungsgutachten keine nachvollziehbare Besserung des Gesundheitszustandes des Klägers eingetreten; die von der Beklagten angenommene Verbesserung beruhe nur auf einer anderen Einschätzung des aus den Gesundheitsstörungen resultierenden Leistungskalküls. Sie erstellte sodann über Auftrag des Erstgerichts ein Leistungskalkül zum Gewährungszeitpunkt (Ergänzung vom 15.10.2023 [ON 16]), das sich zum Leistungskalkül im Hauptgutachten dadurch unterscheidet, dass zum Gewährungszeitpunkt auch Arbeiten, die eine besondere Konzentrationsfähigkeit über einen längeren Zeitraum hinweg erfordern, ausgeschlossen waren. In der mündlichen Gutachtensergänzung vom 28.3.2025 (ON 83) schilderte die Sachverständige detailliert die Phasen der Erkrankung und blieb bei ihrer schriftlichen Einschätzung zu den beiden Leistungskalkülen. Damit ist die Feststellung des Erstgerichts zur Verbesserung – wenngleich die Verbesserung nur im Hinblick auf die Konzentrationsfähigkeit eingetreten ist – nicht zu beanstanden, da das Erstgericht dies korrelierend mit dem psychiatrischen Gutachten festgestellt hat.
1.3. Die Beweisrüge bleibt daher erfolglos.
2. Zur Rechtsrüge:
Der Rechtsmittelwerber behauptet zunächst einen sekundären Feststellungsmangel: Das Erstgericht hätte feststellen müssen, dass gegenüber dem Gewährungsgutachten keine nachvollziehbare Besserung des Gesundheitszustandes des Klägers eingetreten sei und die von der Beklagten angenommene Verbesserung nur auf einer anderen Einschätzung des aus den Gesundheitsstörungen resultierenden Leistungskalküls beruhe. Diese Feststellung ergebe sich zwanglos aus den Ausführungen der psychiatrischen Sachverständigen und wirke sich insoweit auf die rechtliche Beurteilung aus, als eine reine Differenz in der Einschätzung des aus den Gesundheitsstörungen resultierenden Leistungskalküls bei nicht gegebener Besserung des Gesundheitszustandes des Klägers zu keinem Entzug des Rehabilitationsgeldes führen dürfe. Ohne wesentliche Änderung der objektiven Grundlagen für eine Leistungszuerkennung stehe die Rechtskraft der Gewährungsentscheidung der Entziehung entgegen.
2.1.Ein sekundärer bzw rechtlicher Feststellungsmangel liegt nicht vor, wenn zu einem bestimmten Thema ohnedies Feststellungen getroffen wurden, mögen diese auch nicht den Vorstellungen des Rechtsmittelwerbers entsprechen (vgl RS0053317 [T1], RS0043320 [T16, T18], RS0043480 [T15, T19]). Die Feststellungen des Erstgerichts umfassen den Gesundheitszustand zum Gewährungszeitpunkt und die eingetretene Veränderung. Die vom Berufungswerber vermisste Feststellung ist überdies rechtlich nicht relevant, da nicht der Gesundheitszustand, laut Gewährungsgutachten, sondern der sich im gerichtlichen Verfahren ergebende tatsächliche Gesundheitszustand zum Gewährungszeitpunkt jenem zum Entziehungszeitpunkt gegenüberzustellen ist.
2.2.Die Entziehung des Rehabilitationsgeldes als laufende Geldleistung aus der Krankenversicherung (§ 143a ASVG) ist nach § 99 Abs 1 ASVG zu beurteilen. Sind nach dieser Bestimmung die Voraussetzungen des Anspruchs auf eine laufende Leistung nicht mehr vorhanden, so ist die Leistung zu entziehen, sofern nicht der Anspruch gemäß § 100 Abs 1 ASVG ohne weiteres Verfahren erlischt. Ein Fall des § 100 Abs 1 ASVG ist hier nicht zu beurteilen.
Die Entziehung einer laufenden Leistung wie des Rehabilitationsgeldes ist nach § 99 Abs 1 ASVG nur zulässig, wenn eine wesentliche, entscheidende Änderung der Verhältnisse gegenüber dem Zeitpunkt der ursprünglichen Zuerkennung eingetreten ist; ansonsten steht die materielle Rechtskraft der Gewährungsentscheidung der Entziehung entgegen (RS0106704). Der für den Vergleich maßgebliche Zeitpunkt der ursprünglichen Leistungszuerkennung ist die Erlassung des Gewährungsbescheids, bei einer gerichtlichen Entscheidung der Schluss der mündlichen Verhandlung oder der Zeitpunkt des Abschlusses eines Vergleichs über die Leistungsgewährung in einem gerichtlichen Verfahren (RS0083876 [T5], RS0083884 [T21]).
Den Versicherungsträger trifft die objektive Beweislast dafür, dass eine rechtlich relevante Besserung des bei Gewährung der Leistung bestandenen Zustands eingetreten ist (RS0083813).
2.3.Die Änderung kann im Fall einer Leistung aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit etwa in der Wiederherstellung oder Besserung des körperlichen oder geistigen Zustands des Versicherten oder in der Wiederherstellung oder Besserung seiner Arbeitsfähigkeit infolge Gewöhnung und Anpassung an die Leiden bestehen (vgl RS0083884). Für den anzustellenden Vergleich sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Leistungszuerkennung mit jenen im Zeitpunkt des Leistungsentzugs in Beziehung zu setzen (RS0083884 [T2]). Entscheidend ist somit die Sachlage (Gesundheitszustand), wie sie im Zeitpunkt der Gewährungsentscheidung objektiv vorlag, und nicht jene, welche – auf einer allfälligen Fehleinschätzung der ärztlichen Sachverständigen, auf der Heranziehung von im Gewährungszeitpunkt nicht mehr zutreffenden Gutachten oder auf einer nicht abschließenden diagnostischen Abklärung beruhend – vom Versicherungsträger angenommen wurde (10 ObS 65/18h; 10 ObS 119/23g).
Die materielle Rechtskraft der Gewährungsentscheidung steht im Fall der irrtümlichen Annahme des Vorliegens der Leistungsvoraussetzungen bei der Gewährung der Leistung einer späteren Entziehung allerdings dann nicht mehr entgegen, wenn sich die objektiven Grundlagen der Leistungsgewährung geändert haben, etwa indem eine – wenn auch nur geringfügige – Verbesserung des körperlichen oder geistigen Zustands der versicherten Person im Entziehungszeitpunkt vorliegt und sich diese Verbesserung auf ursprünglich bestehende Beeinträchtigungen bezieht, die die (unrichtige) Einschätzung des Vorliegens der Leistungsvoraussetzungen begründet haben (RS0133202; 10 ObS 40/20k; 10 ObS 76/21f [Rehabilitationsgeld]; vgl OLG Graz 7 RS 65/24v OLG Graz; OLG Wien 7 Rs 77/23d; OLG Wien 8 Rs 8/23i; OLG Wien 9 RS 32/21y).
2.4. Zur vom Berufungswerber bestrittenen Besserung ist zunächst auszuführen, dass die ursprüngliche Einschätzung der vorübergehenden Invalidität durch die Beklagte unstrittig aufgrund des eingeholten psychiatrischen Gutachtens (Beilage ./3), der psychologischen Begutachtung (Beilage ./5) und der chefärztlichen Stellungnahme (Beilage ./4) erfolgte. Der Inhalt dieser Urkunden kann dem Berufungsverfahren als unbedenklich zugrunde gelegt werden. Die psychiatrische Sachverständige im Anstaltsverfahren führte als Hauptdiagnose „rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leicht bis mittelgradig depressive Episode“ an, die auch dem Bescheid (Beilage ./1) zugrunde gelegt wurde.
Da die damals von beiden Gutachterinnen in der Zusammenfassung geschilderte reduzierte Konzentrationsleistung die unrichtige Einschätzung vorübergehender Invalidität aufgrund der dem Bescheid zugrunde gelegten Diagnose zumindest mitbegründet hatte und sich diese Konzentrationsleistung nunmehr gebessert hat, liegt eine Änderung der objektiven Grundlagen vor. Darin liegt auch eine Änderung des Leistungskalküls des Klägers, also des Umfangs seiner – von bestehenden Leidenszuständen beeinflussten – faktischen Leistungsfähigkeit, weshalb das Erstgericht zu Recht vom Vorliegen eines Entziehungstatbestands ausgegangen ist.
2.5.Da der Kläger aufgrund der Feststellungen des Erstgerichts zum Leistungskalkül gemäß § 255 Abs 3 ASVG in der Lage ist, die vom Erstgericht festgestellten Verweisungstätigkeiten innerhalb des österreichischen Arbeitsmarktes in Teilzeit auszuüben und er damit bei einer Tagesarbeitszeit von sechs Stunden ein auch für eine Wohnsitzverlegung zumutbares Einkommen erzielen kann (vgl 10 ObS 28/18t mwN; RS0084587 [T5]) - wogegen sich auch der Rechtsmittelwerber in seiner Berufung nicht wendet - hat das Erstgerichtrechtsrichtig eine weiterhin vorliegende Invalidität nach den Bestimmungen des ASVG verneint.
3. Damit ist der Berufung insgesamt der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Nach dieser Bestimmung kommt ein Kostenersatz an den Versicherten im Fall des Unterliegens nur in Betracht, wenn sowohl rechtliche als auch tatsächliche Schwierigkeiten vorliegen und darüber hinaus die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des unterlegenen Versicherten einen solchen nahelegen. Bereits das Fehlen der genannten Schwierigkeiten - wie hier - steht einem Billigkeitskostenersatz entgegen ( Sonntag in Köck/SonntagASGG § 77 Rz 21).
Mangels Vorliegen einer Rechtsfrage mit der von § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität war auszusprechen, dass die ordentliche Revision nicht zulässig ist (§§ 2 Abs 1 ASGG, 500 Abs 2 Z 3, 502 Abs 5 Z 4 ZPO).
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