Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Senatspräsidentin Mag. a Kohlroser als Vorsitzende sowie die Richter Mag. Obmann, LL.M. und Mag. Scherr, LL.M., BA in der Strafsache gegen A* B*wegen der Vergehen der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1, teils iVm Abs 4 StGB über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Leoben gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben vom 29. September 2025, GZ **-12, in nichtöffentlicher Sitzung den
BESCHLUSS
gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).
BEGRÜNDUNG:
Mit Strafantrag vom 31. Dezember 2024 (ON 8) legt die Staatsanwaltschaft dem am ** geborenen A* B* die Vergehen der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1und § 288 Abs 1 und Abs 4 StGB zur Last.
Dem Anklagetenor zufolge habe der Angeklagte zu nachgenannten Zeiten an nachgenannten Orten als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache in dem gegen C* B* wegen des Vergehens der Tierquälerei nach den §§ 2, 222 Abs 1 Z 1 zweiter Fall StGB geführten Verfahren ** der Staatsanwaltschaft Leoben bzw. ** des Landesgerichtes Leoben jeweils im Rahmen seiner Zeugeneinvernahme falsch ausgesagt, und zwar
1. am 28. September 2024 in ** vor der Kriminalpolizei, indem er gegenüber GrInsp D*, AbtInsp E* und Insp. F* sinngemäß zusammengefasst wahrheitswidrig behauptete, dass er seinem Bruder C* B* dabei geholfen habe, das weibliche Rind mit der Ohrmarke ** im Zeitraum von einer Woche vor dessen Tod am 4. März 2024 drei- bis viermal pro Tag umzulagern,
2. am 25. November 2024 in ** vor Gericht, indem er die unter Punkt 1. dargestellten wahrheitswidrigen Angaben gegenüber dem Einzelrichter Mag. G* wiederholte.
In der Hauptverhandlung am 10. Februar 2025 bot das Erstgericht dem Angeklagten an, das Verfahren nach Bezahlung eines Geldbetrages von EUR 870,00 (darin enthalten EUR 150,00 an Verfahrenskosten) einzustellen (ON 11.2, S 3; § 200 Abs 5 StPO iVm § 199 StPO), wobei dem Angeklagten Ratenzahlung gewährt wurde. Am 24. September 2025 brachte der Angeklagte den Geldbetrag vollständig zur Einzahlung (ON 1.9).
Mit Beschluss vom 29. September 2025 stellte das Erstgericht das Strafverfahren gegen den Angeklagten gemäß § 200 Abs 5 iVm § 199 StPO ein (ON 12).
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde der Staatsanwaltschaft, die beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Erstgericht die Fortführung des Verfahrens aufzutragen, weil generalpräventive Erwägungen einer diversionellen Erledigung entgegenstünden (ON 13.3).
Gemäß §§ 198, 199 StPO hat das Gericht nach Einbringung der Anklage das Verfahren wegen einer von Amts wegen zu verfolgenden strafbaren Handlung mit Beschluss einzustellen, wenn aufgrund hinreichend geklärten Sachverhalts feststeht, dass eine Einstellung des Verfahrens nach §§ 190 bis 192 StPO nicht in Betracht kommt, die Schuld des Beschuldigten nicht als schwer (§ 32 StGB) anzusehen ist und – neben weiteren Voraussetzungen – eine Bestrafung im Hinblick auf (etwa) die Zahlung eines Geldbetrags (§ 200 StPO) nicht geboten erscheint, um den Angeklagten von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten (Spezialprävention) oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken (Generalprävention). Bei sämtlichen Diversionsarten ist die Verantwortungsübernahme des Beschuldigten notwendig, die Schuldeinsicht und ein entsprechendes Unrechtsbewusstsein voraussetzt (RIS-Justiz RS0126734 [insb T3] und RS0116299).
Der angeklagte Sachverhalt ist mit Blick auf die bisherigen Ermittlungsergebnisse, insbesondere die von Anfang an umfassende, reumütig geständige Verantwortung des Angeklagten (ON 7.6, S 4 und ON 11.2, S 2) hinreichend geklärt. Davon ausgehend liegen ihm die mit drei Jahren Freiheitsstrafe bedrohten Vergehen der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 und § 288 Abs 1 und Abs 4 StGB zur Last.
Unter Bedachtnahme auf den Umstand, dass der Angeklagte die ursprüngliche unrichtige Aussage anlässlich seiner Einvernahme vor der Kriminalpolizei (ON 4.3) ablegte und im Rahmen der Hauptverhandlung lediglich auf diese Einvernahme verwies (ON 5, S 8), liegt ungeachtet der Tatmehrheit keine schwere Schuld vor (§ 32 StGB).
Unter Berücksichtigung der gerichtlichen Unbescholtenheit des Angeklagten und seiner reumütigen Verantwortungsübernahme bestehen keine spezialpräventiven Erfordernisse einer urteilsmäßigen Straffestsetzung, sondernist eine diversionelle Erledigung in Form der Zahlung eines (spürbaren) Geldbetrags (§ 200 StPO) ausreichend, um dem Angeklagten das Unrecht seiner Tat vor Augen zu führen und ihn künftig von strafbaren Handlungen abzuhalten.
Auch wenn generalpräventive Erfordernisse im Bereich strafbarer Handlungen gegen die Rechtspflege verstärkt zu berücksichtigen sind und solcherart eine Präventionsbelangen zuwiderlaufende Bagatellisierung hintanzuhalten ist, schließen diese eine Diversion in wegen solchen strafbaren Handlungen geführten Strafverfahren nicht schlechthin aus (vgl RIS-Justiz RS0091557). Fallbezogen kann in der Durchführung der Hauptverhandlung samt einer intervenierenden Diversion in Form der Bezahlung eines spürbaren Geldbetrags (gerade noch) ein ausreichendes Signal der Rechtsbewährung erblickt werden, weshalb die Generalprävention die Diversion nicht hindert (vgl Schroll/Kert inFuchs/Ratz WK StPO,§ 198 Rz 41; RIS-Justiz RS0123346).
Der Beschwerde muss daher ein Erfolg versagt bleiben.
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