Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Mag. Dr. Maurer Kober und den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Andrés, über die Revision des K, vertreten durch Mag. Stefano Alessandro, Rechtsanwalt in St. Andrä Wördern, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 30. Mai 2025, LVwG S 777/001 2025, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Tulln), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich (Verwaltungsgericht) wurde dem Revisionswerber nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Bestätigung des in Beschwerde gezogenen Straferkenntnisses der belangten Behörde vom 10. März 2025 angelastet, ein Fahrzeug in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben. Dadurch habe der Revisionswerber § 99 Abs. 1b iVm § 5 Abs. 1 StVO verletzt, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 1b StVO eine Geld- und eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt wurden. Darüber hinaus wurde er zur Zahlung von Beiträgen zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens und des Beschwerdeverfahrens verpflichtet und ausgesprochen, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
2 Das Verwaltungsgericht stellte soweit für die Revision von Bedeutung fest, der Revisionswerber habe einen PKW von einer näher genannten Hauptstraße kommend auf einer beschotterten, für den allgemeinen Fahrzeug- und Fußgängerverkehr frei zugänglichen, nicht abgeschrankten und auch sonst nicht abgesperrten Forststraße gelenkt, an deren Beginn lediglich ein Fahrverbot für Radfahrer angezeigt worden sei. Ein allgemeines Fahrverbot sei bei der Einfahrt in diese Forststraße zum maßgeblichen Tattag nicht kundgemacht gewesen. Weiters hätten dort keine Abschrankung und keine Sperre bestanden. Auf der Forststraße habe er eine Cannabiszigarette konsumiert und sei danach weitergefahren, bis er von zwei Jagdaufsehern aufgehalten worden sei.
3 Nach Darlegung seiner Beweiswürdigung folgerte das Verwaltungsgericht rechtlich, die vom Revisionswerber benutzte Forststraße habe von jedem Lenker eines Kraftfahrzeugs und von Fußgängern unter den gleichen Bedingungen frei benutzt werden können, davon ausgeschlossen seien lediglich Radfahrer gewesen. Es habe sich daher um eine Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinn des § 1 StVO gehandelt, weshalb der Revisionswerber § 5 Abs. 1 und Abs. 9 StVO habe beachten müssen. Dem Revisionswerber sei der Rechtsirrtum vorzuwerfen, weil er sich mit den Vorschriften der StVO vertraut zu machen habe. Die Frage, ob es sich um eine Straße mit öffentlichem Verkehr handle, sei nicht komplex und der Revisionswerber hätte im Fall von Zweifeln bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde nachfragen müssen.
4 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die sich als unzulässig erweist:
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Der Revisionswerber erachtet seine Revision als zulässig, weil die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Rechtsfragen, ob auf eine Forststraße die StVO uneingeschränkt anzuwenden sei und ob dies einem durchschnittlichen Lenker eines Kraftfahrzeugs bewusst sein müsse, unklar und teilweise widersprüchlich sei.
9Dazu ist der Revisionswerber darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Straße dann von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden kann, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freisteht. Für die Widmung als Straße mit öffentlichem Verkehr ist ein Widmungsakt nicht erforderlich und es kommt auch nicht auf die Eigentumsverhältnisse am Straßengrund an, d.h. also nicht darauf, ob die betreffende Landfläche ganz oder teilweise im Privateigentum steht. Auch kann aus dem Umstand, dass eine Straße nur von einer bestimmten Gruppe von Verkehrsteilnehmern benutzt wird, nicht geschlossen werden, dass es sich um eine Straße ohne öffentlichen Verkehr handelt (vgl. VwGH 15.4.2016, Ra 2014/02/0058, mwN). Es vermag auch die Anbringung von Hinweisschildern, nach denen die Benützung der betreffenden Verkehrsfläche „Anrainern und Lieferanten“ vorbehalten ist oder nach denen auf einem umzäunten Gasthausparkplatz „Parken nur für Gäste“ erlaubt sein soll, an der Qualität der Verkehrsfläche als einer Straße mit öffentlichem Verkehr nichts zu ändern (vgl. VwGH 24.5.2013, 2010/02/0120, mwN) und dem steht auch die Beschilderung als „Privatstraße“ (vgl. VwGH 29.11.2022, Ra 2022/02/0041, mwN) oder ihre Errichtung als Forststraße (vgl. VwGH 10.11.2025, Ra 2023/02/0039, unter Hinweis auf OGH 29.8.1995, 1 Ob 625/94) nicht entgegen.
10 Von dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis nicht abgewichen.
11Soweit der Revisionswerber für die Definition der Straße nach § 1 Abs. 1 StVO auf die im Vordergrund stehende Raumüberwindung und auf den davon abweichenden Erholungszweck des Waldes nach § 33 Abs. 1 ForstG abstellt, reicht schon ein Hinweis darauf, dass Forststraßen unter näheren Voraussetzungen durch Fahrzeuge im Rettungseinsatz oder zur Versorgung von Schutzhütten (§ 34 Abs. 4 ForstG) oder durch die Organe der Behörden zur Forstaufsicht (§ 172 Abs. 1a Z 1 ForstG) befahren werden dürfen und in diesen Fällen die Raumüberwindung unzweifelhaft ist.
12 Damit ist aber die sich aus §§ 1 Abs. 1, 99 Abs. 6 lit. b StVO ergebende Voraussetzung für die Strafbarkeit des angelasteten Straftatbestandes nach § 5 Abs. 1 und 9, nämlich das Lenken eines Fahrzeugs in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr (vgl. dazu etwa VwGH 22.1.1980, 2549/79) und somit der objektive Tatbestand erfüllt. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Frage in der Revision, ob die StVO abgesehen vom gegenständlichen § 5 StVO darüberhinaus „uneingeschränkt“ auf Forststraßen anwendbar sei, als nicht von grundsätzlicher Bedeutung, weil die Revision nicht von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt, sodass diese Frage nicht zur Zulässigkeit führen kann.
13 Letztlich kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Unkenntnis oder die irrige Auslegung von Bestimmungen der StVO für Lenker von Kraftfahrzeugen nicht als unverschuldet angesehen werden. Wenn sich der Revisionswerber daher entgegen der oben angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 99 Abs. 1b iVm § 5 Abs. 1 und 9 StVOzum Lenken eines Kraftfahrzeugs in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand auf Forststraßen berechtigt erachtet, so handelt es sich um eine irrige Auslegung der StVO, die nicht als unverschuldet angesehen werden kann (vgl. VwGH 16.2.2021, Ra 2020/02/0145, mwN).
14 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 25. November 2025
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