Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed als Richter sowie die Hofrätinnen Dr. in Gröger und Dr. in Sabetzer als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Rieder, über die Revision der M N, vertreten durch Mag. Karin Luxbacher, Rechtsanwältin in 2100 Korneuburg, Hauptplatz 20, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. April 2024, G310 2276664 1/11E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Die Revisionswerberin, eine kubanische Staatsangehörige, stellte am 3. Februar 2023 einen Antrag auf internationalen Schutz, den sie im Wesentlichen damit begründete, dass sie nicht nach Kuba zurückkehren wolle, da die Lage dort sehr schlecht sei. Zudem habe sie „gesundheitliche Probleme mit den Augen“ und sei in ihrem Heimatland operiert worden. Sie müsse täglich Medikamente nehmen, die es in Kuba aber kaum gebe.
2Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Antrag mit Bescheid vom 30. Juni 2023 zur Gänze ab, erteilte der Revisionswerberin keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Kuba zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
4 Begründend legte das BVwG seiner Entscheidung soweit hier maßgeblichzugrunde, dass die Revisionswerberin u.a. an einer näher bezeichneten Augenerkrankung leide, wobei eine fachärztliche Diagnose nicht vorliege. Die Revisionswerberin sei in Kuba (kostenfrei) an beiden Augen operiert worden und nehme regelmäßig Medikamente ein. Ausgehend davon könne nicht festgestellt werden, dass die Revisionswerberin an einer schweren oder lebensbedrohlichen Erkrankung im Endstadium leide, die in ihrem Heimatland nicht behandelbar wäre. Selbst wenn es zu einem Fortschreiten ihrer Augenerkrankung käme, was ihre Lebensqualität langfristig beeinträchtigen würde, so reiche dies nicht aus, um die vom Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) und vom Verwaltungsgerichtshof definierte hohe Eingriffsschwelle zu erreichen und in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu fallen. Das Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung begründete das BVwG unter Bezugnahme auf § 21 Abs. 7 BFA VG im Wesentlichen damit, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt werden habe können.
5 Die vorliegende außerordentliche Revision macht zu ihrer Zulässigkeit Ermittlungsmängel hinsichtlich der konkreten Behandlungsbedürftigkeit der Revisionswerberin und der tatsächlichen Möglichkeiten einer medizinisch notwendigen Behandlung in ihrem Heimatland sowie eine Verletzung der Verhandlungspflicht des BVwG geltend.
6 Die Revision erweist sich als nicht zulässig.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt erkannt, unter welchen Voraussetzungen die Erkrankung einer Person und das Erfordernis ihrer medizinischen Behandlung die Gewährung von subsidiärem Schutz aufgrund einer Verletzung von Art. 3 EMRK rechtfertigt. Unter Bezugnahme auf den EGMR hat er betont, dass es Sache des Fremden ist, Beweise vorzulegen, die zeigen, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, er würde im Fall der Durchführung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme einem realen Risiko einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung ausgesetzt. Erst wenn solche Beweise erbracht werden, ist es Sache der Behörden des ausweisenden Staats, im Zuge der innerstaatlichen Verfahren jeden dadurch aufgeworfenen Zweifel zu zerstreuen und die behauptete Gefahr einer genauen Prüfung zu unterziehen, im Zuge derer die Behörden im ausweisenden Staat die vorhersehbaren Konsequenzen der Ausweisung auf die betroffene Person im Empfangsstaat im Lichte der dort herrschenden allgemeinen Lage und der persönlichen Umstände des Betroffenen erwägen müssen. Die Verpflichtungen des ausweisenden Staats zur näheren Prüfung werden somit erst dann ausgelöst, wenn die oben genannte (hohe) Schwelle überwunden wurde und infolge dessen der Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK eröffnet ist (vom EGMR auch als „Schwellentest“ [„threshold test“] bezeichnet, der bestanden werden muss, damit die weiteren Fragen, wie etwa nach der Verfügbarkeit und Zugänglichkeit einer angemessenen Behandlung, Relevanz erlangen; vgl. zu allem VwGH 24.1.2014, Ra 2021/20/0031, sowie VwGH 3.6.2024, Ra 2022/14/0125, mwN, jeweils unter Hinweis auf EGMR 13.12.2016, Nr. 41738/10, Pasposhvili/Belgien , und EGMR 7.12.2021, Nr. 57467/15, Savran/Dänemark ).
11Dass derart außergewöhnliche Umstände gegeben sein könnten, die einer Abschiebung im Lichte des Art. 3 EMRK entgegenstehen, wurde von der Revisionswerberin, die im Verfahren keine medizinischen Unterlagen zu ihrer Erkrankung vorlegte, nicht dargetan. Die Revision vermag daher schon deshalb keine relevante Fehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung aufzuzeigen.
12 Die Revision macht in ihrer Zulässigkeitsbegründung auch eine Verletzung der Verhandlungspflicht geltend.
13 Der Verwaltungsgerichtshof hat die Voraussetzungen, unter denen das BVwG im Asylverfahren von einer Verhandlung absehen kann (§ 21 Abs. 7 BFAVG), in seiner ständigen Rechtsprechung näher präzisiert (vgl. dazu grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, 0018). Dass das BVwG von diesen rechtlichen Leitlinien fallbezogen abgewichen wäre, vermag die Revision nicht darzutun.
14Auf weiteres Vorbringen, das sich allein in den Revisionsgründen findet, ist schon zufolge § 34 Abs. 1a und § 28 Abs. 3 VwGG bei der Beurteilung, ob sich eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 BVG als zulässig darstellt, nicht weiter einzugehen (vgl. VwGH 29.2.2024, Ra 2024/18/0017, mwN).
15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 23. September 2024
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