Rückverweise
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr. in Sporrer sowie die Hofrätin Dr. in Sembacher und den Hofrat Mag. Schartner, Bakk., als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Kreil, MA, über die Revision des N M, vertreten durch Dr. Helmut Blum und Mag. a Andrea Blum, Rechtsanwalt und Rechtsanwältin in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Mai 2024, W285 21871254/8E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte am 13. Juli 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).
2 Mit Bescheid vom 12. Jänner 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag hinsichtlich des Status des Asylberechtigten ab und erkannte dem Revisionswerber den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu. Die gegen die Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit mündlich verkündetem Urteil vom 27. September 2021 als unbegründet ab.
3 Mit Bescheid vom 8. März 2019 wurde dem Revisionswerber der Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen aberkannt. Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das BVwG mit mündlich verkündetem Urteil vom 27. September 2021 statt und behob den angefochtenen Bescheid ersatzlos.
4Mit Bescheid vom 26. Juli 2019 wurde der Antrag des Revisionswerbers auf Verlängerung seiner Aufenthaltsberechtigung abgewiesen. Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das BVwG mit mündlich verkündetem Urteil vom 27. September 2021 ebenso statt und verlängerte die Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 um weitere zwei Jahre.
5Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 3. Februar 2022 wurde der Revisionswerber rechtskräftig wegen des Verbrechens der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung gemäß §§ 15, 87 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 24 Monaten davon 16 Monate bedingt verurteilt.
6Mit Bescheid vom 1. August 2023 erkannte das BFA dem Revisionswerber den Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), entzog ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt II.), erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Revisionswerbers gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 9 FPG für unzulässig (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise legte das BFA mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt VI.).
7Die dagegen erhobene Beschwerde wies das BVwG mit dem angefochtenen Erkenntnis betreffend der Spruchpunkte I., II. und V. mit der Maßgabe ab, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 aberkannt werde und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Afghanistan unzulässig sei. Hinsichtlich der Spruchpunkte III., IV. und VI. gab das BVwG der Beschwerde statt und behob sie ersatzlos. Es sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
10Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11Der Revisionswerber wendet sich in der Zulässigkeitsbegründung der von ihm erhobenen Revision zunächst gegen die Aberkennung seines Schutzstatus in Österreich, ohne weiteres Vorbringen dahingehend zu erstatten, weshalb die Revision von der Lösung einer Rechtsfrage abhängig ist, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Erkenntnis des BVwG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich behandelt wurde (vgl. VwGH 8.10.2024, Ra 2024/14/0012 bis 0014, mwN). Insoweit wird die Revision den an sie gestellten Anforderungen nicht gerecht.
12Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei der Anwendung von § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 (ebenso wie nach Art. 17 Abs. 1 lit. b der Statusrichtlinie) nicht gefordert ist, über die Einzelfallprüfung in Bezug auf die Umstände der Taten hinaus auch eine Gefährdungsprognose vorzunehmen (vgl. VwGH 13.10.2023, Ra 2021/18/0393). Dass die vom BVwG vorgenommene Prüfung der Umstände des Einzelfalls unvertretbar wäre, bringt der Revisionswerber weder vor noch ist dies ersichtlich.
13Des Weiteren wird in der Revision zur weiteren Begründung ihrer Zulässigkeit ausgeführt, das BVwG sei von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Interessenabwägung iSd Art. 8 EMRK im Rahmen einer Rückkehrentscheidung abgewichen. In diesem Zusammenhang übersieht der Revisionswerber, dass das BVwG die im Spruchpunkt IV. des Bescheides des BFA noch enthaltene Rückkehrentscheidung mit Spruchpunkt A) II. des angefochtenen Erkenntnisses ersatzlos behoben hat. Folglich lagen die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BFAVG nicht vor, weshalb eine Interessenabwägung iSd Art. 8 EMRK gar nicht geboten war und das diesbezügliche Revisionsvorbringen ins Leere geht.
14 Soweit im Übrigen in der Revision Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt werden, ist darauf hinzuweisen, dass in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel dargelegt werden muss, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise, also fallbezogen darzulegen. Die Entscheidungswesentlichkeit setzt voraus, dass auf das Wesentliche zusammengefasstjene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 18.6.2024, Ra 2024/14/0038, mwN).
15 Die vorliegende Revision wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Das diesbezügliche Vorbringen ist völlig unsubstantiiert. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass das BVwG die Länderfeststellungen anhand der aktuellen Länderberichte traf.
16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 2. Dezember 2024