Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed als Richter sowie die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer Kober und Mag. Schindler als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Andrés, über die Revision des M in K, vertreten durch Mag. Markus A. Reinfeld, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Neustiftgasse 45/6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 26. Juni 2024, LVwG 30.17 3641/2023 14, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bruck Mürzzuschlag), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (Verwaltungsgericht) die Beschwerde des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck Mürzzuschlag vom 17. Oktober 2023, mit dem der Revisionswerber einer Übertretung des § 52 lit. a Z 10a StVO durch Überschreitung der kundgemachten zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 72 km/h für schuldig erkannt und gemäß § 99 Abs. 2e StVO mit einer Geldstrafe von € 870, (Ersatzfreiheitsstrafe: 6 Tage und 20 Std.) bestraft wurde, als unbegründet ab und erklärte die ordentliche Revision dagegen gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
2 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B VG).
4Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
5Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision wird zunächst unter Hinweis auf VwGH 8.3.1985, 85/18/0191, und VwGH 8.9.1995, 95/02/0263, eine Abweichung von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darin erblickt, dass im konkreten Fall nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens Zweifel an der Täterschaft des Revisionswerbers bestanden hätten und dieser somit hätte freigesprochen werden müssen. In den zitierten Erkenntnissen hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch klar auf seine ständige Rechtsprechung hingewiesen, wonach der vom Revisionswerber ins Treffen geführte Grundsatz „in dubio pro reo“ nur für jene Fälle gilt, in denen nach Durchführung aller Beweise und eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben. Im gegenständlichen Fall aber verblieben bei der erkennenden Richterin gerade keine Zweifel am festgestellten Sachverhalt, die die Anwendung dieses Grundsatzes erfordert hätten. Vielmehr kam das Verwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung samt Zeugeneinvernahmen in einer umfassenden und schlüssigen Beweiswürdigung, der der Revisionswerber nichts Substantiiertes entgegensetzt, zum Ergebnis, dass im gegenständlichen Fall keine Zweifel daran bestünden, dass der Revisionswerber am Tatort die vorgeworfene Geschwindigkeit mit seinem Fahrzeug gefahren sei und die Messung korrekt durchgeführt worden und dem Fahrzeug des Revisionswerbers zuordenbar sei. Die behauptete Abweichung von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt somit nicht vor.
7Dies trifft auch auf die weitere Behauptung in der Zulässigkeitsbegründung zu, wonach dem überholten Revisionswerber die gemessene Geschwindigkeit des überholenden Fahrzeuges nicht angelastet werden dürfe. Hier genügt der Hinweis darauf, dass sich die Revision mit diesem Vorbringen vom schlüssig festgestellten Sachverhalt entfernt, der den Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, darstellt, und schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegen kann (vgl. dazu VwGH 5.8.2024, Ra 2024/02/0160, mwH).
8 Schließlich erblickt die Zulässigkeitsbegründung eine Abweichung von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes darin, dass das Verwaltungsgericht im Rahmen der Strafzumessung gegen das Doppelverwertungsverbot verstoßen habe, da die gefahrene Geschwindigkeit auch im Rahmen der Strafzumessung Berücksichtigung gefunden habe, obwohl das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung bereits für den anzuwendenden Strafsatz nach § 99 Abs. 2e StVO relevant sei und daher nicht auch noch bei der Strafzumessung berücksichtigt werden dürfe.
9Dem ist nicht nur entgegen zu halten, dass entgegen dem Revisionsvorbringen das Verwaltungsgericht selbst erkannt hat, das dem Ausmaß der Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit bereits durch den erhöhten Strafrahmen Rechnung getragen wird, sondern auch, dass das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Strafbemessung das konkrete Ausmaß der Überschreitung nicht als erschwerend herangezogen hat (vgl. dazu VwGH 23.7.2024, Ra 2023/02/0032, mwN). Vielmehr berücksichtigte es die Tatsache, dass die Übertretung in einem Tunnel stattgefunden habe, wodurch die mit einer sehr hohen Geschwindigkeitsübertretung verbundenen Risiken weitaus höher einzustufen seien. Dieser Umstand ist jedoch nicht Tatbestandselement des § 99 Abs. 2e StVO, sodass das Abstellen auf diesen Umstand im Rahmen der Strafbemessung keinen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot zu begründen vermag (vgl. etwa VwGH 16.1.2023, Ra 2022/02/0190, mwN). Das Verwaltungsgericht kam zum nicht zu beanstandenden Ergebnis, dass die behördliche Strafzumessung, die ohnehin nur im untersten Fünftel des zulässigen Strafrahmens angesetzt sei, angesichts der Geschwindigkeitsübertretung in einem Tunnel und angesichts der irrtümlich von der Behörde angenommenen Unbescholtenheit angemessen sei. Dem vermag die Revision nichts entgegen zu setzen.
10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 22. Oktober 2024
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