Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed als Richter sowie die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer Kober und Mag. Schindler als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Andrés, über die Revision des N in F, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 27. Dezember 2022, 405 4/5160/1/9 2022, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Salzburg Umgebung), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg Umgebung vom 28. Juni 2022 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe am 13. April 2022 um 19:49 Uhr an einem konkret bezeichneten Tatort mit einem dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeug die in diesem Bereich durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 71 km/h überschritten, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz bereits abgezogen worden sei. Der Revisionswerber habe dadurch § 52 lit. a Z 10a StVO verletzt, weshalb über ihn gemäß 99 Abs. 2e StVO eine Geldstrafe und eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt wurden.
2 Mit Spruchpunkt I. seines Erkenntnisses vom 11. August 2022 gab das Landesverwaltungsgericht Salzburg (Verwaltungsgericht) der dagegen erhobenen Beschwerde Folge und hob das angefochtene Straferkenntnis auf. Dies begründete das Verwaltungsgericht damit, dass in dem betreffenden Straßenabschnitt zum Tatzeitpunkt nicht die täglich bis 19:00 Uhr verordnete Geschwindigkeitsbeschränkung vom 80 km/h, sondern die allgemein für Freilandstraßen geltende Geschwindigkeitsbeschränkung vom 100 km/h gemäß § 20 Abs. 2 StVO gegolten habe. Es sprach aus, dass der Revisionswerber keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten habe (Spruchpunkt II.) und erklärte die Revision gegen diese Entscheidung für unzulässig (Spruchpunkt III. in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 5. September 2022).
3 Mit Beschluss vom 20. September 2022, E 2313/2022 7, wies der Verfassungsgerichtshof die gegen dieses Erkenntnis erhobene Beschwerde des Revisionswerbers mangels Beschwer zurück.
4 In weiterer Folge wurde der Revisionswerber nachdem dieser zur Rechtfertigung aufgefordert worden war mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 3. Oktober 2022 einer Übertretung des § 20 Abs. 2 StVO schuldig erkannt, weil er am 13. April 2022 um 19:49 Uhr an einem konkret bezeichneten Tatort mit einem dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeug die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 71 km/h überschritten habe, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz bereits abgezogen worden sei, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 2e StVO eine Geldstrafe von € 2.800, (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Tage und 6 Stunden) verhängt wurde und er gemäß § 64 VStG zur Zahlung eines Beitrags zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtet wurde.
5 Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Verwaltungsgericht insofern statt, als es mit dem angefochtenen Erkenntnis die verhängte Geldstrafe auf € 800, und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 160 Stunden sowie die Kosten des Strafverfahrens herabsetzte. Die Zahlung eines Beitrags zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens wurde dem Revisionswerber nicht vorgeschrieben und ausgesprochen, dass gegen diese Entscheidung eine Revision unzulässig sei.
6 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision.
7 Mit Beschluss vom 28. Februar 2023, E 20/2023 7, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung einer parallel zum vorliegenden Verfahren gegen das angefochtene Erkenntnis erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers ab.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 Die Revision macht zu ihrer Zulässigkeit zunächst einen Verstoß gegen das Doppelverfolgungsverbot geltend, weil dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 11. August 2022 Sperrwirkung zukomme. Dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis sei derselbe Lebenssachverhalt zugrunde gelegen.
12 Dem Zulässigkeitsvorbringen ist entgegenzuhalten, dass das Verwaltungsgericht im Erkenntnis vom 11. August 2022 das bei ihm angefochtene Straferkenntnis spruchgemäß nur „aufgehoben“, nicht jedoch eine Einstellung des Verfahrens verfügt hat. Dieses Erkenntnis ist ungeachtet der Frage, ob es inhaltlich korrekt war, in Rechtskraft erwachsen. In Anbetracht der durch den Spruch festgelegten Grenzen der Rechtskraft liegt somit keine endgültige Erledigung des Verwaltungsstrafverfahrens mit Sperrwirkung im Sinn des Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK vor (zum normativen Gehalt des Spruches siehe etwa VwGH 17.6.2019, Ra 2019/02/0029). Auf die in den Zulässigkeitsausführungen aufgeworfene Frage, ob den beiden Tatvorwürfen derselbe Sachverhalt zugrunde lag, kommt es daher nicht an.
13 Dem Einwand der Revision, das Verwaltungsgericht habe „auch die Bindungswirkung an den Zurückweisungsbeschluss des VfGH vom 20.9.2022, E 2313/2022 7“ missachtet, aus welchem sich ergebe, dass das Verwaltungsstrafverfahren durch Einstellung abgeschlossen worden sei, kommt schon deshalb keine Berechtigung zu, weil die Bindungswirkung des § 87 Abs. 2 VfGG für die einer Beschwerde stattgebende Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vorgesehen ist, die hier nicht vorlag. Dass der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der auch gegen das angefochtene Erkenntnis erhobenen Beschwerde abgelehnt und somit keine von ihm aufzugreifende Rechtsverletzung erkannt hat, sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt.
14 Soweit der Revisionswerber zur Zulässigkeit der Revision ferner vorbringt, das Verwaltungsgericht habe keinen Abspruch über den Schuldspruch des behördlichen Straferkenntnisses getätigt, obwohl sich seine Beschwerde sowohl gegen den Schuldspruch als auch gegen den Strafausspruch gewendet habe, ist dem entgegenzuhalten, dass mit dem formulierten Spruch auch unter Berücksichtigung der Begründung, in der sich das Verwaltungsgericht ausführlich mit der Schuldfrage auseinandersetzte jedenfalls implizit auch ein Abspruch über den Schuldspruch erfolgte, setzt der Strafausspruch doch die Bestätigung des Schuldspruchs voraus (vgl. VwGH 15.3.2024, Ra 2023/02/0035, mwN).
15 Zur Zulässigkeit der Revision wird auch eine unvertretbare Strafbemessung behauptet. Entgegen dem Doppelverwertungsverbot habe das Verwaltungsgericht bei der Festsetzung der Höhe der Strafen das Ausmaß der Überschreitung der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit einbezogen, obwohl dieser Umstand, ebenso wie generalpräventive Erwägungen, vom Gesetzgeber bei der Schaffung des Qualifikationsstraftatbestandes des § 99 Abs. 2e StVO bereits berücksichtigt worden seien. Im Erkenntnis sei auch zu Unrecht ein vermehrter Schadstoffausstoß sowie Lärmentwicklung als erhöhte Umweltbelastung bei der Strafzumessung herangezogen worden. Zudem wendet sich der Revisionswerber gegen die Annahme grober Fahrlässigkeit.
16 Da es sich bei der Strafbemessung um eine einzelfallbezogene Abwägung handelt, stellt sie im Allgemeinen wenn sie in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde keine grundsätzliche Rechtsfrage dar (vgl. VwGH 9.6.2017, Ra 2017/02/0018 , mwN).
17 Das Verwaltungsgericht hat sich näher mit dem Unrechtsgehalt der übertretenen Norm auseinandergesetzt und insbesondere der Verkehrssicherheit hohes Gewicht beigemessen. Ausgehend davon, dass sich die verhängten Strafen im unteren Bereich des im Gesetz vorgesehenen Strafrahmens befinden, und angesichts des gravierenden Unrechtsgehalts der Taten, gelingt es dem Revisionswerber nicht, eine Unvertretbarkeit der verhängten Strafen aufzuzeigen. Entgegen dem Revisionsvorbringen hat das Verwaltungsgericht im Rahmen der Strafbemessung selbst erkannt, dass dem Ausmaß der Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit bereits durch den erhöhten Strafrahmen Rechnung getragen wird (vgl. dazu VwGH 16.1.2023, Ra 2022/02/0190 , mwN). Das konkrete Ausmaß der Überschreitung wurde vom Verwaltungsgericht nicht als erschwerend herangezogen.
18 Wenn der Revisionswerber schließlich bestreitet, dass er die Übertretung grob fahrlässig begangen habe, ist er darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz zur Lösung von Rechtsfragen berufen ist und nicht dazu, die Einzelfallgerechtigkeit in jedem Fall zu sichern. Die Frage, ob das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall zu Recht das Vorliegen von grober Fahrlässigkeit bejaht hat, ist keine Rechtsfrage, der über den konkreten Einzelfall hinausgehende, grundsätzliche Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B VG zukommt. Der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, kommt nämlich in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. zum Ganzen erneut VwGH 15.3.2024, Ra 2023/02/0035, mwN; zu § 6 Abs. 3 StGB vgl. im Übrigen VwGH 5.1.2021, Ra 2020/10/0028 , mwN).
19 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 23. Juli 2024
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