Rückverweise
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm und die Hofrätin MMag. Ginthör, den Hofrat Dr. Faber sowie die Hofrätinnen Dr. in Oswald und Dr. Kronegger als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Janitsch, über die Revision der P GmbH in W, vertreten durch die Cerha Hempel Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Parkring 2, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 19. September 2023, Zl. VGW 101/032/3293/2023 40, betreffend Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse nach dem TNRSG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
1 1.1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 23. Dezember 2022 wurde der Antrag der Revisionswerberin auf Zulassung von neuartigen Tabakerzeugnissen („3 Varianten H G/M/S I Gerät“) gemäß § 10a Tabak und Nichtraucherinnen bzw. Nichtraucherschutzgesetz TNRSG iVm § 5 Abs. 9 der Verordnung hinsichtlich der Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse (NTZulV) abgewiesen.
2 1.2.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin gemäß § 10a Abs. 5 TNRSG iVm § 5 Abs. 6 und 9 NTZulV, betreffend das Produkt „H M“ auch gemäß § 5 Abs. 4 und 9 NTZulV, ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG zulässig sei.
3 1.2.2. Das Verwaltungsgericht stellte fest, die Revisionswerberin sei Importeurin der gegenständlichen Produkte. Diese enthielten einen Tabakstick, der durch ein Tobacco Heating System (THS) erwärmt werde. Dabei entstehe ein Aerosol, das vom Benutzer über ein Mundstück inhaliert werde. Bei bestimmungsgemäßer Verwendung könnten Verbrennungsprozesse aber nicht ausgeschlossen werden. Diese fänden jedoch, wenn überhaupt, nur in einem äußerst geringen Ausmaß statt. Nach der mit dem Zulassungsantrag vorgelegten Produktbeschreibung werde der Tabakstick von einem Aluminiummantel umgeben. Die von der Revisionswerberin mit dem Zulassungsantrag übermittelten Produktmuster von „H G“ und „H S“ wiesen einen solchen Aluminiummantel auf, das Produktmuster von „H M“ hingegen nicht. Bei dem im behördlichen Verfahren vorgelegten Produktmuster mit der Aufschrift „H P“ handle es sich aber im Übrigen um jenes Produkt, das der beantragten Zulassung für die Produktvariante „H M“ zu Grunde liege. Die von der Revisionswerberin bei Messungen mehrfach herangezogenen Referenzprodukte „E R“ und „E M“ enthielten keinen Aluminiummantel.
4 Mit Schreiben der belangten Behörde vom 31. März 2022 sei der Revisionswerberin aufgetragen worden, im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht binnen drei Monaten näher angeführte Unterlagen vorzulegen bzw. Daten zu übermitteln. Die Revisionswerberin habe weitere Unterlagen vorgelegt bzw. Daten übermittelt, bis zum Abschluss des Ermittlungsverfahrens jedoch nicht (erstens) toxikologische Studien in Form eines Zytotoxizitätstests, eines bakteriellen Rückmutationstests und eines Genmutationstests oder Chromosomenaberrationstests in Säugerzellen für jedes der drei gegenständlichen Produkte, und (zweitens) Emissionswerte über alle im behördlichen Auftrag vom 31. März 2022 genannten Parameter zuzüglich Aluminium für jedes der drei gegenständlichen Produkte und Triglyceride für das Produkt „H S“.
5 Die Revisionswerberin habe im behördlichen Verfahren Emissionswerte mit 58 Parametern zu den Referenzprodukten „E R“ und „E M“ sowie zu den in diesen Referenzprodukten und den gegenständlichen Produkten verwendeten Tabakmischungen vorgelegt, und zwar Emissionswerte zu elf Parametern für „H G“ und zu je 12 Parametern für „H M“ und „H S“. Die Produkte „E R“ und „E M“ seien nicht Gegenstand des Zulassungsverfahrens und in Österreich auch nicht als neuartige Tabakerzeugnisse zugelassen. Die gegenständlichen Produkte enthielten in den Tabaksticks jene Tabakmischungen, für welche die Revisionswerberin Messungen zu 58 Parametern vorgelegt habe und wie sie auch in den Produkten „E R“ und „E M“ verarbeitet seien. Darüber hinaus enthielten die gegenständlichen Produkte aber Aromastoffe, die 0,01 bis 0,2 % des finalen Produkts ausmachten.
6 Emissionswerte zu Aluminium und Triglyceriden seien in den von der Revisionswerberin vorgelegten Unterlagen weder hinsichtlich der gegenständlichen Produkte noch hinsichtlich der Referenzprodukte „E R“ und „E M“ oder der verwendeten Tabakmischungen enthalten. Die von der Revisionswerberin vorgelegten toxikologischen Studien bezögen sich auf die Referenzprodukte „E R“ und „E M“. Weiters habe die Revisionswerberin toxikologische Studien zu den in den gegenständlichen Produkten verwendeten Aromasystemen vorgelegt. Bei diesen Tests seien Emissionen eines mit einem solchen Aromasystem versehenen (nicht verfahrensgegenständlichen) Tabakerzeugnisses mit Emissionen aus einem „Monitorstick“ (einem nicht verfahrensgegenständlichen Referenzprodukt) verglichen und daraus abgeleitet worden, ob das Aromasystem einen Einfluss auf die Gesamttoxizität dieses Produkts habe.
7 Es gebe keine internationalen einheitlichen Standards für Tests und Messungen in Zusammenhang mit neuartigen Tabakerzeugnissen.
8 1.2.3. Beweiswürdigend führte das Verwaltungsgericht soweit hier maßgeblich aus, es sei unstrittig, dass die gegenständlichen Produkte Tabak enthielten, der mittels eines Geräts erhitzt werde, um ein Aerosol zu erzeugen, welches inhaliert werde. Strittig sei hingegen, ob bei dieser Erhitzung ein Verbrennungsprozess stattfinde. Beide Verfahrensparteien hätten dazu umfassende Unterlagen vorgelegt. Nach einem von der belangten Behörde vorgelegten Gutachten aus Juni 2021 könnten bei bestimmungsgemäßem Gebrauch Verbrennungsprozesse nicht ausgeschlossen werden, diese fänden jedoch, wenn überhaupt, im Vergleich zu anderen Reaktionen in einem äußerst geringen Ausmaß statt. Die von der Revisionswerberin vorgelegten Gutachten kämen hingegen zu dem Ergebnis, dass bei der Tabakerhitzung kein Verbrennungsprozess stattfände.
9 Im Hinblick auf die Legaldefinition des § 1 Z 1k TNRSG („rauchloses Tabakerzeugnis“) könne mangels Relevanz dahingestellt bleiben, ob solche untergeordneten Verbrennungsprozesse überhaupt stattfänden. Da sich bereits aus der Aktenlage feststellen lasse, dass die gegenständlichen Produkte nicht mittels eines Verbrennungsprozesses (sondern auf Grund eines Erhitzungsprozesses, bei dem Verbrennungsprozesse in untergeordnetem Ausmaß nicht ausgeschlossen werden könnten), konsumiert würden, könne auch die von der Revisionswerberin beantragte Vernehmung eines fachkundigen Zeugen mangels Relevanz für das weitere Verfahren unterbleiben.
10 1.2.4. Rechtlich ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass die gegenständlichen Produkte tabakhältige Erzeugnisse und zum Rauchen bestimmt seien. Es handle sich daher um Tabakerzeugnisse iSd § 1 Z 1 TNRSG. Weil diese Erzeugnisse nicht in der Aufzählung des § 1 Z 1a TNRSG enthalten seien, handle es sich um neuartige Tabakerzeugnisse.
11 Ob es sich weiters um Rauchtabakerzeugnisse iSd § 1 Z 1j TNRSG oder um rauchlose Tabakerzeugnisse iSd § 1 Z 1k TNRSG handle, sei deswegen von Bedeutung, weil gemäß § 10a Abs. 8 TNRSG unterschiedliche Zulassungsvoraussetzungen gelten könnten.
12 Ein rauchloses Tabakerzeugnis sei nach der Legaldefinition des § 1 Z 1k TNRSG ein Tabakerzeugnis, das nicht mittels eines Verbrennungsprozesses konsumiert werde, unter anderem Kautabak, Schnupftabak und Tabak zum oralen Gebrauch. Nach den Feststellungen würden die gegenständlichen Produkte bei bestimmungsgemäßem Gebrauch erhitzt und nicht mittels eines Verbrennungsprozesses konsumiert. Ein Verbrennungsprozess finde, wenn überhaupt, nur in einem untergeordneten Ausmaß statt und sei für den Konsum des Produkts weder erforderlich noch intendiert, sondern trete allenfalls als untergeordnete Nebenerscheinung auf. Da die Legaldefinition eines rauchlosen Tabakerzeugnisses darauf abstelle, dass ein solcher Verbrennungsprozess für den Konsum keine zentrale Voraussetzung sei, lägen rauchlose Tabakerzeugnisse vor.
13 Gemäß § 10a Abs. 2 (erster Satz) TNRSG habe die Zulassungswerberin dem zuständigen Bundesministerium alle notwendigen Unterlagen und Aufzeichnungen zur Verfügung zu stellen und erforderliche Auskünfte zu erteilen. Die Auflistung an Informationen in § 10a Abs. 2 (zweiter Satz) TNRSG, die elektronisch bereitgestellt werden müssten, sei keine abschließende Konkretisierung der allgemeinen Verpflichtung des ersten Satzes dieser Bestimmung, sondern lege für bestimmte Informationen die Form der Übermittlung (elektronische Bereitstellung) fest.
14 Darüber hinaus hätten gemäß § 10a Abs. 3 TNRSG die Herstellerinnen und Importeurinnen dem zuständigen Bundesministerium neue oder aktualisierte Informationen gemäß § 10a Abs. 2 Z 3 bis 5 TNRSG unverzüglich zu übermitteln. Weiters könne das Bundesministerium den Herstellerinnen und Importeurinnen zusätzliche Tests und die Vorlage zusätzlicher Informationen vorschreiben. § 10a Abs. 3 TNRSG gehe über die Vorlage und Auskunftspflicht des § 10a Abs. 2 TNRSG hinaus. Auf dieser Grundlage könnten zusätzliche, also bislang nicht vorhandene Tests, vorgeschrieben werden, während § 10a Abs. 2 TNRSG auf vorhandene Unterlagen und Aufzeichnungen abstelle.
15 Fraglich sei, ob § 10a Abs. 3 TNRSG nur Pflichten für bereits zugelassene Produkte begründe, oder sich auch auf das Zulassungsverfahren beziehe. Im Gegensatz zu § 10a Abs. 2 TNRSG richte sich diese Bestimmung nämlich nicht an die Zulassungswerberinnen, sondern an Herstellerinnen und Importeurinnen, die nicht zwingend ident mit der Zulassungswerberin sein müssten.
16 Die Revisionswerberin vertrete die Auffassung, dass § 10a Abs. 2 TNRSG die Mitwirkungspflicht im Zulassungsverfahren und § 10a Abs. 3 TNRSG eine erweiterte Kooperationspflicht für bereits zugelassene Produkte vorsehe. Dies ergebe sich nach Auffassung der Revisionswerberin aus einer Zusammenschau mit § 10a Abs. 5 TNRSG, nach dem bereits erteilte Zulassungen widerrufen werden könnten, wenn u.a. § 10a Abs. 3 TNRSG nicht entsprochen werde.
17 Dieser Auslegung stehe auf gesetzessystematischer Ebene jedoch die Überschrift des § 10a TNRSG („Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse“) entgegen. Auch sei § 10a Abs. 5 TNRSG, der auf § 10a Abs. 3 TNRSG verweise, nicht auf den Widerruf der Zulassung beschränkt, sondern erfasse auch deren Versagung. Überdies könne dem Gesetzgeber nicht ein in sich unstimmiges System unterstellt werden, in dem im Zulassungsverfahren bestimmte Informationen zu einem Produkt nicht verlangt werden dürften, welche aber nach Zulassung unter Androhung des Widerrufs der Zulassung vorgeschrieben werden könnten. Eine solche Auslegung würde in Kauf nehmen, dass Produkte zugelassen würden, hinsichtlich derer aus Sicht der Behörde noch weitere Informationen für eine umfassende Beurteilung einzuholen seien.
18 Das Verwaltungsgericht gelangte daher zum Ergebnis, dass § 10a Abs. 3 TNRSG auch im Verfahren auf Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse Anwendung finde.
19 Bei Nichteinhaltung der in § 10a Abs. 2 und 3 TNRSG festgelegten Anforderungen sei gemäß § 10a Abs. 5 TNRSG die Zulassung zu verweigern. § 10a TNRSG begründe damit eine Mitwirkungspflicht für das verwaltungsbehördliche Verfahren, die über die allgemeinen Mitwirkungspflichten einer Verfahrenspartei hinausgingen. Das Gesetz knüpfe an die Verletzung der Mitwirkungspflicht im Zulassungsverfahren ausdrücklich die Rechtsfolge, dass die Zulassung nicht zu erteilen sei. Es handle sich daher bei der Einhaltung der auferlegten Mitwirkungspflichten um materielle Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Zulassung und nicht um Formalvoraussetzungen, deren Nichterfüllung mittels eines Verbesserungsauftrages gemäß § 13 Abs. 3 AVG zu begegnen wäre. In diesem Sinne habe die belangte Behörde im verwaltungsbehördlichen Verfahren auch keinen Verbesserungsauftrag erteilt und den verfahrenseinleitenden Antrag nicht als unzulässig zurückgewiesen, sondern in der Sache behandelt und abgewiesen.
20 Es stehe der Zulassungsbehörde nicht offen, in einem Zulassungsverfahren gestützt auf § 10a Abs. 2 und 3 TNRSG jede erdenkliche Unterlage oder Auskunft zu verlangen. Der Behörde komme dabei ein Ermessensspielraum zu, welchen sie nach den für die Ermessensübung allgemein geltenden Grundsätzen, also im Sinne des Gesetzes auszuüben habe. Ein Vorgehen der Behörde nach § 10a Abs. 2 und 3 TNRSG werde dort seine Grenzen finden, wo der Zusammenhang mit zuzulassenden oder zugelassenen Produkten überhaupt fehle oder der Gegenstand des Zulassungsverfahrens überschritten werde. Allerdings enthalte das TNRSG für neuartige Tabakerzeugnisse wenig konkrete materielle Zulassungskriterien (etwa in § 8b Abs. 2). Insbesondere finde das von der belangten Behörde herangezogene Bewertungskriterium, dass ein neuartiges Tabakerzeugnis nicht gesundheitsschädlicher sein dürfe als eine Zigarette, im Gesetzeswortlaut keine Deckung.
21 Durch § 10a Abs. 2 und 3 TNRSG solle die Tabakprodukterichtlinie 2014/40/EU umgesetzt werden. Bei der Auslegung des TNRSG seien daher die Erwägungsgründe der Richtlinie zu beachten. Demnach handle es sich bei Tabakerzeugnissen um keine gewöhnlichen Erzeugnisse; angesichts ihrer besonders schädlichen Wirkungen auf die menschliche Gesundheit solle dem Gesundheitsschutz große Bedeutung beigemessen werden, insbesondere um die Verbreitung des Rauchens bei jungen Menschen zu senken (Erwägungsgrund 8). Um ihre Regelungsaufgaben ausüben zu können, benötigten die Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission umfassende Informationen über Inhaltsstoffe und Emissionen von Tabakerzeugnissen, um die Attraktivität, das Suchtpotenzial und die Toxizität von Tabakerzeugnissen sowie die mit ihrem Konsum verbundenen Gesundheitsrisiken bewerten zu können, weswegen die Meldepflichten betreffend Inhaltsstoffe und Emissionen durch die Richtlinie verschärft werden sollten. Solche Meldepflichten stünden im Einklang mit der Pflicht der Union, für ein hohes Schutzniveau im Bereich der menschlichen Gesundheit zu sorgen (Erwägungsgrund 13). Es sei wichtig, Entwicklungen im Zusammenhang mit neuartigen Tabakerzeugnissen zu beobachten (Erwägungsgrund 34).
22 Vor diesem Hintergrund sei eine umfassende Erhebung der Inhaltsstoffe, Emissionen und gesundheitlichen Auswirkungen eines Tabakerzeugnisses als Teil des Zulassungsverfahrens nach § 10a TNRSG zu verstehen, auch wenn nicht jede dabei erhobene Information einem im TNRSG ausdrücklich genannten materiellen Zulassungskriterium zugeordnet werden könne. Nur so könne dem von der Tabakprodukterichtlinie und dem TNRSG verfolgten Ziel entsprochen werden, dass der zuständige Bundesminister als nationale Gesundheitsbehörde im Rahmen eines Zulassungsverfahrens umfassende Informationen über gesundheitliche Aspekte des jeweiligen Tabakerzeugnisses erlange, die letztlich auf europäischer und nationaler Ebene gesundheitspolitisch berücksichtigt werden sollten. Da das TNRSG auf ein weites Feld sich ständig verändernder Tabakerzeugnisse anwendbar sei, bedürfe die Zulassungsbehörde im Zulassungsverfahren eines weiten Ermessungsspielraums, um die jeweils nach aktuellem Stand der Technik und Wissenschaft erforderlichen Informationen zu einem Produkt einholen zu können.
23 Zusammenfassend räume § 10a Abs. 2 und 3 TNRSG der Zulassungsbehörde die Möglichkeit ein, der Zulassungswerberin umfassende Informationen über das jeweilige Tabakerzeugnis abzuverlangen, und zwar in Form der Einholung bereits bestehender Unterlagen, der Vorschreibung zusätzlicher Tests und der Vorlage zusätzlicher Informationen. Die Zulassungsbehörde sei dabei nicht auf die in § 10a Abs. 2 TNRSG ziffernmäßig aufgezählten Daten, für die eine Pflicht zu elektronischen Bereitstellung bestehe, beschränkt. Sie müsse ihr Ermessen aber im Sinne des Gesetzes ausüben und dürfe insbesondere nicht missbräuchlich vorgehen, indem sie etwa für die Zulassungswerberin unüberwindbare Hürden aufstelle oder aus objektiver Sicht unnötige Informationen abverlange.
24 Gemäß § 3 Abs. 2 NTZulV habe die gemäß § 2 NTZulV einzurichtende Bewertungsstelle Richtlinien über die Durchführung und die Mindestinhalte der fachlichen Prüfung im Rahmen der Zulassung gemäß § 10a TNRSG zu erlassen. Diese Richtlinien seien nicht als Rechtsverordnung zu qualifizieren, in ihnen spiegle sich aber ein gewisser Stand der Technik iSd § 5 Abs. 7 NTZulV wider.
25 In diesen Richtlinien seien im Wesentlichen die von der belangten Behörde in ihrem Auftrag vom 31. März 2022 genannten Daten angeführt. Es werde weiters definiert, dass diese Daten in einem Zulassungsverfahren nach § 10a TNRSG für jedes einzelne Produkt erforderlich seien. Ob die Richtlinien bereits im Zeitpunkt des behördlichen Auftrages bestanden hätten, sei unerheblich, weil die Revisionswerberin auch nach Ablauf der von der belangten Behörde gesetzten Frist und bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens dem Auftrag hätte nachkommen können, was vom Verwaltungsgericht zu beachten gewesen wäre.
26 Die belangte Behörde habe der Revisionswerberin mit Verfügung vom 31. März 2022 näher bestimmte toxikologische Tests für jedes zur Zulassung beantragte Produkt vorgeschrieben. Die Revisionswerberin habe toxikologische Tests zu den zwei Referenzprodukten „E R“ und „E M“ sowie toxikologische Tests zu den in den gegenständlichen Produkten verwendeten Aromasystemen vorgelegt. Tests für die zur Zulassung beantragten Produkte in eben dieser konkreten Zusammensetzung seien hingegen nicht durchgeführt worden. Die Revisionswerberin habe den Standpunkt vertreten, dass die vorgelegten Tests zu den Referenzprodukten und den Aromasystemen insoweit übertragbar seien.
27 Eine getrennte toxikologische Untersuchung einzelner Produktbestandteile eines aus diesen Bestandteilen zusammengesetzten Produktes lasse zwar für die Revisionswerberin vor ihrem Wissenshintergrund sinnvolle Erkenntnisse erwarten. Der Zulassungsbehörde lägen aber detaillierte Produktbeschreibungen und Produktmuster nur zu den konkret zur Zulassung beantragten Produkten vor. Sie habe nicht die Möglichkeit, toxikologische Tests zu anderen, nicht dem Zulassungsverfahren unterworfenen Produkten oder Produktbestandteilen verlässlich nachzuprüfen. Auch ein Vergleich mit nicht vom Zulassungsverfahren umfassten Referenzprodukten könne von der Behörde mangels verfügbarer Daten aus eigenem nicht nachgeprüft werden. Die Zulassungsbehörde müsste in einem solchen Fall alleine auf die Behauptungen der Zulassungswerberin zu den Referenzprodukten und Produktbestandteilen vertrauen und könne diese Angaben auch nicht durch eigene Messungen überprüfen. Ob sich die vorgelegten Tests und Messungen tatsächlich auf dieselben Tabakmischungen oder Aromasysteme bezogen hätten wie jene, die in den verfahrensgegenständlichen Produkten verwendet worden seien, sei von der Zulassungsbehörde nicht nachprüfbar.
28 § 10a Abs. 2 und 3 TNRSG verfolge das Ziel, den Aufwand der Zulassungsbehörde gering zu halten und die Pflicht zur Durchführung von Messungen, Tests, Studien u.ä. der Zulassungswerberin aufzuerlegen. Durch die Übermittlung von Produktmustern hätte zwar die Zulassungsbehörde die Möglichkeit, die von ihr verlangten Tests und Messungen selbst durchzuführen. Eine solche Aufgabenverteilung habe § 10a Abs. 2 und 3 TNRSG aber nicht vor Augen. Die Zulassungsbehörde solle im Zulassungsverfahren mithilfe der Bewertungsstelle vorrangig ihr vorgelegte Informationen überprüfen, Tests aber nicht selbst vornehmen müssen.
29 Die belangte Behörde habe daher ihr Ermessen nicht überschritten, wenn sie sich nicht mit den von der Revisionswerberin vorgelegten toxikologischen Test zu nicht dem Zulassungsverfahren unterliegenden Referenzprodukten bzw. den getrennten Tests für Aromasysteme, die wiederum mittels eines Vergleichs mit Referenzprodukten getestet worden seien, begnügt habe, sondern solche Tests für jedes zuzulassende Produkt in seiner konkreten Zusammensetzung verlangt habe.
30 Die belangte Behörde habe der Revisionswerberin weiters eine präzise Liste an Parametern für Emissionsmessungen für jedes zur Zulassung beantragte Produkt vorgeschrieben. Sie habe sich bei der Auswahl der Parameter an einer Prioritätenliste der Weltgesundheitsorganisation (WHO) orientiert und diese produktbezogen um die Parameter Aluminium, Teer und (nur für das Produkt „H S“) Triglyceride ergänzt. Nach Erwägungsgrund 11 der Tabakprodukterichtlinie bestünden für andere Emissionen als Teer , Nikotin und Kohlenmonoxidgehalte von Tabakerzeugnissen keine international vereinbarten Normen oder Tests zur Quantifizierung von Höchstwerten. Die belangte Behörde habe daher ihr Ermessen nicht missbraucht, wenn sie sich nicht auf von der Revisionswerberin zitierte, in manchen Ländern herangezogene Standards für Emissionsparameter gestützt habe, sondern eine WHO Prioritätenliste als Mindeststandard für Emissionsparameter herangezogen habe.
31 Die Revisionswerberin habe zu den gegenständlichen Produkten eine hinter dem behördlichen Auftrag zurückbleibende Emissionsmessung mit elf bzw. zwölf Parametern für jedes Produkt vorgelegt und im Übrigen auf Messungen mit 58 Parametern zu den Referenzprodukten „E R“ und „E M“ und den in den Referenzprodukten verwendeten Tabakmischungen verwiesen. Diese Messungen gingen zwar über die von der belangten Behörde abverlangten Parameter hinaus, enthielten aber keine Emissionswerte für Triglyceride und Aluminium.
32 Hinsichtlich der Vergleichbarkeit der gegenständlichen Produkte mit den Referenzprodukten „E R“ und „E M“ bzw. den verwendeten Tabakmischungen gelte sinngemäß das zu den toxikologischen Studien Ausgeführte (vgl. Rn. 27). Da sich die verfahrensgegenständlichen Produkte in ihrer Zusammensetzung zu 0,01 bis 0,2 % von den Referenzprodukten, für welche Messungen vorgelegt worden seien, unterschieden, hätten konkrete Messungen der gegenständlichen Produkte weitere Aufschlüsse zugelassen.
33 Die Revisionswerberin habe die Sinnhaftigkeit von Emissionswerten für Aluminium und Triglyceriden aus wissenschaftlicher Sicht bestritten, da Aluminium eine geringe inhärente Toxizität aufweise und Triglyceride auf Grund ihres hohen Siedepunktes nicht in das Aerosol übergingen.
34 Die Messung von Aluminium habe die belangte Behörde mit der Aluminiumummantelung des Tabaksticks begründet, die Messung von Triglyceriden damit, dass das Produkt „H S“ mittelkettige Öle bzw. Fette als Inhaltsstoffe enthalte, deren Inhalieren als zentrale Ursache für die Entwicklung einer exogenen Lipidpneumonie angesehen werde. Wenngleich es begründete wissenschaftliche Gegenpositionen geben möge, erscheine dem Verwaltungsgericht diese Begründung nicht unplausibel. Es habe die Ermessensübung der belangten Behörde nur zu überprüfen, nicht sein eigenes Ermessen an dessen Stelle zu setzen.
35 Die Revisionswerberin sei daher zusammenfassend dem behördlichen Auftrag, mit dem rechtmäßiger Weise die genannten Emissionsmessungen vorgeschrieben worden seien, nicht vollständig nachgekommen.
36 Hinsichtlich des Produkts „H M“ habe die Revisionswerberin entgegen § 5 Abs. 4 NTZulV kein der Produktbeschreibung entsprechendes Produktmuster vorgelegt. Dieses Produkt solle nämlich eine Aluminiumummantelung des Tabaksticks aufweisen, welche das vorgelegte Produktmuster nicht enthalte. Die Revisionswerberin habe vorgebracht, dass dieses Produkt mit der Ummantelung derzeit noch nicht produziert werde, weshalb der Aluminiummantel erst nach Zulassung ergänzt werden solle. Nach § 5 Abs. 4 NTZulV solle der Zulassungsbehörde aber ein Produktmuster in jener Zusammensetzung, wie es auch am Markt vertrieben werden solle, zur Verfügung gestellt werden, weil diese sonst die konkreten Produkteigenschaften nicht prüfen und beurteilen könnte. Da Emissionswerte für Aluminium erforderlich seien, handle es sich nicht um ein für die Produktprüfung nicht weiter relevantes Detail des Produktes.
37 Gemäß § 10a Abs. 7 Z 2 TNRSG iVm § 5 Abs. 9 NTZulV handle es sich bei der Vorlage eines Produktmusters um eine Zulassungsvoraussetzung, deren Unterlassung zur Antragsabweisung führe.
38 Allgemein führe gemäß § 10a Abs. 5 TNRSG iVm § 5 Abs. 9 NTZulV jede Nichterfüllung eines rechtmäßig auf § 10a Abs. 2 und 3 TNRSG gestützten behördlichen Auftrages und jeder Verstoß gegen die NTZulV zur Versagung der beantragten Zulassung. Es würde daher jede der aufgezeigten Verletzungen der Mitwirkungspflicht für sich betrachtet die Versagung der Zulassung nach sich ziehen. Es könne daher dahingestellt bleiben, inwiefern die Revisionswerberin dem behördlichen Auftrag vom 31. März 2022 teilweise nachgekommen sei. Infolge der bis zuletzt fehlenden Informationen habe die Bewertungsstelle kein Gutachten iSd § 5 Abs. 8 NTZulV erstellt bzw. erstellen können. Die Schlussfolgerung der belangten Behörde, die gegenständlichen Produkte entsprächen nicht den gesetzlichen Bewilligungsvoraussetzungen, könne in materieller Hinsicht nicht geteilt werden, weil eine solche Prüfung gar nicht stattgefunden habe. Die Verletzung der Mitwirkungspflicht führe jedoch zur Abweisung der Anträge.
39 Dass die belangte Behörde in früheren Zulassungsverfahren betreffend die Revisionswerberin anders vorgegangen sei, sei irrelevant, weil ausschließlich das Verhalten der Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides zu prüfen sei.
40 1.2.5. Die Revision sei zulässig, weil keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vorliege, ob § 10a Abs. 3 TNRSG im Verfahren auf Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse anwendbar sei. Es fehle auch Rechtsprechung zur Frage, im welchem Umfang die Zulassungsbehörde Aufträge nach § 10a Abs. 2 und 3 TNRSG erteilen dürfe und welche gesetzlichen Kriterien für eine Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse heranzuziehen seien.
41 1.3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision der Zulassungswerberin. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung. Die Revisionswerberin erstattete eine Äußerung, in der sie eine weitere Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wien zu § 10a TNRSG vorlegte, wozu die belangte Behörde eine Gegenäußerung erstattete.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
42 2.1. Die Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur Angleichung der Rechts und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG (im Folgenden: TPD II) lautet (auszugsweise):
„Artikel 1
Gegenstand
Ziel dieser Richtlinie ist die Angleichung der Rechts und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für
a) die Inhaltsstoffe und Emissionen von Tabakerzeugnissen und die damit verbundenen Meldepflichten, einschließlich der Emissionshöchstwerte von Teer, Nikotin und Kohlenmonoxid von Zigaretten;
...
e) die Pflicht zur Meldung neuartiger Tabakerzeugnisse;
...
damit ausgehend von einem hohen Schutz der menschlichen Gesundheit, besonders für junge Menschen das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse erleichtert wird und die Verpflichtungen der Union im Rahmen des WHO Rahmenübereinkommens zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (Framework Convention on Tobacco Control, im Folgenden ‚FCTC‘) eingehalten werden.
Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
...
14. ‚neuartiges Tabakerzeugnis‘ ein Tabakerzeugnis, das
a) nicht in eine der nachstehenden Kategorien fällt: Zigaretten, Tabak zum Selbstdrehen, Pfeifentabak, Wasserpfeifentabak, Zigarren, Zigarillos, Kautabak, Schnupftabak und Tabak zum oralen Gebrauch; und
b) nach dem 19. Mai 2014 in Verkehr gebracht wird;
...
Artikel 19
Meldung neuartiger Tabakerzeugnisse
(1) Die Mitgliedstaaten schreiben Herstellern und Importeuren von neuartigen Tabakerzeugnissen vor, bei den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten jedes derartige Erzeugnis zu melden, das sie in dem Mitgliedstaat in Verkehr zu bringen beabsichtigen. Diese Meldung muss in elektronischer Form sechs Monate vor dem beabsichtigten Inverkehrbringen erfolgen und eine detaillierte Beschreibung des betreffenden neuartigen Tabakerzeugnisses sowie eine Gebrauchsanweisung dafür und Informationen über Inhaltsstoffe und Emissionen gemäß Artikel 5 enthalten. Hersteller und Importeure, die ein neuartiges Tabakerzeugnis melden, stellen den zuständigen Behörden außerdem Folgendes bereit:
a) verfügbare wissenschaftliche Studien zu Toxizität, Suchtpotenzial und Attraktivität des neuartigen Tabakerzeugnisses, insbesondere was seine Inhaltsstoffe und Emissionen anbelangt;
b) verfügbare Studien, Zusammenfassungen davon und Marktforschung zu den Präferenzen verschiedener Verbrauchergruppen, einschließlich junger Menschen und derzeitiger Raucher;
c) sonstige verfügbare und sachdienliche Informationen, darunter eine Risiko Nutzen Analyse des Produkts, dessen erwartete Auswirkungen auf den Ausstieg und den Einstieg in den Tabakkonsum sowie erwartete Verbraucherwahrnehmungen.
(2) Die Mitgliedstaaten schreiben den Herstellern und Importeuren neuartiger Tabakerzeugnisse vor, ihren zuständigen Behörden neue oder aktualisierte Informationen gemäß Absatz 1 Buchstaben a bis c zu übermitteln. Die Mitgliedstaaten können den Herstellern oder Importeuren neuartiger Tabakerzeugnisse vorschreiben, zusätzliche Tests durchzuführen oder zusätzliche Informationen vorzulegen. Die Mitgliedstaaten stellen der Kommission alle gemäß diesem Artikel erhaltenen Informationen zur Verfügung.
(3) Die Mitgliedstaaten können ein System für die Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse einführen. Die Mitgliedstaaten können für diese Zulassung bei den Herstellern und Importeuren eine angemessene Gebühr erheben.
(4) Neuartige Tabakerzeugnisse, die in Verkehr gebracht werden, müssen den Anforderungen dieser Richtlinie genügen. Welche der Bestimmungen dieser Richtlinie auf neuartige Tabakerzeugnisse anwendbar sind richtet sich danach, ob diese Erzeugnisse unter die Definition der rauchlosen Tabakerzeugnisse oder des Rauchtabakerzeugnisses fallen.
...“
43 2.2. Das Tabak und Nichtraucherinnen bzw. Nichtraucherschutzgesetz TNRSG, BGBl. Nr. 431/1995, in der Fassung BGBl. I Nr. 66/2019, lautet (auszugsweise):
„Begriffsbestimmungen
§ 1. Im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt als
1. ‚Tabakerzeugnis‘ jedes Erzeugnis, das zum Rauchen, Schnupfen, Lutschen oder Kauen bestimmt ist, sofern es ganz oder teilweise aus Tabak, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Tabak in gentechnisch veränderter oder unveränderter Form handelt, besteht,
1a. ‚neuartiges Tabakerzeugnis‘ jedes Tabakerzeugnis, das nicht in eine der Kategorien Zigaretten, Tabak zum Selbstdrehen, Pfeifentabak, Wasserpfeifentabak, Zigarren, Zigarillos, Kautabak, Schnupftabak und Tabak zum oralen Gebrauch fällt und erstmals nach dem 19. Mai 2014 in Verkehr gebracht wurde,
...
1e. ‚verwandtes Erzeugnis‘ jedes neuartige Tabakerzeugnis, pflanzliche Raucherzeugnis, die elektronische Zigarette und deren Liquids,
...
1j. ‚Rauchtabakerzeugnis‘ jedes Tabakerzeugnis mit Ausnahme rauchloser Tabakerzeugnisse,
1k. ‚rauchloses Tabakerzeugnis‘ ein Tabakerzeugnis, das nicht mittels eines Verbrennungsprozesses konsumiert wird, unter anderem Kautabak, Schnupftabak und Tabak zum oralen Gebrauch,
...
Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse
(1) Wird beabsichtigt, ein neuartiges Tabakerzeugnis in Österreich in Verkehr zu bringen, ist dafür eine Zulassung beim Bundesministerium für Gesundheit zu beantragen.
(2) Die Zulassungswerberin bzw. der Zulassungswerber hat dem Bundesministerium für Gesundheit alle notwendigen Unterlagen und Aufzeichnungen zur Verfügung zu stellen und erforderliche Auskünfte zu erteilen. Die Herstellerinnen bzw. Hersteller und Importeurinnen bzw. Importeure haben Folgendes in elektronischer Form bereitzustellen:
1. detaillierte Beschreibung des betreffenden neuartigen Tabakerzeugnisses sowie eine Gebrauchsanweisung dafür;
2. Informationen über Inhaltsstoffe und Emissionen gemäß der §§ 8, 8c und 10b;
3. verfügbare wissenschaftliche Studien zu Toxizität, Suchtpotential und Attraktivität des neuartigen Tabakerzeugnisses, insbesondere was seine Inhaltsstoffe und Emissionen anbelangt;
4. verfügbare Studien, Zusammenfassungen davon und Marktforschung zu den Präferenzen verschiedener Verbraucherinnen bzw. Verbrauchergruppen, einschließlich junger Menschen und derzeitiger Raucherinnen bzw. Raucher;
5. sonstige verfügbare und sachdienliche Informationen, darunter eine Risiko Nutzen Analyse des Produkts, dessen erwartete Auswirkungen auf den Ausstieg und den Einstieg in den Tabakkonsum sowie erwartete Verbraucherinnen bzw. Verbraucherwahrnehmungen.
(3) Die Herstellerinnen bzw. Hersteller und Importeurinnen bzw. Importeure haben dem Bundesministerium für Gesundheit neue oder aktualisierte Informationen gemäß Abs. 2 Z 3 bis 5 unverzüglich zu übermitteln. Das Bundesministerium für Gesundheit kann den Herstellerinnen bzw. Herstellern und Importeurinnen bzw. Importeuren zusätzliche Tests und die Vorlage zusätzlicher Informationen vorschreiben.
(4) Die Zulassung ist von der Bundesministerin bzw. des Bundesministers für Gesundheit zu erteilen, wenn den jeweils geltenden Vorschriften dieses Bundesgesetzes für das betroffene neuartige Tabakerzeugnis entsprochen wird.
(5) Bei Nichteinhaltung der in den Abs. 2, 3 und 8 festgelegten Anforderungen ist die Zulassung nicht zu erteilen bzw. zu widerrufen.
(6) Das Bundesministerium für Gesundheit hat der Europäischen Kommission alle gemäß der Abs. 2 und 3 erhaltenen Informationen elektronisch zur Verfügung zu stellen.
(7) Die Kosten der Zulassung sind von der Zulassungswerberin bzw. vom Zulassungswerber zu tragen. Die Bundesministerin oder der Bundesminister für Gesundheit hat im Einvernehmen mit der Bundesministerin oder dem Bundesminister für Finanzen durch Verordnung nähere Bestimmungen hinsichtlich:
1. kostendeckender Gebühren für das Zulassungsverfahren, und
2. der Voraussetzungen der Zulassung sowie des Zulassungsverfahrens
zu erlassen.
(8) Neuartige Tabakerzeugnisse, die in Verkehr gebracht werden, müssen den Anforderungen dieses Gesetzes genügen. Welche der Bestimmungen dieses Gesetzes auf neuartige Tabakerzeugnisse anwendbar sind, richtet sich danach, ob diese Erzeugnisse unter die Definition der rauchlosen Tabakerzeugnisse oder des Rauchtabakerzeugnisses fallen.
...“
44 2.3. Die Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen hinsichtlich der Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse (NTZulV), BGBl. II Nr. 42/2017, lautet (auszugsweise):
„Geltungsbereich
Diese Verordnung regelt im Sinne der Bestimmung des § 10a Abs. 7 Z 2 TNRSG:
1. die Voraussetzungen der Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse (§ 1 Z 1a TNRSG) und
2. das Zulassungsverfahren für die Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse sowie die Einrichtung einer Bewertungsstelle.
Einrichtung einer Bewertungsstelle
Bei der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH ist eine Bewertungsstelle für die Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse einzurichten. Diese Bewertungsstelle untersteht in fachlicher Hinsicht der Aufsicht der Bundesministerin bzw. des Bundesministers für Gesundheit und Frauen.
Aufgabenbereich
(1) Der Bewertungsstelle obliegt neben den sonstigen gesetzlichen Aufgabenstellungen gemäß §§ 9 und 10 TNRSG insbesondere:
1. die fachliche Prüfung im Rahmen der Zulassung von neuartigen Tabakerzeugnissen gemäß § 10a TNRSG,
2. die Führung eines Registers über die Ergebnisse der fachlichen Prüfung gemäß § 10a TNRSG bzw. der amtlichen Untersuchung gemäß § 10 TNRSG.
(2) Die Bewertungsstelle hat Richtlinien hinsichtlich Vorgaben über:
1. die Durchführung und die Mindestinhalte der fachlichen Prüfung im Rahmen der Zulassung gemäß § 10a TNRSG,
2. die Mindestinhalte der Kontrolle bzw. amtlichen Untersuchung gemäß §§ 9 und 10 TNRSG,
...
auszuarbeiten.
Diese Richtlinien sind vom Bundesministerium für Gesundheit und Frauen zu genehmigen und von der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH auf deren Homepage zu veröffentlichen.
Voraussetzungen der Bewertungsstelle
(1) Die Bewertungsstelle hat für die Durchführung praktischer Prüfungen über geeignete Einrichtungen (Laboranlagen etc.) zu verfügen.
(2) Die Bewertungsstelle hat folgende Anforderungen zu erfüllen:
...
3. das für die Durchführung der Prüftätigkeit erforderliche Fachwissen aufzuweisen,
4. die Verfügbarkeit einer personellen, technischen und sachlichen Mindestausstattung sicherzustellen.
Prüfung und Zulassung von neuartigen Tabakerzeugnissen
(1) Zuständig für die Entscheidung über Anträge auf Zulassung von neuartigen Tabakerzeugnissen gemäß § 10a TNRSG ist die Bundesministerin bzw. der Bundesminister für Gesundheit und Frauen. Diese bzw. dieser bedient sich hinsichtlich der fachlichen Prüfung und Beurteilung des Zulassungsantrages der bei der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH eingerichteten Bewertungsstelle.
(2) Die Zulassungswerberin bzw. der Zulassungswerber gemäß § 10a Abs. 1 TNRSG hat einen Antrag auf Zulassung beim Bundesministerium für Gesundheit und Frauen zu stellen, welcher direkt bei der Bewertungsstelle gemäß § 2 in elektronischer Form einzubringen ist. Zulassungswerberin bzw. Zulassungswerber kann nur sein, wer beabsichtigt, das zulassungsgegenständliche Produkt in Österreich in Verkehr zu bringen.
(3) Mit dem Antrag auf Zulassung sind alle notwendigen Unterlagen und Informationen gemäß § 10a Abs. 2 TNRSG vorzulegen. Die übermittelten Unterlagen und Informationen müssen jedenfalls enthalten:
1. vollständiger Name oder Firmenbezeichnung und Anschrift;
2. Nachweis der Gewerbeberechtigung oder Befugnis der Zulassungswerberin bzw. des Zulassungswerbers;
3. genaue Bezeichnung des Produktes (Type, Markenbezeichnung, Sorte etc.) und Verwendungszweck;
4. Herstellungsort;
5. Produktinformationen, die eine Prüfung möglich machen, wie insbesondere:
a) technische Angaben;
b) Zweck und Anwendungsbereich;
c) Bedienungsanleitung (soweit zutreffend);
d) Auflistung der allfälligen Inhalts und Zusatzstoffe sowie Emissionen;
e) Angaben zu den Materialeigenschaften;
f) Referenzbetriebe (soweit vorhanden);
6. Bezug nehmende aktuelle Gutachten, Prüfberichte oder wissenschaftliche Arbeiten;
7. Unterlagen zu Produktsicherheit und Qualitätssicherung sowie vorgesehene Maßnahmen dazu;
8. Unterlagen über die Zulassung des Produktes in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (soweit vorhanden).
(4) Mit dem Antrag auf Zulassung ist auch ein Muster samt einem Etikett des neuartigen Tabakerzeugnisses zu übermitteln. Unter Etikett ist ein Hinweisschild, welches direkt am neuartigen Tabakerzeugnis oder auf der Verpackung des neuartigen Tabakerzeugnisses angebracht ist, zu verstehen.
(5) Änderungen in der Rechtspersönlichkeit der Zulassungswerberin bzw. des Zulassungswerbers sowie in der Ausgestaltung, Aufmachung, technischen oder inhaltlichen Spezifikation des zulassungsgegenständlichen Produktes sind dem Bundesministerium für Gesundheit und Frauen unverzüglich mitzuteilen.
(6) Der Bewertungsstelle sind die für die Zulassung erforderlichen Unterlagen und auch ergänzende neue oder aktualisierte Informationen von der Zulassungswerberin bzw. dem Zulassungswerber vorzulegen. Werden diese Unterlagen binnen der von der Bewertungsstelle festzulegenden Frist nicht übermittelt, hat die Bundesministerin bzw. der Bundesminister für Gesundheit und Frauen die Vorlage anzuordnen.
(7) Die Prüfung und Beurteilung des Zulassungsantrages durch die Bewertungsstelle hat anhand der Bestimmungen des TNRSG einschließlich der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen, unter Anwendung von dem Stand der Technik entsprechenden wissenschaftlichen Methoden und Kriterien zu erfolgen.
(8) Die Bewertungsstelle hat das zulassungsgegenständliche Produkt zu bewerten und hierzu ein Gutachten zu erstellen. Das Ergebnis der Bewertung hat festzustellen, ob das Produkt bei bestimmungsgemäßer Verwendung den Anforderungen des TNRSG einschließlich der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen entspricht oder nicht entspricht.
(9) Die Zulassung ist von der Bundesministerin bzw. dem Bundesminister für Gesundheit und Frauen zu erteilen bzw. zu versagen, wenn den Vorschriften des TNRSG einschließlich der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen für das betroffene neuartige Tabakerzeugnis entsprochen bzw. nicht entsprochen wird. Der Entscheidung über die Erteilung oder Versagung der Zulassung durch die Bundesministerin bzw. den Bundesminister für Gesundheit und Frauen ist ein entsprechendes Gutachten bzw. eine entsprechende Feststellung der Bewertungsstelle zu Grunde zu legen.
...
Diese Verordnung tritt mit Ablauf des Tages der Freigabe zur Abfrage im BGBl. in Kraft.“
45 2.4. Das Gesundheits und Ernährungssicherheitsgesetz GESG, BGBl. I Nr. 63/2002, in der Fassung BGBl. I Nr. 256/2021, lautet (auszugsweise):
„Einrichtung und Aufgaben des Büros für Tabakkoordination
(1) Als gemeinsame Einrichtung des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz sowie der Agentur wird ein Büro für Tabakkoordination (im Folgenden als ‚Tabak Büro‘ bezeichnet) eingerichtet.
(2) Vom Tabak Büro sind im Auftrag des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz insbesondere folgende Aufgaben in Zusammenhang mit der Vollziehung des Tabak und Nichtraucherinnen bzw. Nichtraucherschutzgesetzes TNRSG, BGBl. Nr. 431/1995, wahrzunehmen:
...
8. Fachliche Beurteilung im Rahmen der Zulassung von neuartigen Tabakerzeugnissen gemäß § 10a TNRSG in Verbindung mit der Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen hinsichtlich der Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse – NTZulV, BGBl. II Nr. 42/2017;
...
(5) Das Tabak Büro hat zur Erfüllung der in Abs. 2 angeführten Aufgaben eine ausreichende Anzahl fachlich und rechtlich befähigter Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen und geeignete technische Ausrüstung einzusetzen sowie sich dazu der Agentur zu Gebote stehenden Mittel zu bedienen. Wenn es zweckmäßig und kostensparend ist, kann das Tabak Büro zur Erfüllung seiner Aufgaben auch externe Sachverständige anderer Stellen mit einschlägiger Qualifikation oder technische Ausrüstung externer Stellen heranziehen.
Grundsätze der Agentur
(1) Es wird eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit dem Firmenwortlaut ‚Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH‘ errichtet. ...
...
Aufgaben der Agentur
(1) Die Agentur hat die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderliche Forschung zu betreiben und einschlägige wissenschaftliche Erkenntnisse zu vermitteln.
(2) Die Agentur hat zur Verwirklichung des im § 1 und in Abs. 1 genannten Zieles und zum Schutz der Gesundheit der Menschen und des Tierbestandes insbesondere die folgenden Aufgaben zu erfüllen:
...
23. Mitwirkung bei den Aufgaben des Büros für Tabakkoordination;
...
(4) Die Agentur hat dem Bundesamt für Ernährungssicherheit, dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen, dem Büro für veterinärbehördliche Zertifizierung und dem Bundesamt für Verbrauchergesundheit sowie dem Büro für Tabakkoordination sämtliche erforderlichen Mittel zur Wahrnehmung der Aufgaben gemäß §§ 6 bis 6e zur Verfügung zu stellen.
...“
46 3. Die Revision ist aus den in der Zulassungsbegründung des Verwaltungsgerichts genannten Gründen zulässig.
47 4. Sie ist aber nicht begründet:
48 4.1. Vorauszuschicken ist Folgendes: Weder von der Revisionswerberin noch von der belangten Behörde wurde die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, dass es sich bei den drei zur Zulassung beantragten Produkten („H G“, „H S“ und „H M“) um neuartige Tabakerzeugnisse iSd § 1 Z 1a TNRSG bzw. um rauchlose Tabakerzeugnisse iSd § 1 Z 1k TNRSG handelt, in Zweifel gezogen. Unstrittig ist auch die vom Verwaltungsgericht festgestellte Funktionsweise dieser Produkte. Für das Revisionsverfahren ist weiters davon auszugehen, dass die Revisionswerberin Zulassungswerberin iSd § 5 Abs. 2 zweiter Satz NTZulV und nach den unbestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts auch Importeurin der gegenständlichen Produkte ist.
49 4.2. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Zulassung der drei genannten neuartigen Tabakerzeugnisse. Das Verwaltungsgericht versagte die Zulassung, weil die Revisionswerberin Unterlagen über die von der belangten Behörde vorgeschriebenen toxikologischen Tests und Emissionsmessungen bis zum Ende des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht vollständig übermittelt und für das zur Zulassung beantragte Produkt „H M“ kein der Produktbeschreibung entsprechendes Produktmuster vorgelegt habe.
50 4.3. Die Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse ist in § 10a TNRSG geregelt, der in Abs. 1 für das Inverkehrbringen solcher Tabakerzeugnisse in Österreich eine auf Antrag zu erteilende Zulassung durch die belangte Behörde (als Zulassungsbehörde) verlangt. Damit geht der österreichische Gesetzgeber über die in Art. 19 Abs. 1 TPD II vorgesehene Meldepflicht beim Inverkehrbringen neuartiger Tabakerzeugnisse hinaus und nimmt die in Art. 19 Abs. 3 TPD II den Mitgliedstaaten vorbehaltene Möglichkeit in Anspruch, ein System für die Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse einzuführen (vgl. RV 1056 BlgNR XXV. GP 6; ErwG 34 der TPD II spricht von der Befugnis der Mitgliedstaaten, neuartige Tabakerzeugnisse zu verbieten oder zuzulassen). Innerstaatlich betrachtet liegt es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, Tabakerzeugnisse auf Grund potentieller gesundheitsschädigender Auswirkungen in den Anwendungsbereich des TNRSG einzubeziehen (vgl. VfSlg. 20.151/2017, Pkt. 2.4.4., betreffend das Versandhandelsverbot auch von nikotinfreien E Zigaretten und Liquids; vgl. auch VfGH 26.2.2018, G 122/2017, betreffend den Nichtraucherschutz vor Wasserpfeifen).
51 Gemäß § 10a Abs. 7 Z 2 TNRSG können durch Verordnung nähere Bestimmungen hinsichtlich der Voraussetzungen der Zulassung sowie des Zulassungsverfahrens erlassen werden. Auf dieser Grundlage wurde die Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen hinsichtlich der Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse (NTZulV) erlassen.
52 Dieses Zulassungsverfahren stellt sich im Einzelnen wie folgt dar:
53 Der Zulassungsantrag ist gemäß § 5 Abs. 2 NTZulV bei der Bewertungsstelle einzubringen, die gemäß § 2 NTZulV direkt bei der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES) eingerichtet ist und in fachlicher Hinsicht der Aufsicht des zuständigen Bundesministers unterliegt (vgl. zur Funktion der AGES als Hilfsorgan des zuständigen Bundesministers VfSlg. 20.391/2020, betreffend die Überwachung und Kontrolle des produktbezogenen Tabakrechts; Kopetzki , Alternative Zuständigkeiten in der mittelbaren Bundesverwaltung am Beispiel des Gesundheitswesens, FS Merli [2023] 243 [248 f.]).
54 § 10a Abs. 2 und 3 TNRSG enthält nähere Bestimmungen über die für eine Zulassung notwendigen Unterlagen und Informationen. Dieser entspricht den Regelungen, die Art. 19 Abs. 1 lit. a bis c und Abs. 2 TPD II für ein System der (bloßen) Meldung neuartiger Tabakerzeugnisse vorsieht. Gemäß § 10a Abs. 2 erster Satz TNRSG hat die Zulassungswerberin der Zulassungsbehörde alle notwendigen Unterlagen und Aufzeichnungen zur Verfügung zu stellen und die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Gemäß § 10a Abs. 2 zweiter Satz TNRSG hat die Herstellerin bzw. Importeurin die in den Z 1 bis 5 aufgezählten Unterlagen bzw. Informationen in elektronischer Form bereitzustellen. Konkretisierend bzw. ergänzend enthält § 5 Abs. 3 NTZulV eine Liste der mit dem Zulassungsantrag zu übermittelnden Unterlagen und Informationen. § 5 Abs. 4 NTZulV sieht weiters vor, dass mit dem Antrag auf Zulassung auch ein Muster samt einem Etikett des neuartigen Tabakerzeugnisses zu übermitteln ist.
55 Gemäß § 10 Abs. 3 TNRSG haben die Herstellerinnen und Importeurinnen dem zuständigen Bundesministerium neue oder aktualisierte Informationen gemäß Abs. 2 Z 3 bis 5 unverzüglich zu übermitteln. Das Bundesministerium kann ihnen auch zusätzliche Tests und die Vorlage zusätzlicher Informationen vorschreiben (vgl. auch § 5 Abs. 6 zweiter Satz NTZulV).
56 Gemäß § 5 Abs. 6 erster Satz NTZulV sind die für die Zulassung erforderlichen Unterlagen und auch ergänzende neue oder aktualisierte Informationen der Bewertungsstelle zu übermitteln. Dieser obliegt sodann gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 und § 5 Abs. 1 zweiter Satz NTZulV die fachliche Prüfung und Beurteilung des Zulassungsantrages.
57 Die Prüfung und Beurteilung des Zulassungsantrags durch die Bewertungsstelle hat gemäß § 5 Abs. 7 NTZulV anhand der Bestimmungen des TNRSG einschließlich der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen dazu zählt auch die NTZulV selbst unter Anwendung von dem Stand der Technik entsprechenden wissenschaftlichen Methoden und Kriterien zu erfolgen. Dafür hat die Bewertungsstelle gemäß § 3 Abs. 2 Z 1 NTZulV Richtlinien über die Durchführung und die Mindestinhalte der fachlichen Prüfung auszuarbeiten, die von der Zulassungsbehörde zu genehmigen und von der AGES auf deren Homepage zu veröffentlichen sind.
58 Die Bewertungsstelle hat gemäß § 5 Abs. 8 NTZulV ein Gutachten zu erstellen, als dessen Ergebnis festzustellen ist, ob das Produkt bei bestimmungsgemäßer Verwendung den Anforderungen des TNRSG einschließlich der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen (wie der NTZulV) entspricht oder nicht entspricht.
59 Der Entscheidung über die Erteilung oder Versagung der Zulassung durch die Zulassungsbehörde ist gemäß § 5 Abs. 9 zweiter Satz NTZulV ein entsprechendes Gutachten bzw. eine entsprechende Feststellung der Bewertungsstelle zu Grunde zu legen. Gemäß § 10 Abs. 4 TNRSG bzw. § 5 Abs. 9 erster Satz NTZulV hat die Zulassungsbehörde die beantragte Zulassung zu erteilen, wenn das neuartige Tabakerzeugnis den Vorschriften des TNRSG einschließlich der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen (wie der NTZulV) für dieses Erzeugnis entspricht. In diesem Fall besteht ein Rechtsanspruch auf Zulassung. Entspricht das neuartige Tabakerzeugnis diesen Rechtsvorschriften nicht, ist die Zulassung zu versagen.
60 Welche der Bestimmungen des TNRSG auf neuartige Tabakerzeugnisse anwendbar sind, richtet sich gemäß § 10a Abs. 8 TNRSG danach, ob diese Erzeugnisse unter die Definition der Rauchtabakerzeugnisse oder wie im Revisionsfall der rauchlosen Tabakerzeugnisse fallen.
61 4.4. Im Revisionsverfahren ist zunächst strittig, ob die Zulassungsbehörde überhaupt berechtigt war, zusätzliche Tests und die Vorlage zusätzlicher Emissionswerte vorzuschreiben.
62 Gegenstand der Verpflichtung der Zulassungswerberin bzw. Herstellerin oder Importeurin, für die Zulassung Unterlagen und Informationen zur Verfügung zu stellen, sind zunächst die in § 10a Abs. 2 zweiter Satz TNRSG und in § 5 Abs. 3 zweiter Satz NTZulV jeweils im Einzelnen aufgezählten Unterlagen und Informationen. Diese Aufzählungen sind aber nicht abschließend (vgl. auch den Wortlaut des § 5 Abs. 3 zweiter Satz NTZulV: „müssen jedenfalls enthalten“). § 10a Abs. 2 erster Satz TNRSG verpflichtet vielmehr in Form einer Generalklausel dazu, alle „notwendigen“ Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Davon sind, wie sich auch aus § 5 Abs. 6 erster Satz NTZulV ergibt, alle Unterlagen erfasst, die für die Beurteilung erforderlich (notwendig) sind, ob die Zulassung zu erteilen oder zu versagen ist.
63 Wie die Revisionswerberin zutreffend ausführt, besteht die Verpflichtung zur Verfügungstellung (einzelner) der in den Z 1 bis 5 des § 10a Abs. 2 zweiter Satz TNRSG aufgezählten Unterlagen und Informationen nach dem Gesetzeswortlaut nur soweit, als diese „verfügbar“ sind, also im Zeitpunkt der Antragstellung auf Zulassung bereits existieren. Einer Auslegung dahingehend, dass nach dieser Bestimmung auch solche Unterlagen und Informationen bereits „verfügbar“ sind, die erst erstellt werden müssten, steht der eindeutige Gesetzeswortlaut entgegen. Entstehen jedoch während des Zulassungsverfahrens neue oder aktualisierte Informationen iSd § 10a Abs. 2 Z 3 bis 5 TNRSG, sind diese gemäß § 10a Abs. 3 erster Satz TNRSG bzw. § 5 Abs. 6 NTZulV unverzüglich dem zuständigen Bundesministerium, und zwar der Bewertungsstelle, zu übermitteln.
64 Gemäß § 10a Abs. 3 zweiter Satz TNRSG kann die Zulassungsbehörde den Herstellerinnen und Importeurinnen überdies zusätzliche Tests und die Vorlage zusätzlicher Informationen vorschreiben.
65 Die Revisionswerberin bestreitet nun, dass § 10a Abs. 3 TNRSG im Zulassungsverfahren überhaupt anwendbar ist. Damit ist die Revision nicht im Recht, wie sich schon aus § 10a Abs. 5 TNRSG ergibt, der die Versagung der Zulassung und nicht nur deren Widerruf für den Fall vorsieht, dass die in Abs. 3 festgelegten Anforderungen nicht eingehalten werden. Es könnte die Zulassungsbehörde andernfalls auch die ihr gemäß § 10a Abs. 4 TNRSG bzw. § 5 Abs. 9 NTZulV übertragene Beurteilung, ob das neuartige Tabakerzeugnis den Vorschriften des TNRSG einschließlich der auf seiner Grundlage ergangenen Verordnungen entspricht, nicht effektiv wahrnehmen.
66 Das Verwaltungsgericht ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass die in § 10a Abs. 3 zweiter Satz TNRSG vorgesehene Befugnis der Zulassungsbehörde, zusätzliche Tests also über bereits durchgeführte hinausgehende und die Vorlage zusätzlicher Informationen das sind über bereits vorgelegte hinausgehende vorzuschreiben, nicht nur in einem Verfahren über den Widerruf einer Zulassung, sondern bereits im Zulassungsverfahren zur Anwendung gelangt. Im Revisionsfall ist die revisionswerbende Zulassungswerberin auch die Importeurin der gegenständlichen Produkte.
67 4.5. Sodann wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, § 10a Abs. 2 und 3 TNRSG räume der Zulassungsbehörde Ermessen hinsichtlich der Frage ein, welche zusätzlichen Tests und Unterlagen sie von der Zulassungswerberin bzw. Herstellerin oder Importeurin verlangen dürfe.
68 § 10a Abs. 3 zweiter Satz TNRSG räumt der Zulassungsbehörde schon seinem Wortlaut nach („kann“) Ermessen iSd Art. 130 Abs. 3 B VG ein (vgl. zu einer materienspezifischen Anordnung von Ermessen hinsichtlich der Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes im SDG VwGH 19.12.2018, Ra 2018/03/0122, Rn. 12). Dies liegt auch deswegen nahe, weil § 10a TNRSG für alle möglichen, unter Umständen ganz unterschiedliche Arten von eben neuartigen Tabakerzeugnissen offen sein soll (vgl. EuGH 22.11.2018, Swedish Match AB , C 151/17, Rn. 32, nach dem die Auswirkungen der neuartigen Tabakerzeugnisse auf die öffentliche Gesundheit angesichts des Zeitpunkts ihres Inverkehrbringens bei Erlass der TPD II per definitionem nicht beobachtet oder untersucht werden konnten). Die für die Bewertung und Zulassungsentscheidung erforderlichen Tests und Informationen können folglich von Fall zu Fall unterschiedlich sein und nicht für alle (zukünftigen) neuartigen Tabakerzeugnisse im Vorhinein festgelegt werden. Anders als es die Revision meint, spricht gegen die Annahme von Ermessen auch nicht, dass die Entscheidung über die Erteilung oder Versagung der Zulassung selbst nicht im Ermessen der Zulassungsbehörde steht (arg: § 10a Abs. 4 TNRSG: „ist zu erteilen“; § 5 Abs. 9 NTZulV: „ist ... zu erteilen bzw. zu versagen“), die Zulassungswerberin also wie ausgeführt bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf Zulassung hat. Davon zu unterscheiden ist die Vorschreibung zusätzlicher Tests und der Vorlage zusätzlicher Informationen, die nur einen Schritt in dem der Entscheidung über den Zulassungsantrag vorangehenden Ermittlungsverfahren darstellt.
69 4.6.1. Gemäß Art. 130 Abs. 3 B VG liegt von hier nicht maßgeblichen Ausnahmen abgesehen Rechtswidrigkeit nicht vor, soweit das Gesetz der Verwaltungsbehörde Ermessen einräumt und sie dieses im Sinne des Gesetzes geübt hat. Es war demnach Aufgabe des Verwaltungsgerichtes, zu überprüfen, ob sich die Vorschreibung von toxikologischen Tests und der Vorlage von Emissionswerten durch die belangte Behörde als Ermessensübung im Sinne des Gesetzes erwies, und zwar vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehenden Sach und Rechtslage. Bejahendenfalls wäre die Beschwerde ohne dass das Verwaltungsgericht befugt wäre, in eine eigene Ermessenentscheidung einzutreten abzuweisen gewesen. Erst wenn sich die behördliche Ermessensübung im Ergebnis als nicht im Sinne des Gesetzes erfolgt erwiesen hätte was insb. auch der Fall wäre, wenn die für die Übung des Ermessens maßgeblichen Umstände nicht frei von Verfahrensmängeln oder unvollständig festgestellt wurden wäre das Verwaltungsgericht befugt gewesen, bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Entscheidung in der Sache selbst (§ 28 Abs. 2 VwGVG), gegebenenfalls nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens eigenes Ermessen zu üben (nur bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen für eine Entscheidung in der Sache selbst wäre nach § 28 Abs. 4 VwGVG vorzugehen gewesen) (vgl. VwGH 1.3.2016, Ra 2015/11/0106; 30.6.2022, Ra 2019/11/0136, mwN).
70 4.6.2. Ermessenskriterien für die Beurteilung, ob die Zulassungsbehörde bei der Vorschreibung zusätzlicher Tests und der Vorlage von Emissionswerten ihr Ermessen, wie es Art. 130 Abs. 3 B VG vorsieht, „im Sinne des Gesetzes“ geübt hat, sind die materiellen Zulassungskriterien, also jene Kriterien, nach denen zu beurteilen ist, ob die Zulassung zu erteilen oder zu versagen ist. Die Vorschreibung zusätzlicher Tests und der Vorlage zusätzlicher Informationen gemäß § 10a Abs. 3 zweiter Satz TNRSG ist nämlich jedenfalls nur für solche Tests und Informationen rechtmäßig, die für die Entscheidung über die Zulassung erforderlich sind. Das ergibt sich nicht nur aus dem Telos eines Zulassungsverfahrens, sondern auch in systematischer Betrachtung aus § 10a Abs. 2 erster Satz TNRSG, nach dem die Zulassungswerberin der Zulassungsbehörde alle „notwendigen“ Unterlagen und Aufzeichnungen zur Verfügung zu stellen und „erforderliche“ Auskünfte zu erteilen hat. Auch § 5 Abs. 6 erster Satz NTZulV („die für die Zulassung erforderlichen Unterlagen“) geht von diesem Verständnis aus.
71 Ob die Zulassungsbehörde darüber hinaus (zusätzliche) Informationen über gesundheitliche Aspekte der zur Zulassung beantragten neuartigen Tabakerzeugnisse auch zu gesundheitspolitischen Zwecken erheben darf, wovon das Verwaltungsgericht allgemein zu § 10a Abs. 2 und 3 TNRSG auszugehen scheint, kann wie sich im Folgenden zeigen wird für die Entscheidung des Revisionsfalls dahinstehen (vgl. dazu EuGH 22.11.2018, Swedish Match AB , C 151/17, Rn. 32, nach dem die Aufnahme neuartiger Tabakerzeugnisse in den Anwendungsbereich der Richtlinie zu dem Zweck erfolgte, dass deren Auswirkungen auf die Gesundheit und die Konsumgewohnheiten gemäß Art. 19 TPD II in Studien untersucht werden). Es muss daher auch nicht näher auf das Argument der Revision eingegangen werden, dass die von der Revisionswerberin bereits durchgeführten toxikologischen Tests und zur Verfügung gestellten Emissionswerte für eine gesundheitspolitische Produktbeobachtung ausreichend gewesen seien.
72 Aus § 10a Abs. 8 erster Satz TNRSG ergibt sich, dass neuartige Tabakerzeugnisse nur zugelassen (und damit in Verkehr gebracht) werden dürfen, wenn sie den Anforderungen dieses Bundesgesetzes genügen (vgl. Art. 19 Abs. 4 TPD II).
73 Die Revision bringt dazu vor, dass das TNRSG keine messbaren gesundheitsbezogenen Zulassungskriterien und im besonderen keine Emissionshöchstwerte für neuartige Tabakerzeugnisse vorsehe.
74 Dabei übersieht die Revision zunächst, dass das TNRSG etwa mit dem Verbot bestimmter Inhaltsstoffe in § 8b, soweit darin Regelungen für (alle) „Tabakerzeugnisse“ und somit gemäß § 10a Abs. 8 TNRSG auch für die gegenständlichen rauchlosen Tabakerzeugnisse enthalten sind, sehr wohl auch gesundheitsbezogene Vorgaben für die Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse enthält.
75 Darüber hinaus enthält aber weder die TPD II noch das TNRSG für neuartige Tabakerzeugnisse Emissionshöchstwerte, wie sie in Art. 3 Abs. 1 TPD II bzw. § 4 Abs. 1 TNRSG hinsichtlich des Kondensat (Teer ), Nikotin und Kohlenmonoxidgehalts von Zigaretten vorgesehen sind. Von der in § 4 Abs. 3 TNRSG (vgl. Art. 3 Abs. 3 TPD II) vorgesehenen Verordnungsermächtigung, Höchstwerte u.a. für Emissionen von Tabakerzeugnissen mit Ausnahme von Zigaretten zu erlassen, die auch neuartige Tabakerzeugnisse wie die verfahrensgegenständlichen erfasst, wurde bislang nicht Gebrauch gemacht.
76 Die belangte Behörde zog in ihrer Zulassungsentscheidung vom 23. Dezember 2022 als maßgebliches Kriterium für die Bewertung und Zulassung den Vergleich heran, ob die zur Zulassung beantragten neuartigen Tabakerzeugnisse hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Auswirkungen bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädlicher sind als herkömmliche Zigaretten. Das Verwaltungsgericht ging hingegen davon aus, dass dem TNRSG als Zulassungskriterium nicht zu entnehmen ist, dass ein neuartiges Tabakerzeugnis nicht gesundheitsschädlicher als eine Zigarette sein darf.
77 Es kann hier dahinstehen, ob die Auffassung der belangten Behörde oder jene des Verwaltungsgerichts zutreffend ist. Keinesfalls entspräche es nämlich anders als dies die Revision meint dem Gesetz, wenn neuartige Tabakerzeugnisse, sofern nur den Mitwirkungspflichten des Art. 10a Abs. 2 und 3 TNRSG und jenen der NTZulV entsprochen wird und diese Produkte keine der schon gemäß § 8b TNRSG verbotenen Inhaltsstoffe enthalten, in jedem Fall zuzulassen wären, also unabhängig von ihren gesundheitlichen Auswirkungen, wie sie sich insbesondere aus den im Zulassungsverfahren vorgelegten Unterlagen und Informationen ergeben.
78 Dazu ist zunächst in Erinnerung zu rufen, dass die Regelungen des § 10a TNRSG über die Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse im Kontext des Art. 19 TPD II ergangen sind (vgl. RV 1056 BlgNR XXV. GP 6). Diese Richtlinie verfolgt neben dem reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse das Ziel eines hohen Schutzes der menschlichen Gesundheit, besonders für junge Menschen (vgl. Art. 1 TPD II; vgl. weiters etwa EuGH 4.5.2016, C 358/14, Rn. 80, 86, 116; 9.12.2021, Pro Rauchfrei e. V. , C 370/20, Rn. 27; 22.2.2022, Stichting Rookpreventie Jeugd ua , C 160/20, Rn. 32; jeweils mwN).
79 Hinsichtlich der Zielsetzung der produktbezogenen Regelungen des TNRSG und deren verfassungsrechtlichen Kontextes hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 20.151/2017 zur Novelle BGBl. I Nr. 22/2016, mit welcher auch § 10a über die Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse in das TNRSG aufgenommen wurde, ausgeführt, dass diese Novelle im Allgemeinen dem Gesundheits , Konsumenten und Jugendschutz diene. Zu dem mit dieser Novelle ebenfalls erlassenen Versandhandelsverbot für (auch nikotinfreie) elektronische Zigaretten und Liquids führte der Verfassungsgerichtshof aus, es sei nicht unsachlich, wenn der Gesetzgeber den Versandhandel aus Gründen des Gesundheits , Konsumenten oder Jugendschutzes ebenso wie jenen mit Tabakerzeugnissen und anderen verwandten Erzeugnissen untersage, auch wenn bei elektronischen Zigaretten kein Verbrennungs , sondern ein Verdampfungsvorgang stattfinde. Dies gelte insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die Auswirkungen von (nikotinfreien wie nikotinhaltigen) elektronischen Zigaretten auf die menschliche Gesundheit mangels Langzeitstudien noch nicht abschätzbar seien (Pkt. 2.6.3. dieses Erkenntnisses). Es wäre, so der Verfassungsgerichtshof weiter, vor dem Hintergrund der gesundheitspolitischen Zielsetzung sogar unsachlich, ein Versandhandelsverbot für Tabakerzeugnisse, nicht jedoch auch für die ähnlich gesundheitsgefährdenden verwandten Erzeugnisse dazu zählen gemäß § 1 Z 1e TNRSG auch die im Revisionsfall verfahrensgegenständlichen neuartigen Tabakerzeugnisse vorzusehen, selbst wenn die elektronische Zigarette im Vergleich zur gewöhnlichen Zigarette weniger schädigende Auswirkungen aufweise (Pkt. 2.4.6.2. dieses Erkenntnisses).
80 In systematischer Hinsicht ist schließlich von Bedeutung, dass mit der Novelle BGBl. I Nr. 22/2016 im TNRSG für neuartige Tabakerzeugnisse eine gesonderte Zulassung eingeführt wurde. Für kein anderes Erzeugnis besteht nach dem TNRSG ein vergleichbares Zulassungserfordernis. Zwar dürfen Herstellerinnen und Importeurinnen nur Tabakerzeugnisse in Verkehr bringen, die den Anforderungen der TPD II bzw. den produktbezogenen Bestimmungen des TNRSG entsprechen (vgl. § 2 Abs. 1 TNRSG), und die die dort geregelten Meldeverfahren durchlaufen haben (vgl. EuG 20.9.2023, Nicoventures Trading Ltd , T 706/22, Rn. 43). Wenn demgegenüber für neuartige Tabakerzeugnisse, über die unionsrechtlich vorgesehene (bloße) Meldung gemäß Art. 19 Abs. 1 TPD II hinausgehend, der Marktzugang von einer vorab zu erteilenden behördlichen Bewilligung abhängt, liegt es auf der Hand, dass eine solche regulatorische Maßnahme umso mehr der Verwirklichung der mit den produktbezogenen Bestimmungen verfolgten Zielsetzungen des TNRSG, wie insbesondere dem Gesundheitsschutz, dient.
81 Vor dem Hintergrund der gesundheitspolitischen Zielsetzung der Novelle BGBl. I Nr. 22/2016 ist es angesichts des dargestellten unions und verfassungsrechtlichen sowie gesetzessystematischen Kontextes auszuschließen, dass eine Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse nach § 10a TNRSG unabhängig von ihren gesundheitlichen Auswirkungen erfolgen dürfte. Andernfalls hätte der Gesetzgeber auch nicht die verpflichtende Bereitstellung von Informationen und Studien etwa über die Toxizität und die Emissionen der zur Zulassung beantragten Produkte (vgl. § 10a Abs. 2 Z 2 bis 5 TNRSG) vorgesehen.
82 Im Revisionsfall wurde die Zulassung allerdings nicht wegen der gesundheitlichen Auswirkungen der gegenständlichen neuartigen Tabakerzeugnisse verweigert, sondern deswegen, weil die Revisionswerberin von der Zulassungsbehörde vorgeschriebene Unterlagen über zusätzliche Tests und Emissionswerte nicht vollständig vorlegte. Es kann jedoch für die Entscheidung des Revisionsfalls eine konkrete Festlegung, welche gesundheitlichen Auswirkungen von neuartigen Tabakerzeugnissen eine Erteilung der Zulassung (noch) erlauben und welche (schon) zu einer Versagung der Zulassung führen, dahinstehen. In diesem Sinn ist es auch nicht entscheidungswesentlich, ob das von der Zulassungsbehörde angenommene, vom Verwaltungsgericht hingegen verworfene Zulassungskriterium, dass ein neuartiges Tabakerzeugnis nicht schädlicher als eine herkömmliche Zigarette sein darf, dem TNRSG in jeder Hinsicht entspricht. Für die Beurteilung, ob im Revisionsfall bei der Vorschreibung zusätzlicher toxikologischer Tests und der Vorlage von Emissionswerten das durch § 10a Abs. 3 zweiter Satz TNRSG eingeräumte Ermessen im Sinne des Gesetzes geübt wurde, genügt es vielmehr festzuhalten, dass die gesundheitlichen Auswirkungen der zur Zulassung beantragten neuartigen Tabakerzeugnisse ein entscheidungsrelevantes gesetzliches Kriterium und somit auch ein Ermessenskriterium darstellen.
83 4.6.3. Die belangte Behörde begründete die Vorschreibungen in ihrem Auftrag zur Mitwirkung vom 31. März 2022 allgemein damit, dass diese für eine Einschätzung der gesundheitlichen Wirkungen bzw. eine gesundheitliche Bewertung der zur Zulassung beantragten Produkte notwendig seien. Der vorgeschriebene Umfang an Parametern der Emissionsmessungen orientiere sich an einer Prioritätenliste der World Health Organisation (WHO) aus dem Jahr 2018. Zusätzlich würden Emissionsmessungen zu produktspezifischen Inhaltsstoffen für eine gesundheitliche Bewertung benötigt, nämlich zu Aluminium und Triglyceriden. Dass die genannten Tests und Emissionsmessungen deshalb vorgeschrieben wurden, weil sie für einen Vergleich mit den Emissionen und toxikologischen Auswirkungen von herkömmlichen Zigaretten notwendig seien, geht aus dem Auftrag zur Mitwirkung der belangten Behörde vom 31. März 2022 hingegen nicht hervor.
84 Erst im Bescheid vom 23. Dezember 2022, mit dem der Zulassungsantrag abgewiesen wurde, zog die belangte Behörde als Ermessenskriterium den Vergleich heran, ob die zur Zulassung beantragten neuartigen Tabakerzeugnisse hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Auswirkungen bei bestimmungsgemäßem Gebrauch nicht schädlicher seien als herkömmliche Zigaretten. Das Verwaltungsgericht hat dieses Kriterium wieder verworfen und bestätigte erkennbar den Standpunkt des Auftrags zur Mitwirkung vom 31. März 2022, in dem als maßgebliches Ermessenskriterium die gesundheitlichen Auswirkungen der verfahrensgegenständlichen Tabakerzeugnisse zu Grunde gelegt wurden. Das Verwaltungsgericht konnte daher zutreffend davon ausgehen, dass die behördliche Ermessensübung bei der Vorschreibung zusätzlicher Tests und der Vorlage zusätzlicher Emissionswerte nicht schon deswegen nicht im Sinne des Gesetzes erfolgt wäre, weil die belangte Behörde ein unzutreffendes Ermessenskriterium herangezogen hätte. Das Verwaltungsgericht war demnach gemäß Art. 130 Abs. 3 B VG nur befugt zu überprüfen, ob sich diese Vorschreibung als Ermessensübung im Sinne des Gesetzes erwies.
85 4.6.4. Die Revision bringt weiters vor, die Ermessensüberprüfung durch das Verwaltungsgericht sei auch deswegen fehlerhaft, weil es auf Richtlinien der Bewertungsstelle abgestellt habe.
86 Das Verwaltungsgericht ging davon aus, dass die von der Zulassungsbehörde in ihrem Auftrag vom 31. März 2022 vorgeschriebenen Tests und Emissionsmessungen im Wesentlichen jenen Daten entsprächen, die in den gemäß § 3 Abs. 2 NTZulV ausgearbeiteten und veröffentlichten Richtlinien (Fassung vom 31. Mai 2022) als notwendiges Mindestmaß an Informationen zur Bewertung angeführt würden (vgl. Richtlinien Pkt. 5) und damit auch den Stand der Technik widerspiegelten. Es ist der Revision zwar zuzugestehen, dass diese Richtlinien als Voraussetzung für eine Zulassung auch das Kriterium formulieren, dass die gesundheitliche Bewertung der vorgelegten Unterlagen und Informationen keinen Hinweis auf schädlichere Auswirkungen des zulassungsgegenständlichen Produkts im Vergleich zu Zigaretten enthalten (Richtlinie 2 f.). Ihr ist aber entgegenzuhalten, dass unabhängig davon die Richtlinien allgemein jene Informationen anführen, welche für eine gesundheitliche Bewertung von Tabakerhitzungsprodukten (wie den verfahrensgegenständlichen) notwendig sind. Dabei werden Emissionswerte aufgezählt, die sich einerseits aus einer WHO Prioritätenliste und andererseits aus dem spezifischen Produktdesign ergeben, wobei zu letzteren als Beispiel ausdrücklich Emissionsdaten zu Aluminium genannt werden, wenn wie im Revisionsfall die zur Zulassung beantragten Produkte eine Aluminium Ummantelung besitzen (Richtlinien 5 ff., insb. 11). Weiters zählen die Richtlinien (12 ff.) auch toxikologische Studien zu dem Mindestmaß an Informationen für die gesundheitliche Bewertung. Dass die Vorlage zusätzlicher Informationen über die gesundheitlichen Auswirkungen der zur Zulassung beantragten Produkte aber grundsätzlich gemäß § 10a Abs. 3 zweiter Satz TNRSG vorgeschrieben werden kann, wurde bereits ausgeführt.
87 Die Revision behauptet nun gar nicht, dass die von der Zulassungsbehörde mit Auftrag zur Mitwirkung vom 31. März 2022 vorgeschriebenen toxikologischen Studien und Emissionsmessungen nicht jenen Informationen entsprächen, welche in den Richtlinien als zur gesundheitlichen Bewertung notwendige Informationen genannt werden. Diese Studien und Emissionswerte entsprechen auch der Art nach Informationen, wie sie im Zulassungsverfahren schon von Gesetzes wegen vorzulegen sind (vgl. § 10a Abs. 2 Z 2 und 3 TNRSG).
88 4.7.1. Was nun die konkrete Ermessensübung betrifft, bringt die Revisionswerberin vor, sie habe ohnedies ihr vorliegende toxikologische Studien zu Referenzprodukten und Tabakmischungen, die den zur Zulassung beantragten Produkten ähnlich seien, vorgelegt, weswegen die von der Zulassungsbehörde vorgeschriebenen zusätzlichen Tests und Informationen objektiv nicht erforderlich gewesen seien.
89 4.7.2. Mit Aufforderung zur Mitwirkung vom 31. März 2022 wurden der Revisionswerberin näher konkretisierte toxikologische Studien zu jedem einzelnen zur Zulassung beantragten Produkt vorgeschrieben. Die Revisionswerberin legte in der Folge Unterlagen über solche Tests zu zwei Referenzprodukten (E R und E M) und über Tests zu den verfahrensgegenständlichen Aromasystemen vor, allerdings nicht in der konkreten Zusammensetzung der zur Zulassung beantragten Produkte. Nach den unbestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts übermittelte die Revisionswerberin demnach nicht die Unterlagen zu toxikologischen Studien für jedes der drei verfahrensgegenständlichen Produkte, wie sie in der Aufforderung zur Mitwirkung vom 31. März 2022 vorgeschrieben worden waren.
90 Das Verwaltungsgericht begründete näher, warum damit die Aufforderung zur Mitwirkung nicht erfüllt wurde, und führte dabei insbesondere aus, dass der Zulassungsbehörde lediglich detaillierte Produktmuster und Produktinformationen zu den drei zur Zulassung beantragten Produkten vorlagen, weswegen sie toxikologische Tests zu anderen Produkten, die nicht Gegenstand des Zulassungsverfahrens seien, nicht verlässlich nachprüfen könne, und sie überdies nicht über alle Informationen hinsichtlich der Referenzprodukte verfüge.
91 Wenn die Revision dagegen bloß allgemein vorbringt, sie habe die Ähnlichkeit der Referenzprodukte wissenschaftlich belegt und begründet, warum diese Studienergebnisse auf die antragsgegenständlichen Produkte übertragbar seien, ohne dies aber näher darzulegen, ist anhand des Prüfungsmaßstabes des Art. 130 Abs. 3 B VG die Beurteilung des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden, die Zulassungsbehörde habe bei der Vorschreibung zusätzlicher toxikologischer Studien ihr Ermessen im Sinn des Gesetzes geübt.
92 4.7.3. Vergleichbares gilt für die vorgeschriebenen Emissionsmessungen.
93 Mit Aufforderung zur Mitwirkung vom 31. März 2022 wurden der Revisionswerberin Emissionsmessungen zu detailliert aufgezählten Parametern sowie zu Aluminium für jedes einzelne zur Zulassung beantragte Produkt sowie zu Triglyceriden für das Produkt H S vorgeschrieben. Die Revisionswerberin legte im verwaltungsbehördlichen Zulassungsverfahren Emissionswerte zu elf bzw. zwölf Parametern für die drei zur Zulassung beantragten Produkte sowie zu 58 Parametern für zwei Referenzprodukte (E R und E M), welche auch in den verfahrensgegenständlichen Produkten verwendete Tabakmischungen enthielten, vor. Letztere enthalten nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts überdies noch Aromastoffe. Emissionswerte zu Aluminium und Triglyceriden wurden von der Revisionswerberin nach den unbestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts weder zu den verfahrensgegenständlichen, noch zu den genannten Referenzprodukten vorgelegt. Das Verwaltungsgericht gelangte daher zu der Feststellung, dass die Revisionswerberin nicht die Emissionswerte für jedes der drei verfahrensgegenständlichen Produkte, wie sie in der Aufforderung zur Mitwirkung vom 31. März 2022 vorgeschrieben worden waren, vorgelegt habe.
94 Das Verwaltungsgericht begründete seine Schlussfolgerung, warum damit die genannte Aufforderung zur Mitwirkung nicht erfüllt worden sei, zunächst in vergleichbarer Weise wie hinsichtlich der fehlenden toxikologischen Studien. Darüber hinaus stützte es sich auf das Fehlen von Emissionswerten zu Aluminium und Triglyceriden. Dazu bringt die Revisionswerberin vor, sie habe im Zulassungsverfahren die Irrelevanz dieser Parameter wissenschaftlich dargelegt. Das Verwaltungsgericht erachtete die Vorschreibung dieser Emissionsmessungen jedoch angesichts der Begründung der Zulassungsbehörde für nachvollziehbar, dass die verfahrensgegenständlichen Produkte einen Aluminiummantel besäßen und dass das Produkt H S mittelkettige Öle/Fette als Inhaltsstoff enthalte, deren Inhalation als zentrale Ursache für die Entwicklung einer exogenen Lipidpneumonie angesehen werde.
95 Vor diesem Hintergrund erweist sich die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Zulassungsbehörde mit der Vorschreibung zusätzlicher Emissionsmessungen zum Zweck der Beurteilung der gesundheitlichen Auswirkungen der zur Zulassung beantragten Tabakerzeugnisse das ihr eingeräumte Ermessen nicht überschritten oder missbraucht habe, im Hinblick auf den Prüfungsmaßstab des Art. 130 Abs. 3 B VG als nicht rechtswidrig.
96 4.8.1. Schließlich bestreitet die Revision, dass die Revisionswerberin im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht zur Durchführung der vorgeschriebenen toxikologischen Tests und Emissionsmessungen verpflichtet werden konnte. Es sei vielmehr die Zulassungsbehörde zur amtswegigen Sachverhaltsermittlung verpflichtet, wofür sie sich auch der Bewertungsstelle bedienen könne, die nach der NTZulV zur Durchführung solcher Tests und Messungen berufen sei.
97 4.8.2. In diesem Zusammenhang behauptet die Revision, das Verwaltungsgericht habe den Umfang der Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren verkannt (vgl. die Zusammenstellung dieser Rechtsprechung bei Hengstschläger/Leeb , AVG § 39 Rn. 9 ff., Stand Mai 2021). Die Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes reicht gemäß § 39 Abs. 2 AVG jedoch nur soweit, als in den Verwaltungsvorschriften nicht Abweichendes angeordnet ist. Solche abweichenden Anordnungen enthält aber § 10a Abs. 2 und 3 TNRSG. Dieser verpflichtet die Zulassungswerberin bzw. Herstellerin oder Importeurin nicht nur zur Vorlage aller für die Entscheidung über die Zulassung erforderlichen, verfügbaren und neuen oder aktualisierten Unterlagen und Informationen, sondern ermächtigt die Zulassungsbehörde wie dargestellt überdies, der antragstellenden Partei zusätzliche Tests und die Vorlage zusätzlicher Informationen vorzuschreiben, also bestimmte Beweismittel beizubringen.
98 4.8.3. Diese Auslegung fügt sich auch in das Konzept der TPD II bzw. des TNRSG. Diese enthalten im harmonisierten Bereich verschiedentlich inhaltlich umfassende Meldepflichten der Herstellerin oder Importeurin von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen, ergänzt um Anordnungsbefugnisse der zuständigen Behörde zur Vorlage zusätzlicher Informationen, die den Regelungen des § 10a Abs. 2 und 3 TNRSG vergleichbar sind:
99 So sieht etwa § 8 Abs. 1 TNRSG (Art. 5 Abs. 1 TPD II) vor, dass beim Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen der Zulassungsbehörde neben bestimmten Emissionswerten eine Liste aller bei der Herstellung verwendeten Inhaltsstoffe zu übermitteln ist, der gemäß § 8 Abs. 4 TNRSG (Art. 5 Abs. 3 UAbs. 1 TPD II) toxikologische und sonstige Daten hinsichtlich der gesundheitlichen Auswirkungen und unter dem Gesichtspunkt süchtig machender Wirkung beizufügen sind. Auf Verlangen der belangten Behörde hat die Herstellerin oder Importeurin darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 4c TNRSG (Art. 5 Abs. 3 UAbs. 3 TPD II) Studien hinsichtlich der gesundheitlichen Auswirkungen von Inhaltsstoffen unter Berücksichtigung ihrer Toxizität und ihres Suchtpotentials durchzuführen und vorzulegen. Diese Regelungen erfassen an sich auch neuartige Tabakerzeugnisse, bei denen es sich gemäß § 1 Z 1e TNRSG ebenfalls um verwandte Erzeugnisse handelt.
100 Sind gemäß § 8a Abs. 1 TNRSG (Art. 6 Abs. 1 TPD II) verschärfte Meldeverpflichtungen für bestimmte Zusatzstoffe in Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen festgelegt, und enthalten diese Tabakerzeugnisse solche Zusatzstoffe, ist die Herstellerin oder die Importeurin gemäß § 8a Abs. 2 TNRSG (Art. 6 Abs. 2 TPD II) verpflichtet, umfassende Studien zur Toxizität oder zum Suchtpotential durchzuführen. Über die Ergebnisse dieser Studien ist gemäß § 8a Abs. 3 TNRSG (Art. 6 Abs. 4 TPD II) ein Bericht zu erstellen, der eine Zusammenfassung, einen Überblick über die verfügbare wissenschaftliche Literatur zu diesem Zusatzstoff und eine Zusammenfassung der internen Daten über die Wirkungen des Zusatzstoffs beinhaltet. Das zuständige Bundesministerium und die Europäische Kommission können zusätzliche Informationen über den betreffenden Zusatzstoff verlangen, welche dann Bestandteil des Berichts werden müssen.
101 Die Meldung über das Inverkehrbringen elektronischer Zigaretten hat gemäß § 10b Abs. 3 Z 3 TNRSG (Art. 20 Abs. 2 lit. c TPD II) toxikologische Daten bezüglich der Inhaltsstoffe und Emissionen des Erzeugnisses, einschließlich jener, die beim Erhitzen entstehen, zu enthalten, insbesondere unter Bezugnahme auf ihre Auswirkungen auf die Gesundheit der Verbraucherinnen bei Inhalieren und unter Berücksichtigung insbesondere aller etwaigen suchterzeugenden Wirkungen. Die Zulassungsbehörde kann, wenn sie die Informationen für unvollständig hält, gemäß § 10b Abs. 4 TNRSG (Art. 20 Abs. 2 UAbs. 3 TPD II) zusätzliche Angaben zur Vervollständigung verlangen.
102 Ebenfalls für elektronische Zigaretten sind dem zuständigen Bundesministerium überdies gemäß § 10d Abs. 1 TNRSG (Art. 20 Abs. 7 TPD II) jährlich Zusammenfassungen aller Marktstudien über die Verkaufsmengen sowie über Informationen über die Präferenzen der Nutzerinnen und über die Art des Verkaufs der Erzeugnisse vorzulegen. Diese Regelungen hat der Verfassungsgerichtshof als gleichheitsrechtlich unbedenklich beurteilt, weil es sich bei (nikotinfreien und nikotinhaltigen) elektronischen Zigaretten um relativ neuartige Produkte handelt, die erst seit wenigen Jahren auf dem Markt sind, und deren Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und Gefährdungspotentiale dementsprechend kaum erforscht sind (VfSlg. 20.151/2017, Pkt. 2.7.).
103 Schließlich ist daran zu erinnern, dass die hier verfahrensgegenständlichen Befugnisse zur Beischaffung von Beweismitteln nach § 10a Abs. 2 und 3 TNRSG eine Entsprechung in Art. 19 Abs. 1 lit. a bis c und Abs. 2 TPD II dort für ein System der (bloßen) Meldung neuartiger Tabakerzeugnisse haben.
104 4.8.4. Die Revision bringt in diesem Zusammenhang auch vor, gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 NTZulV obliege der Bewertungsstelle die fachliche Prüfung im Rahmen der Zulassung von neuartigen Tabakerzeugnissen, und habe diese gemäß § 4 Abs. 1 NTZulV über geeignete Einrichtungen für die Durchführung praktischer Prüfungen zu verfügen.
105 Dabei übersieht die Revision, dass der Bewertungsstelle nicht nur die fachliche Prüfung im Rahmen der Zulassung von neuartigen Tabakerzeugnissen obliegt. Vielmehr verweist § 3 Abs. 1 NTZulV hinsichtlich des Aufgabenbereichs der Bewertungsstelle auch auf ihre „sonstigen gesetzlichen Aufgabenstellungen gemäß §§ 9 und 10 TNRSG“, wozu die Begutachtung und Untersuchung der Proben von neuartigen, aber auch von anderen Tabakerzeugnissen im Hinblick auf die Einhaltung zahlreicher produktbezogener Bestimmungen des TNRSG zählt. Die Regelungen der NTZulV über die Bewertungsstelle ändern daher nichts an den Befugnissen der Zulassungsbehörde gemäß § 10a Abs. 2 und 3 TNRSG und den damit einhergehenden Verpflichtungen der antragstellenden Partei im Zulassungsverfahren.
106 4.9. Schließlich trifft auch die verwaltungsgerichtliche Rechtsauffassung zu, dass schon die Nicht bzw. nicht vollständige Erfüllung der Anordnung der Zulassungsbehörde vom 31. März 2022 zur Abweisung des Zulassungsantrages führt, ohne dass inhaltlich geprüft werden musste, ob die zur Zulassung beantragten Produkte iSd § 10a Abs. 8 TNRSG den Anforderungen dieses Gesetzes genügen:
107 Dazu wurde im Zulassungsverfahren vorgebracht, es handle sich bei der Nicht bzw. nicht vollständigen Entsprechung der Vorschreibungen der Zulassungsbehörde um den Mangel eines schriftlichen Anbringens im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG. Ihr Zulassungsantrag hätte daher nicht abgewiesen, sondern allenfalls zurückgewiesen werden dürfen, und dies auch nur nach vorheriger Veranlassung einer Mängelbehebung, was im vorliegenden Fall nicht erfolgt sei.
108 Diese Auffassung ist nicht zutreffend: Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind von Mängeln eines Anbringens im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG sonstige Unzulänglichkeiten zu unterscheiden, welche nicht die Vollständigkeit des Anbringens betreffen, sondern sonst im Lichte der anzuwendenden Vorschriften seine Erfolgsaussichten beeinträchtigen. Ob es sich bei einer im Gesetz umschriebenen, aber nicht erfüllten Voraussetzung um einen „Mangel“ im Sinn des § 13 Abs. 3 AVG oder aber um das (zur Antragsabweisung führende) Fehlen einer Erfolgsvoraussetzung handelt, ist durch die Auslegung der jeweiligen Bestimmung des Materiengesetzes zu ermitteln (vgl. etwa VwGH 25.4.2024, Ra 2024/22/0010, mwN).
109 Gemäß § 10a Abs. 5 TNRSG ist die Zulassung nicht zu erteilen bzw. zu widerrufen, wenn die in den Abs. 2, 3 und 8 leg. cit. festgelegten Anforderungen nicht eingehalten werden. Aus dem Verweis auf den § 10a Abs. 8 (erster Satz) TNRSG ergibt sich zunächst, dass die Zulassung zu versagen ist, wenn das antragsgegenständliche Produkt bei bestimmungsgemäßer Verwendung den inhaltlichen, im Besonderen auch den gesundheitlichen Anforderungen, wie sie sich aus den Bestimmungen des TNRSG bzw. den auf seiner Grundlage ergangenen Verordnungen (wie der NTZulV) für das jeweilige Produkt ergeben, nicht entspricht. Darüber hinaus erklärt § 10a Abs. 5 TNRSG aber auch die Einhaltung der Bestimmungen des Abs. 2 und 3 leg. cit. zu Erfolgsvoraussetzungen eines Zulassungsantrags. Stellt die Zulassungswerberin demnach der Zulassungsbehörde nicht alle zur Beurteilung und Entscheidung ihres Antrags notwendigen (verfügbaren oder neuen bzw. aktualisierten) Unterlagen und Informationen zu Verfügung oder kommt sie einer auf § 10a Abs. 3 zweiter Satz TNRSG gestützten Anordnung, mit der zusätzliche Tests oder die Vorlage zusätzlicher Informationen vorgeschrieben werden, nicht oder nicht vollständig nach, ist die Zulassung nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 10a Abs. 5 TNRSG nicht zu erteilen (bzw. zu widerrufen), ein entsprechender Antrag also abzuweisen.
110 Im Revisionsfall hat die Revisionswerberin die Unterlagen über jene toxikologischen Tests und Emissionsmessungen nicht vorgelegt, die ihr von der Zulassungsbehörde für alle drei zur Zulassung beantragten neuartigen Tabakerzeugnisse auf der Grundlage des § 10a Abs. 3 zweiter Satz TNRSG wie zuvor ausgeführt: zu Recht vorgeschrieben wurden. Die Abweisung des Antrages war nach dem zuvor Gesagten somit rechtmäßig.
111 4.10. Auf die Frage, ob die Revisionswerberin ein den Anforderungen des § 5 Abs. 4 NTZulV genügendes Muster hinsichtlich des Erzeugnisses „H M“ vorgelegt hat, braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden.
112 4.11.1. In der Revision wird schließlich angeregt, beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag gemäß Art. 140 B VG zu stellen, weil die Ermittlungsbefugnisse der Zulassungsbehörde und die Mitwirkungspflichten der Zulassungswerberin nach § 10a Abs. 2 und 3 TNRSG sowie die Verordnungsermächtigung des § 10 Abs. 7 Z 2 TNRSG unbestimmt seien.
113 Der Verfassungsgerichtshof hat mit zwei (gleichlautenden) Beschlüssen vom 1. Dezember 2023, E 3417/2022 9, und vom 13. Dezember 2023, E 2996/2023 11, die Behandlung von Beschwerden gemäß Art. 144 B VG der nunmehrigen Revisionswerberin in Fällen abgelehnt, in denen in sachverhaltsmäßig und rechtlich vergleichbarer Weise wie im Revisionsfall Anträge auf Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse gemäß § 10a TNRSG abgewiesen wurden. Der Verfassungsgerichtshof führte in diesen Beschlüssen jeweils aus:
„In Anbetracht der vom Tabak und Nichtraucherinnen bzw. Nichtraucherschutzgesetz (TNRSG) verfolgten öffentlichen Interessen (vgl. dazu etwa VfGH 14.3.2017, G 164/2016 sowie VfSlg. 20.334/2019) vermag der Verfassungsgerichtshof angesichts des vorliegenden Falles keinen Verstoß des § 10a Abs. 2 und 3 TNRSG, BGBl. 431/1995 idF BGBl. I 66/2019, gegen Art. 6 StGG oder Art. 7 B VG zu erkennen.
Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu Art. 18 B VG sind die Bestimmungen des § 10a Abs. 2 und 3 TNRSG sowie des § 5 NTZulV, BGBl. I 42/2017, auch als hinreichend bestimmt anzusehen (vgl. etwa zum Erfordernis eines dem jeweiligen Regelungsgegenstand adäquaten Determinierungsgrades VfSlg. 17.439/2004, mwN).“
114 Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher weder unter dem Gesichtspunkt des Bestimmtheitsgebotes des Art. 18 B VG noch im Hinblick auf die von der Revision ebenfalls angesprochene Erwerbsfreiheit und Eigentumsfreiheit veranlasst, beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Gesetzesprüfung zu stellen.
115 4.11.2. Die Revision regt auch einen Antrag auf Verordnungsprüfung nach Art. 139 B VG an, weil die auf der Grundlage der NTZulV erfolgende Tätigkeit der Bewertungsstelle im Zulassungsverfahren ohne gesetzliche Grundlage erfolge. Gemäß § 6e Abs. 2 Z 8 Gesundheits und Ernährungssicherheitsgesetz GESG sei die fachliche Beurteilung im Rahmen der Zulassung von neuartigen Tabakerzeugnissen Sache des Büros für Tabakkoordination (im Folgenden: Tabak Büro), bei dem es sich um eine gemeinsame Einrichtung des zuständigen Bundesministeriums und der AGES handle. Das Tabak Büro sei aber mit der Bewertungsstelle nicht ident.
116 Gemäß § 6e Abs. 1 GESG wird als gemeinsame Einrichtung des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz sowie der AGES das Tabak Büro eingerichtet. Gemäß § 6e Abs. 2 GESG sind vom Tabak Büro im Auftrag des zuständigen Bundesministers im Folgenden aufgezählte Aufgaben in Zusammenhang mit der Vollziehung des TNRSG wahrzunehmen, wozu gemäß Z 8 die fachliche Beurteilung im Rahmen der Zulassung von neuartigen Tabakerzeugnissen gemäß § 10a TNRSG „in Verbindung mit der ... NTZulV“ zählt. Gemäß § 6e Abs. 5 GESG hat das Tabak Büro zur Erfüllung dieser Aufgaben eine ausreichende Anzahl fachlich und rechtlich befähigter Mitarbeiter und geeignete technische Ausrüstung einzusetzen und „sich dazu der [AGES] zu Gebote stehenden Mittel zu bedienen“. Die AGES hat gemäß § 8 Abs. 2 Z 23 GESG bei den Aufgaben des Tabak Büros mitzuwirken und diesem gemäß § 8 Abs. 4 GESG sämtliche erforderlichen Mittel zur Wahrnehmung seiner Aufgaben u.a. nach § 6e GESG zur Verfügung zu stellen.
117 Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis VfSlg. 20.391/2020 ausgeführt, dass sich der zuständige Bundesminister zur Besorgung der Aufgaben der Überwachung und Kontrolle des produktbezogenen Tabakrechts ihm direkt zugeordneter Hilfsorgane bedienen kann, auch wenn es sich wie bei der AGES um einen ausgegliederten Rechtsträger handelt, der bei der Besorgung dieser Aufgaben unmittelbar an die Weisungen des Bundesministers gebunden ist. Nichts Anderes kann für die verfahrensgegenständliche Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse gelten.
118 Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass die Einrichtung und die Aufgaben der Bewertungsstelle in Zusammenhang mit der Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse nicht gesetzmäßig wären. Die Bewertungsstelle ist gemäß § 2 NTZulV bei der AGES eingerichtet, weswegen das Tabak Büro gemäß § 6e Abs. 5, § 8 Abs. 2 Z 23 und § 8 Abs. 4 GESG in Zusammenhang mit der fachlichen Beurteilung im Zulassungsverfahren für neuartige Tabakerzeugnisse auch die Bewertungsstelle heranziehen kann, die Bewertungsstelle mit anderen Worten bei der ihr gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 NTZulV übertragenen Aufgabe der fachlichen Prüfung im Rahmen des Zulassungsverfahrens für das Tabak Büro tätig wird. Ein Widerspruch der nach der NTZulV eingerichteten Bewertungsstelle gegen § 6e Abs. 2 Z 8 GESG ist auch deswegen nicht ersichtlich, weil nach dieser Bestimmung die fachliche Beurteilung im Rahmen der Zulassung von neuartigen Tabakerzeugnissen gemäß § 10a TNRSG „in Verbindung mit der ... NTZulV“ erfolgt. § 6e wurde durch das Budgetbegleitgesetz 2021, BGBl. I Nr. 135/2020, in das GESG eingefügt und ist gemäß § 21 Abs. 5 GESG mit 1. Jänner 2021 in Kraft getreten. Zu diesem Zeitpunkt war die Bewertungsstelle nach der NTZulV, die gemäß ihrem § 8 mit Ablauf des 2. Februar 2017 in Kraft trat, längst eingerichtet. Es ist daher davon auszugehen, dass die Übertragung der Aufgaben an das Tabak Büro in Zusammenhang mit der Zulassung von neuartigen Tabakerzeugnissen in § 6e GESG in Kenntnis und Anknüpfung an die bereits bestehende Einrichtung der Bewertungsstelle und ihrer diesbezüglichen Aufgaben erfolgte, ohne dass sich daran durch das Budgetbegleitgesetz 2021 etwas ändern sollte.
119 5. Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
120 Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 28. Jänner 2025