Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger, Mag. Liebhart Mutzl, Dr. in Sembacher und Dr. in Gröger als Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann Preschnofsky, über die Revision 1. der I P, 2. der A P und 3. des G P, alle vertreten durch die Haslinger / Nagele Rechtsanwälte GmbH in Linz, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 27. Juni 2023, LVwG 170048/7/KHu 170050/2, betreffend Versagung einer Baubewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Marktgemeinde St. Florian am Inn; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die revisionswerbenden Parteien haben zu gleichen Teilen der Marktgemeinde St. Florian am Inn Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Mit Bescheid vom 25. Juli 2022 wurde den revisionswerbenden Parteien gemäß § 49 Abs. 1 Oö. Bauordnung 1994 Oö. BauO 1994 vom Bürgermeister der Marktgemeinde S (belangte Behörde) der Auftrag erteilt, die auf dem Grundstück Nr. 423/7 der KG P errichteten baulichen Anlagen (Poolhaus, groß angelegte Terrassenfläche und Schwimmbecken mit einer Fläche von „ 50 m 2“ samt Rutsche und Dusche) innerhalb einer Frist von vier Monaten ab Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen. Mit weiterem Bescheid der belangten Behörde vom 23. August 2022 wurde den revisionswerbenden Parteien die Benützung dieser Anlagen gemäß § 50 Abs. 6 Oö. BauO 1994 untersagt. Die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden wurden vom Verwaltungsgericht als unbegründet abgewiesen, die dagegen erhobene Revision wurde hg. zu Ro 2023/05/0011 bis 0013 protokolliert.
2 Mit Eingabe vom 27. Juli 2022 beantragten die revisionswerbenden Parteien bei der belangten Behörde die Fortführung eines seit August 1976 nicht erledigten Bauverfahrens durch die belangte Behörde unter Vorlage (unter anderem) eines mit 16. August 1976 datierten Einreichplans der Bauunternehmung K mit der Bezeichnung „Über den Neubau eines Betriebsfreizeitblockhauses mit Sauna“. Dazu führten die revisionswerbenden Parteien zusammengefasst aus, dass es im Zeitpunkt der Einreichung weder einen Bebauungs noch einen Flächenwidmungsplan gegeben habe und das Vorhaben deshalb bewilligungsfähig sei.
3 Mit Schriftsatz vom 8. Februar 2023 erhoben die revisionswerbenden Parteien hinsichtlich des unerledigten Bauansuchens eine Säumnisbeschwerde.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht den Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung für das im Einreichplan der Bauunternehmung K vom 16. August 1976 dargestellte Bauvorhaben „Neubau eines Betriebsfreizeitblockhauses mit Sauna“ im Säumniswege nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ab (Spruchpunkt I.). Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG erklärte das Verwaltungsgericht für zulässig (Spruchpunkt II.).
5 Seiner Entscheidung legte das Verwaltungsgericht, soweit im vorliegenden Verfahren wesentlich, die Feststellungen zugrunde, auf Grundstück Nr. 423/7 seien ein Poolhaus, eine Terrasse und eine Poolanlage errichtet worden. Das Gebäude weise Gesamtabmessungen von elf mal siebeneinhalb Metern auf; der durch Außenwände umschlossene Bereich habe dabei eine Breite von acht Metern. Im Erdgeschoß des Gebäudes seien ein Windfang, ein Aufenthaltsraum, eine Küche, ein Bad, eine Sauna und ein Ruheraum vorgesehen, im Keller ein Raum zur Wasseraufbereitung samt Abstellraum. Die Bezeichnung „Betriebsfreizeitblockhaus“ ergebe sich daraus, dass neben einer privaten Nutzung durch den Errichter, den Großvater der revisionswerbenden Parteien und Inhaber eines Autohauses, auch die Mitarbeiter seines Unternehmens das Blockhaus genutzt hätten. Auf der Planparie des mit 16. August 1976 datierten Einreichplans seien zwei Stempelmarken angebracht, die mit Stempel der Gemeinde S abgestempelt worden seien. Einen Genehmigungsvermerk oder sonstige amtliche Vermerke enthalte der Plan nicht. Ein Einbringungsdatum weise die Planparie nicht auf. Es werde aber das Vorbringen der revisionswerbenden Parteien zugrunde gelegt, demzufolge der Plan noch im Jahr 1976 bei der Behörde eingebracht worden sei. Weder habe festgestellt werden können, weshalb diese Eingabe nicht bearbeitet worden sein sollte noch weshalb sich diese Planparie bei den revisionswerbenden Parteien befunden habe. Im Verzeichnis über die im Zeitraum 1. Jänner 1976 bis 31. Dezember 1978 bei der belangten Behörde eingebrachten Anbringen, welches unter anderem eine laufende Nummer sowie Angaben zum Bauwerber und zum Bauvorhaben enthalte, finde sich ein derartiger Antrag nicht. Es sei nicht hervorgekommen, dass in anderen Verfahren eine Baubewilligung für das „Betriebsfreizeitblockhaus“ erteilt worden sei. „Die Behörde“ habe Kenntnis von diesem Gebäude gehabt.
6 Der erste Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde S sei am 3. November 1978 an der Amtstafel angeschlagen und am 20. November 1978 abgenommen worden. In diesem sei das betreffende Grundstück als „Grünland, Land und Forstwirtschaft, Ödland“ gewidmet. Im aktuell gültigen „Flächenwidmungsplan Nr. 5“ sei das Grundstück als „Für die Land und Forstwirtschaft bestimmte Fläche, Ödland“ gewidmet.
7 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde setze voraus, dass ein Antrag vorliege, über den bescheidmäßig abzusprechen sei. Werte man das Überbringen des Einreichplanes als hinreichenden Antrag, allenfalls auch in Zusammenschau damit, dass die Stempelmarken von der Behörde abgestempelt worden seien, erwecke dies den Anschein einer amtlichen Entgegennahme und Inbearbeitungnahme, sodass der Vorgang über eine allgemeine Projektvorstellung oder „Vorprüfung“, denen ein Antragscharakter im Allgemeinen abzusprechen wäre, hinausgehe. Bereits aus diesem Grund liege ein anhängiges Bauverfahren vor. Es werde dem Vorbringen der revisionswerbenden Parteien gefolgt, dass das Anbringen bereits im Jahr 1976 anhängig gemacht worden sei. Weiters ging das Verwaltungsgericht sowohl in Bezug auf den Einreichplan der Bauunternehmung K vom 16. August 1976 als auch auf die Eingabe der revisionswerbenden Parteien vom 27. Juli 2022 von einer verstrichenen Zeit von jeweils mehr als sechs Monaten nach Einlangen der jeweiligen Eingabe und daraus folgend, mangels Erledigung beziehungsweise mangels darauf gerichteter Verfahrenshandlungen, von einer Säumnis der belangten Behörde aus.
8 Im Grünland dürften nur Bauwerke und Anlagen errichtet werden, die nötig seien, um dieses bestimmungsgemäß zu nutzen. Nehme man den „im Fortführungsantrag aus dem Jahr 2022 gestellten Antrag auf Erteilung der Baubewilligung“ als zeitlichen Bezugspunkt, sei jedenfalls die Widmung Grünland relevant. § 69 Abs. 1 Oberösterreichische Bauordnung 1976 Oö. BauO 1976 sehe vor, dass ein bei Inkrafttreten der Oö. BauO 1976 am 1. Jänner 1977 anhängiges Bauvorhaben anhand der „bisher geltenden Rechtsvorschriften“ fortzuführen sei, sodass die Oberösterreichische Bauordnung 1875 in der zuletzt geltenden Fassung anzuwenden gewesen sei. Auch spätere Bauordnungsnovellen und die Oö. BauO 1994 enthielten derartige Übergangsbestimmungen. Mit den in Bauordnungsnovellen angesprochenen „bisher geltenden Rechtsvorschriften“ seien nur baurechtliche Vorschriften im engeren Sinne gemeint, also insbesondere materielle Bestimmungen der Bauordnung zur Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens und allfällige Verfahrensbestimmungen im Bauverfahren sowie hierzu ergangene Durchführungsverordnungen der Landesregierung, nicht aber sonstige Rechtsvorschriften wie beispielsweise Flächenwidmungspläne.
9 Wenngleich das Bau und das Raumordnungsrecht eng miteinander verwoben seien, sodass beispielsweise bei der Auslegung des Begriffes der „baurechtlichen“ Vorschriften in der Oö. BauO 1994 häufig auch raumordnungsrechtliche Bestimmungen wie jene des Flächenwidmungsplanes mitgemeint seien, würden diese Rechtsbereiche in Oberösterreich in getrennten Gesetzen, der Oö. BauO 1994 einerseits und dem Oö. Raumordnungsgesetz 1994 Oö. ROG 1994 andererseits, geregelt. Diese Gesetze enthielten jeweils eigene Inkrafttretens und Übergangsbestimmungen. Novellen erfolgten häufig nicht gleichzeitig. Es handle sich beim Oö. ROG 1994 auch nicht um ein bloßes Nebengesetz zur Oö. BauO 1994 oder umgekehrt. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass die Übergangsbestimmungen von Novellen der Oö. Bauordnungen auch andere Gesetze, etwa das Oö. ROG 1994, sowie die auf deren Grundlage erlassenen Verordnungen, beträfen, so hätte er dies so konkret formulieren müssen, dass Zweifelsfälle ausgeschlossen seien. Es gehe um die im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde erlassenen Verordnungen „örtliche Raumplanung“ im Sinne des Art. 118 Abs. 3 Z 9 B VG , insbesondere um deren zeitlichen Geltungsbereich und deren Regelungsinhalte. Auch erschiene es mit der Gemeindeautonomie nicht vereinbar, würde eine Übergangsbestimmung der Oö. BauO 1994 die Geltung von Novellen von Flächenwidmungs oder Bebauungsplänen oder die Erlassung einer Neuplanungsgebietsverordnung für Übergangsfälle pauschal unmöglich machen. Dies würde auch eine Unsachlichkeit im Vergleich zu jenen Verfahren bewirken, die keine Bauordnungs Novellen beträfen und in denen zwischenzeitlich erlassene Gemeindeverordnungen zur Anwendung kämen.
10 Das Verwaltungsgericht verkenne nicht, dass der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 12. November 2002, 2002/05/0062, vom Gegenteil ausgegangen sei (wird näher ausgeführt). Diese Entscheidung sei aber vereinzelt geblieben und setze sich nicht mit der Vorjudikatur zu gleichlautenden Übergangsregelungen in anderen Novellen der Oö. BauO 1994 auseinander (Hinweise auf VwGH 25.3.1997, 96/05/0244, sowie VwGH 26.4.2000, 96/05/0051). Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes sei der Verwaltungsgerichtshof regelmäßig davon ausgegangen, dass sich die Übergangsbestimmungen in den Novellen der Oö. Bauordnungen auf die Bauordnung selbst bezögen, während er den Regelungsbereich der Raumordnung als von dieser Übergangsbestimmung nicht umfasst angesehen habe.
11 Eine Rechtsansicht, die den Begriff der „bisher geltenden Rechtsvorschriften“ weiter verstehe, zöge die Frage nach sich, anhand welcher Kriterien eine Abgrenzung der davon umfassten Normen stattfinden solle. Selbst wenn man die „bisher geltenden Rechtsvorschriften“ grundsätzlich weit verstünde, könnte man bei einem so lange anhängigen Verfahren einwenden, dass die Übergangsbestimmungen der Bauordnungen nur den Rang von einfachen Landesgesetzen hätten, sodass ihnen durch später erlassene, andere Landesgesetze derogiert worden sei. Alle in Betracht kommenden Landesgesetze seien seit dem Jahr 1976 umfassend neu erlassen und wiederholt novelliert worden, ohne auf die Übergangsbestimmungen der Bauordnungen Bezug zu nehmen. Auch dies führe dazu, dass die sonstigen Landesgesetze in der aktuellen Fassung, beziehungsweise unter Beachtung dortiger Inkrafttretens und Übergangsbestimmungen, anzuwenden seien.
12 Es sei zwar die Bewilligungsfähigkeit des Vorhabens anhand der damals geltenden materiellen baurechtlichen Bestimmungen zu beurteilen, aber andere Rechtsvorschriften, wie insbesondere das Raumordnungsrecht und der Flächenwidmungsplan, seien in der aktuellen Fassung anzuwenden. Auch die Oberösterreichische Bauordnung 1875 knüpfe die Bewilligungsfähigkeit eines Bauvorhabens an die Einhaltung der Flächenwidmung. So habe der Verwaltungsgerichtshof zur Oberösterreichischen Bauordnung 1875 mehrfach ausgeführt, dass ein Bauvorhaben dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen dürfe. Die Erteilung der Baubewilligung komme für das Gebäude im Grünland aufgrund des Widerspruchs zur aktuellen Flächenwidmung nicht in Betracht. Dieser Widerspruch hätte auch nicht durch eine Umplanung des Vorhabens beseitigt werden können.
13 Die Zulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht damit, dass Rechtsprechung zur Frage fehle, „welche Rechtsvorschriften von den Übergangsbestimmungen der Oö. Bauordnungen, wonach anhängige Verfahren nach den ‚bisher geltenden Rechtsvorschriften‘ weiterzuführen seien, umfasst sind (siehe § 69 Abs. 1 Oö BauO 1976, LGBl. Nr. 20/1976, und § 58 Abs. 1 Oö. BauO 1994, LGBl. Nr. 33/1994)“. Es stelle sich in Bezug auf das im Jahr 1976 anhängig gemachte Verfahren die Frage, ob die Entscheidung des Verwaltungsgerichts an dem im Entscheidungszeitpunkt geltenden Flächenwidmungsplan auszurichten sei, oder ob die Flächenwidmung im Zeitpunkt vor Inkrafttreten der Oö. BauO 1976 relevant sei. Im gegenständlichen Fall sei zu diesem Zeitpunkt kein Flächenwidmungsplan vorgelegen. Zur Frage, ob die bisher geltenden Rechtsvorschriften auch Flächenwidmungs und Bebauungspläne sowie das Raumordnungsrecht umfassten, liege nach Ansicht des Verwaltungsgerichts keine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor.
14 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, in der Sache zu entscheiden, in eventu das angefochtene Erkenntnis aufzuheben, sowie auf Kostenersatz. In der Zulässigkeitsbegründung vertreten die revisionswerbenden Parteien unter Hinweis auf diesbezüglich uneinheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter anderem die Ansicht, die Wortfolge „nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften“ in § 69 Abs. 1 Oö. BauO 1976 sei dahingehend auszulegen, dass auch Rechtsvorschriften wie Flächenwidmungs und Bebauungspläne in der am Tag vor Inkrafttreten der Novelle in Kraft gestandenen Fassung anzuwenden seien. Generelle Verwaltungsakte, wie Flächenwidmungspläne, seien folglich Rechtsvorschriften im Sinne dieser Bestimmung. Auch raumordnungsrechtliche Rechtsvorschriften und auf dieser Grundlage erlassene Rechtsvorschriften in Flächenwidmungsplänen seien als „bisher geltende Rechtsvorschriften“ im Sinne des § 69 Abs. 1 Oö. BauO 1976 anzusehen. Es bestehe kein rechtlicher Grund für die vom Verwaltungsgericht vorgenommene „Aufspaltung“ der maßgeblichen baurechtlichen und raumordnungsrechtlichen Rechtslage. Das Verwaltungsgericht hätte dem im August 1976 gestellten Baubewilligungsantrag stattzugeben gehabt, weil am 31. Dezember 1976 kein die Versagung der Baubewilligung nach der Oberösterreichischen Bauordnung 1875 rechtfertigender Flächenwidmungsplan in Geltung gestanden sei.
15 Nach Durchführung des Vorverfahrens legte das Verwaltungsgericht die verwaltungsbehördlichen und verwaltungsgerichtlichen Akten vor. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Revision. Die revisionswerbenden Parteien replizierten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
16 Die Revision erweist sich im Hinblick auf das wiedergegebene Zulässigkeitsvorbringen als zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
17 Die wesentlichen Bestimmungen der Oö. Bauordnung 1976 Oö. BauO 1976, LGBl. Nr. 35/1976, lauteten wie folgt:
„§ 69
Übergangsbestimmungen
(1) Im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängige individuelle Verwaltungsverfahren sind nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften weiterzuführen.
...
§ 70
Schlußbestimmungen
(1) Dieses Gesetz tritt am 1. Jänner 1977 in Kraft.
...“
18 Das Verwaltungsgericht legte in seiner Begründung insoweit unbestritten dar, dass der Einreichplan für das Betriebsblockhaus aus dem Jahr 1976 stammt. Dabei wertete das Verwaltungsgericht die Einbringung des Einreichplanes im Jahr 1976 in fallbezogen nicht als unvertretbar zu erkennender Weise als Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung und ging somit davon aus, dass das Bauverfahren noch vor Inkrafttreten der Oö. BauO 1976 (gemäß § 70 Abs. 1 leg. cit.) mit 1. Jänner 1977 bereits anhängig gewesen sei. Den ebenso unbestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichtes nach wurde ein Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde S entgegen der in § 26 Oö. Raumordnungsgesetz 1972 enthaltenen Verpflichtung zur Erlassung eines solchen binnen fünf Jahren ab Inkrafttreten dieses Gesetzes erstmals im Jahr 1978 erlassen.
19 Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Baubehörden im Baubewilligungsverfahren im Allgemeinen jene Rechtsund Sachlage maßgeblich, die im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides gegeben ist. Eine andere Betrachtungsweise wäre dann geboten, wenn etwa der Gesetzgeber (oder Verordnungsgeber) in einer Übergangsbestimmung zum Ausdruck bringt, dass auf anhängige Verfahren noch das bisher geltende Gesetz (bzw. die bisher geltende Verordnung) anzuwenden ist. Weiter wird eine andere Betrachtungsweise auch dann Platz zu greifen haben, wenn darüber abzusprechen ist, was an einem bestimmten Stichtag oder in einem konkreten Zeitraum rechtens war (vgl. etwa VwGH 26.1.2024, Ra 2023/06/0192, Rn. 12, mwN). Ebenso ist nach der Rechtsprechung grundsätzlich die Widmung nach jenem Flächenwidmungsplan maßgeblich, der im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung in Geltung steht (vgl. VwGH 23.5.2001, 99/06/0041). Dies gilt auch für eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Säumnisbeschwerdeverfahren.
20 Zu der hier allein strittigen Auslegung der Wortfolge „den bisher geltenden Rechtsvorschriften“ in § 69 Abs. 1 Oö. BauO 1976 verwies das Verwaltungsgericht darauf, dass sich diese zwar nach näher genannter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch auf die anzuwendenden raumordnungsrechtlichen Vorschriften bezogen habe, diese Rechtsprechung aber vereinzelt geblieben sei (Hinweis auf VwGH 12.11.2002, 2002/05/0062). Deshalb komme in Ermangelung eines im Antragszeitpunkt existenten Flächenwidmungsplanes der im Jahr 2022 vorliegende Flächenwidmungsplan und die darin enthaltene Widmung für das gegenständliche Grundstück („Für die Land und Forstwirtschaft bestimmte Fläche, Ödland“) zur Anwendung. Nach diesen Bestimmungen sei das an sich bewilligungspflichtige Bauvorhaben aufgrund seiner Lage im Grünland nicht bewilligungsfähig und das Ansuchen deswegen abzuweisen. Dieser Ansicht schloss sich die belangte Behörde in ihrer Revisionsbeantwortung an.
21 Dies trifft aus folgenden Gründen zu:
22 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach betont, dass auch die zum Zeitpunkt der Entscheidung rechtswirksamen Flächenwidmungsund Bebauungspläne zur geltenden Rechtslage gehören, und er hat die Maßgeblichkeit von Übergangsbestimmungen auch für solche raumordnungsrechtlichen Verordnungen geprüft (vgl. zur Rechtslage in Kärnten VwGH 29.4.2005, 2005/05/0106, mwN; wie auch zur Rechtslage in der Steiermark VwGH 1.10.2021, Ra 2018/06/0210, Rn. 14, mwN; vgl. zum Inkrafttreten eines Bebauungsplanes im laufenden Bauverfahren in Tirol VwGH 23.6.2010, 2009/06/0007; wie auch zur Rechtslage in Tirol VwGH 21.2.2014, 2013/06/0057, Pkt. 2.1.).
23 Zur Rechtslage im Bundesland Oberösterreich hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in einer Entscheidung die Anwendbarkeit eines während des anhängigen Baubewilligungsverfahrens erlassenen Flächenwidmungsplanes bejaht (vgl. VwGH 25.3.1997, 96/05/0244).
24 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich sodann, wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat und die Revision einwendet, in seiner Rechtsprechung zur Frage der Anwendbarkeit eines Flächenwidmungsplans in Oberösterreich mit der auch in § 58 Abs. 1 Oö. BauO 1994 enthaltenen Formulierung „der bisher geltenden Rechtsvorschriften“ im Rahmen einer Entscheidung auseinandergesetzt (vgl. VwGH 12.11.2002, 2002/05/0062) und dort unter Verweis auf Art. II Abs. 3 der O.ö. Bauordnungs Novelle 1998, LGBl. Nr. 70, und die darin ebenso enthaltene Wortfolge („Im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Landesgesetzes anhängige individuelle Verwaltungsverfahren sind nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften weiterzuführen.“) festgehalten:
„Aus dieser Bestimmung ergibt sich auf Grund der vom Landesgesetzgeber gewählten Worte ‚bisher geltenden Rechtsvorschriften‘ nicht nur, dass die O.ö. Bauordnung selbst in der Fassung vor der Novelle 1998 auf anhängige individuelle Verwaltungsverfahren anwendbar ist, sondern dass auch andere Rechtsvorschriften, wie z.B. Flächenwidmungs oder Bebauungspläne in der am 31. Dezember 1998 in Kraft stehenden Fassung anzuwenden sind.“
25 Nach dieser Entscheidung knüpfte der Verwaltungsgerichtshof jedoch in mehreren Fällen der Änderung von raumordnungsrechtlichen Verordnungen während der Anhängigkeit baurechtlicher Verfahren im Bundesland Oberösterreich wieder an das Erkenntnis 96/05/0244 an:
26 Zu einer Änderung eines Flächenwidmungsplanes nach Durchführung der Bauverhandlung führte der Verwaltungsgerichtshof etwa aus, dass „die anzuwendende BO sowie das ROG [...] keine Regelungen [kennen], aus denen die Berücksichtigung einer anderen Rechtslage als der zum Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung geltenden abzuleiten wäre“ (vgl. VwGH 6.11.2013, 2013/05/0100).
27 Weiters hielt der Verwaltungsgerichtshof zur Frage der Anwendung einer nach Antragstellung und vor Erlassung des Berufungsbescheides erlassenen Neuplanungsgebietsverordnung fest (vgl. VwGH 10.12.2013, 2010/05/0138):
„Weder die anzuwendende BO noch das Oö. Raumordnungsgesetz 1994 kennen Regelungen, aus denen in Bezug auf das vorliegende baubehördliche Anzeigeverfahren die Berücksichtigung einer anderen Rechtslage als der zum Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung geltenden abzuleiten wäre. Nichts anderes gilt in Bezug auf das von der Beschwerdeführerin herangezogene Verfahren nach § 35 BO. Auch für die Erteilung einer Baubewilligung ist grundsätzlich die Sach und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des Baubescheides maßgeblich.“
28 Es ist deshalb festzuhalten, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. November 2002, 2002/05/0062, zur Anwendbarkeit der baurechtlichen Übergangsbestimmungen auch auf die raumordnungsrechtliche Rechtslage vereinzelt geblieben und insoweit auch nicht von einer Judikaturdivergenz auszugehen ist.
29Im Übrigen ist der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch zu anderen Bundesländern zu entnehmen, dass sich Übergangsbestimmungen nur auf die mit einer Novelle geänderten Gesetze beziehen und nicht auch auf andere. So hat der Verwaltungsgerichtshof zur Auslegung einer Übergangsbestimmung einer Novelle der Kärntner Bauordnung 1996, der Kärntner Bauvorschriften und des Kärntner Heimgesetzes in LGBl. Nr. 80/2012 festgehalten, dass mit dem betreffenden Gesetz die Kärntner Bauordnung 1996, die Kärntner Bauvorschriften und das Kärntner Heimgesetz geändert wurden und sich die Übergangsbestimmung demgemäß auf diese Gesetze, nicht aber auf das Kärntner Raumordnungsgesetz bezieht (vgl. VwGH 2.6.2025, Ra 2025/06/0059 ua., Rn. 17).
30 Ausgehend davon ist die Wortfolge „nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften“ in § 69 Abs. 1 Oö. BauO 1976, die sich durchgängig in nachfolgenden Novellierungen der Oö. BauO 1976 und der Oö. BauO 1994 bis zum Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichts findet, dahingehend auszulegen, dass sie sich lediglich auf Vorschriften der Bauordnung und nicht auch auf jene des Raumordnungsgesetzes bezieht.
31 Die in der Revision vertretene Rechtsansicht, das Verwaltungsgericht hätte dem im August 1976 gestellten Baubewilligungsantrag stattzugeben gehabt, weil am 31. Dezember 1976 noch kein Flächenwidmungsplan für das vorliegende Grundstück erlassen worden war, erweist sich somit als unzutreffend. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der zum Entscheidungszeitpunkt geltende Flächenwidmungsplan zugrunde zu legen war.
32Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
33Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden. Den Erfordernissen des Art. 6 Abs. 1 EMRK und des Art. 47 GRC wurde durch Durchführung einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Genüge getan.
34Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 18. November 2025
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