Die Beschwerdeführer sind durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) verletzt worden.
Das Erkenntnis wird aufgehoben.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige von Afghanistan. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin sind die Eltern der minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer. Die Beschwerdeführer wurden am 21. Oktober 2014 in Ungarn erkennungsdienstlich behandelt. Am 22. Oktober 2014 stellten sie in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu ihren Fluchtgründen befragt gaben die Beschwerdeführer an, in Afghanistan keine Zukunft zu haben. Der Erstbeschwerdeführer gab an, psychische Probleme zu haben. Zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht war die Zweitbeschwerdeführerin schwanger. Die Adoptivmutter der Zweitbeschwerdeführerin lebt in Österreich. Die Dritt- und der Viertbeschwerdeführer besuchen in Österreich den Kindergarten. Weiters gaben die Beschwerdeführer an, in Ungarn schlecht behandelt worden und Gewalt durch die Polizei ausgesetzt gewesen zu sein. Außerdem hätten sie keine medizinische Hilfe erhalten.
2. Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20. Jänner 2015 wurden die Anträge auf internationalen Schutz gemäß §5 Abs1 Asylgesetz 2005 (im Folgenden: AsylG 2005) als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß Art18 Abs1 litb der Dublin III-VO Ungarn zur Prüfung des Antrages zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung der Beschwerdeführer angeordnet und ausgesprochen, dass die Abschiebung nach Ungarn zulässig sei.
3. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11. Februar 2015 gemäß §5 AsylG 2005 und §61 FPG als unbegründet abgewiesen. Nach (gekürzter) Wiedergabe der vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwendeten Länderberichte führt das Bundesverwaltungsgericht begründend aus, es bestehen keine systemischen Mängel im ungarischen Asylsystem. Eine ausreichende Versorgung der Beschwerdeführer sei in Ungarn sichergestellt. Die Gefahr einer Verletzung von Art3 bzw. Art8 EMRK bestehe nicht. Die psychischen Probleme des Erstbeschwerdeführers seien nicht derart schwer, dass die Gefahr einer Verletzung von Art3 EMRK bestehe. Weiters sei die Schwangerschaft der Zweitbeschwerdeführerin keine Krankheit, und darüber hinausgehende risikoerhöhende medizinische Probleme seien von der Zweitbeschwerdeführerin nicht geltend gemacht worden. Zu der in Österreich lebenden Adoptivmutter habe die Zweitbeschwerdeführerin nach eigenen Angaben derzeit keinen Kontakt, es sei daher auch aus dem Blickwinkel des Art8 EMRK eine Außerlandesbringung nach Ungarn zulässig. Die Beschwerdeführer hätten nach dem kurzen Aufenthalt in Österreich noch keine derart starken Bindungen, dass eine Außerlandesbringung nach Ungarn unzulässig wäre.
4. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, auf Art144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte gemäß Art2, 3 EMRK sowie Art6 EMRK und Art8 EMRK geltend gemacht wird. Es wird vorgebracht, das Bundesverwaltungsgericht habe nur pauschal Berichte zur Lage in Ungarn wiedergegeben, aber keine Prüfung im konkreten Einzelfall vorgenommen.
5. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Verwaltungs- und Gerichtsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber Abstand genommen.
II. Erwägungen
Der Verfassungsgerichtshof hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:
1. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.
2. Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg.cit. gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl. zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s. etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).
3. Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).
4. Ein solcher, in die Verfassungssphäre reichender Fehler ist dem Bundesverwaltungsgericht bei seiner Entscheidung unterlaufen:
5. Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Fall wie dem vorliegenden – unter anderem – zu prüfen, ob Gründe vorliegen, aus denen Österreich zum Selbsteintritt gemäß Art3 der Dublin III-VO verpflichtet wäre. Es hat daher auch die notwendigen Ermittlungen zu führen, um eine entsprechende Entscheidung treffen zu können.
6. Gerade zur Situation vulnerabler Personen hat der Verfassungsgerichtshof (damals zur Lage in Griechenland) ausgesprochen, dass in Fällen, in denen die Versorgungslage von Asylwerbern notorisch unsicher ist, für besonders schutzwürdige Personen eine individuelle Versorgungszusage einzuholen ist (vgl. VfSlg 19.205/2010, 19.500/2011).
7. Bei den Beschwerdeführern handelt es sich um eine Familie mit zwei minderjährigen Kindern (Drittbeschwerdeführer geb. 2009, Viertbeschwerdeführerin geb. 2012). Hinzu kommt, dass die Zweitbeschwerdeführerin im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts schwanger war. Die Beschwerdeführer sind daher besonders schutzbedürftige, "vulnerable" Personen.
8. Die in der angefochtenen Entscheidung zitierten Länderberichte enthalten nur allgemeine Angaben zur Unterbringung und medizinischen Versorgung von Asylwerbern. Laut der herangezogenen Quellen werden vulnerable Personen "nach Möglichkeit" gesondert untergebracht. Es geht daraus aber nicht hervor, welche Möglichkeiten zur entsprechenden Unterbringung vulnerabler Personen tatsächlich bestehen. Etwa, wie relativ junge Kinder wie der Dritt- und die Viertbeschwerdeführer(-in) versorgt werden (können). Ebensowenig geht aus den zitierten Berichten hervor, wie die medizinische Betreuung für schwangere Frauen ausgestaltet ist, um ihren besonderen Bedürfnissen gerecht zu werden.
9. Das Bundesverwaltungsgericht hat es im vorliegenden Fall in einer vergleichbaren Situation, in der die Versorgungslage für Asylwerber in Ungarn notorisch schwierig ist, unterlassen, für die Beschwerdeführer, die besonders schutzwürdige Personen sind, konkrete Ermittlungen zu tätigen, ob und wie die Beschwerdeführer nach einer Überstellung nach Ungarn versorgt werden.
Aus diesen Gründen ist die angefochtene Entscheidung mit Willkür belastet.
III. Ergebnis
1. Die Beschwerdeführer sind somit durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.
2. Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Rückverweise