Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Mag. Koch als Vorsitzenden sowie die Richterinnen des Oberlandesgerichts Mag. Bartholner und Mag. Schaller in der Rechtssache der klagenden Partei A* , **, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich , vertreten durch die Finanzprokuratur, wegen EUR 2.672,23 s.A., über die Berufung der beklagten Partei (Berufungsinteresse EUR 659,40) gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 17.4.2025, GZ **-12, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 253,10 (darin EUR 42,18 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen.
Die Revision ist jedenfalls unzulässig.
Entscheidungsgründe:
Am 15.11.2021 stellten B* C*, dessen Ehefrau D* C* und deren Kind E* C* (in weiterer Folge: Antragsteller), alle Staatsbürger der Arabischen Republik Syrien, in Österreich Anträge auf internationalen Schutz.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge: BFA) erließ über diese Anträge keine Entscheidung innerhalb von 6 Monaten, weshalb die Antragsteller am 11.1.2023 - vertreten durch den Klagevertreter - eine Säumnisbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (in weiterer Folge: BVwG) erhoben.
In der Aktenvorlage an das BVwG legte das BFA dem BVwG eine Stellungnahme des Bundesministers für Inneres (BMI) und ein Schreiben vom 31.3.2023 mit einer eigenen Stellungnahme des BFA vor, in welcher das BFA ein Verschulden an der Säumnis unter Hinweis auf die hohe Arbeitsbelastung in den Jahren 2021 und 2022 bestritt.
Mit Erkenntnis vom 15.6.2023 (Beilage ./1) wies das BVwGdie Säumnisbeschwerde gemäß § 8 Abs 1 VwGVG mangels überwiegenden Verschuldens des BFA an der Säumnis ab, ohne den Antragstellern die Möglichkeit der Äußerung zu den Stellungnahmen des BFA und des BMI eingeräumt zu haben. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das BVwG als nicht zulässig.
Gegen das Erkenntnis Beilage ./1 erhoben die Antragsteller, vertreten durch den Klagevertreter, am 1.8.2023 eine außerordentliche Revision (Beilage ./2) an den Verwaltungsgerichtshof .
Mit Bescheid vom 3.10.2023 erkannte das BFA den Antragstellern den Status als subsidiär Schutzberechtigte zu, und wies die Anträge auf Zuerkennung des Status als Asylberechtigte ab.
Mit Beschluss vom 12.12.2023 (Beilage ./3) , Ra **, erklärte der Verwaltungsgerichtshofdie Revision Beilage ./2 als gegenstandslos und stellte das Verfahren ein, verpflichtete jedoch die Beklagte zum Kostenersatz von EUR 1.346,40 an die Antragsteller. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof dazu im Wesentlichen aus, der Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei einer Revision sei gemäß § 58 Abs 2 VwGG bei der Kostenentscheidung nicht zu berücksichtigen. Zu der vorzunehmenden Beurteilung des hypothetischen Erfolgs der Revision Beilage ./2 werde auf den eine gleichgelagerte Konstellation betreffenden Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 6.6.2023, Ra **, und die dort dargelegten Erwägungen zur Kostenentscheidung verwiesen.
In der Entscheidung Ra ** hatte der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, der dortigen Revision wäre – unter Außerachtlassung des inzwischen eingetretenen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses – Erfolg beschieden gewesen, und zwar schon deshalb, weil das BVwG über die Säumnisbeschwerde ohne Einräumung von Parteiengehör an den dortigen Revisionswerber entschieden, und das Verfahren dadurch mit einem wesentlichen Verfahrensmangel belastet habe.
Die Antragsteller zedierten ihre Amtshaftungsansprüche aus der Säumigkeit des BFA an den Kläger (Beilage ./A), der die Zession annahm (Beilage ./B).
Mit der am 28.11.2024 eingelangten Klage begehrte der Kläger aus dem Titel der Amtshaftung nach einer Klagsausdehnung (Schriftsatz ON 7) EUR 2.672,23 Schadenersatz für anwaltliche Vertretungskosten der Antragsteller im Anlassverfahren, unter anderem – und nur dies ist noch Gegenstand des Berufungsverfahrens – für die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof (Beilage ./2). Gegenstand des Berufungsverfahrens sind daher ausschließlich noch Vertretungskosten für die Revision Beilage ./2 im Betrag von EUR 659,40 (vgl S 10 der UA), bestehend aus EUR 1.390,40 (2 x TP 3C), EUR 375,41 (Zuschlag 27%), EUR 240,-- (Gerichtsgebühr), abzüglich EUR 1.346,40 vom Verwaltungsgerichtshof zugesprochenen Kostenersatzes.
Soweit im Berufungsverfahren noch von Bedeutung, brachte der Kläger sehr stark zusammengefasst im Wesentlichen vor, aus der Begründung des Einstellungsbeschlusses des Verwaltungsgerichtshofs Beilage ./3 gehe hervor, dass die Revision Beilage ./2 berechtigt und das Erkenntnis des BVwG Beilage ./1 unvertretbar rechtswidrig gewesen seien, weil es den unvertretbaren Verfahrensmangel aufgewiesen habe, den Antragstellern zur Stellungnahme des BFA (und des BMI) kein rechtliches Gehör eingeräumt und entgegen dem Antrag in der Säumnisbeschwerde auch keine mündliche Verhandlung abgehalten zu haben.
Das Erkenntnis des BVwG sei auch inhaltlich unvertretbar unrichtig gewesen, wozu auf zahlreiche Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs verwiesen werde, nach welchen keine außerordentliche Situation des BFA vorgelegen habe, und die Frage der Überlastung einer Behörde grundsätzlich nicht relevant sei, weil diese durch organisatorische Vorkehrungen dafür zu sorgen habe, dass möglichst rasche Entscheidungen möglich seien.
Für die Revision werde der Ersatz der Vertretungskosten als Rettungsaufwand begehrt, bestehend aus dem doppelten Tarifsatz TP 3C RATG gemäß § 8 AHK, zuzüglich der abgebuchten Gerichtsgebühr und einem Inflationszuschlag von 27% gemäß § 6 AHK, sowie abzüglich des vom Verwaltungsgerichtshof zugesprochenen Kostenersatzes.
Die Beklagte wandte - soweit im Berufungsverfahren noch von Bedeutung – sehr stark zusammengefasst im Wesentlichen ein, das Erkenntnis des BVwG vom 15.6.2023 (Beilage ./1) sei jedenfalls vertretbar gewesen. Die vom BVwG berücksichtigten Umstände - wie gesteigerte Asylantragszahlen, die Covid-Pandemie, und die erhöhte Fluchtbewegung aus der Ukraine im entscheidungsrelevanten Zeitraum - belegten, dass die Rechtsansicht des BVwG auf sorgfältigen Überlegungen im Sinne der amtshaftungsrechtlichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs beruht hätten. Die vom Verwaltungsgerichtshof als Begründung herangezogene Referenzentscheidung vom 6.6.2023, Ra **, sei erst am 11.7.2023 – und daher erst nach der Fassung des Erkenntnisses Beilage ./1 – im Rechtsinformationssystem des Bundes veröffentlicht worden, und habe dem BVwG daher im Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses Beilage ./1 noch nicht bekannt sein können.
Nach § 8 Abs 1 AHK könne zwar „der doppelte Betrag des TP 3C RATG für die Kosten der Revision an den Verwaltungsgerichtshof als angemessen betrachtet werden“, dafür gebe es jedoch keine sachliche Rechtfertigung, weil das RATG für Revisionen an den Obersten Gerichtshof bloß den einfachen Tarifansatz TP 3C als angemessen ansehe.
Der in § 6 AHK enthaltene Inflationszuschlag widerspreche den Bestimmungen des KSchG, weshalb seine Vereinbarung gegenüber den Antragstellern relativ nichtig sei. Die Antragsteller hätten durch die Unterlassung der Geltendmachung dieser Nichtigkeit gegenüber dem Klagevertreter eine Schadenminderungspflicht verletzt.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht der Klage mit EUR 719,40 – davon EUR 659,40 in Ansehung der Vertretungskosten für die Revision Beilage ./2 – statt, und wies das Mehrbegehren von EUR 1.952,83 – unbekämpft geblieben und in Rechtskraft erwachsen – ab. Es ging über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus von den auf Seite 6 der Urteilsausfertigung enthaltenen Feststellungen aus, auf die verwiesen wird. Rechtlich folgerte es – soweit im Berufungsverfahren noch von Bedeutung – im Wesentlichen, der vorliegende Fall unterscheide sich von dem vom Verwaltungsgerichtshof als vergleichbar erkannten Fall Ra ** bloß dadurch, dass den Antragstellern im vorliegenden Fall nicht einmal die Möglichkeit einer Äußerung zu der von der belangten Behörde BFA eingebrachten Stellungnahme eingeräumt worden sei. Es liege daher auf der Hand, dass ohne den Wegfall des Rechtsschutzinteresses auch die Erfolgsaussichten der hier in Rede stehenden Revision Beilage ./2 als positiv zu beurteilen gewesen wären, und das Verfahren beim BVwG vom Verwaltungsgerichtshof als mit unvertretbaren Verfahrensmängeln belastet beurteilt worden wäre, sodass der Verwaltungsgerichtshof einen Kostenersatzanspruch der Antragsteller konstatiert habe.
Für die AHK sei nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung geklärt, dass eine Honorarforderung nach den Ansätzen der AHK angemessen sei. Deshalb seien für die Revision Beilage ./2 der doppelte Tarifansatz TP 3C RATG und der Inflationszuschlag gemäß § 6 Abs 3 AHK angemessen. Als (restlicher) Kostenersatz für die Revision sei daher ein Betrag von EUR 659,40 (S 10 der UA) angemessen.
Auf das Vorbringen der Beklagten zum KSchG sei nicht weiter einzugehen, weil das KSchG jedenfalls nicht den Zweck habe, die Beklagte vor Amtshaftungsansprüchen zu schützen, weshalb sich die Beklagte auch nicht auf die Verletzung einer Schadenminderungspflicht berufen könne.
Gegen den klagsstattgebenden Teil dieses Urteils richtet sich im Umfang von EUR 659,40 in Ansehung der Revision die Berufung der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, die Klage auch in diesem Umfang abzuweisen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt in seiner Berufungsbeantwortung, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1. Die Berufung (Berufung S 3) vermisst Feststellungen zum Inhalt der Beilage ./1 (= Erkenntnis des BVwG vom 15.6.2023).
Der Text der Beilage ./1 ist zwischen den Parteien allerdings unstrittig geblieben, weshalb er der rechtlichen Beurteilung ohne Weiteres zugrundezulegen ist, und keiner eigenständigen Feststellungen bedarf.
Ein rechtlicher Feststellungsmangel liegt daher nicht vor.
2. Weiters (Berufung S 3, 4) macht die Berufung im Wesentlichen geltend, dem BVwG seien entgegen der Ansicht des Erstgerichts keine amtshaftungsrechtlich unvertretbare Verfahrensmängel unterlaufen, weil es sein Erkenntnis Beilage ./1 auf ohnehin „notorisch bekannte“ Antragszahlen und Umstände gestützt habe, weshalb kein Verstoß gegen das verwaltungsverfahrensrechtliche „Überraschungsverbot“ vorgelegen sei und auch keine „neuen“ Tatsachen oder Beweise verwertet worden seien, sodass im Anlassverfahren das Recht (der Antragsteller, Anmerkung des Berufungsgerichts ) auf Parteiengehör gar nicht verletzt worden sei.
Diese Ansicht ist allerdings unzutreffend:
Nach der langjährigen ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 45 AVG sind einer Partei Stellungnahmen der gegnerischen Partei (hier: der Behörde BFA als säumiger Partei im Verfahren über eine Säumnisbeschwerde) vorzuhalten, soweit sie in der Entscheidung verwertet werden sollen, und hat die Partei auch das Recht, jene Tatsachen zu erfahren, die von der Behörde/vom Verwaltungsgericht als „offenkundig“ (= notorisch) behandelt werden ( Hengstschläger/Leeb,AVG § 45 [rdb.at] § 45 AVG Rz 29 mwN; VwGH 98/17/0286, 1995/10/17, 94/08/02693, 93/08/0180, 0736/47). Die Behörde muss den Parteien im Verwaltungsverfahren Gelegenheit geben, sich auch über offenkundige Tatsachen zu äußern (VwGH 18.3.1948, 0736/47).
Das BVwG hat im vorliegenden Fall den Antragstellern diese Tatsachen/Umstände entgegen der ständigen Rechtsprechung aber nicht zur Kenntnis gebracht, weshalb in Ansehung der im Entscheidungszeitpunkt 15.6.2023 sehr wohl bereits existenten ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung eine amtshaftungsrechtliche Unvertretbarkeit der Verfahrensführung des BVwG vorlag (vgl RS0049912).
Dieser unvertretbare Verfahrensmangel der Verletzung des verwaltungsverfahrensrechtlichen Parteiengehörs und des „Überraschungsverbots“ im Anlassverfahren (vgl etwa VwGH Ra 2023/17/0169 vom 24.7.2025, Ra 2023/20/0152 vom 27.6.2023 mwN uva) war auch von Relevanz, weil die Antragsteller ihn – vertreten durch den Klagevertreter – in der Revision Beilage ./2 durchaus geltend machten (S 2, 4, 6, 7, 8, 9 in Beilage ./2), und dazu ausführten, was sie in einer Gegenäußerung zur Behördenstellungnahme hypothetisch vorgebracht bzw. behauptet hätten (S 8, 9 in Beilage ./2). Dass beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) „452 verfahrensführende Referenten“ tätig seien, die durchschnittliche Dauer von Asylverfahren 3,2 Monate betrage, und nach der Aufnahme der hypothetisch aufgenommenen Beweise hervorkäme, dass eine auf erhöhte Antragszahlen zurückzuführende allgemeine Überlastung des BFA nicht vorliege, sondern das Nichteinhalten der Entscheidungsfrist in einzelnen Verfahren auf ein Organisationsverschulden der Behörde – wie etwa eine ungleichmäßige Verteilung der Verfahren auf die Regionaldirektionen – zurückzuführen sei, wäre nach der vom Verwaltungsgerichtshof in einem Parallelfall dargelegten Rechtsansicht für den Verfahrensausgang des Verfahrens über die Säumnisbeschwerde nämlich relevant gewesen, und hätte den Verfahrensausgang beeinflusst (vgl VwGH 2023/20/0152 vom 27.6.2023).
In seiner Bejahung des hypothetischen Erfolgs der Revision Beilage ./2 konstatierte der Verwaltungsgerichtshof mindestens indirekt die Rechtswidrigkeit der in Rede stehenden Verfahrensmängel des BVwG (Beilage ./3).
3. Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass die Verfahrensführung des BVwG im Anlassverfahren unvertretbar rechtswidrig war. Es besteht somit in Ansehung der für die Revision Beilage ./2 angemessenen Vertretungskosten ein amtshaftungsrechtlicher Schadenersatzanspruch.
Entgegen dem Standpunkt der Berufung (Berufung S 4) traf die Antragsteller im Übrigen nach herrschender Ansicht keine rechtliche Obliegenheit, in der Säumnisbeschwerde Behauptungen zum „überwiegenden Verschulden“ des BFA (an der Überschreitung der Erledigungsfrist des § 73 AVG, Anmerkung des Berufungsgerichts ) zu erstatten (vgl Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 9 VwGVG [rdb.at] Rz 68).
4.1.Zur Höhe der Vertretungskosten für die Revision Beilage ./2 wendet sich die Berufung (Berufung S 5-7) zunächst gegen die Anwendung des doppelten Tarifansatzes TP 3C RATG.
Dieser Standpunkt wird vom Berufungsgericht nicht geteilt:
Nach § 8 Abs 1 AHK kann – unter anderem für die Vertretung vor dem Verwaltungsgerichtshof - für Revisionen „der doppelte Betrag der TP 3C RATG als angemessen betrachtet werden“. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs handelt es sich bei den AHK (früher AHR) um ein kodifiziertes Gutachten der Vertreterversammlung des österreichischen Rechtsanwaltskammertags gemäß § 37 RAO über die Angemessenheit (§ 1152 ABGB) der im RATG nicht geregelten anwaltlichen Leistungen, und ist ein den AHK entsprechendes Rechtsanwaltshonorar daher als angemessen zu betrachten (RS0038721, RS0038369, RS0038356; 6 Ob 110/21a, 1 Ob 231/16a).
Die von der Berufung (Berufung S 5) vermisste sachliche Rechtfertigung des Tarifunterschieds zwischen dem RATG (TP 3C RATG einfach) und § 8 AHK (TP 3C RATG doppelt) liegt tatsächlich darin begründet, dass die Tarifregelung des RATG auf die Honorar- bzw. Kostenersatzpflicht eines zivilverfahrensrechtlichen Prozessgegners in einem kontradiktorischen Zivilprozess – und somit auf die Kostenersatzpflicht eines im Verhältnis zum Rechtsanwalt und dessen in diesem durch einen Auftragsvertrag verbundenen Mandanten außenstehenden Dritten abzielt, in dessen Interesse der Rechtsanwalt eben gerade nicht tätig geworden ist, wogegen die mit Beschluss der Vertreterversammlung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags erlassenen AHK der Beurteilung der Angemessenheit eines Honorars zum Schutz des Auftraggebers (= Mandant) im (Auftragsvertrags-)Verhältniszwischen dem Auftraggeber (= Mandant) und seinem eigenen (!) - pflichtgemäß in seinem Interesse tätig werdenden – Rechtsanwalt, und somit einer völlig anderen Interessenlage als die Regelungen des RATG dient. Die Argumentation der Berufung, für Revisionen an den Verwaltungsgerichtshof den doppelten Tarifansatz TP 3C in § 8 AHK als angemessenes Honorar zu beurteilen, sei nicht nachvollziehbar, erweist sich somit als nicht stichhältig.
Der doppelte Tarifansatz TP 3C RATG für die Revision ist daher als im schadenersatzrechtlichen Sinn angemessener „Rettungsaufwand“ zu beurteilen.
4.2.Weiters wendet sich die Berufung (Berufung S 7-9) im Kern dagegen, dass der amtshaftungsrechtlich zu ersetzende Rettungsaufwand (vgl 1 Ob 97/24g, 6 Ob 110/21a; RS0022802) auch den „Inflationszuschlag“ nach § 6 AHK von 27% umfasst.
Der Inflationszuschlag von 27% gebührt nach der Mitteilung des ÖRAK vom 23.2.2023 (Beilage ./B), dass der Zuschlag nach § 6 Abs 3 iVm § 6 Abs 4 AHK 27% betrage, und für die Berechnung des Honorars für ab dem 15.3.2023 erbrachte Leistungen angewendet werden könne.
Wie die Berufungsbeantwortung zutreffend ausführt, ergibt sich aus der Existenz der zeitlich späteren weiteren Mitteilung des ÖRAK vom 16.12.2024 (Beilage ./C), es stehe mit 1.5.2023 ein Zuschlag nach § 6 AHK von 34,5% zu, dass der Inflationszuschlag nach § 6 AHK bis heute weiterhin - und unabhängig von der Inflationsanpassung des RATG durch die vom Gesetzgeber erlassene „Zuschlagsverordnung“ - zusteht.
Da die Regelung des § 6 Abs 3, 3a, 4 AHK Bestandteil der AHK ist, die – wie oben erörtert – ein fachkundiges Gutachten über die angemessene Höhe des Rechtsanwaltshonorars im Verhältnis zwischen einem Mandanten und dem von ihm beauftragten Rechtsanwalt sind, ist entgegen der Berufung sehr wohl auch dieser Inflationszuschlag Bestandteil des schadenersatzrechtlich als angemessen zu wertenden Rechtsanwaltshonorars.
4.3.Die Berufung (Berufung S 9-13) macht schließlich im Kern geltend, den Antragstellern sei die Verletzung einer Schadenminderungspflicht gemäß § 1304 ABGB anzulasten, weil sie es unterlassen hätten, eine Unzulässigkeit der „Klausel“ des § 6 Abs 3, Abs 3a AHK (oben Punkt 4.2.) über den Inflationszuschlag gegenüber dem Klagevertreter als ihrem Rechtsvertreter außergerichtlich oder in einem Honorarprozess (Berufung S 13) nach § 6 Abs 1 Z 5, Abs 2 Z 4 und/oder Abs 3 KSchG als rechtsunwirksam geltend zu machen. Dazu genügt es, darauf hinzuweisen, dass – wie oben bereits ausgeführt – die AHK nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ein fachkundiges Gutachten über die Angemessenheit eines im Auftragsverhältnis zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Mandanten entstehenden Honorars sind. Deshalb war es nach dem für das Vorliegen der Verletzung einer Schadenminderungspflicht rechtlich entscheidenden Maßstab des Verhaltens eines verständigen Durchschnittsmenschen in der Situation des Geschädigten (hier: der Antragsteller) objektiv nicht zumutbar (vgl RS0023573, RS0027015 [T6], RS0026909, RS0027043, RS0027787), den in § 6 AHK vorgesehenen „Inflationszuschlag“ zu verweigern.
Von der Verletzung einer Schadenminderungsobliegenheit durch die Antragsteller kann daher keine Rede sein.
5. Der unberechtigten Berufung war der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
Da der Streitwert beim Schluss der Verhandlung erster Instanz EUR 2.700,-- nicht überstieg, gebührt im Rechtsmittelverfahren nur der einfache Einheitssatz (§ 23 Abs 10 RATG iVm § 501 ZPO).
Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision beruht auf § 502 Abs 2 ZPO.
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