Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A*wegen § 27 Abs 2a zweiter Fall, Abs 3 SMG über die Berufung des Genannten wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 18. Juli 2025, GZ **-29.2, sowie dessen implizit erhobene Beschwerde gegen den unter einem gemäß § 53 Abs 1 StGB iVm § 494a Abs 1 Z 4 StPO gefassten Beschluss nach der am 14. Oktober 2025 unter dem Vorsitz der Senatspräsidentin Mag. Mathes, im Beisein des Richters Mag. Gruber und der Richterin Dr. Koller als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag. Salfelner, LL.M (WU), jedoch in Abwesenheit des Angeklagten durchgeführten Berufungsverhandlung
I./ zu Recht erkannt:
Der Berufung wegen Nichtigkeit und des Ausspruchs über die Schuld wird nicht , jener wegen des Ausspruchs über die Strafe dahin Folge gegeben, dass die verhängte Freiheitsstrafe auf neun Monate herabgesetzt wird.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last;
II./ aus Anlass der Abänderung des Strafausspruchs wird der gemäß § 494a Abs 1 StPO gefasste Beschluss aufgehoben und der
B e s c h l u s s
gefasst:
Gemäß § 53 Abs 1 StGB iVm § 494a Abs 1 Z 4 StPO wird die A* mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 9. April 2025, rechtskräftig seit 9. April 2025, zu AZ ** gewährte bedingte Strafnachsicht widerrufen.
Mit seiner Beschwerde wird A* auf diese Entscheidung verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen - auch einen rechtskräftigen Schuldspruch zu einem Mitangeklagten enthaltenden - Urteil wurde der am ** geborene syrische Staatsangehörige A* des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 2a zweiter Fall, Abs 3 SMG schuldig erkannt und hiefür – unter aktenkonformer Vorhaftanrechnung - nach dem Strafsatz des § 27 Abs 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von elf Monaten verurteilt.
Unter einem zog das Erstgericht gemäß § 26 Abs 1 StGB iVm § 34 SMG das zu ON 27 sichergestellte Suchtgift ein.
Weiters fasste das Erstgericht gemäß § 53 Abs 1 StGB iVm § 494a Abs 1 Z 4 StPO den Beschluss, die A* mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 9. April 2025, rechtskräftig seit 9. April 2025, zu AZ ** gewährte bedingte Strafnachsicht zu widerrufen.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat A* am 17. Juni 2025 in ** gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 zweiter Fall StGB), wobei bereits einmal mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien zu AZ ** wegen einer solchen Tat verurteilt worden ist, vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Cannabiskraut (beinhaltend THCA und Delta 9THC mit durchschnittlichem Reinheitsgehalt) auf öffentlichen Verkehrsflächen, nämlich in den Straßenzügen um den B*, öffentlich, somit in Anwesenheit eines größeren Personenkreises von mehr als zehn Personen, und unter Umständen, unter denen sein Verhalten geeignet ist, durch unmittelbare Wahrnehmung berechtigtes Ärgernis zu erregen, anderen durch gewinnbringenden Verkauf gegen Entgelt überlassen, und zwar im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem unter einem rechtskräftig verurteilten C* als Mittäter (§ 12 StGB) in drei Angriffen an unbekannte Abnehmer eine nicht mehr feststellbare Menge gegen ein Gesamtentgelt von nicht mehr feststellbarer Höhe.
In seiner Beweiswürdigung stützte sich der Erstrichter auf die geständige Verantwortung des C* im Zusammenhalt mit den Wahrnehmungen der einschreitenden Polizeibeamten, der die Verkaufshandlungen beobachten und die beiden Angeklagten auf frischer Tat betreten konnte. Die subjektive Tatseite leitete das Erstgericht hinsichtlich A* aus dem objektiven Tatgeschehen ab.
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht bei A* den raschen Rückfall, die Tatbegehung während offener Probezeit, den hohen sozialen Störwert der Tat und die mehrfachen Angriffe erschwerend, mildernd hingegen keinen Umstand. Unter Abwägung dieser Strafzumessungsgründe erschien dem Erstgericht im Hinblick auf die Persönlichkeit des Angeklagten und unter Bedachtnahme auf die Auswirkung einer Strafe und anderer zu erwartender Folgen der Tat auf das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft, die über A* verhängte Freiheitsstrafe als tat und schuldangemessen. Im Hinblick auf den raschen Rückfall komme eine (teil-)bedingte Nachsicht der Sanktion nicht in Frage, sondern bedürfe es zusätzlich zu der nun verhängten Freiheitsstrafe auch des Widerrufs der zuvor gewährten bedingten Strafnachsicht.
Dagegen richtet sich die fristgerecht angemeldete (ON 30), schriftlich unausgeführt gebliebene Berufung von A* wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe sowie die implizit erhobene Beschwerde gegen den Beschluss auf Widerruf der ihm gewährten bedingten Strafnachsicht.
Dem Rechtsmittel kommt im spruchgemäßen Umfang Berechtigung zu.
Auf die Berufung des A* wegen Nichtigkeit ist gemäß §§ 467 Abs 2, 489 Abs 1 StPO keine Rücksicht zu nehmen, weil er weder in der Anmeldung der Berufung noch in einer Ausführung ausdrücklich erklärt hat, durch welche Punkte des Erkenntnisses er sich beschwert erachtet und welche Nichtigkeitsgründe er geltend machen will. Wird das Rechtsmittel nicht gesetzmäßig ausgeführt, kommt es zur Zurückweisung (§§ 285a Z 2 StPO, 470 Z 1 StPO, 489 Abs 1 StPO; RISJustiz RS0101925). Von Amts wegen wahrzunehmende Nichtigkeitsgründe gemäß §§ 290 Abs 1, 489 Abs 1 StPO haften dem Urteil nicht an.
Auch die Berufung wegen Schuld ist nicht berechtigt, weil das Erstgericht die erhobenen Beweise mit schlüssiger Beweiswürdigung einer denkrichtigen und lebensnahen Würdigung unterzogen und detailliert dargelegt hat, wie es zu den Konstatierungen zum objektiven Geschehensablauf sowie zu den darauf bezogenen Feststellungen zur subjektiven Tatseite gelangte. Dabei konnte sich der Erstrichter auf die reumütig geständige Verantwortung des Mitangeklagten (ON 29.1, 5) im Zusammenhalt mit der Aussage des in der Hauptverhandlung als Zeugen vernommenen Polizeibeamten D* (ON 29.1, 8) stützen.
Die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite leitete das Erstgericht empirisch einwandfrei aus dem objektiven Tatgeschehen ab (RISJustiz RS0098671, RS0116882; Ratz in Fuchs/Ratz , WKStPO § 280 Rz 452).
Das Rechtsmittelgericht hegt somit im Rahmen der bei der Prüfung der Beweiswürdigung anzustellenden Gesamtbetrachtung keinen Zweifel an der erstgerichtlichen Lösung der Schuldfrage, sodass die Berufung wegen Schuld kein Erfolg beschieden war.
Hingegen ist die Berufung wegen des Ausspruch über die Strafe erfolgreich.
Zunächst sind die vom Erstgericht angezogenen Strafzumessungsgründe dahingehend zu korrigieren, dass ein über die Vorbewertung durch den Gesetzgeber hinausgehender, im Einzelfall – insbesondere im Rahmen generalpräventiver Erwägungen zu berücksichtigender - besonders hoher sozialer Störwert der Tat gegenständlich nicht auszumachen ist.
Im Übrigen hat das Erstgericht die Strafzumessungslage richtig erfasst.
Im Hinblick darauf, dass sich die gewerbsmäßige Begehungsweise (auch) aus der einschlägigen Vorverurteilung des Berufungswerbers erschloss (§ 70 Abs 1 Z 3 zweiter Fall StGB), verstößt die erschwerende Annahme der mehrfachen Angriffe nicht gegen das Doppelverwertungsverbot (OGH 14 Os 67/23v). Ebenso wertete das Erstgericht die Tatbegehung während offener Probezeit trotz gleichzeitigem Widerruf der bedingten Strafnachsicht zu Recht als erschwerend (RIS-Justiz RS0111324).
Bei objektiver Abwägung der somit geringfügig korrigierten besonderen Strafzumessungsgründe und der allgemein im Sinne § 32 Abs 2 und Abs 3 anzustellenden Erwägungen sowie unter Berücksichtigung generalpräventiver Belange (RISJustiz RS0090600), erweist sich ausgehend von einem Strafrahmen von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafedie über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe in der Höhe von 11 Monaten allerdings als überhöht. Da das Ausmaß der verhängten Strafe stets in einer realistischen Relation zum Unrechts- und Schuldgehalt der konkreten Tat bleiben muss (RIS-Justiz RS0090854), selbst wenn es sich um einen Wiederholungstäter handelt, kann - auch unter Berücksichtigung des einschlägig getrübten Vorlebens des Berufungswerbers und des raschen Rückfalls - insbesondere im Hinblick darauf, dass der Angeklagte keine harten Drogen verkaufte, mit einer Sanktion von neun Monaten das Auslangen gefunden werden.
Eine auch nur teilweise bedingte Strafnachsicht kommt wie vom Erstgericht zutreffend ausgeführt (ON 29.2, 9) angesichts der neuerlich einschlägigen Straffälligkeit mit deutlich gesteigerter krimineller Energie nur etwas mehr als zwei Monate nach der letzten rechtskräftigen Verurteilung vor allem aus individual-prohibitiven Erwägungen nicht in Betracht.
Unter Berücksichtigung generalpräventiver Erwägungen und der vorgenannten spezialpräventiven Umstände erweist sich auch der Widerruf der dem Berufungswerber mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 9. April 2025, rechtskräftig seit 9. April 2025, zu AZ ** gewährten bedingten Strafnachsicht als zusätzlich notwendig, um sowohl für den Berufungswerber selbst als auch für die Allgemeinheit ein deutliches Signal zu setzen, wonach ein derart rascher Rückfall den Vollzug der angedrohten Sanktion nach sich zieht.
Zufolge der Abänderung des Strafausspruchs war daher der gemäß § 494a Abs 1 StPO gefasste Beschluss aufzuheben und mit der neuen Straffestsetzung auch eine neue Entscheidung im Sinne des § 494a StPO zu treffen (RIS-Justiz RS0101886, RS0100194 [insbesondere T1, T2, T5, T7]; Jerabek/Ropper, W K StPO § 49 8 Rz 8), aber – aus den dargestellten Gründen - erneut mit einem Widerruf vorzugehen.
Mit seiner Beschwerde war der Rechtsmittelwerber auf diese Entscheidung zu verweisen.
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