Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A*wegen § 223 Abs 2 StGB über die Berufung des Genannten wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 4. Juni 2025, GZ **-43.3, sowie dessen implizit erhobene Beschwerde gegen den gleichzeitig gefassten Beschluss gemäß § 53 Abs 2 StGB iVm § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO nach der am 16. September 2025 unter dem Vorsitz der Senatspräsidentin Mag. Mathes, im Beisein des Richters Mag. Gruber und der Richterin Dr. Koller als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart OStA Mag. Hinterleitner und des Angeklagten durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung
I./ zu Recht erkannt:
Die Berufung wegen Nichtigkeit wird zurückgewiesen , jener wegen Schuld und Strafe wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
II./ den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene A* (richtig:) derVergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB schuldig erkannt und hierfür (zu ergänzen:) unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 223 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt.
Unter einem zog das Erstgericht die sichergestellten verfälschten Arztrezepte gemäß § 26 Abs 1 StGB ein und wies den gemäß § 20 Abs 1 und Abs 3 StGB von der Staatsanwaltschaft Wien gestellten Antrag auf Verfall der durch die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung erlangten Vermögenswerte ab.
Gleichzeitig fasste das Erstgericht (richtig:) gemäß § 53 Abs 1 StGB iVm § 494a Abs 1 Z 2 StPO den Beschluss, vom Widerruf der A* mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien (ergänzt:) vom 5. Juni 2024, AZ **, gewährten bedingten Strafnachsicht sowie der mit Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt (ergänzt:) vom 28. Oktober 2024, AZ ** (nunmehr geführt zu AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Wien), gewährten bedingten Entlassung abzusehen und die Probezeit (richtig:) gemäß § 53 Abs 3 StGB iVm § 494a Abs 6 StPO jeweils auf fünf Jahre zu verlängern.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat A* in ** verfälschte Arztrezepte mit dem Vorsatz, diese im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, nämlich zum Bezug von psychotropen Stoffen berechtigt zu sein, durch Vorlage in den nachgenannten Apotheken verwendet,
I./ und zwar
A./ am 6. März 2025
1./ in der Apotheke B* KG zur Herausgabe von 100 Stück Xanor 1 mg;
2./ in der Apotheke C* zur Herausgabe von 30 Stück Anxiolit 50 mg;
B./ am 10. April 2025 in der Apotheke D* zur Herausgabe von 50 Stück Xanor 1 mg und 56 Stück Lyrica 300 mg;
II./ sowie
A./ am 5. März 2025 in der Apotheke E* zur Herausgabe von 30 Stück Anxiolit 50 mg und 84 Stück Lyrica 200 mg;
B./ am 6. März 2025
1./ in der Apotheke F* KG zur Herausgabe von 30 Stück Anxiolit 50 mg und 84 Stück Lyrica 200 mg;
2./ in der Apotheke B* KG zur Herausgabe von 84 Stück Lyrica 200 mg;
3./ in der Apotheke C* zur Herausgabe von 30 Stück Anxiolit 50 mg und 84 Stück Lyrica 200 mg;
4./ in der Apotheke G* zur Herausgabe von 30 Stück Anxiolit 50 mg und 84 Stück Lyrica 200 mg;
5./ in der Apotheke Mag. H* zur Herausgabe von 30 Stück Anxiolit 50 mg und 84 Stück Lyrica 200 mg;
C./ am 5. April 2025 in der Apotheke I* zur Herausgabe von 100 Stück Rivotril 2 mg und 84 Stück Lyrica 200 mg;
D./ am 8. April 2025 in der Apotheke J* zur Herausgabe von 50 Stück Xanor 1 mg und 84 Stück Lyrica 200 mg;
E./ am 10. April 2025 in der Apotheke K* zur Herausgabe von 50 Stück Xanor 1 mg und 56 Stück Lyrica 300 mg;
F./ am 12. April 2025 in der L* Apotheke zur Herausgabe von 70 Stück Xanor 1 mg und 60 Stück Pregabalin 300 mg.
Bei der Strafzumessung wertete der Erstrichter das Zusammentreffen mehrerer Vergehen und den raschen Rückfall nach der bedingten Entlassung erschwerend, mildernd hingegen das reumütige Geständnis. Im Rahmen allgemeiner Strafzumessungserwägungen berücksichtigte das Erstgericht zudem die Tatbegehung während zweier offener Probezeiten und laufenden Strafverfahrens.
Dagegen richtet sich die fristgerecht, im Zweifel im Sinne eines umfassenden Anfechtungsziels (RIS-Justiz RS0099951) angemeldete (ON 44), in der Folge ausschließlich wegen des Ausspruchs über die Strafe ausgeführte (ON 47) und eine Reduktion der Unrechtsfolge anstrebende Berufung des Angeklagten.
Auf die Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit ist gemäß §§ 467 Abs 2, 489 Abs 1 StPO keine Rücksicht zu nehmen, weil er weder in der Anmeldung der Berufung noch in seiner schriftlichen Ausführung ausdrücklich erklärt hat, durch welche Punkte des Erkenntnisses er sich beschwert erachtet und welche Nichtigkeitsgründe er geltend machen will. Wird das Rechtsmittel nicht gesetzmäßig ausgeführt, kommt es zur Zurückweisung (§§ 285a Z 2 StPO, 470 Z 1 StPO, 489 Abs 1 StPO; RIS-Justiz RS0101914; RS0101925). Von Amtswegen wahrzunehmende Nichtigkeitsgründe gemäß §§ 290 Abs 1, 489 Abs 1 StPO haften dem Urteil nicht an.
Auch die Berufung wegen Schuld ist nicht berechtigt, weil das Erstgericht die erhobenen Beweise mit schlüssiger Beweiswürdigung einer denkrichtigen und lebensnahen Würdigung unterzogen hat und detailliert darlegte, wie es zu den Konstatierungen zum objektiven Geschehensablauf sowie zu den darauf bezogenen Feststellungen zur subjektiven Tatseite gelangte. Dabei konnte sich der Erstrichter auf die reumütig geständige Verantwortung des Angeklagten im Zusammenhalt mit den Ergebnissen der Ermittlungen der Kriminalpolizei und den sichergestellten verfälschten Rezepten stützen.
Da der Angeklagte auch in der Berufungsverhandlung nichts vorgebracht hat, was geeignet wäre, die schlüssige und lebensnahe Beweiswürdigung des Erstgerichts und die darauf gegründeten Feststellungen in objektiver und subjektiver Hinsicht zu erschüttern und auch das Berufungsgericht bei der im Rahmen der Überprüfung der Beweiswürdigung anzustellenden Gesamtbetrachtung keinen Zweifel an der Richtigkeit der erstgerichtlichen Lösung der Schuldfrage hegt, konnte der Berufung wegen Schuld kein Erfolg zukommen.
Auch die inhaltlich ausgeführte Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe erweist sich als unberechtigt.
Grundlage für die Bemessung der Strafe ist die Schuld des Täters (§ 32 Abs 1 StGB). Das Gericht hat dabei die Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auch auf die Auswirkung einer Strafe und anderer zu erwartender Folgen der Tat auf das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft Bedacht zu nehmen. Insbesondere ist zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber den rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen nahelegen könnte (§ 32 Abs 2 StGB). Im Allgemeinen ist die Strafe umso strenger zu bemessen, je größer die Schädigung oder Gefährdung ist, die der Täter verschuldet hat oder die er nicht herbeigeführt, aber auf die sich sein Verschulden erstreckt hat, je mehr Pflichten er durch seine Handlung verletzt, je reiflicher er seine Tat überlegt, je sorgfältiger er sich vorbereitet oder je rücksichtsloser er sie ausgeführt hat und je weniger Vorsicht gegen die Tat hat gebraucht werden können (§ 32 Abs 3 StGB).
Das Erstgericht hat die besonderen Strafzumessungsgründe vollständig erfasst und angemessen gewichtet, wohingegen es dem Angeklagten nicht gelingt, Fehler in der Strafzumessung zu seinen Gunsten geltend zu machen.
Die Tatbegehung zur Befriedigung der eigenen, laut Berufungsvorbringen bereits länger bestehenden Benzodiazepinsucht (vgl. ON 43.3, 5; ON 47) kommt keine mildernde Wirkung zu (RIS-Justiz RS0087417 [va. T1 und T9]; OGH 15 Os 145/16m).
Mit seinem Vorbringen, sein psychischer Zustand während der letzten Haft habe sich verschlechtert, weshalb sich auch sein Drogenkonsum verschlimmert habe, er habe in der Haft zwei Mal versucht, sich umzubringen, und leide an einer chronischen Depression und Angststörungen, spricht der Berufungswerber ebenfalls keine bei der Strafzumessung mildernd zu berücksichtigenden Umstände an.
Bei objektiver Abwägung der somit vom Erstrichter vollständig erfassten besonderen Strafzumessungslage und der im Sinn des § 32 Abs 2 und Abs 3 StGB anzustellenden allgemeinen Erwägungen sowie unter Berücksichtigung generalpräventiver Belange (RIS-Justiz RS0090600) erweist sich die vom Erstgericht bei einem zur Verfügung stehenden Strafrahmen von bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder 720 Tagessätzen Geldstrafe gefundene Sanktion von sechs Monaten Freiheitsstrafe, mit der die Hälfte des zur Verfügung stehenden Strafrahmens ausgeschöpft wird, angesichts der Vielzahl an Vergehen, des raschen Rückfalls nach bedingter Entlassung sowie der Tatbegehung während offener Probezeiten und laufenden Strafverfahrens als schuld- und tatangemessen und keiner Reduktion zugänglich.
Aus denselben Erwägungen, insbesondere aber auch angesichts der Wirkungslosigkeit des bereits verspürten Haftübels und bereits gewährter Rechtswohltaten der teilbedingten Strafnachsicht und der bedingten Entlassung, kommt eine bedingte oder auch nur teilbedingte Nachsicht der verhängten Freiheitsstrafe nicht in Betracht, sodass das Erstgericht zutreffend von einer Anwendung des § 43 Abs 1 StGB bzw. des § 43a Abs 3 StGB Abstand nahm.
Ebenso ist der implizit erhobenen Beschwerde der Erfolg zu versagen. Die vom Erstgericht ohnehin getroffene Entscheidung auf Absehen vom Widerruf und Verlängerung der Probezeiten ist angesichts der neuerlichen Straffälligkeit des Angeklagten innerhalb offener Probezeiten und während laufenden Strafverfahrens das einzig mögliche und gleichzeitig notwendige Vorgehen, um die erforderliche Überwachung der künftigen Lebensweise des Angeklagten zu gewährleisten.
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