Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Mag. Zacek als Vorsitzende, die Richterin Mag. Derbolav-Arztmann und den Richter MMag. Popelka sowie die fachkundigen Laienrichter Dipl.Bw Michael Choc, MBA, und DI Oliver Leo Schreiber in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A*, **, vertreten durch Mag. Johannes Bügler, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B* GmbH, **, vertreten durch Dr. Christian Függer, Rechtsanwalt in St. Pölten, wegen Entlassungsanfechtung, in eventu Feststellung des aufrechten Bestandes eines Arbeitsverhältnisses, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 14.11.2024, GZ C*-21, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.942,71 (darin EUR 323,79 USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger stand seit 1.10.2023 als Redakteur und Videograf in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten.
Bei der Beklagten ist kein Betriebsrat eingerichtet. Im Zeitraum von Oktober 2023 bis Jänner 2024 waren (unter Außerachtlassung des Geschäftsführers) weniger als fünf Arbeitnehmer bei der Beklagten beschäftigt.
Am 2.1.2024 legte der Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger ein Schreiben vor, das auszugsweise lautete:
„[…] AUFLÖSUNG DES DIENSTVERHÄLTNISSES
Wir sehen uns veranlasst, Ihr Dienstverhältnis aufzulösen. (Einvernehmliche Auflösung)
Ihr Dienstverhältnis endet daher mit sofortiger Wirkung.“
Der Kläger unterzeichnete dieses Schreiben.
Beim LG Korneuburg zur AZ D* (im Folgenden: „Parallelverfahren“) erhob der Kläger gegen die Beklagte das Begehren, es möge zwischen den Parteien festgestellt werden, dass das zwischen den Streitteilen bestehende Dienstverhältnis über den 2.1.2024 hinaus fortbestehe und die am 2.1.2024 vereinbarte einvernehmliche Auflösung des zwischen den Streitparteien bestehenden Dienstverhältnisses zum 2.1.2024 unwirksam sei, in eventu, die von der Beklagten gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 2.1.2024 ausgesprochenen Entlassung werde für rechtsunwirksam erklärt, sodass das Dienstverhältnis über den 2.1.2024 hinaus unbefristet fortbestehe.
Mit rechtskräftigem Urteil und Beschluss vom 10.6.2024 wies das LG Korneuburg das Feststellungsbegehren ab und das eventualiter erhobene Rechtsgestaltungsbegehren wegen Streitanhängigkeit im Hinblick auf das gegenständliche Verfahren zurück.
Der Kläger begehrt, die von der Beklagten gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 2.1.2024 ausgesprochene Entlassung für rechtsunwirksam zu erklären. Eventualiter begehrt er die Feststellung, dass das Dienstverhältnis zwischen den Streitparteien ungeachtet der Entlassung vom 2.1.2024 weiter fortbestehe.
Er fechte die Entlassung gemäß § 106 ArbVG iVm § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG an, hilfsweise stütze er sich auf § 879 ABGB. Das Schreiben vom 2.1.2024 sei als Entlassung zu werten, eine einvernehmliche Auflösung liege nicht vor. Die Entlassung sei aus verpöntem Motiv erfolgt, nämlich deshalb, weil der Kläger (nicht offenbar unberechtigt) gefordert habe, im Homeoffice zu arbeiten, ein (angemessenes und zugesichertes) höheres Gehalt zu beziehen, notwendige Arbeitsgeräte zur Verfügung gestellt zu erhalten, eingeschult zu werden und nicht zu Unrecht für die Abnutzung von Firmenmaterial belangt zu werden.
Die Beklagte wandte ein, dass die Streitteile das Dienstverhältnis einvernehmlich beendet hätten. Die Beklagte habe aus wirtschaftlichen Gründen die Initiative zur einvernehmlichen Auflösung gesetzt. Verpönte bzw sittenwidrige Motive würden bestritten.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht die Klage ab. Es traf die eingangs sinngemäß wiedergegebenen und die weiteren, auf den Seiten 7 bis 12 des Urteils ersichtlichen Feststellungen, auf die verwiesen wird.
Rechtlich verneinte das Erstgericht die Anfechtbarkeit einer Entlassung nach §§ 106 iVm 105 ArbVG schon deshalb, weil mangels Beschäftigung von mindestens fünf iSd § 40 ArbVG stimmberechtigten Arbeitnehmern kein betriebsratspflichtiger Betrieb vorliege. Außerdem sei das Dienstverhältnis nicht durch eine einseitige Willenserklärung aufgelöst worden. Der Geschäftsführer der Beklagten habe dem Kläger vorgeschlagen, das Dienstverhältnis einvernehmlich aufzulösen. Der Kläger sei damit einverstanden gewesen, wodurch das Angebot angenommen worden sei. Der Kläger habe auch die schriftliche Auflösungsvereinbarung unterzeichnet. Das Dienstverhältnis sei damit durch zweiseitigen Vertrag, nämlich Vereinbarung einer einvernehmlichen Auflösung, beendet worden, sodass eine Anfechtung nach § 106 ArbVG auch deshalb nicht in Betracht komme. Die Auflösung des Dienstverhältnisses sei im Hinblick auf die vorliegende wirtschaftliche Lage der Beklagten erfolgt. Im durchgeführten Verfahren habe sich nicht ergeben, dass eine offenbar nicht unberechtigte Geltendmachung eines vom Arbeitgeber infrage gestellten Anspruchs aus dem Arbeitsverhältnis durch den Kläger Grund beziehungsweise Motiv für die Beendigung des Dienstverhältnisses gewesen wären, sodass auch danach die Voraussetzungen des § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG nicht vorlägen. Auch deshalb könne der Kläger mit einer Anfechtung nicht durchdringen. Auch das Eventualbegehren sei nicht berechtigt, weil sich insgesamt im Verfahren nicht ergeben habe, dass das Dienstverhältnis durch - aus sittenwidrigem Beweggrund erfolgte – einseitige Willenserklärung der Beklagten aufgelöst worden wäre.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil im stattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt .
1. Einleitend ist festzuhalten, dass der Streitgegenstand (auch) des Eventualbegehrens nicht mit dem Hauptbegehren des Parallelverfahrens ident ist.
Der Streitgegenstand ist das Klagebegehren und das Tatsachenvorbringen, aus dem das Klagebegehren abgeleitet wird, also der Klagegrund (RS0037522). Zur Abgrenzung des Klagegrundes kommt es nach stRsp (anders als nach jener Ansicht, die auf den „Lebenssachverhalt“ abstellt, vgl Geroldinger in Fasching/Konecny 3Vor § 226 ZPO Rz 52) auf die rechtserzeugenden Tatsachen an (vgl RS0039347, RS0037419), also jene Tatsachen, die zur Erfüllung des in Anspruch genommenen materiellrechtlichen Tatbestandes erforderlich sind (RS0039347 [T14]), was allerdings – wie insb die jüngere Rsp hervorhebt – nicht bedeutet, dass der Streitgegenstand nur bei völliger Identität des rechtserzeugenden Sachverhalts ident ist; entscheidend ist vielmehr, ob die (relevanten) Tatsachenbehauptungen einander im Kern entsprechen (vgl RS0039423 [T1]; vgl Geroldinger,aaO Vor § 226 ZPO Rz 79 ff; Rechberger/Klicka, in Rechberger/Klicka, ZPO 5 Vor § 226 Rz 15).
Das im Parallelverfahren als Hauptbegehren erhobene Feststellungsbegehren stützte der Kläger auf die dort zugleich wegen Furcht, List und Irrtums erklärte Anfechtung einer einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses. Er berief sich somit auf die Unwirksamkeit der von ihm (daher in jenem Verfahren nach dem Klagevorbringen vorausgesetzten) Zustimmungserklärung zur einvernehmlichen Auflösung (./H). Demgegenüber stützt er sich hier auf die mit einer verpönten Motivlage begründete Sittenwidrigkeit der (in diesem Verfahren von ihm als Entlassung gedeuteten) Erklärung des Dienstgebers. Die rechtserzeugenden Tatsachen entsprechen einander somit auch nicht im Kern. Die Frage, ob die Beklagte am 2.1.2024 eine Entlassung aussprach oder dem Kläger eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses anbot, der er zustimmte, ist bloß eine gemeinsame Vorfrage.
2. Zur Tatsachenrüge :
2.1 Der Kläger bekämpft die Feststellung:
„Es kann nicht festgestellt werden, dass der konkrete Zeitpunkt, ab dem die Gehaltserhöhung erfolgen sollte, hierbei festgelegt wurde.“ (Urteil Seite 9)
Er begehrt die Ersatzfeststellung:
„Der Zeitpunkt der Gehaltserhöhung wurde mit Jänner 2024 vereinbart.“
Die Berufung stützt sich auf folgende Aussage des Geschäftsführers der Beklagten:
„Hier ist besprochen worden, dass man dies im Jänner dann machen würde. Ich kann mich hier nicht 100%ig erinnern, dass eine über eine genaue Höhe oder über ein genaues Datum gesprochen wurde.“ (ON 14, Seite 9)
Außerdem zieht die Berufung die Aussage des Klägers heran, wonach dieser „im Folgejahr € 300,00 mehr erhalten sollte, dies ab nächstem Jahr“ (ON 14 Seite 5).
Die Aussage des Klägers, wonach er „im Folgejahr“ bzw „ab nächstem Jahr“ ein höheres Gehalt beziehen sollte, deutet aber insbesondere im Zusammenhalt mit seinen weiteren Angaben zur Frage der in Aussicht genommenen Gehaltserhöhung (vgl ON 14, Seite 3 f) nicht zwingend darauf hin, dass ein konkretes Datum bereits festgelegt wurde. Der Geschäftsführer relativierte seine auf den Jänner bezogene Angabe bereits im nächsten Satz. Aber selbst wenn in den Gesprächen der Jänner als allfälliger Zeitpunkt einer Gehaltserhöhung erwogen worden sein sollte, so folgt daraus noch nicht, dass eine Gehaltserhöhung mit Jänner „vereinbart“ worden wäre, wie der Kläger dies festgestellt haben möchte.
Die Beweiswürdigung des Erstgerichts, wonach sich aus der gegebenen Beweislage „nicht mit hinreichender Sicherheit ein konkreter Zeitpunkt für diese Gehaltserhöhung oder eine einverständliche Festlegung eines Zeitpunkts“ ergebe (Urteil Seite 14), ist daher nicht zu beanstanden.
2.2 Der Kläger bekämpft die Feststellungen:
„Es kann nicht festgestellt werden, dass die private Nutzung der Vollformatkamera durch den Kläger oder die Frage der Einschulung des Klägers oder eine geforderte Einschulung oder dass der Wunsch des Klägers, Arbeiten im Home Office erledigen zu können, für den Geschäftsführer der beklagten Partei bei der Auflösung des Dienstverhältnisses eine Rolle spielten oder Grund waren, das Dienstverhältnis mit dem Kläger zu beenden. […] Es kann nicht festgestellt werden, dass die Tatsache, dass der Kläger die Anschaffung von weiterem Equipment befürwortete oder wünschte, für den Geschäftsführer der beklagten Partei bei der Auflösung des Dienstverhältnisses eine Rolle spielte oder ein Grund war, das Dienstverhältnis mit dem Kläger zu beenden. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Geschäftsführer der beklagten Partei das Dienstverhältnis aufgrund der in Aussicht gestellten und vom Kläger geforderten Gehaltserhöhung beendete oder dass dies ein Grund für die Beendigung des Dienstverhältnisses des Klägers war. Es kann nicht festgestellt werden, dass Forderungen des Klägers, die vom Geschäftsführer der beklagten Partei bestritten wurden, der Grund für die Beendigung des Dienstverhältnisses waren.“ (Urteil Seite 11f).
Er begehrt die Ersatzfeststellungen: „Der Geschäftsführer der beklagten Partei beendete das Dienstverhältnis vorrangig aufgrund der vereinbarten und vom Kläger geforderten Gehaltserhöhung und sohin aufgrund der Geltendmachung von Ansprüchen durch den Kläger.
Weiters spielte es für die beklagte Partei für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine wesentliche Rolle, dass der Kläger die private Nutzung der Vollformatkamera, eine ordnungsgemäße Einschulung, Arbeiten im Home Office und die Anschaffung weiteren Equipments forderte.
Zusammengefasst waren daher die wiederholten berechtigten Forderungen des Klägers der Grund für die Beendigung des Dienstverhältnisses durch die beklagte Partei.“
Das Erstgericht sah insgesamt keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass eine Forderung des Klägers eine Rolle für die Auflösung des Dienstverhältnisses gespielt hätte oder für den Geschäftsführer der beklagten Partei ein Grund gewesen wäre, das Dienstverhältnis mit dem Kläger zu beenden. Vielmehr habe sich aus den Angaben des Geschäftsführers nachvollziehbar dargestellt, „dass der wirtschaftlichen Situation der beklagten Partei entscheidende Bedeutung für die Beendigung des Dienstverhältnisses mit dem Kläger zukam“ (Urteil Seite 18).
Dem setzt die Berufung nichts Stichhaltiges entgegen.
Die wirtschaftliche Situation der Beklagten (siehe hierzu unten) erklärt deren Initiative zur Auflösung des Dienstverhältnisses hinlänglich. Das Erstgericht konnte sich überdies vom Geschäftsführer, dessen Angaben es folgte, auch einen persönlichen Eindruck verschaffen und dessen Glaubwürdigkeit im Rahmen der freien Beweiswürdigung beurteilen.
Demgegenüber ergeben sich aus den unbekämpften (und schlüssig begründeten) erstgerichtlichen Feststellungen zu den einzelnen Beweisthemen (Gehaltserhöhung, Einschulung, Homeoffice, Equipment, Privatnutzung der Kamera) keine gewichtigen Anhaltspunkte in Richtung der vom Kläger vorgebrachten Motive: Eine Gehaltserhöhung war in Aussicht genommen, aber noch nicht konkret festgelegt worden; der Kläger fragte nach, ob er „ein oder zwei Tage Homeoffice haben könne“, was der Geschäftsführer ablehnte; Equipment wurde nach und nach angeschafft, wobei die Anschaffung eines Objektivs bis zuletzt noch nicht zustande kam, sodass der Kläger weiterhin ein eigenes verwendete; dass dem Kläger die Privatnutzung der Kamera entzogen worden wäre oder er die Privatnutzung eingefordert hätte, war nicht feststellbar; die Einschulung, um die der Kläger feststellbar ersuchte, wurde ihm ermöglicht (Urteil Seite 9 f).
Insgesamt entsteht ausgehend von den vorliegenden Beweisergebnissen nicht (im Übrigen auch nicht nach der Aussage des Klägers, vgl insb ON 14, Seite 7 f) der Eindruck, dass eines dieser Themen so konfliktträchtig gewesen wäre, dass eine entsprechende Einforderung durch den Kläger den Geschäftsführer (zumindest mitursächlich) dazu bewogen hätte, die Initiative zur Beendigung des Dienstverhältnisses zu setzen.
2.3 Der Kläger bekämpft die Feststellungen:
„ Die wirtschaftliche Situation der beklagten Partei war jedenfalls bereits im Dezember 2023 schlecht und der Geschäftsführer der beklagten Partei hatte ein Gespräch mit dem Steuerberater, der ihm die Probleme aufzeigte. Dem Kläger [gemeint: Geschäftsführer der Beklagten] und seiner Lebensgefährtin wurde dadurch klar, dass sie nicht weitermachen konnten wie bisher. Es war für den Geschäftsführer der beklagten Partei nicht klar, ob sie das Unternehmen fortführen konnten. Im Dezember 2023 war mit Ausnahme des Geschäftsführers der beklagten Partei nur noch der Kläger bei der beklagten Partei beschäftigt, wobei es aufgrund der wirtschaftlichen Situation der beklagten Partei zur Reduktion der Zahl der Mitarbeiter gekommen war. […]
Im Büro schilderte der Geschäftsführer der beklagten Partei dem Kläger auch in Anwesenheit seiner Lebensgefährtin, E*, die wirtschaftliche Situation der beklagten Partei. Er hatte sich aufgrund der wirtschaftlichen Situation der beklagten Partei entschlossen, die Beendigung des Dienstverhältnisses mit dem Kläger anzustreben. Der Geschäftsführer legte dem Kläger auch dar, dass sie mit der Buchhaltung gesprochen hätten und wie es wirtschaftlich für die beklagte Partei aussehe, und dass das Dienstverhältnis keinen Sinn mache, wenn es dem Kläger darum ginge langfristig einen stabilen Arbeitgeber zu haben.“ (Urteil Seite 10)
Er begehrt die Ersatzfeststellungen:
„Die beklagte Partei betonte gegenüber dem Kläger stets die gute wirtschaftliche Situation. Die beklagte Partei stand wirtschaftlich gut da, weshalb auch große Anschaffungen getätigt wurden. Die beklagte Partei führte auch mehrfach Jobinterviews.“
„Im Büro behauptete der Geschäftsführer der beklagten Partei gegenüber dem Kläger auch in Anwesenheit seiner Lebensgefährtin, *, dass die wirtschaftliche Situation der beklagten Partei negativ sei. Der Geschäftsführer legte dem Kläger auch dar, dass sie mit der Buchhaltung gesprochen hätten und wie es wirtschaftlich aussehe, und dass das Dienstverhältnis keinen Sinn für die beklagte Partei mache, wenn es dem Kläger darum ginge langfristig einen stabilen Arbeitgeber zu haben. Aufgrund der anstehenden Gehaltserhöhung, sowie der Geltendmachung einer Vielzahl an Ansprüchen wie Anschaffung von Equipment, Einschulung, Home-office, etc. beendete der Geschäftsführer das Arbeitsverhältnis.“
Das Erstgericht stützte die hier bekämpften Feststellungen auf die als nachvollziehbar bewertete Darstellung des Geschäftsführers (Urteil Seite 18). Dies ist in keiner Weise zu beanstanden.
Allein aus dem von der Berufung herangezogenen Umstand, dass im Herbst 2023 noch Equipment angeschafft wurde, lässt sich nichts Gegenteiliges ableiten. Der Geschäftsführer hat hierzu schlüssig Stellung genommen (siehe ON 14.1, Seite 9).
Der Kläger seinerseits konnte nicht angeben, ob sich die ihm beim Gespräch am 2.1.2024 geschilderte wirtschaftliche Situation der Beklagten tatsächlich so dargestellt habe (vgl ON 14, Seite 5). Sollte man dem Kläger – wie er dies schilderte – früher kommuniziert haben, dass das Unternehmen wachse (vgl aaO), so mag dies unbegründeter Optimismus gewesen sein. Eine Feststellung hierzu hat das Erstgericht nicht getroffen, sodass im Rahmen der Tatsachenrüge auch keine solche „Ersatzfeststellung“ begehrt werden kann. Im Übrigen wäre eine solche Feststellung auch rechtlich nicht relevant.
Der Geschäftsführer gab an, zum Zeitpunkt des Dienstantritts des Klägers sei die Situation noch „in Ordnung“ gewesen, auch wenn nicht „unendlich viel Geld“ da gewesen sei. Bei einem Gespräch mit dem Steuerberater Ende 2023 sei ihm dann die Situation bewusst geworden (vgl ON 14, Seite 12). Dies erscheint plausibel. Auch die Reduktion des Personalstandes während der Beschäftigungsdauer des Klägers konnte das Erstgericht als deutliches Indiz für wirtschaftliche Schwierigkeiten werten.
Die bekämpften Feststellungen sind somit auf Basis der Beweislage ausreichend begründet. Bloß aus dem von der Berufung relevierten Umstand, dass die Beklagte hierzu keine Urkundenbeweise vorgelegt hat, lässt sich nicht auf die begehrten Ersatzfeststellungen schließen.
Dass der Geschäftsführer beim Gespräch am 2.1.2024 auf eine schlechte wirtschaftliche Situation der Beklagten Bezug nahm, bestreitet der Kläger nicht. Die Motivation des Geschäftsführers dazu, eine Beendigung des Dienstverhältnisses anzustreben, wurde bereits oben behandelt.
Die begehrte „Ersatzfeststellung“, wonach der Geschäftsführer das Dienstverhältnis „beendet“ habe, steht einerseits nicht im Austauschverhältnis zu den unter diesem Punkt bekämpften Feststellungen, andererseits handelt es sich dabei bereits um eine rechtliche Qualifikation, ohne dass die Berufung ein Tatsachensubstrat hierzu anführt. Abgesehen davon geht der Kläger in der Berufung selbst davon aus, der Geschäftsführer habe gemeint, „dass es die beste Lösung sei, das Dienstverhältnis einvernehmlich aufzulösen“ (siehe sogleich unten).
2.4 Der Kläger bekämpft die Feststellungen:
„Der Geschäftsführer der beklagten Partei schlug vor, dass es die beste Lösung sei, das Dienstverhältnis einvernehmlich aufzulösen, und der Kläger war damit einverstanden. […]
Der Kläger las dieses Schreiben und unterzeichnete es auch. Er wusste, dass Dienstverhältnis damit aufgelöst war.“ (Urteil Seite 10 f).
Er begehrt die Ersatzfeststellungen:
„Der Geschäftsführer der beklagten Partei behauptete, dass es die beste Lösung sei, das Dienstverhältnis einvernehmlich aufzulösen. Der Kläger ging davon aus, dass das Arbeitsverhältnis von der beklagten Partei beendet wurde.
Der Kläger überflog das Schreiben und unterzeichnete es auch. Er wusste, dass das Dienstverhältnis aufgelöst war. Er ging jedoch davon aus, dass dies einseitig durch die beklagte Partei erfolgte.“
Zum Ablauf des Gesprächs vom 2.1.2024 folgte das Erstgericht (nachvollziehbar) der Aussage des Geschäftsführers (Urteil Seite 16 f). Davon ausgehend und unter Berücksichtigung der Aussage des Klägers und seines Bildungsniveaus ergab sich für das Erstgericht „klar der Eindruck, dass über eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses gesprochen wurde, der Kläger diese verstand und einverstanden war“, somit also „eine einvernehmliche Beendigung besprochen und vereinbart wurde“ (Urteil Seite 17 f).
Dass dem Kläger bei der Aufforderung, ins Büro zu kommen, nicht mitgeteilt wurde, dass über die Beendigung des Dienstverhältnisses gesprochen werden würde, berücksichtigte das Erstgericht. Dieser Umstand spricht auch nicht gegen die Annahme, dass er begriff, was mit einer „einvernehmlichen Auflösung“ gemeint war. Die Frage, ob eine einvernehmliche Auflösung für den Kläger vorteilhaft war, ist dabei nicht entscheidend, ganz abgesehen von der Frage nach der rechtlichen Relevanz einer – hier nicht vorliegenden - Fehlvorstellung (nur) des Klägers über die Beendigungsart.
2.5 Somit bestehen insgesamt keine Bedenken gegen die ausführliche und überzeugende Beweiswürdigung des Erstgerichts. Die Tatsachenrüge ist daher nicht erfolgreich.
3. Zur Rechtsrüge :
Die Berufung argumentiert, aus den Feststellungen ergebe sich, dass die Beklagte den Kläger listig zur Unterzeichnung der einvernehmlichen Auflösung gedrängt habe.
Damit entfernt sich die Rechtsrüge aber vom Verfahrensgegenstand. Wie oben dargelegt, ist im gegenständlichen Verfahren die Anfechtung bzw eventualiter die Sittenwidrigkeit einer in der Klage behaupteten einseitigen Beendigungserklärung des Dienstgebers zu beurteilen. Dass keine wegen List, Irreführung oder unzulässigen Drucks unwirksame Auflösungsvereinbarung vorliegt, wurde demgegenüber bereits im Parallelverfahren rechtskräftig geklärt.
Inwieweit im Übrigen die vom Erstgericht vorgenommene rechtliche Beurteilung falsch sein soll, legt die Berufung nicht dar.
Die Rechtsrüge ist somit nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl RS0043603). Die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts, auf die verwiesen werden kann (§ 500a ZPO), trifft im Übrigen auch bei inhaltlicher Betrachtung zu.
4. Zur Kostenentscheidung :
Im Verfahren wegen Anfechtung einer Beendigungserklärung nach § 105 f ArbVG besteht gemäß § 58 Abs 1 ASGG iVm § 50 Abs 2 ASGG kein Kostenersatz im Berufungsverfahren (vgl RS0113037). Das Feststellungsbegehren unterliegt den allgemeinen zivilprozessualen Kostenersatzregeln. Wird ein Verfahren über eine Beendigungserklärung auf mehrere Anspruchsgrundlagen mit unterschiedlichen Kostenfolgen gestützt, so ist am Ende des Verfahrens zu beurteilen bzw zu schätzen, welche Anteile des Verfahrens sich auf Anspruchsgrundlagen mit bzw ohne Kostenersatz bezogen haben. Bei einem Eventualbegehren richtet sich die Kostenentscheidung nach den dafür geltenden Regeln (vgl Köck in Köck/Sonntag,ASGG § 58 Rz 5). Im Allgemeinen sind daher bei einer solchen gemischten Streitigkeit die Kosten den jeweiligen Kostenregeln zuzuordnen und entsprechend aufzuteilen (stRsp OLG Wien).
Mangels näherer Abgrenzbarkeit ist hier davon auszugehen, dass im Berufungsverfahren jeweils die Hälfte des Prüfungsaufwandes auf das Anfechtungs- und auf das eventualiter erhobene Feststellungsbegehren entfällt. Die Beklagte hat daher Anspruch auf Ersatz der Hälfte ihrer Kosten für die Berufungsbeantwortung. Die verzeichneten Pauschalgebühren waren nicht zuzusprechen, da die aufgrund der Gebührenfreiheit nach TP 2 Anm 5 iVm § 16 GGG nicht anfielen.
5. Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil Rechtsfragen von der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität nicht zur Beurteilung standen.
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